Wünsche, Ernst Levin – Bibelstunden 1. Einleitung.

Wünsche, Ernst Levin – Bibelstunden 1. Einleitung.

1. Die Bibel.

Bibelstunde nennen wir unsre gegenwärtige Versammlung, weil es diejenige Versammlung ist, in der wir uns mit der Bibel beschäftigen wollen. Bibel ist ein griechisches Wort und heißt auf Deutsch Buch. Die Bibel heißt so, um damit anzuzeigen, dass sie das Buch aller Bücher ist. Wie der Mensch durch das Wort sein Denken und Wollen offenbart, so offenbart der unsichtbare, unnahbare Gott Sein Denken und Wollen in der Bibel, daher dieselbe auch Gottes Wort, Gottes Offenbarung heißt. Sie enthält also göttliche Dinge, göttliche Wahrheiten, die uns reinigen, heiligen, von der Sünde absondern sollen, daher sie geschrieben ist von Männern Gottes, die getrieben sind vom heiligen Geist, und also mit Recht die Heilige Schrift genannt wird.

Eine solche Offenbarung Gottes an uns Menschen war und ist notwendig, denn wie könnten wir ohne dieselbe Sein Denken, Sein Wollen wissen? Etwa aus den Werken der Schöpfung? Daraus können wir allerdings wissen, dass Gott ist, wie Paulus im Römerbrief Kap. 1 zeigt, aber das Denken, das Wollen Gottes können wir daraus nimmer erkennen. Das Heidentum beweist es. Wohin sind die Heiden geraten? Sie sind in ihrem Tichten eitel geworden, ihr Herz ist verfinstert, ihre Weisheit ist Narrheit geworden. Daher haben sie die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes in ein Bild verwandelt, gleich dem vergänglichen Menschen und der Vögel und der vierfüßigen und der kriechenden Tiere. Daher beten sie an Sonne, Mond, Sterne, Feuer, Wasser, Tiere, Bäume. In den Dienst der Natur sind sie geraten wie Alle die, welche ihren Beruf und Geschäft, ihr Hab und Gut, ihre Häuser und Felder anbeten. Aus den Werken der Schöpfung können wir also das Denken, das Wollen Gottes nicht erkennen. Etwa durch Eingebung? Aber unser Herz ist ja töricht, trotzig, verzagt. Unsre Vernunft und Sinne sind von der Sünde verfinstert. Denkt doch an die Heiden. Die haben ihre Zauberer und Wahrsager, ihre Traumdeuter und Zeichendeuter. Sie Alle behaupten, göttliche Eingebung zu haben. Es bleibt also nur Ein Mittel zur Erkenntnis des göttlichen Denkens und Wollens übrig. Gott selbst muss uns Sein Denken, Sein Wollen offenbaren. Allerdings auch ohne diese schriftliche Offenbarung wäre das Volk Israel erlöst worden aus der ägyptischen Knechtschaft, hätte Christus Seine Jünger ausgesendet und Seine Gemeine gegründet. Aber die von Ihm und ihnen gegründeten Gemeinen wären in Irrtum und Lüge geraten, wie wir es noch heutzutage überall sehen können, wo vom Worte Gottes abgewichen wird.

Was ist denn nun dieser uns geoffenbarte Gedanke, Wille Gottes? Es ist Sein von Ewigkeit her gefasster Ratschluss zu unsrer Seligkeit. Dieser Ratschluss, der vor Grundlegung der Welt im Rate der heiligen Wächter gefasst wurde, ist eben der, dass Gott einen Schauplatz Seiner Liebe und Geschöpfe als Zeugen dieser Liebe ins Dasein ruft, welche durch Gemeinschaft mit Ihm sich selbst und die ihnen unterworfene Kreatur der Vollkommenheit entgegenführen. Dieser Ratschluss ist mit Einem Worte die Gründung des Gottesreiches hier auf Erden. Deswegen und nur deswegen wird die Erde geschaffen und der Mensch auf derselben. Und weil es ein ewiger, göttlicher Ratschluss ist, so kann dieses Gottesreich durch keine feindlichen Mächte zerstört werden, sondern von dem Augenblick an, da der Schauplatz für dasselbe bestimmt ist, geht es seinen unaufhaltsamen Gang vorwärts; von dem Augenblick an, da der Mensch für die Bürgerschaft dieses Gottesreiches geschaffen ist, beginnt die Geschichte desselben, in welcher also Gott und Mensch zusammenhandeln; in welcher auf der einen Seite die menschliche Freiheit, auf der andern Seite die göttliche Gnade sich zeigt; in welcher neben der Wandelbarkeit, Vergänglichkeit und Nichtigkeit des Menschen und alles Irdischen die Unwandelbarkeit, Ewigkeit, Wahrheit und Liebe Gottes sich offenbart. Es ist also die Bibel, das Wort Gottes, die Heilige Schrift mit dem in ihr geoffenbarten Ratschluss Gottes nicht bloß ein Gedanke, eine Idee, eine Theorie, ein System von Lehrsätzen und Sittengesetzen, sondern sie ist Geschichte, sie ist Leben. Tatsachen sind es, die uns nicht auf trockne, dürre, langweilige Weise, sondern mit lebendiger, herzeindringender Kraft und Wahrheit das Denken, das Wollen Gottes kund tun. Die Bibel zeigt uns durch geschichtliche Tatsachen die Gründung des Gottesreiches hier auf Erden im Paradies, denn Adam und Eva lebten in der Gemeinschaft mit Gott. Sie zeigt uns die Störung dieser Gottesgemeinschaft durch die Sünde, durch den freiwilligen Abfall des Menschen von Gott. Sie zeigt uns die Wiederherstellung dieser Gemeinschaft durch den siegreichen Weibessamen, auf welchen von da an alle Gläubigen hoffen, durch den Glauben an welchen die Gottesgemeinschaft, das Gottesreich immer mehr sich entwickelt in Noah, in Abraham, in David, bis endlich der verheißene Weibessame kommt und nach einer viertausendjährigen Vorbereitung das Reich Gottes ins Leben tritt, dessen Endziel der neue Himmel und die neue Erde ist.

Weil nun die Bibel die Geschichte des Gottesreiches hier auf Erden gibt, und weil der Mensch zur Bürgerschaft desselben berufen ist, darum ist die Bibel für diese Erde und auf derselben für uns Menschen geschrieben. Weil ferner die Bibel die Offenbarung Gottes an uns Menschen ist, denn sie tut uns Sein Denken, Sein Wollen kund, und weil der göttliche Wille, der göttliche Ratschluss durch die Sünde des Menschen aufgehalten, zerstört wurde, und erst in Jesu Christo wieder vollkommen, rein, klar und wahr hervortritt, so ist Jesus Christus Kern und Stern der Bibel. Sie enthält also die Geschichte der Sünde und der Gnade. Alles dreht sich um diese zwei Punkte durch die ganze Bibel hindurch.

Dieses führt uns auf den Standpunkt, den der Mensch als den allein richtigen diesem Buch gegenüber einnehmen muss. Es ist klar, dass eine Offenbarung des heiligen und gerechten Gottes an uns sündige, ungerechte Menschen, in menschliche Gedanken, Formen, Worte und Buchstaben gebracht, dem Menschen, der mit seiner natürlichen, verfinsterten Vernunft an sie herantritt, eine Quelle vieler Irrtümer, vieler Widersprüche werden kann. Daher geschieht es täglich, dass grade die Bibel zu allen möglichen, wahrhaft verrückten Ansichten benutzt wird. Daher geschieht es täglich, dass so Viele erklären, sie könnten nicht in der Bibel lesen, weil sie dieselbe nicht verständen. Ein solcher Vorwand ist grundfalsch. Verstehst du denn ein anderes Buch, ehe Du es gelesen hast? Verstehst Du irgendeinen Satz in irgendeinem andern Buch, ehe Du weißt, in welchem Zusammenhang er steht? Lies also erst die Bibel und zwar nicht bloß einzelne Sätze daraus, sondern die ganze Bibel, und erst dann kannst Du ein Urteil darüber haben. Begnügst Du dich aber dennoch mit jenem Vorwand, nun, so beweist Du eben damit, dass es Dir gar nicht um Gott und göttliche Dinge zu tun ist, dass Du von dem eigentlichen Zweck Deines Lebens hier auf Erden gar Nichts wissen willst, dass Du also Gott zum Lügner machst, denn Er hat dich geschaffen und nicht Du selbst, Er hat deinen Lebenszweck bestimmt und nicht Du selbst.

Es ist ein Haupttriumph des Nationalismus, den Leuten die Bibel zu verleiden, indem er dieselbe als ein bloßes Menschenwerk, wie jedes andere Menschenwerk, hinstellt und also gar leicht in ein Buch voller Fabeln und unsinnigem Zeug verwandelt. Nimmt man aber den Leuten erst die Bibel, nun, so müssen sie sich an Menschenworte halten. Was aber sind Menschenworte? Worte von Menschen, die Heute rot und Morgen tot sind? Es gibt gar nichts Elenderes als Menschenworte. Es gibt gar nichts Traurigeres als das Verlassen auf Menschenworte. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit sehr vielen Lichtfreunden bekannt zu werden, und ich habe in ihnen Allen sehr bedauerliche Menschen gefunden, für die es die heiligste Pflicht ist zu beten. Ihre Ansicht ist, dass die Bibel die Urkunde des Christentums ist, wie es ja überhaupt viele Urkunden über menschliche Dinge gibt. Ich bin auf ihre Ansichten eingegangen und habe sie darauf geführt, dass, wenn die Bibel nichts weiter als eine menschliche Urkunde des Christentums ist, es die Pflicht eines jeden Christenmenschen ist, diese Urkunde zu lesen, um doch ein Urteil über das Christentum zu haben. Das haben sie mir Alles zugegeben, aber die Wenigsten von ihnen, vielleicht gar Keiner, hat sich nun wirklich an das Lesen dieser Urkunde gemacht. Seht, in solche wahrhaft lächerliche Widersprüche verwickelt sich ein Mensch, der sich mit Menschenwort, Menschenlehre begnügt. Seine Weisheit wird zur Narrheit.

Doch, das bloße Lesen ist nicht genug. Es haben viele große, einflussreiche, hochgestellte Lehrer der christlichen Kirche die Bibel von Anfang bis Ende durchlesen, durchforscht, durchstudiert, und sind dennoch auf gräuliche Irrtümer gekommen, haben dennoch am Glauben und Leben Schiffbruch gelitten. Und warum? Weil sie der Bibel gegenüber einen falschen Standpunkt einnahmen, weil sie sich selbst, ihre Ansichten, ihre Grundsätze, ihre Lehren in die Bibel hineintrugen und danach dieselbe auslegten, statt die Sache umzudrehen.

Nein! Nein! Soll uns die Bibel, das Wort Gottes, die Heilige Schrift nicht ein Geruch des Todes zum Tode, sondern ein Geruch des Lebens zum Leben werden, so müssen wir erst den richtigen Standpunkt haben. Von demselben reden wir in der nächsten Stunde.

2. Der richtige Standpunkt.

Die Bibel, das Wort Gottes, die Offenbarung Gottes, die Heilige Schrift tut uns kund den Willen Gottes in Seinem von Ewigkeit her gefassten Ratschluss zu unsrer Seligkeit, welcher Ratschluss in der Gründung des Gottesreiches hier auf Erden besteht und durch Jesum Christum ins Leben getreten ist. Die Bibel gehört also unsrer Erde, uns Menschen an. Ihr Mittelpunkt ist Jesus Christus. Ihre Geschichte ist die Geschichte der Sünde und Gnade auf dieser Erde. Steht dieses fest, so ergibt sich der richtige Standpunkt, den wir Menschen diesem Buche gegenüber einzunehmen haben, ganz von selbst.

Wir haben schon gezeigt, dass die natürliche Vernunft nur ein falsches Urteil finden kann, dass Jeder, der sich selbst in die Bibel hineinträgt, das heißt, die Bibel nach seinen Grundsätzen und Ansichten auslegt, wie sie ihm seine natürliche Vernunft eingibt, auf Irrwege geraten muss. Sprechen wir also jetzt von dem einzig richtigen Standpunkt, von dem aus die Bibel uns ein Buch des Lebens werden muss. Wir wissen, was die Bibel ist, was ihr Gesamtinhalt umfasst. Ist uns dieses klar, dann ist auch unser Standpunkt klar.

Gott, der Allmächtige und Allwissende, der Heilige und Gerechte offenbart sich uns schwachen, ohnmächtigen, hinfälligen, sterblichen, von Ihm abgefallenen, sündigen Menschen in der Bibel. Wir haben also an dieses Buch heranzutreten mit Ehrfurcht vor dem schrecklichen, mächtigen Gott Zebaoth; mit Demut vor Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit; mit Erkenntnis unsers elenden, jämmerlichen, armen, blinden Zustandes. Wir haben in diesem Buche zu lesen mit dem Bewusstsein, dass es Gottes Offenbarung an uns ist, die wir mit unserm endlichen, irdischen Verstand also gar nicht begreifen können, die glauben zu dürfen und lesen zu dürfen eine freie Gnade Gottes ist; mit dem Bewusstsein, dass unsre Vernunft seit dem Falle nichts vernimmt vom Geiste Gottes, weil ihr dieses Alles Torheit ist. Wir haben dieses Buch zu hören, darüber zu denken und zu reden mit dem Argwohn gegen uns selbst, dass Satan alle seine Ränke, seine Listen, seine Bosheiten aufbietet, die argen Gedanken unsers Herzens zur Abwendung von der Hauptsache zu benutzen; mit dem Argwohn gegen uns selbst, dass unsre Vernunft immer noch nicht genug unter dem Gehorsam des Glaubens steht; mit dem Argwohn gegen uns selbst, dass wir die Schrift immer eher auf Andere, als auf uns selbst anwenden, statt uns ganz einfach zu fragen: was will dir Gott der Herr damit sagen? Begleitet uns diese Ehrfurcht, diese Demut, diese Erkenntnis, dieses Bewusstsein, dieser Argwohn beim Hören, beim Lesen der Schrift, dann werden wir, denn wir können nicht anders, nie ohne Gebet, ohne Bußfertigkeit, ohne Andacht, ohne Glauben lesen und hören. Die stille Aufmerksamkeit wird uns verstehen lassen, was wir lesen und hören. Das einfältige Anklopfen an der Himmelspforte wird uns dieselbe öffnen. Das kindliche Suchen nach den göttlichen Schätzen wird uns die Eine köstliche Perle zeigen. Alles Rätselhafte, Unklare, Unverständliche, Unbegreifliche, Geheimnisvolle in der Schrift wird uns noch mehr überzeugen von ihrer Heiligkeit; denn eine göttliche Offenbarung, die so klar ist, wie zwei Mal zwei vier ist, ist keine göttliche Offenbarung, kein Blick aus der Unsichtbarkeit in die Sichtbarkeit, kein Strahl des himmlischen Lichts auf diese Erde. Durch alles das kann die Harmonie des Ganzen nicht gestört werden, ebenso wenig wie der Zusammenhang der Natur gestört wird, obgleich wir nur sehr wenig von ihr wirklich verstehen.

So und nicht anders kann uns die Bibel erst zu einem Erziehungsbuche werden, welches uns für den Himmel erzieht. Indem sie uns die Geschichte der Sünde und Gnade auf dieser Erde gibt, führt sie uns hinein in die tiefsten Tiefen des menschlichen Herzens, in den innersten Zusammenhang des Familien- und Volkslebens, der Familien- und Völkergeschichte; aber auch in den Rat der heiligen Wächter, in das von Liebe und Erbarmen schlagende Herz Gottes. So und nicht anders wird uns die Heilige Schrift eine Menschwerdung der heiligen Dreieinigkeit, die sich eines Menschengriffels bedient, um den Menschen herauszuführen aus dem Wust der Sünde; denn, es muss immer wiederholt werden, die Erlösung von der Sünde ist das Ein und Alles der ganzen Bibel, der ganzen Menschengeschichte, einer jeden Herzensgeschichte.

Diesen Standpunkt der Armensünderschaft wollen wir festhalten, während wir die Jahrtausende der Gottesreichsgeschichte durchwandern; er wird uns den Weg zeigen und führen.

Nur durch beharrliches Aufsteigen kann man die Spitze erlangen. Werden auch mit jeder Sprosse, die wir höher steigen, die Schwierigkeiten immer größer durch die uns anklebende und träge machende Sünde, - vor der armseligen Eitelkeit wollen wir uns bewahren lassen, dass uns etwa Jemand aus dem einmal betretenen Glaubenspfad zum Himmel herauslachen sollte.

Die Feindschaft gegen die Bibel ist groß, sehr groß, am allergrößten in unsern eigenen Herzen. Wir wollen immer die Bibel nach uns richten, statt uns nach der Bibel zu richten. Wir wollen immer noch klüger sein als die heiligen Männer Gottes, die geredet haben, getrieben vom heiligen Geiste.

Wohlan, so oft die Feindschaft, diese Anmaßung, diese Eigenliebe sich regt, nieder auf die Kniee, auf das Angesicht zur Erde als ganz arme Sünder, die nur die Brosamlein vom Tisch des ewig reichen Gottes beanspruchen dürfen! Die Schuhe des Stolzes ausgezogen von den Füßen, denn der Grund, da wir auf stehen, ist ein heiliger Grund! Unser Glaube wird stark, unsre Liebe wird warm, unsre Hoffnung wird lebendig werden. Jeder neue Sieg über uns selbst wird uns näher bringen dem Herzen Gottes, wird uns tiefer gründen in der Gnade, wird uns weiter schauen lassen in dem Reiche Gottes bis an dessen Endziel im neuen Himmel und auf der neuen Erde. Wir haben ja hier das ewige, lebendige Wort Gottes, und in demselben wird uns dargereicht die Kraft Gottes zur Seligkeit. Sollen wir in unserm Teil dieses Wort zur Lüge machen? Sollen wir in unserm Teil dieses Wort, welches wir aus unverdienter Gnade in unsern Händen haben, durch Vernachlässigung, durch Missachtung, durch Gleichgültigkeit, durch menschliche Rücksichten Seine Unvergänglichkeit an uns nicht beweisen lassen? Ja, wir sind schwach. Wir haben Nichts. Wir können Nichts. Und doch, wir haben den Schlüssel zur Schatzkammer Gottes. Gebrauchen wir ihn. Beten wir ohne Unterlass. Unterstützen wir uns gegenseitig durch Bitte, Gebet und Fürbitte. Tun wir uns gegenseitig Handreichung nach der Gabe, die Jedem gegeben ist. Das Wort Gottes muss Früchte schaffen unter uns. Die Bibelbetrachtungen müssen uns anspornen, weiter zu forschen, ob es sich also verhält. Wir werden befestigt werden im Worte der Wahrheit und uns nicht mehr hin- und herwiegen lassen von jeder beliebigen neuen Ansicht. Wir werden einen Grund gewinnen, der unbeweglich steht, den Grund, der schon gelegt ist, eben den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. Wir werden lebendige Steine werden in dem Gottesgebäude, welches auf diesem Eckstein aufgeführt wird. Und nicht nur selbst werden, sondern auch andere Steine herzutragen zum Baugerüste, auf dass Jerusalem gefertigt und gesetzt werde zum Lobe auf Erden.

3. Das Alte und das Neue Testament.

Den richtigen Standpunkt für das Lesen und Hören der Bibel haben wir gefunden. Es ist der christliche Standpunkt, der Standpunkt der Armensünderschaft. Auf diesem Standpunkt wird die Bibel das Erziehungsbuch für den Himmel, dessen Bürger wir Alle sein sollen. Für den Weisen und Klugen ist sie allerdings ein Strom, in dem ein Elefant schwimmen muss. Für die Einfältigen und Kinder aber ist sie ein Bach, in dem ein Lamm waten kann.

Die Bibel zerfällt nach menschlicher Einteilung in zwei Teile: das Alte und das Neue Testament. Testament ist der letzte Wille Jemandes. Ein solcher letzter Wille wird immer hoch geachtet, so hoch, dass keine irdische Macht ihn umstoßen kann. Die Bibel ist also der letzte Wille Gottes an uns Menschen. Sie ist Seine letzte Offenbarung an uns. Außer ihr gibt es Keine mehr. Wer sie also missachtet, verachtet, der bleibt zeitlich und ewig verloren.

Man nennt den ersten Teil der Bibel das Alte Testament, weil er Vorzeiten, ehe Christus in diese Welt kam, abgefasst ist. Der zweite Teil heißt das Neue Testament, weil dieses mit der Geburt Christi, der Alles neu macht, anfängt. Es ist aber mit diesen Namen nicht gesagt, dass das Alte Testament durch das Neue Testament aufgehoben oder weniger wichtig werde. Wer das behauptet, der versteht gar Nichts von der ganzen Heiligen Schrift. Das Alte und das Neue Testament gehören unzertrennlich zusammen, so unzertrennlich, dass wir das Eine ohne das Andere gar nicht verstehen können. Die Juden, wir meinen die echten, alten, gläubigen Juden, haben darum immer noch die Decke Mosis vor ihren Augen, weil sie nur das Alte Testament haben. Alle Christen, welche nur das Neue Testament haben, sich nur mit diesem begnügen, nur dieses als gültig für sich halten, können dasselbe gar nicht verstehen, haben keinen Grund für das Verständnis desselben, sind immer noch Gäste und Fremdlinge im Himmelreich. Das gehört auch zum Sieg des Rationalismus, dass er den Leuten das Alte Testament fremd macht. Dadurch raubt er dem Christentum, dem Evangelium alle geschichtliche Grundlage. Dadurch macht er die Lehre von der Erlösung des Menschengeschlechtes zu einer bloßen Theorie, wie jede andere Götterlehre es ist. Und doch, indem er Tugend und Unsterblichkeit lehrt, kehrt er zurück zu der Lehre der eigengerechten Pharisäer, zu der Schale, zu der Oberfläche des Alten Testaments. Statt also die Menschen vorwärts zu bringen, wie er so sehr rühmt, führt er sie mehr als achtzehn Jahrhunderte zurück in das alte Gesetzesjoch. Es ist merkwürdig, ja es wäre lächerlich, wenn es nicht so erstaunlich bedauerlich wäre, dass grade die Leute, die am Meisten von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit schwatzen, die ganze Menschheit in die Ketten gewisser Gesetze einzwängen wollen, und also die alleroberflächlichsten, herzlosesten, geistlosesten Pharisäer sind, statt die Freiheit, die Gleichheit, die Brüderlichkeit, die uns die Bibel von ihrem Anfang bis an ihr Ende predigt, zu ergreifen. Dabei haben sie einen großen Widerwillen gegen das Alte Testament. Dieses mit seinen Tatsachen, geschrieben mit dem Griffel des Heiligen Geistes, offen und unumwunden darlegend die Sünde mit ihren Folgen, die Strafgerichte des heiligen und gerechten Gottes, schmeckt solchen Leuten nicht so gut und süß wie das Neue Testament, welches den Gott der Liebe, Gnade, Heil, Seligkeit verkündigt. Indem sie das Alte und Neue Testament voneinander reißen, leugnen sie die Sünde und also auch die Gnade, machen sie den dreieinigen Gott zum allmächtigen Vater im Himmel, der keine Notiz nimmt von den Schwächen Seiner Geschöpfe, welche Schwächen nichts weiter als natürliche Anlagen sind, für die Niemand verantwortlich ist. Von Gott Sohn wissen sie nichts, sondern reden nur von dem Tugendhelden Christus. Von Gott heiligen Geist wissen sie nichts, sondern reden nur vom eigenen Geist, vom Zeitgeist. Allerdings liegt uns das Neue Testament gewissermaßen näher als das Alte Testament, denn es ist ja die Erfüllung des Letzteren, der Körper des Schattens. Die Gesetze des Alten Testaments für den äußeren Gottesdienst können nicht mehr für uns gelten, denn die vielen Opfer desselben sind abgetan durch das Eine ewigvollgültige Opfer Jesu Christi. Die Priesterschaft desselben hat aufgehört durch den Einen ewigen Hohenpriester, dessen Glieder Alle das auserwählte Geschlecht, das königliche Priestertum, das heilige Volk sind. Der Tempel zu Jerusalem ist zerstört und wir haben nun einen Tempel, den der Sohn Gottes in drei Tagen auferbaut hat, den Tempel Gottes im Geist und in der Wahrheit. Der irdische Berg Zion, die irdische Stadt Jerusalem hat keine Geltung für uns, die wir zum himmlischen Zion, zum himmlischen Jerusalem, zur Stadt des lebendigen Gottes berufen sind. Die Gesetze des Alten Testaments für das bürgerliche Leben sind nicht für uns geschrieben, denn in Jesu Christo gilt weder Jude noch Heide, weder Mann noch Weib, weder Knecht noch Freier, sondern eine neue Kreatur. Kein Volk hat jetzt das Vorzugsrecht. Die Botschaft muss zu Allen kommen, denn die Erlösung ist gemein.

Aber wie können wir denn diese Erfüllung, diesen Körper, dieses Opfer, diesen Hohenpriester, dieses allgemeine Priestertum, diesen geistigen Tempel, dieses himmlische Zion und Jerusalem verstehen und erkennen, wenn wir nichts wissen von diesen Vorbildern, von der Entstehung derselben, von dem Grunde, warum dies Alles so kommen musste, warum Gott der Herr erst in der dritten Weltperiode Ein Volk aus allen andern erwählte, um das Heil für alle Völker vorzubereiten.

Dies sind nur oberflächliche Blicke in die Geheimnisse der Gottesreichsgeschichte, die aber hinreichen, uns die Notwendigkeit und Wichtigkeit des Alten Testamentes zu zeigen.

Doch wir wenden uns zu den Zeugnissen der Heiligen Schrift selbst. Zu den Zeiten unsers Herrn und Seiner Apostel gibt es noch kein Neues Testament, wie wir es jetzt haben, sondern nur das Alte Testament. Alles was der Herr selbst und Seine Apostel zur Begründung der von ihnen aufgestellten Wahrheiten sagen, ist aus dem Alten Testamente genommen. Unser Heiland gebraucht in Seiner Versuchung, bei Seinem ersten Auftreten in der Schule zu Nazareth, in Seinem Gespräch mit Nikodemus, den nach einem Zeichen begierigen Pharisäern gegenüber Worte, Verheißungen und Vorbilder des Alten Testamentes. Als Er zu Seinen Leiden hinauf nach Jerusalem geht, beruft Er sich auf die Verheißungen der Propheten; als Er mit Seinen Jüngern nach Emmaus geht, beweist Er ihnen aus den Schriften des Moses und der Propheten, dass Christus leiden, sterben, auferstehen und gen Himmel fahren muss. Seine Apostel berufen sich vor dem versammelten Volk, vor dem Hohen Rat, vor den Heiden auf die Schriften des Alten Testaments, und fordern ihre Zuhörer auf, in diesen Schriften zu forschen, ob es sich also verhalte. Sie erklären in ihren Briefen diese Schriften als zur Lehre, zur Warnung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit geschrieben. Und warum tun sie das? Warum können sie es? Weil Jesus Christus Zweck, Ziel, Inhalt des Alten Testamentes ist, weil die Menschwerdung Gottes in Jesu Christo die große Liebestat ist, welche im Alten Testament vorbereitet wird. Darum können wir auch das Alte Testament nur verstehen, wenn wir diese Gottesoffenbarung im Fleisch stets im Gemüt haben. Durch Jesum Christum, in Jesu Christo verstehen wir die Schöpfung und die an dieselbe sich anschließende Menschengeschichte. In Ihm verstehen wir die Erhaltung des Menschengeschlechts nach dem Sündenfall, nach der Sündflut, nach dem Turmbau zu Babel. Der Blick auf Ihn gibt uns Klarheit in die unbeschreibliche Langmut Gottes, welche durch alle Abweichungen der Menschen von Ihm, durch allen Trotz und Herzenshärtigkeit nicht müde wird, den ganzen Tag Seine Hände auszurecken nach einem ungehorsamen Volke. In der Tat, es geschieht gar nichts im Leben der Völker und der einzelnen Menschen, was nicht Bezug darauf hat. Die Führungen der Patriarchen, die wunderbare Geschichte des Volkes Israel durch Freud und Leid, durch Glück und Unglück, ihre Zerstreuung unter alle Völker, alles wird hell und klar durch Jesum Christum. Durch Ihn ist die Welt gemacht, nach Ihm ist der Mensch geschaffen, durch Ihn sind die Patriarchen vor und nach der Sündflut erhalten, das Volk Israel aus Ägypten geführt, im Lande der Verheißung reich und glücklich gemacht, bis Er im tiefsten Verfall Seines auserwählten Volkes sich selbst aufmachte und die ewige Erlösung brachte.

Eine solche Geschichte hat keine Religion. So göttlich! so menschlich! so herrlich! so wahr! Das Reich Gottes ist mitten im Zusammensturz aller Reiche dieser Welt ewig jung geblieben! Es ist ein immer grüner, immer frischer Wald, durchweht vom Geiste Gottes. Lasst uns diesen heiligen Hain betreten; lasst uns hören die Stimme Gottes zu den Menschen, dass auch wir gepflanzt werden in Seinem heiligen Hause und immer grünen in den Vorhöfen unsers Gottes.

4. Das Alte Testament.

Nachdem wir gelernt haben die Bedeutung und den Sinn der Heiligen Schrift verstehen, nachdem wir den richtigen Standpunkt für das Lesen und Hören dieser Heiligen Schrift gefunden haben, nachdem wir das Verhältnis des Alten und Neuen Testaments und den unzertrennlichen Zusammenhang Beider erkannt haben, gehen wir über zum Alten Testament selbst.

Das Alte Testament umfasst einen Zeitraum von viertausend Jahren, von Adam bis auf Christo, vom Anfang der Zeit bis zur Fülle der Zeit. Es enthält die Geschichte des ganzen Menschengeschlechtes in der ersten Weltperiode von Adam bis Noah, und in der zweiten Weltperiode von Noah bis Abraham. In der dritten Weltperiode von Abraham bis auf Christo treten die heidnischen Völker in den Hintergrund, und nur die Geschichte Israels, des auserwählten Volkes Gottes, wird uns mitgeteilt, während die Geschichte der andern Völker nur in so weit erwähnt wird, als diese in Berührung mit dem Volk Israel kommen. Die Geschichte des Gottesreiches, wenn auch oft, ja meist kaum sichtbar, kaum hörbar, kaum bemerkbar, ist und bleibt Mittelpunkt der ganzen Weltgeschichte bis an das Ende der Tage. Wenn das Lamm die Siegel öffnen wird, wird sich dieser Zusammenhang noch klarer herausstellen, als wir ihn jetzt sehen und verstehen können.

Die Entstehung der Bücher des Alten Testaments lernen wir aus diesen Büchern selbst. Zweitausend fünfhundert Jahre nach Schöpfung der Erde schreibt Gott der Herr mit Seinen Fingern die zehn Gebote, welche Seinen heiligen Willen für alle Völker enthalten, auf steinerne Tafeln. Auf Seinen Befehl schreibt Moses alle Überlieferungen der Väter und alle denkwürdigen Begebenheiten seines Lebens in ein Buch, das Buch des Bundes und des Gesetzes genannt, welches er in die Bundeslade des Herrn als ein Zeugnis des Ungehorsams und der Halsstarrigkeit der Menschen und des Volkes Israel insbesondere legt. Josua fügt die Ereignisse seines Lebens diesem göttlichen Gesetzbuche hinzu. Von Samuel wird uns erzählt, dass er die Rechte des Königreichs in ein Buch schrieb und dieses vor dem Herrn niederlegt. Jesajas fordert das Volk auf, in dem Buche des Herrn Seine Weissagungen zu suchen und zu lesen, denn darin werde Alles gefunden. Nach einer langen trüben Zeit unter abgöttischen Königen, da dieses Buch vergessen ist, wird es zur Zeit des Königs Josia im Tempel wiedergefunden. Als das Volk Israel in der babylonischen Gefangenschaft seine Sprache und also auch die Sprache seiner Heiligen Schriften so gut wie vergessen hat, und dieselbe nicht mehr versteht, sendet der Herr den Esra und Nehemia, die vergessenen Schriften hervorzuholen, zu sammeln und dem Volk zu erklären. Und als nun die Juden in viele Länder zerstreut sind, werden überall Schulen oder Synagogen errichtet, damit Moses, wie es in der Apostelgeschichte heißt, in allen Städten hätte, die ihn predigten, indem er alle Sabbattage in den Schulen gelesen wird. Weil ferner viele Juden nur die griechische Sprache verstanden, entsteht dreihundert Jahre vor Christi Geburt jene griechische Übersetzung, die von siebzig Gelehrten abgefasst, die Septuaginta genannt wird. Zu dieser Zeit wird auch das Alte Testament in Gesetz, Propheten und Schriften eingeteilt, welche Einteilung noch zu. Christi Zeiten Geltung hat. Unter Gesetz sind die fünf Bücher Mosis verstanden. Die Propheten sind die Bücher Josua, Richter, Samuel, Könige, Jesajas, Jeremias, Ezechiel und die zwölf sogenannten kleinen Propheten. Die Schriften sind die übrigen Bücher: Psalmen, Sprüche, Hiob, hohes Lied, Ruth, Klagelieder, Prediger, Esther, Daniel, Esra, Nehemia, Chronika. Diejenigen Bücher, welche in deutschen Bibeln gewöhnlich an das Alte Testament angebunden sind und Apokryphen, das heißt: verschlossene, verborgene Bücher genannt werden, weil sie nicht zu den heiligen Büchern gehören, daher auch nicht in dem Tempel oder in den Synagogen niedergelegt oder vorgelesen wurden, sind von griechisch redenden Juden in Ägypten und Palästina abgefasst, zu einer Zeit, da es keine Propheten mehr gab. Sie legen Zeugnis ab für die vorhandene Sammlung der Schrift und weisen hin auf die Zeit, da Gott der Herr Seinem Volk den rechten Propheten aufwecken wird.

Wir haben also aus der Schrift selbst gezeigt, dass die Bücher des Alten Testaments auf Befehl des Herrn aufbewahrt wurden im Heiligtum, dass sie, wenn auch oft vergessen, durch Männer Gottes immer wieder hervorgeholt wurden und vom ganzen Volk als göttliche Schriften anerkannt. So sind also diese Bücher, ihre Entstehung, Erhaltung, Sammlung nicht Menschenwerk, sondern Gotteswerk. Ja Gottes Werk ist die Bibel, wie es das unter uns wohnende Volk der Juden tatsächlich beweist, wie es das Bestehen der Bibel bis auf den heutigen Tag unwiderleglich zeigt, während so viele tausende von Schriften des menschlichen Geistes vergessen und verloren sind. Darum kann uns auch nur dieses Buch Aufschluss geben über den Plan Gottes mit der Erde und den Menschen, Antwort geben auf die Frage, warum die Erde und die Menschen geschaffen sind.

Die fünf Bücher Mosis sind die ersten Bücher, die sich beim Aufschlagen der Bibel unserm Blick darbieten. Sie werden Pentateuch, deutsch fünf Teile, auch Tora, deutsch Gesetz, genannt. Sie sind die ältesten Bücher der Welt, denn es ist bewiesen, dass die Zeitrechnung der Hindus und Chinesen nicht weiter zurückgeht als bis zum Jahre 800 vor Christi Geburt, und dass ihre Heiligen Schriften zur Zeit des Jesajas abgefasst sind. Verfasser dieser ersten Bücher der Heiligen Schrift ist Moses, der, wie wir schon hörten, auf Befehl des Herrn diese Bücher schrieb und sie in die Bundeslade niederlegte. Die drei ersten Bücher verfasste er während des einjährigen Aufenthaltes am Sinai, das vierte und fünfte Buch dagegen in seinen letzten Lebensjahren während des Aufenthaltes in den moabitischen Gefilden am Jordan. Gott der Herr befiehlt ihm diese Niederschreibung, damit nicht im Laufe der Zeiten die Überlieferungen der Väter, die Geschichte der Schöpfung, des Sündenfalls und die Verheißung des Erlösers durch Menschen verfälscht werde, wie es bei allen heidnischen Völkern geschehen ist. Mit Mose redet der Herr nicht durch dunkle Worte oder Gleichnis, sondern mündlich von Angesicht zu Angesicht.

Diese fünf Bücher Mosis sind die Grundlage der ganzen göttlichen Offenbarung. Sie geben uns den Keim der ganzen Welt- und Menschengeschichte. Wenn Johannes sagt: „das Gesetz ist durch Mosen gegeben, die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“, so wird uns dadurch der innige Zusammenhang zwischen Mose und Christo angedeutet, und also die Wichtigkeit dieser fünf Bücher gezeigt. Ohne Sünde und Gesetz können wir Gnade und Wahrheit nicht verstehen. Moses gibt uns nun die Geschichte der Schöpfung, des Sündenfalls, der Vernichtung des ersten Menschengeschlechts, der Patriarchen, der Kinder Israel. Da lernen wir auf der Einen Seite die Entstehung der Sünde mit ihren Folgen kennen: Verwirrung der Sprachen, Zerstreuung der Völker. Auf der Andern Seite sehen wir die Gründung, Beschützung, Regierung, Ausbreitung des Gottesreiches, welches erst allgemein für alle Menschen in Adam und Noah bestimmt, später auf Einen Mann, Eine Familie, Ein Volk beschränkt wird, um es zu erhalten und vorzubereiten auf die Zeit, da in Jesu Christo Gnade und Wahrheit offenbart und also wieder alle Menschen dazu berufen werden. Ein Weltreich nach dem Andern entsteht, blüht, breitet sich aus, sinkt zusammen. Das Gottesreich bleibt stehen im allgemeinen Ruin, leuchtet immer lieblicher und herrlicher durch Leiden und Trübsale, getragen von den Verheißungen Gottes, beschützt von den Fittichen der Liebe, die stärker ist als der Tod.

Das erste Buch Mosis, bei den Juden Breschith, das heißt: Im Anfang, griechisch Genesis, das heißt: Schöpfung, Geburt, genannt, offenbart uns den Anfang der Zeit, der Erde, der Menschen. Indem es uns zeigt, wie durch die Sünde Vergänglichkeit, Elend, Jammer, Fluch, Tod auf diese Erde unter uns Menschen gekommen ist, tut es uns zugleich kund die Liebe Gottes, der in diese Vergänglichkeit, in diesen Fluch, in diesen Tod den Keim der Unvergänglichkeit, der Gnade, des Lebens, der Seligkeit legt. Dieses Buch lehrt uns, woher der Himmel und sein Heer, woher die Erde und ihre Bewohner kommen, wohin sie gehen. Dieses Buch lehrt uns den Ursprung aller Völker, den Grund des Fluches, der auf Jedem ruht, den Keim der Geschichte der Nomadenvölker, der Götzenanbeter, der Feueranbeter, der Fetischanbeter in Asien, Afrika und Amerika. Hier lernen wir, warum die Völker zerstreut sind, warum sie sich anfeinden. Hier lernen wir aber auch schon den Mittelpunkt kennen, um den sich alle Völker scharen werden, in dem sich alle Völker wieder vereinigen werden, so dass aus allen Zerstreuungen und Zerwürfnissen dieser Erde, aus aller Zerrissenheit und Verwirrung der Völker Ein Hirt und Eine Herde hervorgehen wird, Eins durch die Freiheit von Sünde, Eins durch die Gleichheit der Gnade, Eins durch die Brüderlichkeit in dem Einen Jesu Christo, der Gestern, Heute und in Ewigkeit derselbe ist.

Das kann uns kein Geschichtsschreiber, kein Gelehrter, kein Philosoph, kein Astronom, kein Geologe mit all seinen Entdeckungen, mit all seinen scharfsinnigen Berechnungen offenbaren. Sie Alle beschäftigen sich mit dem, was schon gegeben ist, was schon da ist. Aber die Ursache aller Dinge und den Zweck aller Dinge, das wie und warum alles Seins, kann uns nur der allmächtige, allwissende, allliebende Gott kund tun.

Beuge dich also vor Ihm im Bewusstsein deiner Unwissenheit, deiner Ohnmacht, deiner Nichtigkeit. Öffne dein Ohr und Dein Herz für die Offenbarungen der göttlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit, Gnade und Wahrheit; lerne glauben, hoffen, lieben, gehorchen. Ist Sein Geist mit uns, der Geist, der alle Dinge erforscht, selbst die Tiefen der Gottheit, so werden sich uns ausschließen die Brunnen der Ewigkeit, und in uns werden Ströme quillen, die in das ewige Leben fließen.


Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/w/wuensche/bibelstunden/wuensche_bibelstunden_1.txt · Zuletzt geändert:
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain