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Arndt, Friedrich - Anrufung 1

Arndt, Friedrich - Anrufung 1

Gott Vater, mein Wächter, Du Hüter Israel, ich nehme meine Zuflucht an diesem Abend zu Deinen offnen Augen. Du schläfst noch schlummerst nicht: ich aber muß beides thun, daß der müde Leib erquickt werde. Erleuchte demnach meine Augen, daß ich nicht im Tod entschlafe. ich habe heute die Wunder in Deinem Gesetze gesehen. Wie deutlich hast Du mich gelehret, wie väterlich ermahnt, wie treulich gewarnt, wie herzlich getröstet! Aber ich erschrecke, wenn ich dagegen auf mich sehe. Wie sparsam hab’ ich Dich gehört, wie lau Dich geliebt, wie ungern bin ich Dir gefolgt, wie muthwillig habe ich Deinen Zug verachtet! Ach, laß mich das Wort, das ich verachtet habe, nicht richten an jenem Tage! Laß nicht die Sonne über meiner Bosheit und meinem Zorne untergehen! Gnade für Recht bitte ich; Erbarmen für Züchtigung. Sei auch in der Finsterniß mein Licht, daß ich morgen zu einem neuen Licht und Wandel auferstehe.

Gottes Sohn, mein Hirt, mache mir jetzt in Deinem Blute eine schöne Abendröthe. Dein Schäflein legt sich in Deinen Schoß; Dein Küchlein wirft sich unter Deine Flügel; Dein Jünger schmieget sich an Deine Brust. Bewahre mich, wie Deinen Augapfel; setze mich wie ein Siegel auf Deinen Arm; halte mich wie einen Ring an Deinem Finger. Laß Deine Liebe meinen Traum und Dein Wort das Gespräch meines Herzens auf meinem Lager sein. Deine Linke lege sich unter mein Haupt, und Deine Rechte herze mich. Kleide mich aus von den heutigen Sünden, und kleide mich an mit dem Purpur Deines Verdienstes. In diesem Schlafkleide werde ich süß ruhen, bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht in meinem Herzen.

Gott heiliger Geist, mein Beistand, versiegle in mir, was ich diesen Tag gehört habe. Du hast mir Himmel und Hölle vorgestellt, Segen und Fluch angekündigt, Leben und Tod zur Wahl gegeben: laß mich also wählen, daß ich das Beste und Einige erwählen möge. Sei in mir ein Brunnen des lebendigen Wassers, das in’s ewige Leben quillt. Zertheile in mir die angeborne Finsterniß durch Dein himmlisches Licht, lösche dagegen die Liebe der Welt in meinem Herzen aus. Laß mich diese bevorstehende Nacht in Deiner Liebe einschlafen und in derselben auch wiederum fröhlich erwachen. Ermuntere meine Seele durch heilige Bewegungen, daß sie stets zu Dir erwache, obgleich der Leib schläft. Zeige mir auch im Bette meinen Sarg und in meinem Schlafe den Tod, daß mich der letzte Schlaf nicht übereilen, sondern wachend und betend finden möge. Tröste die Betrübten, beruhige die Unruhigen, bekehre die Boshaftigen.

Heilige Dreieinigkeit, meiner Väter Gott, erbarme Dich der Meinen und aller Menschen! Laß Deinen heiligen Sonntag überall Strahlen der Liebe und Gnade zurücklassen; Deine Sonne gehe Keinem unter, der Dich nur erkennet und liebet. Niemand ist gut, denn Du, einiger Gott. Laß uns von Dir nichts trennen, o Du unzertrennliches Wesen, bis wir zu dem ewigen Sabbath kommen und das dreimal Heilig unaufhörlich rufen werden. Amen.

Schleuß dich, o Herzenstempel, zu,
Denn Gott hat in dir seine Ruh;
Die Ueberschrift steht an der Thür:
Gott Vater, Sohn und Geist ist hier.
Herr Zebaoth, Dein Ruhm verdient,
Daß er in meinem Herzen grünt,
Da es ein Tag dem andern Tage,
Und eine Nacht der andern sage:
Drum nimm auch diesen Abend an,
Was Deinen Ruhm vermehren kann.

Quelle: Arndt, Friedrich - Abendklänge aus Gottes Wort

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