Löhe, Wilhelm - David und Salomo - XIII.
1. Chron. 18,15-18; 19-22; 23-27
1.
Diejenigen unter euch, welche gewohnt sind, Zeitungen zu lesen, werden sich erinnern, dass bei Eröffnung eines Landtags die Fürsten Thronreden zu halten pflegen, auf welche die Landstände dann, gewissermaßen zum Dank, wiederum eine Antwort geben, bei welcher sie sich gern der eignen Worte des Fürsten bedienen. So antwortete auch David auf die Rede des HErrn, die er durch den Propheten Nathan gehört hat. Er hält in seiner Antwort die Disposition der göttlichen Rede ein, indem er dankbar wiederholt, was ihm der HErr alles schon Gutes getan habe und was er in der Folge noch für ihn tun wolle. David hat recht gehört, es ist ihm das Ohr geöffnet worden, und so redet er, dem Gedankengang der göttlichen Rede folgend, zuerst von der Vergangenheit und dann von der Zukunft. Er geht ins Heiligtum der Lade Gottes und fängt, voll Demut und doch voll Zutrauens an, sein Dankgebet zu sprechen. Gott hat ihm durch Nathan gesagt, wohin Er ihn bisher gebracht; von der Weide, von der Herde weg bis auf den Thron, und wie Er ihm einen Namen gemacht habe gleich dem Namen der Mächtigen auf Erden. All diese Wohltaten Gottes überschaut nun David und sagt in dankbarem Rückblick: All das hast Du an mir getan, und fährt dann fort: Und das hat Dich noch zu wenig gedäucht, sondern hast über das Haus Deines Knechts noch von fernem Zukünftigen geredet und hast mich angesehen nicht bloß als einen König Deines Volks, sondern in Gestalt eines Nachkommen, eines Mannes aus der Höhe, der selber Deinen Namen Gott“ tragen wird. Das ist etwas so Großes für David, dass er die Worte zum Dank nicht mehr findet und sich auf die Allwissenheit Dessen berufen muss, vor dem sein Innerstes offenbar ist. Die Worte Davids: Du hast mir gezeigt ein Menschenbild, welches herrlicher ist als Menschengestalt (oder wie sie sonst zu fassen sind - spectabilem super omnes homines hat die lateinische Übersetzung) sind für uns rätselhaft1). David hat mehr gewusst und gesagt als wir deuten können. Er sieht einen Mann aus der Höhe, der Gott gleich, Gott selber ist: das ist's, was ihn so überwältigt. Nicht das vergangene, sondern das zukünftige Loos seines Hauses ist es, was ihn zum Gang ins Heiligtum und zum Dankpsalm begeistert hat.
Wer will da noch sagen, dass die alttestamentlichen Heiligen die Zukunft nicht gekannt haben, und dass das, was die Propheten begeistert hat, nichts anderes als national irdische Hoffnungen gewesen seien. Die wissen mehr als wir, die sehen in Zeiten, die auch uns noch verborgen sind, ans Ende der gesamten Weltzeit, und sind mit Trost erfüllt durch die Hoffnung auf die Gestalt des Gottmenschen und Sein göttlich-menschliches Königreich am Ende der Tage. Die Wiederkunft des HErrn Christus zur Aufrichtung dieses Reiches nennen noch die Apostel ihre Hoffnung“, so real fassen sie dies Wort und wir sollten unsre Hoffnung zusammenschrumpfen lassen zur Hoffnung einer bloßen Fortdauer der Seele und den Blick nicht heben in eine göttlich-menschliche verklärt-irdische Zukunft des Königreiches Christi? Was David schweigen macht vor Dank, das hebt auch unsre Seele hinüber über das Leid der Gegenwart in dieselbe Zukunft, deren David sich tröstete, und aus unsern Herzen steigen auf die Seufzer der Hoffnung und des Glaubens, weil wir gewiss wissen, dass was der Kirche verheißen ist, zur Zeit und Stunde Gottes kommen wird.
2.
Der erste Vers dieser Lektion ist durch die Übersetzung etwas verwischt. Er heißt: Jehovah, um Deines Knechtes willen und nach Deinem eignen Herzen hast Du getan alle diese Größe, um dann zu offenbaren alle Größen. Unter der Größe in der Einzahl meint David nichts anderes als das Gute, was der HErr ihm und Seinem Volke in der Zeit getan hat, unter den Größen in der Mehrzahl aber das, was Er ihm in der Zukunft noch tun wird. So ist die Rede auch hier wieder zweiteilig wie in der ersten Lektion; doch bleibt David jetzt nicht stehen bei dem Glück seines Hauses, sondern er muss auch reden von der Herrlichkeit Israels. Es ist kein Gott wie Du sagt er es ist kein Gott außer Dir, und es ist kein Volk wie Israel; denn Du hast es ausgeführt aus Ägypten und hast es eingeführt in das gelobte Land. Du hast es nicht bloß erlöst, sondern hast es auch Dir gemacht zum Volk für alle Ewigkeit und Du bist geworden sein Gott in Ewigkeit. Der Blick auf die ewige Herrlichkeit Israels ist es, was den Mann David so hingerissen hat zur Anbetung. Es ist wunderbar, dass David mit so offenen Augen das Wort seines Gottes sieht und hört; Gott selbst hat ihn unterstützt die Worte recht zu fassen und zeitliches Glück vom ewigen zu unterscheiden. David hat eine andere Anschauung von seinem Volk als Diejenigen, die heutzutage verächtlich von diesem Volk von Schacherern“ reden. David nennt es ein Volk der Ewigkeit, ein ewiges Volk, und man mag die Schrift aufschlagen wo man will, so wird man diese Anschauung bestätigt finden. In unsrer Zeit sinken die Nebel und heraufsteigt die glänzende Herrlichkeit Israels; über den Bergen des Ostens lagert die Hoffnung, der wir warten. Auch für uns ist noch zukünftig, wofür David hier gedankt hat. Wie es Israel geht, so geht es der gesamten Menschheit, wie dem innersten Herzen, so allen Gliedern. Israel ist die Mitte der Welt und das Herz der Menschheit: ein ewiges Herz schlägt in einem ewigen Leibe, weil Israel ein ewiges Volk ist, so gibt es auch eine ewige Menschheit und eine ewige Kirche, die alles Dankes und Preises wert ist.
3.
Die erste Lektion handelte von dem zu anbetendem Schweigen bringenden ewigen herrlichen Loose des Hauses Davids, die zweite von der Herrlichkeit des Volkes Israel. Die dritte enthält das Gebet Davids, dass Gott hinausführen möge, was Er verheißen hat. Und nun Jehovah, das Wort das Du geredet hast (von der Herrlichkeit des Hauses Davids und Israels), das werde Amen, und tue, was Du gesagt hast, und groß werde Dein Name in Ewigkeit rc.“ Was hat das für einen Sinn? Gott soll verherrlicht werden in Ewigkeit und zwar dadurch, dass Gott genannt wird in Ewigkeit ein Gott Israels und ein Gott, der David gehalten hat, was Er ihm geredet hat: das soll sein Ruhm und Preis sein in Ewigkeit. Woher kommt's, dass David aus den Worten Gottes das herausgefunden hat? „Du hast sagt er das Ohr Deines Knechtes geöffnet, dass Du ihm ein Haus bauen willst darum hat Dein Knecht gefunden, dass er vor Dir betet.“ Ewiges Haus, ewiges Volk, ewiger Gott diese ewige Glorie ist dem David gezeigt worden, und darum hat er die Macht gefunden so vor Gott zu reden. „Und nun betet er zum Schluss hebe an zu segnen das Haus Deines Knechts, dass es ewiglich sei vor Dir; denn was Du, HErr, segnest, das ist gesegnet ewiglich.“ In diesen Worten legt sich Davids Verständnis der ihm gewordenen großen Verheißung dar.
Wenn dir auch das Auge dafür geöffnet wird, dann merkst du Davids großen Glauben und Davids große Hoffnung, dann lernst du auch, wie er, Vergangenheit und Zukunft zu verbinden und merkst, wie der Baum schon gepflanzt ist, der am Ende der Tage in der Fülle seiner Früchte prangen wird. Mit dir halten wir's, du Sohn Isais hat Amasai gesagt; ich halt's auch mit ihm. Der Mann, der so in die ewige Herrlichkeit seines Hauses und seines Volkes und seines Gottes schauen konnte, der hat Licht und Gnade, der soll genannt werden ein Herzog der Hoffnung für alle Gläubigen. - Meine Lieben! Wenn noch eine kleine Zeit vorüber ist, dann wird der Tag anbrechen, nach dem die Jünger fragten (Apg. 1, 7), der Tag, den der Vater Seiner Macht vorbehalten hat; dann wird kommen der Aufgang aus der Höhe, der ewige König, vor dem stille sein wird alle Welt.
Auf den Tag freut sich das Herz Davids und seines Sohnes, des Hochgelobten, und die Zeit eilt herzu: Ja komm HErr Jesu!