Passavant, Theophil - Abraham und Abraham's Kinder - 19. Deine Gerechtigkeit?

Passavant, Theophil - Abraham und Abraham's Kinder - 19. Deine Gerechtigkeit?

Was willst Du mir geben? - Gott weiß, aus welchem Herzen das kindliche Wort heraus kam: darum siehet Er die Wehmuth Seines Freundes in Gnaden an; Abraham thut einen Augenblick, als habe er die Verheißung nicht verstanden, und hatte Gott ihm doch und seinem Samen das Land verheißen. Es ist einem Menschenkinde, auch dem besten, dem weisesten, nicht immer leicht, jeden Augenblick am Worte Gottes halten, es fassen, und davon leben; und wohl weiß auch der Weiseste und Heiligste Zeiten und Stunden, da sein Geist ist willig, und sein Fleisch schwach: Matth. 26,41. Daher auch je der Heiligste und Weiseste am Treuesten wachen wird und beten.

Und siehe, der Herr sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein; sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein. Und Er hieß ihn hinausgehen, und sprach: Siehe gen Himmel, und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? und sprach zu ihm: Also soll dein Same sein. Abraham glaubte dem Herrn, und das rechnete Er ihm zur Gerechtigkeit. C. 15,4-6.

Er glaubte, er hielt sich fest an den Herrn, wie der Urtext spricht, und dies rechnete ihm Gott zur Gerechtigkeit. So war denn sonst Abraham nicht gerecht, oder er war durch sich selbst, aus eigener Kraft, durch eigenes Verdienst, vor Gott nicht gerecht; nicht durch seine guten Gedanken und Eigenschaften, nicht durch seine Tugenden und seine Werke; gerecht, d. i. rein, voll und gut, ohne Mangel, ohne Tadel, vollkommen, war er dadurch vor dem dreimal Heiligen (Jes. 6.) nicht; nun aber, was ihm mangelte, was all seiner Gerechtigkeit mangelte, dies ward ihm vor Gott durch seinen Glauben und um seines Glaubens willen in Gnaden ersetzt; Gott nahm diesen kindlichen Glauben für alle Gerechtigkeit und alle Tugend an, oder an aller noch mangelnden Gerechtigkeit und Güte Statt. - Sünder geboren oder sündiger Natur, ein schwaches, armes Gemächte, können wir nur durch den Glauben, durch jenen kindlichen Glauben, der unser innerstes Wesen Gott wehrlos und willenlos ausschließt, - Etwas werden und gelten vor Dem, der allein die Herzen erkennt. Er hat die Armen erwählet, die am Glauben reich sind, und Erben des Reichs, welches Er verheißen hat Denen, die ihn lieb haben: Jak. 2,5.

Das sind eigene Sachen, wir müssen's gestehen; sintemal es Gottes Gedanken sind, und nicht unsere Gedanken, Gottes Wege, und nicht unsere Wege (Jes. 55,8.). Es ist uns nicht leicht, verlassen unseren beliebten eigenen Grund und Boden, um auf göttlichen Boden uns zu versetzen, und hier die alten Sachen mit neuen Augen und Sinnen anzuschauen; - nicht leicht: jene göttliche Thorheit fassen, die weiser ist, denn die Menschen sind; und jene göttliche Schwachheit, die stärker ist, denn die Menschen sind: 1. Cor. 1,25. Es ist aber wahr, mein Freund, und wir haben es schon früher gesehen: es gehet in dem stillen Vertrauen des kindlichen Glaubens, von Demuth zu Demuth, von Gehorsam zu Gehorsam, von Ergebung zu Ergebung; du siehest immer mehr von dir ab auf Gott allein; du verschwindest allmählig vor deinen eigenen Augen, und Gott wird dir immer mehr groß und immer größer; in Gott hast du deine Freiheit allein, deine Kraft und Stärke; in Ihm Weisheit und Licht, und Gerechtigkeit und Güte; in Ihm Gnade, in dieser Gnade dein bestes, dein schönstes Leben; zu Ihm, durch Ihn, von Ihm, ist Alles an dir, und in Ihm allein, wie's ein Kind Abrahams einst in jene Worte gefaßt: Unsere Hülfe stehet im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat: Ps. 124,8. Ja, unsere Hülfe vom ersten bis zum letzten Odemzug; - mein Freund, auch ein lieber Mensch, der Gott fürchtet und ehret, erkennt oder bekennt es nicht sogleich gerne und leicht; gute Tage haben ihren Stolz, und gute Kräfte ihren Wahn; ein Kind aber erkennt es, und weiß es doch kaum, welch eine Wahrheit in ihm und in seinem Kindes-Worte stehet; ein Armer erkennt's wenn ihn die Noth drückt, und ein Schwacher bekennt's, wenn ihn alle seine Kraft verläßt; und auch im Tode ist Wahrheit, in jenen letzten Seufzern, dem letzten Hauche eines Lebens, das den Weg alles Fleisches gehet: der Staub zu der Erde wieder, und der Geist zu Dem, der ihn gegeben: Pred. 12,7. Das prediget uns aber, wie alles Wort Gottes, so auch alles Leben der Menschen und alle Lebens-Erfahrung: von Ihm, der Himmel und Erde gemacht, kommt alle unsere Hülfe, jede Kraft, und all unsere Kunst und Stärke; von Ihm also auch die schönste Kunst, die feinste und höchste Kraft und Stärke: Gerechtigkeit in Erkenntniß und Liebe, im fröhlichen Thun Seines Willens, des heiligen und göttlichen. Erkennst du das, und bekennest es auch, nun, dann schauest du auf Gott, deinen Gott, im Glauben, und beugest vor Ihm Alles, was ein Leben in dir hat; und übergibst dich Ihm in Allem, in Alles, ohne Willen, ohne Verdienst, ohne Ruhm, - deine Sünden, deine Tugenden, dein Bestes, dein Schönstes, Alles, zu Seinen Füßen in den Staub gelegt; dann hast du dich im Glauben Gott, - und hast Gott allein die Ehre gegeben; und so kann Er dich, den Menschen, den Sünder, mit Freuden ansehen; kann dich in Gnaden aufnehmen, dich heben vom Staube, und aus dir etwas Gutes und Großes machen, nicht zu deinem, sondern zu Seinem Ruhme: Etwas zum Preise Seiner Herrlichkeit: Eph. 1,6,12.

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