Quandt, Carl Wilhelm Emil - Maleachi - Fünfter Abschnitt.

Quandt, Carl Wilhelm Emil - Maleachi - Fünfter Abschnitt.

3, 7 - 12. - Göttliche Mahnung zur Bekehrung unter der Verheißung des göttlichen Segens.

Kap. 3, 7. Ihr seid von eurer Väter Zeit an immerdar abgewichen von meinen Geboten und habt sie nicht gehalten. So bekehret euch nun zu mir, so will ich mich zu euch Kehren, spricht der Herr Zebaoth. So sprechet ihr: Worin sollen wir uns bekehren? Wieder und immer wieder hebt Gott an, mit seinem sündigen Volk zu rechten zum Zeichen, daß er nicht Lust hat am Tode des Sünders, sondern will, daß er sich bekehre und lebe. Die Rede ergeht an das ganze Volk und schiebt demselben dieselben oder doch ähnliche Sünden in's Gewissen, wie sie im zweiten Abschnitte an den Priestern mehr im Besonderen gerügt worden waren. Dieser erste Vers unseres Abschnittes ist, so zu sagen, eine Bibel im Kleinen, denn er lehrt: Gott hat die Gebote gegeben, das Volk hat die Gebote nicht gehalten, so mußte es eigentlich verworfen werden, aber Gott will Gnade für Recht ergehen lassen, bei denen, die sich zu ihm bekehren. Der Ruf Gottes: „Bekehret euch zu mir, so will ich mich zu euch kehren“ findet sich wörtlich ebenso bei Sacharja 1, 3, man vergleiche unsre Bemerkungen zu jener Stelle. Das Neue hier ist nur die Einrede des Volks: Worin sollen wir uns bekehren? d. i. welches sind die Sünden, die wir gethan und die wir nun bekennen, bereuen, hassen und lassen sollen? Die Frage erscheint sehr thöricht, aber der leichtsinnige Sünder fragt immer sehr thöricht und thut, als ob er nie ein Wässerlein getrübt habe. Es ist ja das so die Gewohnheit der Weltmenschen, wo sie an ihre Schuld erinnert werden, das Auskunftsmittel des Pilatus zu ergreifen und ihre Hände in Unschuld zu waschen.

Vers 8. Ist es recht, daß ein Mensch Gott täuschet, wie ihr mich täuschet? So sprechet ihr: Womit täuschen wir Dich? Am Zehnten und Hebopfer. Es kann ja den Herrn im strengsten Sinne des Wortes Niemand täuschen, denn er hat Augen wie Feuerflammen und sieht und weiß Alles. Aber das sündenvolle Volk versuchte Gott zu täuschen und zwar am Zehnten und am Hebopfer. Der Zehnte von der Saat des Feldes, von der Frucht des Baumes, von den Rindern und Schafen der Heerde, war nach den Bestimmungen des Gesetzes Mosts an die Leviten zu entrichten für ihren Unterricht; Hebopfer waren Tempelsteuern, wie sie theils vorgeschrieben waren, theils freiwillig dargebracht zu werden pflegten, und die bei der Darbringung feierlich emporgehoben wurden, anzudeuten, daß sie eigentlich dem Herrn selbst dargebracht würden. Wir lesen nun Nehemia 13, 10: „Ich (Nehemia) erfuhr, daß der Leviten Theil ihnen nicht gegeben war, derhalben die Leviten und Sänger geflohen waren, ein jeglicher zu seinem Acker, zu arbeiten.“ Nehemia schritt gegen diesen groben Unfug von Obrigkeitswegen ein, Maleachi kämpft hier dagegen mit der Macht seines prophetischen Worts. Es ist etwas werth, wenn gegen die Schäden des Volkslebens die Obrigkeit Hand in Hand mit den geistlichen Dienern Gottes austritt. Die hier gerügte Art, Gott zu täuschen, indem man seinen Dienern den Lebensunterhalt entzieht, ist eine Unart, die bis auf diesen Tag so wenig vergangen ist, als das Unkraut. Sobald im Jahre 1870 die Republik in Frankreich ausgebrochen war, stellte der Gemeinderath zu Algier die Auszahlung der Gehälter an die katholischen und protestantischen Pfarrer ein und verurtheilte, soweit es von ihm abhing, dieselben zum Verhungern; und auch in Paris drangen bewunderte Volksredner darauf und drangen damit durch, daß die Kirchen als Kirchen geschlossen und zu revolutionären Zwecken verwendet werden sollten.

Vers 9. Darum seid ihr auch verflucht, daß euch Alles unter den Händen zerrinnet; denn ihr täuschet Mich allesammt. Es ist der Fluch der Unfruchtbarkeit der Acker gemeint; sie waren des Erntesegens beraubt. Was Gott Kap. 2, 3 gedroht hatte, daß er die Saat schelten wolle zur Strafe für des Volkes Sünden, hatte er theilweise schon ausgeführt. Je weniger sie den Priestern geben, desto weniger gab ihnen die Erde. Der Vers ist von Luther dem Sinn nach ganz richtig übersetzt, den Worten nach genauer lautet der Vers: „Mit einem Fluch seid ihr verflucht, weil ihr mich täuscht, selbst das ganze Volk.“

Vers 10. Bringet aber die Zehnten ganz in mein Kornhaus, auf daß in meinem Hause Speise sei; und prüfet mich hierin, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch nicht des Himmels Fenster aufthun werde und Segen herabschütten die Fülle. Um die gesetzliche Ordnung der Abgaben an Priester und Tempel wieder herzustellen und zu überwachen, wurden in den Nebengebäuden des Tempels Kornhäuser, Schatzkammern, Vorrathskammern eingerichtet, die unter Aufsicht angesehener Leviten gestellt wurden Nehemia 10, 37, 39; 12, 44; 13, 4. Diese weise Anordnung unterstützt hier der Prophet durch sein mächtiges Wort und zwar auf Befehl und im Auftrag Gottes. Israel soll es doch nur einmal Probiren mit seinem Gott (prüfet mich), ob nicht auf Erfüllung der göttlichen Gebote der göttliche Segen folgen werde. Es giebt ein Prüfen und Probiren Gottes aus Mißtrauen und Trotz, welches die Schrift verwirft Hebr. 3, 9, 10. Es giebt aber auch ein Prüfen Gottes im guten Sinne, und das wird der Glaubensschwäche hier erlaubt. Israel soll's nur wagen, gehorsam zu sein, und es soll's erleben, daß Gott den Gehorsam segnet. Die Fenster des Himmels will der Herr über dem bekehrten und gehorsamen Volke öffnen und Segen die Fülle herabschütten. In reichlichem, fruchtbaren Regen soll der Segen bestehen; wir begegnen diesem Bilde oft in der Bibel, daß der Himmel dargestellt wird als ein Gewölbe und der Regen als Folge von Oeffnungen, die in diesem Gewölbe entstanden sind. Gottes Segen folgt auf den Gehorsam gegen Gott, das ist der Stern und Kern dieses Verses, und diese Wahrheit gilt für alle Zeiten; auch in unsern Tagen ist das Wort wahr: Sing', bet' und geh' auf Gottes Wegen, verricht' das Deine nur getreu und trau' des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu! Aber nicht immer folgt der gewünschte irdische Segen, z. B. Regen und fruchtbare Zeiten, auf den gläubigen Gehorsam in unsern Tagen. Es ist ja eine vor Augen liegende vielfältige Erfahrung, daß auch solche Leute, die ihren Gott lieben und ihm gerne gehorchen, in allerlei Noth, Elend und Trübsal gerathen. Das erklärt sich daraus, daß wir Kinder des neuen Bundes in einer andern, höheren Klasse der Schule Gottes sitzen, als die alten Israeliten. Unmündige Kinder speist man mit Nüssen und Aepfeln ab, mündigen muß man etwas Anderes bieten. Für Israel war das glückselige Wohnen im irdischen Canaan der Inbegriff alles Heils; für Christen ist die Liebe Gottes in Jesu Christo der Inbegriff des Heils. Und dieser Liebe wird theilhaftig, der seine Vernunft gefangen giebt unter den Gehorsam des Glaubens, und dieser Liebe bleibt theilhaftig, wer in Gottes Wegen wandelt; und wer dieser Liebe theilhaftig ist, der ist mit dem höchsten Segen gesegnet, auch wenn ihn von außen die Sonne verbrennt. Dabei bleibts in Zeit und Ewigkeit: Gottes Segen folgt auf den Gehorsam gegen Gott, mag es dem Knecht des Herrn äußerlich weh oder wohl ergehen.

Vers 11. Und ich will für euch den Fresser schelten, daß er euch die Frucht auf dem Felde nicht verderben soll, und der Weinstock im Acker auch nicht unfruchtbar sei, spricht der Herr Zebaoth. Ausmalung der Güte Gottes auf den Feldern seines gehorsamen Volks. Alles Ungeziefer, das sonst die Feldfrüchte verzehrt, die Fresser der Saat, will der Herr schelten, daß sie sich verkriechen und die Saat unbeschmutzt lassen müssen. Der Wein war im heiligen Lande auch ein Ackergewächs, das nicht nur an Bergabhängen (Arnos 9,13), sondern auch auf Ebenen (Hesekiel 17, 5, 8) wuchs und gedieh.

Vers 12. Daß euch alle Heiden sollen selig preisen, denn ihr sollt ein werthes Land sein, spricht der Herr Zebaoth. Wenn Jemandes Wege Gott wohlgefallen, so macht er selbst seine Feinde mit ihm zufrieden. Die Heiden selbst, Israels Feinde, sollen ihre Freude haben an der Blüthe des h. Landes - wenn Israel sich bekehrt und gehorsam wandelt. Vor Allem aber will Gott selbst Land und Volk mit gnädigen Augen ansehen, sie werth halten. Ganz ähnlich ist die Verheißung Jesaias 62, 1 - 4.

Göttliche Mahnung zur Bekehrung unter der Verheißung des göttlichen Segens enthält dieser kurze Abschnitt. Wir haben schon bemerkt, daß auf der neutestamentlichen Heilsstufe der überschwängliche geistliche Segen für den Bekehrten die Hauptsache ist und ihn reichlich entschädigt, auch wenn er durch irdische Verluste gehn muß. Doch hat es für Völker auch in der Christenheit seine buchstäbliche Wahrheit, was hier von den geöffneten Fenstern des Himmels über dem gehorsamen Israel steht. Abfall eines christlichen Volkes von Gott zieht über kurz oder lang auch den äußerlichen Ruin nach sich; dagegen wo Gottesfurcht die Grundlage eines Staatslebens bildet, da giebts auch überall gedeihlichen Fortschritt und gesunde nationale Entwickelung. Auch in der Politik ist es ein sehr beherzigenswerther Satz: Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch das Uebrige zufallen. Gott der Herr schenke unserm Volke den Geist der Buße und Bekehrung, so wird er auch mit seinem Segen über uns walten können, und unser Volk wird aus seiner Fülle schöpfen Gnade um Gnade. Amen.

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