Augustinus, Aurelius - Soliloquien - XXVII. Von dem Schutz der heiligen Engel.

Augustinus, Aurelius - Soliloquien - XXVII. Von dem Schutz der heiligen Engel.

Du meine ewige einige Liebe, Du hast mich gewisslich geliebt, ehe denn ich Dich liebte und hast mich nach Deinem Ebenbild erschaffen, allen Deinen Kreaturen vorgezogen! Diese Würde bewahre ich, sofern ich Dich erkenne, um dessentwillen Du mich gemacht hast!

Ja, dazu machst Du Deine Engel zu Geistern um meinetwillen, denen Du geboten hast, dass sie mich behüten auf allen meinen Wegen, dass ich nicht irgendwo meinen Fuß an einen Stein stoße. Dies sind fürwahr die Wächter auf den Mauern Deiner neuen Stadt Jerusalem und der. Berge umher, die da wachen und hüten des Nachts Deine Heerde, dass er nicht einmal wie ein Löwe die Seelen dahinreiße, wenn kein Retter da sei: jene alte Schlange meine ich, die da ist der Teufel, unser Widersacher, welcher wie ein brüllender Löwe allezeit umhergeht und sucht, welchen er verschlinge. Die Engel aber sind selige Bürger der obern Stadt Jerusalem, die da droben ist, unser Aller Mutter, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit, sie zu erlösen von ihren Feinden und sie zu bewahren auf allen ihren Wegen, auch sie zu stärken und zu vermahnen und die Gebete Deiner Kinder zu bringen vor das Angesicht Deiner herrlichen Majestät.1)

Denn sie lieben ihre Mitbürger, warten so lange, bis die bloßen Stellen ihres Falls durch sie wieder bedeckt sind, und deshalb wohnen sie uns bei mit großer Sorge und emsigem Fleiß, jede Stunde und aller Orten; kommen unserer Notdurft zu Hilfe und Steuer und tun dasselbe ganz vorsichtig und zu rechter Zeit; sie schweben stets hin und her mit Sorgfalt zwischen uns und Dir, o HErr, und bringen uns für unsre Seufzer und Klagen wiederum hernieder den gewünschten Segen Deiner Gnaden. Denn sie wandeln mit uns auf allen unsern Wegen, gehen mit uns aus und ein, wenn wir gottesfürchtig und ehrbar mitten unter diesem verkehrten und unschlachtigen Geschlechte unser Leben führen, mit Fleiß und Verlangen Dein Reich und Deine Gerechtigkeit suchen, mit Furcht und Zittern Dir dienen und in Herzensfreuden frohlocken. Den Arbeitenden helfen sie, die Rufenden beschirmen sie, die Streitenden muntern sie auf und krönen die Siegenden; sie freuen sich mit den Fröhlichen, ich meine die, welche um Deinetwillen fröhlich sind; mit denen, welche mit Kreuz und Leiden beladen sind, haben sie Mitleiden; ich meine aber die, so um Deinetwillen leiden.

Sie tragen eine große mächtige Sorge für uns. Die Zuneigung ihrer Liebe ist groß gegen uns, und dies geschieht Alles um der Ehre willen Deiner unendlichen Liebe, mit der Du uns geliebt hast. Denn sie lieben die, welche Du liebst; sie bewahren, welche Du bewahrst und verlassen, welche du verlässt. Die Übeltäter aber lieben sie nicht, denn Du hasst alle, die Böses tun und bringst um alle Lügner. So oft wir recht tun, so oft freuen sich die Engel und trauern die bösen Geister; so oft wir aber vom Guten abweichen, so erfreuen wir die Teufel und berauben die Engel ihrer Freuden; denn sie freuen sich über einen jeglichen Sünder der Buße tut, der Teufel aber hat Freude über einen Gerechten, der die Buße verlässt. So verleihe nun, lieber Vater, verleihe ihnen, dass sie sich immerfort von unsertwegen freuen und dass Du auch allezeit durch sie in uns gelobet werdest und wir zu ihnen in Deinen einigen Schafstall eingeführt werden, dass wir alle mit einander Deinem heiligen Namen Dank sagen, o Du Schöpfer der Menschen und Engel!

Indem ich aber dies Alles vor Dir erwäge, so danke ich Dir und lobe Dich; denn es sind Deine großen Wohltaten, damit Du uns geehrt, und uns Deine Engel als Geister zum Dienste bestellt hast. Alles hattest Du uns gegeben, was der Umkreis des Himmels beschließt; aber Du achtest es gleichsam für gering nur das zu geben, was unter dem Himmel ist, und gibst uns noch dazu, was droben über den Himmeln ist. O HErr, alle Deine Engel sollen Dich darum loben, alle Deine Werke sollen Dir darum Dank sagen und Deine Heiligen sollen Dich schön preisen! O Du, unsre Ehre, Du ehrst uns zu viel und machest uns reich, Du hast uns mit vielen Gaben geziert. Denn Dein Name, o HErr, ist wunderbar in aller Welt. Was ist der Mensch, dass Du ihn groß machst und warum neigst Du Dein Herz. zu ihm? Denn Du, die Wahrheit, hast selbst gesprochen: Meine Lust ist bei den Menschenkindern. Ist aber nicht der Mensch eine Made und das Menschenkind ein Wurm? Was sind alle lebendigen Menschen anders, denn lauter Eitelkeit? Und Du achtest ihn dennoch wert, Deine Augen über ihn aufzutun und mit Dir ins Gericht zu ziehen?!

1)
Das Bringen des Gebetes durch Engel vor Gottes Thron stützt sich bekanntlich nur auf die apokryphische Stelle Tob. 12,12. Aus derselben lässt sich indes nur so viel dartun, dass die Engel im besonderen Einzelauftrag unsern Zustand anzeigen und erzählen, ohne ihrem rein geschichtlichen Berichte Wirkung der Erhörung zuschreiben zu können. Anbetung der Engel kann daraus nimmer gefolgert werden. Wirkung der Erhörung des Gebets, sowie Anbetung kommt dem Engel des Bundes, dem einigen Mittler Christo Jesu allein zu. Im ersteren rein historischen Sinne ist diese Stelle Augustins nicht misszuverstehen, zumal wenn sie mit dem folgenden eng zusammengehalten wird.
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