Kähler, Carl Nikolaus - Moses in Christo - VII. Der Reichtum

Kähler, Carl Nikolaus - Moses in Christo - VII. Der Reichtum

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo. Amen.

Alles, was in der Welt ist, soll Gott dienen und Jesu Christo, auch das Geld. Wie komme ich auf das Geld? Die Armut, von der die Rede war vor acht Tagen, bringt mich auf den Reichtum. Die Armut ist eine Ohnmacht, der Reichtum eine Macht. Es ist wahr, was Jemand gesagt hat: das Geld ist ein Vize-Gott auf Erden, eine Angel der Würden, ein Kuppler der Freundschaft, ein Schlüssel der Gemüter, der Reiche besitzt in seinem Reichtum ein zauberisches Instrument: wenn er darauf pfeift, so tanzen die Leute. Er besitzt eine Macht, die nicht nur ihn selbst bezaubert, sondern auch die, welche in seiner Nähe sind. Sie drängen sich an ihn, neigen und beugen sich; er braucht nur zu sprechen, wie der Hauptmann zu Kapernaum: Kommt her, so kommen sie; geht hin, so gehen sie. Sie lassen sich von ihm gebrauchen, wozu er will. Wenn es auch eine Tat der Finsternis wäre, die er vollbracht wissen will: er braucht nur das Geld zu zeigen, das in seiner Hand liegt, so findet er zehn, findet zehn mal zehn Menschen, die ihm die Tat vollbringen helfen. Hat doch Judas sogar Jesum für Geld in die Hand seiner Feinde verraten. Das Gute macht der Reichtum böse und das Böse macht er gut. Der Arme, welcher fällt, muss die Schande seines Falls nicht selten tragen bis an den Tod, man geht ihm aus dem Wege, man setzt ihn zurück, man verachtet ihn. Mit Mühe gewinnt er wieder, was er verloren hat, selbst die offenbarste Bekehrung ist oft nicht im Stande, die Flecken seines früheren Lebens in Vergessenheit zu bringen. Der Reiche dagegen löscht mit der Salbe seines Reichtums leicht die Flecken seines Kleides aus. Er falle siebenmal an einem Tage, so vergibt man es ihm, weil er viele Güter hat. Wo nur das Geld im Kasten klingt, da schnell die Seel' aus dem Fegefeuer der Schande springt. - Eine solche Macht hat das Geld. Kein Wunder, dass viel Fragens und Jagens danach ist, und dass man sich im Allgemeinen für sehr unglücklich hält, wenn es an Gold und Silber fehlt. Man trägt Alles eher und leichter, als die Last der Armut. Schlimm, wenn Krankheit den Körper an das Siechbett fesselt; schlimm, wenn der gute Name vom Pfeil der Verleumdung getroffen wird; aber das überwindet man eher noch, als wenn der Mangel kommt und Taschen und Schränke leert. Fast möchte ich glauben, dass, wenn Gott zu einem Reichen spräche, der noch am Rande des Grabes steht: Wähle dir von zwei Dingen eins; willst du reich bleiben, aber über ein Jahr sterben, oder alle deine Güter verlieren, aber noch zwanzig Jahre in Gesundheit verleben, ich glaube, dass er sagen würde: Lieber will ich morgen reich sterben, als arm nach zwanzig Jahren. - Wie sonderbar! Hörten wir doch am vorigen Sonntage, dass Christus die Armen seligpreist. Wie urteilt er aber über den Reichtum? Hört das

Matth. 5, 3: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr.

Aber ist denn hier von Reichtum die Rede? Ja, in Jemandes Urteil über die Armut liegt auch sein Urteil über den Reichtum eingeschlossen. Nehmen wir denn unsern Text wie eine Leuchte in die Hand und lassen das Licht desselben auf den Reichtum fallen.

Der Reichtum im Lichte unseres Textes: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn das Himmelreich ist ihr.

Wir erwägen nun

1. den Wert, den der Reichtum hat im Evangelio.
2. die Gefahr, die mit dem Reichtum verbunden.
3. die Vorsicht, die beim Reichtum anzuwenden ist.

1.

Wir halten den Reichtum an das Licht unseres Textes. Daselbst wird die Armut seliggepriesen: Selig sind die Armen. Der Reichen wird nicht gedacht. Nimm die Bibel in die Hand und lies sie von Anfang bis zu Ende, so findest du nicht darin das Wort: Selig sind die Reichen. Vielmehr wird ein Wehe ausgesprochen über die Reichen, Luc. 6: Wehe euch Reichen, denn ihr habt euren Trost dahin. Liegt nicht auch ein Wehe in unserm Texte versteckt? Christus redet ja nicht bloß zu armen, sondern auch zu reichen Leuten. Wenn nun Christus zu den Reichen sagt: Selig sind die Armen, was ist es anders, als wenn er sagte: O Liebe, ich weiß wohl, wo es euch fehlt. Ihr meint, glücklich, recht glücklich sei nur, wer viele Güter hat. Aber diese Meinung müsst ihr fahren lassen, müsst nicht denken, dass Gold und Silber der Schatz sei, wonach ihr graben sollt. Selig sind die Armen. Wie? wird denn dem Reichtum gar kein Wert beigelegt im Evangelium? Es scheint fast so, lieber Christ, und dies ist eine Demütigung für die Welt, welche den Armen verachtet und nur den Reichtum in Ehren hält. Wenn wir das Evangelium darüber befragen, welche Lage vorzuziehen sei, die eines Armen oder die eines Reichen, so scheint es, als ob der Arme glücklich gepriesen, der Reiche aber verworfen würde. Christus sagt: Ein Reicher wird schwerlich ins Himmelreich kommen. Er wiederholt diese Behauptung und treibt sie gar auf die Spitze, wenn er sagt: Es ist eher möglich, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher selig werde. Ganz in Übereinstimmung damit sagt er daher zu einem reichen Jünglinge, der zu ihm mit der Frage kommt: Was soll ich tun, dass ich selig werde? Verkaufe, spricht er, verkaufe Alles, was du hast, und gib's den Armen, und folge mir nach. In dem bekannten Evangelium Lukas 16, zeigt er uns einen reichen Mann, der sich in Purpur und köstliche Leinewand kleidete, und lebte alle Tage herrlich und in Freuden. Was geschieht? Der reiche Mann stirbt und kommt in die Hölle und in die Qual. Noch einen andern Reichen führt uns Christus vor, Lukas 12: Es war ein reicher Mann, dessen Feld wohl getragen hatte. Der Mann baut sich Scheuern und Speicher, isst und trinkt und hat guten Mut: wie lautet aber das Urteil über ihn? Du Narr, in dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern, und wes ist's, was du bereitet hast? Ganz ähnlich lautet das Urteil der Apostel über die reichen Leute. So heißt es Jacobi 5: Ihr Reichen, weint und heult über euer Elend, das über euch kommen wird. Nicht viel günstiger für die Reichen ist das Wort 1. Timoth. 6: Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, so lasst uns begnügen. Denn die da reich werden wollen, die fallen in Versuchung und Stricke, und viele törichte und schädliche Lüste, welche versenken die Menschen ins Verderben und Verdammnis. Wundert ihr euch über dieses Urteil? Liebe, wundert euch nicht. Sagt mir doch: was ist das Himmelreich? Sind es Taler, Species und Louisdor? Nein, Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist: etwas hat das mit dem Reichtum zu schaffen? Ich frage weiter: was ist die Erde für einen Christen? Ist sie die Heimat, auf die er mit seinem Tichten und Trachten, mit seinem Wünschen und Hoffen angewiesen ist? Nein, sie ist eine Fremde, durch die er reist und bald kommt die Stunde, wo er an der Grenze des Diesseits steht und tritt hinüber in das Jenseits, das seine Heimat und der Boden ist, worauf er sich mit seinen Bestrebungen, mit seinen Hoffnungen und Wünschen anbauen soll. Gäbe es kein Jenseits für uns, kein ewiges Jenseits, gegen welches das kurze Diesseits ist, was ein Tropfen gegen den unermesslichen Ozean, und die Güter und Freuden der Welt gegen die Güter und Freuden des Himmels, was ein Tautropfen gegen die köstlichste Perle: ja, dann möchte noch dem Reichtum einiger Wert beizulegen sein. Aber im Lichte des Jenseits erlischt und verschwindet sein Glanz wie die Wachskerze im Lichte der Mittagssonne. Willst du wissen, welchen Wert der Reichtum im Evangelium hat, so schaue deinen Erlöser an, wie er dir im Evangelium entgegen tritt. Ob er wohl reich ist, heißt es 2. Kor. 8, ward er doch arm um euretwillen, auf dass ihr durch seine Armut reich würdet. Wäre Christus in einem kaiserlichen Palaste geboren, wäre seine Mutter eine Majestät, seine Wiege Gold gewesen, wäre er umgeben gewesen von einem Schwarm von Hofleuten und Bedienten, die auf seinen Wink bereit gestanden hätten, Alles zu tun, was er begehrte; wäre sein Kleid Purpur, sein Tisch eine fürstliche Tafel, sein Lager, da er gestorben, ein Paradebett gewesen: ja da müssten wir um seinetwillen anders urteilen über der Welt Ehre und Gut. Aber sein Geburtsort ist ein Stall, seine Wiege ist eine Krippe, seine Bedienung ist eine arme Mutter, die verlobte Braut eines Zimmermanns, sein Tisch ist der Tisch eines Handwerkers, sein Kleid ist ein simpler Rock, seine Habe sind Almosen, sein Besitztum nicht so groß, wie eine Fuchsgrube und ein Vogelnest: fürwahr, im Lichte dieser Erscheinung verliert der Reichtum allen seinen Wert. Betrachtet seine Jünger: waren es nicht Leute, die er auf der Straße fand? Und wenn sie noch eine Kleinigkeit hatten: verließen sie nicht alles, was sie hatten und folgten ihm nach und reisten ohne Mantel und Schuhe durch die Welt und predigten das Evangelium? Reichtum, wo bleibt deine Ehre und dein Stolz?

Betrachtet weiter die erste Christengemeinde, die bestand aus Leuten, die Ein Herz waren und Eine Seele, aber reich waren sie nicht, vielmehr heißt es Apostelg. 2: Ihre Güter und Habe verkauften sie und teilten sie aus unter alle, nachdem Jedermanns Notdurft war. Reichtum, wo bleibt deine Ehre und dein Ruhm? Geht in die späteren Jahrhunderte hinein, da findet ihr Klöster, Wüsten und Einöden, die von Christen bevölkert sind. Hört doch, was ein Mann aus jener Zeit, Namens Antonius, zu den ägyptischen Mönchen sagt: „Unser ganzes Leben ist Nichts gegen das ewige Leben und die Erde eine Kleinigkeit gegen das Himmelreich. Wenn auch die ganze Erde unser eigen wäre und wir verzichteten darauf, was wäre dieses Opfer gegen den Gewinn des Himmels? - der Verlust einer kupfernen Drachme gegen den Gewinn von hundert goldenen Drachmen.“ Dann hält Antonius ihnen den Spruch des Apostels vor: Ich sterbe täglich, sagt, wie danach ein Christ gesinnt sein müsse, und fährt fort: „Wenn wir so gesinnt sind, so werden wir nach Nichts ein Verlangen haben, Niemanden zürnen und uns keine Schätze auf der Erde sammeln,“ und dies, liebe Christen, war der ursprüngliche Sinn des Kloster- und Emeritenlebens. Ihr mögt über diese Erscheinung urteilen, wie ihr wollt, so könnt ihr doch nicht leugnen, dass dies Leben der Armut ein Baum war, der seine Wurzel im Evangelium hatte. Reichtum, wo bleibt deine Ehre und dein Stolz?

2.

Aber der Reichtum muss vollends seinen Kredit bei uns verlieren, wenn wir zweitens die Gefahr betrachten, die mit ihm verbunden ist. Halten wir den Reichtum an das Licht unseres Textes. Lasst uns die ersten Verse des 5. Kapitels im Matthäus durchgehen und die Eigenschaften derer betrachten, welche selig werden wollen, so wird sich finden, dass sie nirgends schwerer zu finden sind, als bei den Reichen. Selig sind die geistlich Armen rc. Da wird der Stolz verdammt, also auch der Reichtum; denn wo findet sich mehr Stolz, als bei den Reichen? Kein Wunder! denn das Geld ist ein Götze, um dessen Altar die Kinder der Welt tanzen. Vor den Reichen neigt und beugt sich Jedermann, bei ihnen wird das Böse übersehen, das Gute gepriesen, wie Sirach sagt, Kap. 13: Wenn der Reiche redet, so schweigt Jedermann und sein Wort hebt man in den Himmel. Wenn aber der Arme redet, so spricht man: Wer ist der? und wenn er fehlt, so muss er herhalten. O wahrlich, da muss es wohl eine Herkules-Arbeit für den Reichen sein, dass er sich bezähme und im Spiritus der Ehre, die er genießt, sich nicht berausche. Da muss er Schlachten kämpfen, wo unter hundert Reichen kaum fünf oder zehn den Sieg gewinnen. Betrachtet die Großen und Vornehmen der Welt, wie groß sind sie in ihrem Sinn, wie vermögend! Sie dünken sich die Götter der Erde zu sein, und wenn sie auch die Demut auf der Lippe tragen, so blickt doch der Stolz aus ihren Augen und sitzt ihnen auf der Hand und zeigt ihren Füßen den Steig. Reich und demütig sein, sind wie ein Wolf und ein Lamm, die nicht gern zusammenwohnen. Selig sind die geistlich Armen, denn das Himmelreich ist ihr. Aber nun frage ich dich, der du mehr hast und bist, als andere Leute haben und sind: ist dir dein Reichtum nicht hundertmal in den Weg getreten, dass du dein Heil und deinen Frieden nicht suchtest im Kreuze Christi? Verwickelte er dich nicht in allerlei Versuchungen und Kämpfe, in denen du den Frieden verlorst, statt ihn zu finden? Sprich doch, sind in deinem Leben viele Augenblicke vorgekommen, wo du deinen Reichtum für Nichts hieltst in Vergleich mit der Herrlichkeit, die dir durch Christum geworden, und wo die Welt für dich in einen Schutthaufen zusammenfiel, wenn an deinen Augen die Seligkeit vorüberging, deren der Fromme teilhaftig werden soll? - Selig sind die Leidtragenden. O, von einem solchen Leidtragen merkt man Nichts, wenn man den reichen Mann sieht, der alle Tage herrlich und in Freuden lebt. Ihr Reichen, sagt Jakobus, habt wohlgelebt, und eure Wollust gehabt und eure Herzen geweidet als au, einen Schlachttag. Wie soll da die göttliche Traurigkeit gedeihen, die Christus seligpreist? Und wenn den Leidtragenden verheißen wird: sie sollen das Erdreich besitzen, was sagt die Welt dazu? Selig ist der Besitzer, sagt sie. Besser ein Vogel in der Hand, als zehn auf dem Dache. Wir kommen mit hundert Talern weiter, als mit tausend Verheißungen. Liebe, die Gefahr ist groß, die der Reichtum wie eine Gewitterwolke über uns aufsteigen lässt. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden. Sättigt der Reichtum? O nein, er macht voll, aber nicht satt. Er ist ein Wasser, das den Durst nicht löscht, sondern nur immer mehr entzündet, wie wenn Wasser auf einen glühenden Stein geschüttet wird. Und wer dieser Welt Güter hat, wird bei dem nicht meistens das Verlangen nach einem Reiche erstickt, wo das Geld so viel gilt als ein Rechenpfennig? Findet man da ein Trachten, ein Streben, ein lebendiges Verlangen nach Gott und seiner Gnade? Der Mond wird nie mehr verfinstert, als wenn er voll ist, so pflegt in den Menschen die Liebe Gottes nie mehr zu erlöschen, als wenn sie überhäuft werden mit Reichtümern. Je voller der Mond, desto weiter ist er von der Erde entfernt. Ebenso die Menschen, je mehr Güter sie erlangen, desto weiter pflegen sie sich von Gott zu entfernen. Wo der Schrank voll ist, da ist meistens das Herz leer; wo die Finanzen blühen, da ist die Seele meistens ein verfluchter Acker, worauf Disteln und Dornen wachsen. Selig sind die Sanftmütigen.

Aber wie soll der Reiche Sanftmut lernen, da er Alles nach seinem Kopf tun und überall durchdringen und die Leute anschnauben kann, wie der reiche Nabal die Knechte Davids? Und wenn gleichwohl sein Wort Widerstand findet und seine Ehre, wenn auch nur mit der Nadelspitze einer Kränkung, verletzt wird: wie schwer muss es ihm werden, sich zu bändigen, dass er nicht losbreche in seinem Stolz? - Selig sind, die reines Herzens sind. Hast du ein reines Herz, reicher Mann? Wie bist du zu deinem Gute gekommen? wie mehrst du es? wie gebrauchst du es? Der Prophet sagt, Habac. 2: Wehe dem, der sein Gut mehrt mit fremdem Gut, wie lange wird es währen? Und lädt nur viel Schlamm auf sich. Selig sind die Barmherzigen. Aber wo der harte Taler ist, da trifft man nicht selten auch das harte Herz, und wenn auch gegeben, wenn auch geschenkt wird von den Reichen, was ist meistens ihre Barmherzigkeit? Selbst wenn sie fünf Prozent geben von dem Ihrigen, so geben sie weniger, als wenn die arme Witwe einen Heller gibt. Und wo wächst die Barmherzigkeit des Reichen? Auf dem Boden eines mitleidigen Herzens? Ach, Mitleiden lernt man nur, wenn man selber leidet. Mitleiden ist eine Pflanze, die nicht in der satten Erde des Reichtums, sondern in den Sümpfen der Armut zu wachsen pflegt. - Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden. Wer aber steht in größerer Gefahr des Abfalls und der Verleugnung, der Reiche, der so viel, oder der Arme, der Nichts zu verlieren hat? Eusebius schreibt, viele Reiche hätten den Glauben verläugnet und vorgegeben, sie wären nie Christen gewesen.

3.

Wir wollen nicht weiter davon reden, liebe Christen. Ihr seht, die Gefahr ist groß, die mit dem Reichtum verbunden ist. Wir wundern uns nicht mehr, wenn wir sagen hören, es ist eher möglich, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher in das Himmelreich komme. Wir ermahnen daher zur Vorsicht und treten mit dieser Ermahnung in den dritten Teil der Predigt. Wünscht ihr nicht selig zu werden? Das könnt ihr werden, aber die Bedingung ist diese: seid geistlich arm. Das gilt auch für die Reichen und für die ganz besonders. Ihre Gefahr ist groß, sei ihre Vorsicht noch größer. Was macht ihr doch aus dem Reichtum, liebe Menschen? Erwäget, welch einen üblen Namen die Reichen im Evangelium haben. Erwäget, dass nicht nur Christus für seine Person die Armut dem Reichtum vorgezogen hat, sondern dass auch nach ihm die größten Lichter im Reiche Gottes auf dem Leuchter der Armut gebrannt haben. Ihr sollt zwar nicht denken, dass euch Gott verwerfe, weil ihr reich seid. Nein, der Reichtum für sich selbst bringt so wenig in die Hölle, als die Armut für sich selbst in den Himmel bringt. Gott will keinen Bettel-Orden und Mönchsstand, er will die Erde nicht in eine Wüste verwandeln, worin wir als Einsiedler leben sollen. Nein, er lässt Gold und Silber behalten, wer es hat. Gibt es doch auch manchen Reichen in der Schrift, der fromm war: Abraham, Jacob, Joseph, Hiob, David, Salomo, Nikodemus, Joseph von Arimathia, Lazarus von Bethanien und Andere. Noch jetzt findet man neben dem Reichtum ein frommes Herz bei manchen Großen. Gott hat im Alten Testament seinen Tempel mit Gold und Silber zieren lassen, und noch jetzt ziert er manches Christenherz, seinen Tempel, damit. Aber hütet euch, dass ihr um eures Geldes willen euch nicht mehr zu sein dünket, als andere Leute. Welchen Vorzug habt ihr? Etwa den, dass ihr mehr Mittel in Händen habt Gutes zu tun? O, keineswegs! Seht euch nur einmal um in der Welt und forscht, welche Hand mehr Gutes tut, die volle oder die leere Hand. Aber die volle Hand kann doch mehr Gutes tun, als die leere, sagt ihr. Nicht doch! Meinet ihr, dass der arme Christ dem reichen diesen Vorzug einräumen wird? Wahrlich, ein volles Herz ist mächtiger, als eine volle Hand; und das Gebet der Frommen vermag mehr, als das Geld der Reichen. Auch der Arme kann Gutes tun, soviel er will, seine Kasse wird nimmer leer. Welche Wunder der Barmherzigkeit hat nicht der Glaube getan, auch wenn er über kein Kapital zu disponieren hatte! Der Schilling wächst in seiner Hand, er wächst und mehrt sich so, dass ein Waisenhaus dafür gebaut werden kann. Ob reich oder arm, das macht keinen Unterschied im Reiche Gottes. Erkennt das, ihr Reichen, und überhebet euch nicht, doch sollt ihr allerdings mit dem Eurigen Gutes tun, soviel ihr könnt. Paulus sagt 1. Tim. 6: Den Reichen von dieser Welt gebiete, dass sie nicht stolz seien, auch nicht hoffen auf den ungewissen Reichtum, sondern auf den lebendigen Gott, dass sie Gutes tun, reich werden an guten Werken, gerne geben, behilflich seien. Bedenket doch, ihr seid nicht Eigentümer, sondern nur Haushalter. Für jeden Schilling sollt ihr Rechenschaft ablegen, nicht nur, wie wir ihn bekommen, sondern auch, wie wir ihn gebraucht. Vor allen Dingen aber bitte ich euch, dass ihr euer Herz nicht an das Irdische hängt. Wenn ihr Reichtum habt, so sollt ihr ihn bloß in der Hand haben, nicht im Herzen, wie Hiob, der an Einem Tage dreitausend Kamele verlor und tausend Ochsen und doch sprach: der Name des Herrn sei gepriesen. Beweist, dass ihr Herren seid über euer Gut und dass euer Gut nicht Herr sei über euch. Das Wort unsers Textes: Selig sind die geistlich arm sind, dies Wort fasst an wie ein Messer und schneidet damit den Strick der Liebe ab, womit ihr an der Welt hangt, damit ihr nicht an der Welt hangen bleibt und kommt elendiglich um, wenn die Leiter des Lebens unter euren Füßen weggezogen wird. Viele Reiche, die gelebt haben, stehen vor euch als schreckende Beispiele, wie Salomo, dessen Herz abgöttisch wurde, wie Usia, dessen Herz sich erhob zu seinem Verderben, wie Hiskia, der den Gesandten Brotachs zeigte, alles was in seinen Schätzen vorhanden war und wurde alles weggeführt gen Babel. Es kommt die Zeit, wo auch das Eurige weggeführt wird nach Babel. Bald kommt der Feind, es ist der Tod, der legt Beschlag auf eure Habe und führt euch weg, führt euch weg in ein fremdes Land, wo ihr sitzt wie Israel und weint über das verlorene Kanaan. Ich mag mir nicht die Qual eines Reichen denken, wenn er in jener Welt das Alles vermisst, was er lieb hatte in dieser Welt. Was er dort sieht, das liebt er nicht, was er liebt, das sieht er nicht. Sein Reichtum war der Himmel, den er verloren hat; nun quält ihn das Verlangen danach wie ein brennender Durst, aber er findet nirgends Wasser, ihn zu löschen. Ihr Reichen, werdet geistlich arm. Es ist offenbar, dass ihr nichts mit euch hinausnehmen werdet aus der Welt. So hängt denn nicht das Herz an den vergänglichen Reichtum, seid nicht stolz auf ihn, verachtet nicht um seinetwillen die Brüder. Bedenkt, dass ihr hier Fremdlinge seid und dass Geld und Gut nur der Schatten der zukünftigen Herrlichkeit ist. Trachtet denn nicht nach Geld, sondern trachtet danach, dass ihr selig werdet. Der Herr weist euch im Text den Weg zur Seligkeit: Selig, spricht er, sind die geistlich arm sind.

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autoren/k/kaehler_c/kaehler_mose_in_christo-predigt_7.txt · Zuletzt geändert: von aj
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