Ahlfeld, Johann Friedrich - Jesus Christus soll dein Steuermann sein.

Ahlfeld, Johann Friedrich - Jesus Christus soll dein Steuermann sein.

(4. Sonntag nach Epiphanias)

Die Gnade unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters, und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch Allen. Amen.

Text: Ev. Matth. 8. 23 - 27.
Und er trat in das Schiff, und seine Jünger folgten ihm. Und siehe, da erhob sich ein groß Ungestüm im Meer, also, dass auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und Er schlief. Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: Herr, hilf uns, wir verderben. Da sagte er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer: da warb es ganz stille. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, dass ihm Wind und Meer gehorsam ist?

Die Kindheit mit ihrem Tauftag und ihrem treuen Kinderglauben ist wie ein Schiff im sichern Hafen. Vater- und Mutterliebe, Vater- und Muttersorge sind die Dämme und Wälle, die die Stürme abhalten. Aber trotz dieser Wälle bricht doch das Ungestüm zuweilen herein, und die Fluten der Anfechtung gehen hoch auf dem kleinen Wasser. - In diesem zumeist stillen Hafen liegt das Schiff, dass es ausgerüstet werde mit allem Nötigen zur Reise durch die Stürme und großen Fluten. Das Haus und die Schule haben die Arbeit, das Schifflein auszustatten. Ihr Eltern und Lehrer, wie rüstet ihr die jungen Herzen? Mancherlei Kram und Ware packt ihr in das Schifflein. Mancherlei Erkenntnis präget ihr dem Kinde ein, mit Gewandtheit und Anstand für das Leben rüstet ihr es aus. Aber was hilft es, wenn ein Schiff mit aller Bequemlichkeit ausgestattet, wenn es auch äußerlich schön bemalt und mit einem Wappen versehen ist, und das Beste fehlt. Was ist denn das Beste? Es sind drei Stücke: ein richtiger Kompass, ein festes Steuer und ein guter Steuermann. Der Kompass in dem Menschenherzen ist das Wort Gottes. Es zeiget ihm die himmlischen Himmelsgegenden, Norden und Süden, Zorn und Gnade, Tod und Leben, Hölle und Himmel. Das Steuer ist der Glaube. Er biegt und bricht die Fluten der Trübsal und der Kleinmütigkeit. Er wirft das Schifflein herum, wenn es einen falschen Gang genommen hat. Der Steuermann ist Christus. Er sitzt am Steuer. Er regiert den ganzen Lauf des Schiffes, Er kennt alle Klippen. Strudel und Sandbänke und führt sicher hindurch. Er ist still und zaget nicht. Und ob der Trübsal Wellen bis an die Seele schwellen, er findet doch die Bahn. -

Ohne diese drei Stücke kann es nun und nimmer eine glückliche Fahrt durch das wilde Meer des Lebens geben. Ihr Eltern, die ihr eure Kinder entließet aus dem stillen Hause, ihr gabt ihnen gewöhnlich drei Regeln, drei Abschiedsmahnungen mit: „Bilde dich tüchtig weiter aus; siehe dich vor, dass du keinen Schaden nimmst; vergiss deine Eltern nicht.“ Es gibt drei nötigere, drei größere: Halte fest an Gottes Wort, lass dir deinen Glauben und den Heiland, deinen Hort, durch den Feind nicht rauben. In diesen liegen auch jene eingeschlossen. Wer sie lebendig im Herzen hat, wird auch wachsen in seinem Beruf, wird sich wahren vor Schaden an Leib und Seele, wird Vater und Mutter nicht vergessen. Wir haben sie aber alle drei in dem einen Christus, denn das Steuer hat der Steuermann in der Hand, und der Kompass liegt neben ihm. Wir rufen uns heute zu:

Jesus Christus soll dein Steuermann sein.

Wir ordnen uns dieses Wort nach unserm Evangelio in folgende Teile:

Schläft Christus in deinem Herzensschiff? -
Weck' ihn, eh' Sturm und Wellen
An Sandbank, Klipp' und Felsenriff
Das Schifflein gar zerschellen.
Er nimmt das Steuer in feste Hand,
Bedreut den Sturm, bringt dich ans Land.

I.

Schläft Christus in deinem Herzensschiff?

Jesus Christus soll dein Steuermann sein. Ja er soll es. Aber leider ist er es so selten. In das Schiff hatten ihn die Jünger mitgenommen. Aber er schlief. Hier wollte er schlafen, er war müde geworden. Denn ob er auch wahrhaftiger Gott war vom Vater in Ewigkeit geboren, war er doch auch wahrhaftiger Mensch wie wir. Er ist uns in Allem gleich geworden, nur nicht in der Sünde. - Wir sehen den Konfirmationstag an als den Tag, da das Schifflein ausfährt aus dem Hafen der lieben stillen Kindheit, Da ist er uns noch einmal recht lebendig eingebunden worden. Da ist uns zugerufen worden: „Dein Leben lang habe Gott vor Augen und im Herzen und hüte dich, dass du in keine Sünde willigest, noch tust wider Gottes Gebot,“ „Du aber bleibe in dem, das du gelernt hast und dir vertrauet ist, sintemal du weißt, von wem du gelernt hast, Und weil du von Kind auf die heilige Schrift weißt, kann dich dieselbige unterweisen zur Seligkeit, durch den Glauben an Christo Jesu. Denn alle Schrift von Gott eingegeben ist nütze zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit: auf dass ein Mensch Gottes sei vollkommen zu allem guten Werke geschickt.“ „Halte im Gedächtnis Jesum Christ, der auferstanden ist von den Toten.“ „Leide dich als ein guter Streiter Christi.“ „Lass dir Niemand deine Krone rauben,“ Da war es etliche Tage, als ob er Herr und Regent in uns bleiben, als ob er am Steuer sitzen sollte, Aber bei den Meisten trat er bald zurück. Es setzte sich an das Steuer der jugendliche Leichtsinn, der nicht weiß, was er will. Es setzte sich an das Steuer die Begierde nach den Freuden des Tages. Es setzte sich an das Steuer die Sucht nach Ehre, die die jungen Herzen umwickelt und umschlingt wie eine Schlange ihre Beute. Und wo war denn Christus? Er schlief. Das heiligste Kämmerlein deines Herzens, das voll sein soll von immer frischem und neuem Leben, war ein Schlafstüblein geworden. Christus saß nicht mehr am Steuer, er ruhte in der Kajüte des Gedächtnisses. Bei dem Einen ruhet er unter Dornen. Ein mühsamer Dienst, eine harte Lehrzeit, Mangel und Entbehrung hielten ihn nieder. Vor aller Arbeit, vor aller Vorbereitung auf deinen Beruf, vor aller Furcht vor deinem irdischen Herrn, vor aller Sorge um dein Stücklein täglich Brot ließest du ihn nicht emporkommen. Und er schlief. Bei Andern ruhte er unter Rosen. Jugendfreude, Jugendträume und Hoffnungen füllten dein ganzes Leben aus. Du hattest so viel zu denken, du hattest so viel zu lesen, du musstest dich ja ergehen in deinen Phantasien. Was sollte da der Mann, der die Dornenkrone getragen hat, der seinen Rücken nicht vorenthielt den Geißelschlägen? Er redete ja davon, dass man sein Kreuz auf sich nehmen und ihm nachfolgen soll. Und er schlief. Er sollte auch schlafen. Du selbst hattest ihn in den Schlaf gebracht, wenn er auch hier in diesem Schifflein nicht schlafen wollte. -

Ein Schläfer regt sich ja wohl einmal und wendet sich zur Linken oder Rechten. Sein Herz schlägt. Er holt Odem, und die Brust geht hoch. Lebenszeichen gab Christus zuweilen auch in dir. Es hat Tage gegeben, wo er sich regte, als ob er aufstehen wollte. Es kamen schwere Sündenstunden. Er regte sich in dir. Du fühltest, er ist nicht tot. Es kamen Gnadenstunden in der Kirche, am Altare, im Leben. Gott schüttete die Fülle seiner Barmherzigkeit nach einander über uns aus. Da regte er sich, wie sich ein Schläfer regt, wenn etwa die Uhr eine lange Reihe schlägt. Aber du wollest ihn nicht wach haben. Du fingest an ihm Schlaflieder zu singen. Diese klangen bald aus sanfterer Tonart. „Was soll es denn?“ schriest du in deinen Nöthen. „Sei doch still, du altes Gewissen. Vom Evangelio kann ich ja nicht leben. Ich muss mit der Welt fort. Wie soll ich denn sonst durchkommen? Es geht nicht anders, wenn es auch einmal nicht so gerade hergeht.“ Und er schlief. - „Man muss seine Jugend genießen,“ sprach ein Anderer. „Man muss Alles mitmachen. Es werden schon die Zeiten kommen, wo ich für solche Dinge keinen Sinn mehr habe. Wozu wären denn die Freuden da, wenn man sie nicht genießen sollte?“ Isst man auch alles Kraut, das auf dem Felde wächst? Nein, es ist gesundes genug da. Das giftige lässt man stehen. Einst sprach auch Jemand „Wozu wären denn die falschen Eide da, wenn sie nicht geschworen werden sollten?“ Man konnte ihm kurz antworten - „Wozu wäre denn die Verdammnis da, wenn man nicht hinein sollte?“ Ja, wenn Christus in uns aufwachen wollte, brachten wir ihn mit jenen Reden wieder in Schlaf. Und er schlief. Und dass er ja recht fest schliefe, deckte man ihn auch fein zu und legte ihm ein Kissen unter das Haupt. „Siehe doch,“ sprach man zu dem Wurm, der drinnen anfing zu nagen, zu der alten frommen Jugenderinnerung, die auftauchte, „es ist gar so schlimm nicht. Was ist es denn eben, was ich tue. Tausend Andere haben es viel schlimmer gemacht. Ich habe ja auch noch viele gute Seiten an mir. Ich habe ein gutes Gemüt. Ich habe in meinem Leben so manches gute Werk getan. Ich gelte überall für einen ehrsamen Bürger. Es kann mir Keiner was nachsagen.“ Und er schlief. - Wie lange hat Christus so unter Dornen oder Rosen und unter der Decke der eigenen Gerechtigkeit in dir geschlafen? Deine Jünglings- und Jungfrauenjahre hindurch, in das Mannes- und Frauenalter hinein. Schläft er heute noch? Hat der Hahn noch nicht gekräht? Ist der Morgenstern noch nicht aufgegangen? Schläft Christus in deinem Herzensschiff? -

II.

Weck ihn, eh' Sturm und Wellen
An Sandbank, Klipp' und Felsenriff
Das Schifflein gar zerschellen.

So lange die Fahrt gut ging, dachten die Jünger kaum daran, dass sie ihn bei sich im Schiff hatten. Sie träumten und redeten vielleicht von hohen Dingen, wer in seinem Reiche zu seiner Rechten und Linken sitzen sollte. Da erhob sich ein groß Ungestüm im Meer, also dass auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward. Und sie traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen - „Herr, hilf uns, wir verderben!“ Da wussten sie, wo er ruhte, da dachten sie an ihn. Und sie taten gut daran, denn sie hätten mit eigener Macht den Sturm doch nicht zum Schweigen bringen, die Wellen doch nicht stillen können. Du Christenmensch, dein Herz ist ein kleines Räumlein. Du lebest mit demselben etwa in stiller Verborgenheit. Hast du aber schon gehört, wie sich in den stillen Seen der Berglande, etwa des Schweizerlandes, die Stürme auch verfangen, obgleich sie rings von hohen Bergen wie von Mauern eingeschlossen sind? So verfangen sich die Stürme auch in das stillste Menschenherz. Ja sie wehen oft in demselben von allen Seiten. Ist dir denn schon einmal recht bange geworden um dein ewiges Leben? Heute schwebtest du hoch auf der Welle der eigenen Gerechtigkeit. „Er muss mir ja gnädig sein, ich bin ja ein frommer Mann gewesen.“ Und morgen warst du hinunter geworfen in die Tiefen der Sündenerkenntnis, so dass die

Wellen des Gerichtes, der Sündflut über deinem Haupte zusammen zu schlagen drohten. Du fingst an zu hadern. Da liegt das Gesetz Gottes. Ich soll es erfüllen. Ich dachte, ich hätte es erfüllt. Wenn ich recht hinsehe, habe ich es doch nicht erfüllt. Ich habe auch nicht eins von den Geboten auf den steinernen Mosestafeln gehalten. Jedes klaget mich an; jedes redet von Verdammnis. O Gott, wie bist du ein so schrecklicher Gott! Warum ist denn das Menschenkind mit seinem Leben und Sterben in die Hand dieses einigen Herrn gegeben? Warum steht denn bei ihm Leben und Tod, Seligkeit und Verdammnis? Es ist schrecklich, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.“ - Furchtbar mag ein Sturm draußen auf dem Meer sein! aber furchtbarer sind die Stürme da drinnen in dem engen Busen, wenn der Mensch ruft: „Ich elender Mensch, wer wird mich erretten aus dem Leib dieses Todes!“ - Müssen denn solche Stürme kommen? Kann man denn nicht lieber sein Leben hinbringen ohne dieselben? Sind sie denn not? Ja wohl, sie sind hochnötig. In dem südlichen Teile des atlantischen Meeres liegt ein weiter Strich, der fast nie von den Stürmen bewegt wird. Kein Strichwind geht durch denselben hindurch. Es herrscht beständige Windstille. Das Meer ist wie ein klarer Spiegel, und glühende Sonnenhitze brütet darauf. Wenn ein Segelschiff da hinein kommt, ist es meist verloren. Schlaff hängen seine Segel nieder. Kein Wind treibt es einer Küste zu. Das Brot, das man mit sich führt, verdirbt in der Glut. Das Wasser wird faul und voll Würmer. Fugen reißen in das Schiff, und Würmer zernagen in großer Schnelligkeit seinen Bau. Krankheiten verwüsten das Schiffsvolk, und mehr denn einmal hat man völlig ausgestorbene Schiffe auf diesem Spiegel schwimmend gefunden. Ach wie mögen sich da die Leute manchmal nach Wind, ja nach einem rechtschaffenen Sturm gesehnt haben! -

Du Menschenkind, eine solche Stätte gibt es auch auf dem kleinen Meer, auf dem das Schifflein deines Lebens schwimmt. Man nennt sie die Sicherheit. Wenn Alles geht, wie es gehen soll, wenn dir Nichts fehlet, wenn die Krankheit vor deinem Hause vorbeigeht, wenn dein Tisch von Mangel Nichts spüret, wenn dein Silber und Gold und Alles, was du hast, sich mehret, wenn du in leidlicher Rechtschaffenheit durch die Welt hinsteuerst - dann bist du in dieser Windstille. Kein Wind, kein Hauch nach Zion hin schwellet dann die Segel deines Herzens. Das Brot des Lebens in dem Kasten des Gedächtnisses verdirbt. Das Wasser, das aus dem ewigen Leben quillt und in das ewige Leben fließt, vertrocknet und verdirbt. Die Welt reißt Fugen und Spalten in dein Herz, eine neben der andern. Du bist mitten im besten Frieden - freilich falschen Frieden - daran, ein Kind des Verderbens zu werden. Siehe, dann sind solche Sturme nötig. Von dem äußern Winde heißet es: „Er bläst, wohin er will, und du vernimmst sein Sausen wohl, du weißt aber nicht, von wannen er kommt.“ Von diesem weißt du, von wannen er kommt. Es ist ein Gnadenhauch vom Herrn, dich heraus zu treiben aus dieser verderblichen Sicherheit. Und wenn mitten in dem faulen Frieden deinem Herzen bange wird, wenn der Sturm der äußern oder innern Trübsal anfängt, dich umher zu schleudern: was dann tun? Es sind drei Wege, die dann eingeschlagen werden können. Jesaias sagt von dem einen: „Wenn sie Hunger leiden, werden sie zürnen und fluchen ihrem Könige und ihrem Gotte.“ „Warum hast du uns aus Ägyptenland geführt, wo wir saßen bei den Fleischtöpfen Ägyptens, dass wir umkommen in der Wüste?“ Ein anderer ist der der stillen, stummen Verzweiflung. „Meinetwegen mag es werden wie es will, an einem Ende muss es doch hinaus,“ Und beide Wege führen ins Verderben. Gegen Gott und ohne Gott, ist ziemlich gleichviel. Die Jünger schlugen keinen von beiden ein. Da die Wellen das Schifflein bedeckten, dachten sie an ihren Herrn. „Da traten sie zu ihm und weckten ihn und riefen - Herr, hilf uns, wir verderben.“ Wir wissen nicht, ob das Schifflein eine Kajüte gehabt hat, ob sie erst hinuntersteigen mussten. Du nun, wenn die Not einbricht, mache es wie sie. Der Herr ist ja nicht gestorben in dir. Er schläft. Steige hinunter zu seiner Schlafstätte und wecke ihn auf. Steige hinunter in die alten Jugendjahre, hinunter in den alten Kinderglauben, da liegt er und schläft. Räume weg die Decken der Gelehrsamkeit, der Gleichgültigkeit oder eitlen Klugheit, die du. über ihn gebreitet hast. - „Er hat aber so lange in mir geschlafen,“ sagst du, „wie soll ich ihn wecken?“ Rufe ihn an, wie die Jünger: „Herr, hilf mir, ich verderbe!“ Ist er lange nicht dein Herr gewesen, hast du lange nicht nach seiner Hilfe verlangt - rufe nur, er höret doch. Sammle, was du noch hast von heiliger Erinnerung. Rüttle ihn auf mit seinen Verheißungen. Halte dich fest an sein Wort. Lerne wieder zu ihm beten. Sei unverzagt und getrost, er wird erwachen. Er wird sich regen in unserm Herzen. Er wird aufstehen, Er wird ans Steuer treten. Es wird Trost in dich einziehen. Wenn du auch nicht gleich alle Tage und alle Wege seine liebliche Gnade und Gegenwart fühlest, die Stunden oder Augenblicke seiner Nähe werden dir ein Unterpfand sein, dass er in dir lebet, und dass du einst in ihm leben wirst. -

Warum aber zürnet er denn den Jüngern, warum schilt er sie: „Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam?“ Liebe Brüder und Schwestern, die Jünger drangen auf sein persönliches Aufstehen. Sie wollten ihn mit Augen sehen. Er sollte seine Hand vor ihnen über Sturm und Flut ausrecken. Aber kein Gebet, kein Ruf zu seinem Vater stieg auf. Dann war jenes Wort auch eine Strafe, weil sie von „verderben“ sprachen, und doch hatten sie ihn bei sich. Wo er ist, wo das Leben ist, ist kein Verderben und kein Tod. -

Du aber, den keine Trübsal, innere oder äußere. hinein oder hinunter treiben kann in das Schlafkammerlein deines Christus, was wird aus dir? Du wirst schlafen, du wirst fortschlafen von einer Zeit zur andern, von einer Heimsuchung zur andern. Und wenn du endlich in der letzten Angst aus Furcht vor dem Tode ihn suchen willst, dann heißt es wohl gar nicht mehr: „Und er schlief.“ Er ist dann gestorben in dir, du weckest vergebens. Du kannst den Glauben nicht mehr zu neuem Leben erwecken. Es ist ein altes Sprichwort: „Wer auf der See nicht beten lernet, der lernet es nirgends.“ Und wer es in den innern Anfechtungen nicht lernet, wo kein anderer Freund bestehen kann, der lernet es gar nicht. - Herr, lass die Trübsal dazu dienen, dass wir dich rufen und wecken mit aller Sorge, mit aller Beharrlichkeit, und vollende an uns das Werk, wie du es an den Jüngern vollendet hast!

III.

Er nimmt das Steuer in feste Hand,
Bedreut den Sturm, bringt dich ans Land.

Jesus stand auf und bedrohte den Wind und das Meer, da ward es ganz stille. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: „ Was ist das für ein Mann, dem Wind und Meer gehorsam ist!“ Er führte darauf das Schifflein wohlbehalten zu Lande. Er feierte seine Epiphanie auf dem Meere, Er zeigte, wie er Gewalt habe über alle Elemente, über alle Kreatur. Wie er an allen Ständen der Menschen seine Macht und Gottheit geoffenbart hatte, haben wir neulich schon erkannt, -

Manch Epiphanienfest hat Christus auf dem Meere seitdem gefeiert. Oft ist er angerufen, dass er Sturm und Meer bedreuen sollte wie dazumal. Oft ist es auch ganz stille geworden. Andern hat er in den Fluten einen seligen Mut gegeben. Andern hat er im Schiffbruch sich als einen gnädigen Gott gezeigt. Ein deutscher Kaufmann litt auf der Ostsee Schiffbruch. Mit Mühe erreichte er schwimmend eine Klippe, auf die er sich rettete. War sie auch klein, so war sie doch groß genug, ein Altar Gottes zu sein, auf dem er seine brünstigen Gebete zu ihm hinaufschicken konnte. Ehe der erste Abend kam, trieben zwei Fässer an die Klippe an. Er schlug sie auf mit Steinen. In dem einen fand er Betten, in dem andern fand er Obst. Weiter schwamm Nichts heran. Aber es war ihm dies ein Siegel und Unterpfand, dass ihn sein Gott auf den Felsen nicht vergessen hatte. Er hoffte auf weitere Rettung. Am vierten Tage fuhr ein Schiff vorüber. Die Mannschaft sah ihn und nahm ihn auf. -

Doch wir sind heute zumeist auf dem kleinen innern Meere gewesen, das so voll ist von Stürmen. Wir wollen auch jetzt noch einmal dahin zurückkehren: Er bedreuet den Sturm mit starker Hand, Und bringt das Schifflein an das Land. Wenn die kalten Nordwinde der Sorge durch dein Herz wehten, sind Sabbatsstunden gekommen, wo der Glaube dir sagte: „Er lebet und regieret ja noch.“ Da ward es ganz stille. Wenn die Angst vor Gottes Gericht dein Herz durchwühlte, wie ein Sturm die Tiefen des Meeres durchwühlet, und du konntest Christum in dir aufwecken, konntest gläubig zurückkehren zu ihm, der sich um unserer Sünden willen dahin gegeben hat, dann ward es ganz stille. Hier in der Kirche hat er manchmal seine Hand über dich ausgestreckt und hat den Sturm gestillt. In der Nacht, wo du auf deinem Lager in festem Glauben mit ihm redetest, hat er an deinem Herzen Epiphanienfeste gefeiert. Es ward ganz stille. Und sobald er am Steuer steht, bekommt das Schiff die rechte Richtung. Die Jünger wussten kaum noch, wo sie hinfuhren. Du weißt es auch nicht, wenn du, ein Spielball deiner Gelüste, ein Spielball in den Händen der Welt, bald hierhin, bald dorthin geworfen wirst. Jesus steuert mit den Jüngern dem Lande zu. Und wenn er in dir aufgeweckt und ans Steuer getreten ist, geht es auch in geradem Züge und Fluge hinüber nach dem festen Lande. Das Land, das einzige feste Land ist die Gnadenheimat der Kinder Gottes. Keine Flut zerstört dieselbe. Himmel und Erde werden vergehen, aber der neue Himmel und die neue Erde stehen ewiglich. Vor dem Ufer dieses Landes müssen wir noch einmal durch eine harte Brandung schiffen. Hoch gehen da die Wellen. Die Brandung mit den hohen Angstwellen ist der Tod. Manches Glaubensschifflein, das getrost zu fahren schien, ist darin untergegangen. Doch habe nur deinen Herrn im Schiff, habe ihn wach am Steuer, und auch hier wird es stille werden. Wenn endlich die Stimmen der Angst in dir schweigen, dann wird laut die Stimme des Lobes und Preises: „Was ist das für ein Mann, dem Wind und Meer gehorsam ist!“ Dies ist dann bei dir keine Frage mehr. Du kennst ihn ja von deiner Jugend an. - Du rühmest: „Habe Dank, du treuer Steuermann. Wäre ich gefahren nach meiner Klugheit, mein Heil wäre längst zerschellet an den Klippen und Riffen.

„Du hast mir die Bahn gebrochen.
Hast die Fluten überwunden.
Hast mich aus der Stürme Nacht
Sicher an das Land gebracht;
Preis sei deiner Gnad' und Macht.“
Amen.

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