Augustinus, Aurelius - Manuale - XX. Von der Zuversicht der GOtt liebenden Seele.

Augustinus, Aurelius - Manuale - XX. Von der Zuversicht der GOtt liebenden Seele.

Es ist ein großes Geheimnis um die Liebe, kraft welcher die Seele durch sich vertraulich zu GOtt naht, GOtte beständig anhängt, GOtt freundlich befragt und bei GOtt für alle Dinge Rat sucht. Die GOtt liebende Seele kann nichts Anderes denken noch reden; alles Andre verachtet sie, ist ihr zum Ekel. Was sie denkt und redet, das schmeckt nach himmlischer Liebe, das riecht nach himmlischer Liebe; so ganz ist sie von der Liebe GOttes eingenommen und besessen. Wer GOtt kennen lernen will, muss lieben. Der geht vergeblich ans Lesen, ans Betrachten, ans Predigen, ans Beten, wer nicht liebt. GOttes Liebe erzeugt der Seelen Liebe und GOttes Liebe richtet der Seelen Liebe ganz zu Seiner Liebe. Er liebt, um geliebt zu werden; und indem Er liebt, will Er nur wieder geliebt werden, weil Er die Seligkeit derer kennet, die Ihn lieben.

Eine liebende Seele entsagt allen ihren bösen Neigungen und legt sich einzig aufs Lieben, um Liebe mit Liebe zu vergelten. Und wenn sie sich schon ganz in die himmlische Liebe ergossen hat, was ist dies gegen jenen ewig fließenden Liebesborn? Im Überflusse halten beide keinerlei Vergleichung aus, nämlich die Liebe und der Liebende, die Seele und GOtt, der Schöpfer und das Geschöpf. Wenn aber dieses Ihn gänzlich liebt, so fehlt nichts; weil er das Ganze ist, da auch der Teil sein muss. Eine liebende Seele soll sich nicht fürchten, die aber nicht liebt, mag sich nur fürchten!

Eine liebende Seele gelobt gerne, trägt herzliches Verlangen in sich, lässt es gar nicht merken, dass sie bei GOtt in Gnaden stehe, sie schließt der Hoheit die Augen zu und öffnet sie himmlischer Wollust; sie richtet sich in ihrem Heil auf und handelt getrost darauf hin. Durch die Liebe weicht die Seele von und aus den himmlischen Gefühlen, also dass sie sich selbst nicht fühlt, weil sie GOtt fühlt. Dies geschieht wenn das Gemüt von der unaussprechlichen Süßigkeit GOttes gelockt und gewissermaßen sich selbst entwendet wird; ja es wird von sich selbst weg also dahin gerissen und gezogen, dass es GOtt zu seiner Freude und Lust genieße. Nichts wäre so angenehm, wenn es nicht so kurze Zeit nur währte. Die Liebe gibt die Vertraulichkeit mit GOtt, die Vertraulichkeit die Kühnheit, die Kühnheit den Geschmack, der Geschmack den Hunger. Die von der Liebe GOttes berührte Seele kann nichts anders mehr denken noch sehnlich wünschen; vielmehr erseufzt sie häufig und spricht: Wie ein Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele GOtt zu Dir! Amen.

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