Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 1. Psalm.

Rieger, Carl Heinrich - Kurze Betrachtungen über die Psalmen - Der 1. Psalm.

1. Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, da die Spötter sitzen: 2. Sondern hat Lust zum Gesetz des HErrn, und redet von seinem Gesetz Tag und Nacht. 3. Der ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, das gerät wohl. 4. Aber so sind die Gottlosen nicht; sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. 5. Darum bleiben die Gottlosen nicht im Gericht, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten. 6. Denn der HErr kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.

Der 1. Psalm beschreibt den Weg der Gerechten und der Gottlosen, und das Wohl des Einen und das Weh des Andern.

1) Der Weg der Gerechten und ihr Wohl dabei wird gezeigt vom 1. bis zum 4. Vers, 2) der Weg der Gottlosen und ihr Weh dabei im 4. und 5. Vers, 3) können wir Beides kurz zusammenfassen nach dem 6. Vers. Was hat also ein Gerechter für einen Sinn an sich? Nach dem 1. Vers lehrt ihn zuvörderst die Furcht GOttes, das Böse meiden, es mag so heimlich als ein Rat, oder so gemein als ein Weg, oder so festgesetzt sein als ein Sitz. Nach dem 2. Vers hänget ein Gerechter aber auch dem Guten redlich an, und das mit Lust des Herzens am Gesetz des HErrn, und mit Bekenntnis des Mundes davon im Reden; ohne dies Anhangen am Guten bleibt man im Hass des Argen nicht fest. Sich mit Laufen zu dem Guten halten wollen, ohne innerliche Herzenslust an GOttes Gesetz, gäbe eine tändelhafte Liebe ab, die auch nicht Bestand hätte. Was hat also ein Gerechter von solchem Sinn zu genießen?

Nach dem 3. Vers Festigkeit wie ein Baum, Zufluss aus dem Worte GOttes zur Fruchtbarkeit in allem Guten, als gepflanzt an den Wasserbächen, gemäßes Zunehmen und daher kommende Brauchbarkeit, dass man seine Frucht bringt zu seiner Zeit. Was hat ein Gottloser an sich? Einen Rat und Vertrauen auf seine List; einen Weg und Trotz auf die Menge, die ihn gehen; einen Sitz, davon er sich nicht will treiben lassen. Was wird ihn aber treffen? Weil er aus dem Wort GOttes kein Gewicht der Wahrheit in sich hat, so wird er wie Spreu zerstreut. Weil es der Gottlose in seiner Spötterei so leicht genommen hat, so wird er erfahren müssen, wie unvermögend er ist, im Gericht zu stehen; weil er immer nur Sünden-Gemeinschaft gesucht hat, so wird er auch alsdann nicht bleiben in der Gemeinde der Gerechten, wann er es am meisten wünschte, auch mit anzukommen. Wie heftest du dir das im Herzen an? Mit diesen zwei Nägeln: Der HErr kennt den Weg der Gerechten; aber der Gottlosen Weg vergeht. O guter GOtt! mit welcher Langmut trägst Du unsere Trägheit. Wer steht bei Mitternacht auf, Dich zu loben, wer stellt bei Tag und Nacht Betrachtungen über Dein Wort an? Wie hält Manchen die Menschenfurcht, oder auch Menschengefälligkeit, auch wohl unzeitige Scham zurück, sich darüber heraus zu lassen, und wie Mancher lässt sich darüber heraus, ohne seines Herzens Lust daran zu haben.

„Es erfährts Niemand,“ ist der Rat der Gottlosen. „Es machts Jedermann so“, ist der Weg der Sünder. „Was bekümmere ich mich um Die, die anders sagen“, ist der Sitz der Spötter.

Auch bei Nacht geht immer etwas im menschlichen Gemüt vor, es sei Gutes oder Böses, das Gute aber, wenn es die Oberhand hat, bringt Frucht zu seiner Zeit. Hoffnung ist das eigentlichste, das ein Gerechter aus dem Geduld- und Trostwort der Schrift haben und behaupten soll. Offenb. 6,17. fragen die Gottlosen selbst in ihrem Schrecken: wer kann bestehen? Hingegen heißt der liebe Heiland Lukas 21,36. beten um Würdigkeit, zu stehen vor des Menschen Sohn. So lang man aber auf dem Weg ist, lässt sich Mancher dünken: er wolle bestehen, er sei so gut, als die, welche jetzt die Gerechten heißen, und sie haben auch ihre Fehler, wie er; aber es wird anders herauskommen.

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