Hörschelmann, Ferdinand - Halte, was du hast - Am vierten Adventssonntage
Der Herr ist nahe.
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns Allen. Amen.
Ep. Phil. 4, 4-7.
Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freut euch. Eure Lindigkeit lasst kund sein allen Menschen. Der Herr ist nahe. Sorgt nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden. Und der Friede Gottes, welcher höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu.
Eine köstliche Perle des Philipper Briefes ist's, die unsere Epistel uns vorhält. Jedes Mal freut sich das Herz daran, wenn man an diese Stelle kommt. Heute aber strahlt diese Perle uns im hellsten Glanz; denn ins Adventslicht ist sie hineingestellt, und Adventslicht strahlt von ihr selber aus. Der Herr ist nahe, das ist der helle, festliche Adventston, der uns aus der Epistel entgegentönt, der in unsern Herzen festlich und freudig wiederklingt. Wie kann's auch anders sein, stehen wir doch mit unsern Kindern bereits vor der halb geöffneten Weihnachtstür. Schon glänzen uns die Weihnachtsgaben und Weihnachtslichter verheißungsvoll entgegen, schon stimmen wir die Herzen für die fröhlichen Weihnachtslieder. Da klingt uns der Adventsruf „der Herr ist nahe“, noch ganz anders in die Seele als den Philippern, da sie diesen Brief lasen und dabei mehr an die letzte Wiederkunft denken mussten.
Der Herr ist nahe!
Das ist die Überschrift des heutigen Tages, der beginnenden Weihnachtswoche, das sei auch die Überschrift, die wir unserm heutigen Zeugnis sehen. Möge dieses Wort uns ins Herz leuchten, dass wir in seinem Schein ansehen mögen die vierfache Segensfrucht, welche die Nähe des Herrn uns bringt, und die wir nun, unserm Text folgend, anschauen wollen.
Dazu segne uns, Herr, dein Wort, dass es den rechten Boden uns bereite, auf dem die lieblichen Blüten und Segensfrüchte uns erwachsen, die dein Geist in uns wirken will. Heilige uns in deiner Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Amen.
„Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: freut euch“. - Da haben wir die erste Segensfrucht, welche der in Gnaden nahe Herr uns darreicht. Siehe, ich verkündige euch große Freude, so predigen die Engel in der Weihnacht. Ich will euch wiedersehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll Niemand von euch nehmen, so spricht der Herr. Freude und abermals Freude in dem Herrn! ruft der Apostel uns heute zu.
Dass ich euch immer einerlei schreibe, verdrießt mich nicht, und macht euch desto gewisser, sagt er im vorigen Kapitel. Dass ich euch immer einerlei predige, möchte ich heute sagen, verdrießt mich nicht, und mache euch umso gewisser. Schon einmal in der Adventszeit hat der Herr in dem apostolischen Worte uns das Licht der heiligen Freude leuchten lassen, das Licht, das uns Trost und Hoffnung gibt in allem Erdenleid. Und heute strahlt's uns wieder. Es ist dasselbe und doch wiederum neu. Dasselbe ist es und soll es sein, denn der Quell ist derselbe und der Stand ist derselbe, der freudige, fröhliche, selige Christenstand, dessen wir durch Gottes Gnade uns rühmen. Aber das alte Wort heller und voller tönt's uns heute als damals, da wir es zuletzt hörten. Der Trost im Leide war's, den der Gott der Geduld und des Trostes uns damals spendete, die Freude an der zukünftigen Herrlichkeit wollte er in uns wecken, die alle Trübsal der Zeit uns verklärt. Unser heutiger Text aber handelt von der Freude an dem, was wir haben, genießen, schmecken in der Gegenwart, von der Freude, als der bleibenden Grundstimmung des Christenherzens.
Freut euch allewege, spricht der Apostel. Nun, wenn wir uns allewege freuen sollen, dann muss es eine andere Freude sein, als die, welche uns auf Erden sonst zu Teil wird. Es gibt ja so viel im Leben, womit der treue, freundliche Herr uns erquickt und erfreut, aber alle Freude an den irdischen zeitlichen Gaben ist ein Licht, das im Leuchten selbst sich aufzehrt, eine Blume, die kaum erblüht, auch bald dahinwelkt. Es wechselt im Leben Freud und Leid wie Sommer und Winter, Frost und Hitze, Tag und Nacht. Soll's aber eine Freude geben, die allewege währt, so muss sie auch eine Quelle haben, die nimmer versiegt, von einer Sonne ausstrahlen, die nimmer untergeht. Und diese Quelle ist uns geöffnet, diese Sonne, sie steht ja Gott Lob! uns hoch am Himmel. Das Wort des Apostels weist auf sie, wenn er spricht: Freut euch in dem Herrn. Da ist die Quelle der ewigen Freude, da ist der Herd des ewigen Lichtes. Freut euch in dem Herrn; spricht der Apostel. Um in dem Herrn sich zu freuen, muss man sich haben freuen lernen an dem Herrn, an dem, was er ist, an dem, was er getan und fort und fort tut, an dem, was er uns gibt.
Kennst du, mein Mitchrist, diese Freude, kennst du das Bewegt werden des Herzens von dem, was dein Herr und Heiland dir geworden, dir getan, dir gebracht? Doch ich muss anders fragen. Kennst du ihn selbst, deinen Jesum, deinen Helfer, deinen Seligmacher, kennst du ihn im Glauben, in dankbarer Liebe, in freudigem Vertrauen? Und kannst du diese Frage mit einem freudig dankbaren Ja beantworten, dann brauche weder ich, noch brauchst du zu fragen: Weißt du auch, was Freude an ihm und in ihm ist? Denn wenn du ihn kennst, so kannst du gar nicht anders, als dich seiner freuen, in ihm jubeln und jauchzen, dass du einen solchen Herrn und Heiland hast., Dann weißt du auch, dass es gar keine höhere Freude gibt, noch geben kann, als die Freude an ihm. Die hellste, strahlendste Freude der Erde ist die bräutliche Freude. Und siehe! diese Freude ist das Abbild, wenn auch nur ein unendlich schwaches, trübes, so doch noch das treueste, irdische Abbild der Freude, welche wir an unserm Heiland Jesus haben. „Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam,“ spricht der Adventsbote und Brautführer Johannes. Und wen der Bräutigam erwählt, der ist die Braut. Nun meine Seele, du arme sündige Seele, du gehörst mit zu der Gemeinde, die der Herr sich zur Braut erwählt, ja, wie unser Luther in seiner Schrift, „von der Freiheit eines Christenmenschen“ rühmt: Du selber bist die Braut. Fass es, wo du kannst: der Herrliche, der Strahlende, der Himmelskönig hat dich, geringe Magd, dich, unreine, verlorene Menschenseele, sich zum Eigentum erwählt. Und damit du's fasst, gedenke dessen, wie er dir nachgegangen, sich zu dir herabgebeugt, dich ausgesucht in deiner Armut, deinem Elend, dir in Allem gleich geworden ist. Dass du es wagst, seine Hand zu ergreifen, mit ihm das Gelübde der Treue zu tauschen, - siehe an das Siegel des Bundes an dem Finger deines Herrn, der dich in seine durchgrabene Hand gezeichnet, siehe das Siegel an dir von dem, der dich zu seinem Bilde geschaffen und erneuert, dir aufgeprägt. Schaue an die Mitgift, die er dir bringt; den ganzen Himmel hat er über dir aufgetan, mit dem ganzen Reichtum seiner ewigen Güter dich überschüttet. Das Alles schau an, und wenn du da nicht an ihm dich freust, so hast du ein Herz, härter denn ein Stein und kälter, denn Eis, und wenn du da nicht in ihm dich freust, so hast du noch nie etwas erkannt und erfahren von der Gemeinschaft mit ihm, der sich mit uns verlobt in Ewigkeit, in Gerechtigkeit, Gnade und Barmherzigkeit.
Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes, so jubelt unser Herz mit der Gebenedeiten unter den Weibern, denn er hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd. Selig preisen wir uns selbst, selig preisen wir Alle, denen gleiche Gnade wiederfahren, selig alle unsere Brüder und Schwestern, selig unsere lieben Kinder, die mit uns unter dem offenen Himmel stehen, da dieses Freudenlicht uns strahlt und diese Segensgaben uns bereitet sind. Freude in dem Herrn ist die erste Segensfrucht, die der in Gnaden nahe Adventskönig uns bringt.
II.
Aber weiter strömt der Segen - weiter breitet sich aus das Licht. Wer sich freut, dem wird das Herz weit. Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über, den drängt und bewegt es, Genossen seines Glücks herbeizurufen, an sich heranzuziehen. Und die Bahn, auf der der Segen, der uns wiederfahren, sich ausbreiten soll, weist uns der Apostel, indem er spricht: „Eure Lindigkeit lasst kund sein allen Menschen.“
Wo die rechte Festfreude ist, da strebt sie nach Teilnahme und Gemeinschaft. Die Kinder scharen sich an Fest- und Freudentagen um Vater und Mutter im Elternhaus. Nachbarn und Freunde ruft man zusammen, wo man einen festlichen Freudentag begeht. Da heißt's: Freut euch mit mir, da tut man Herz und Hand auf, da tut man mal ein Übriges, lässt mal was aufgehen, dass Andere teilnehmen an unserm Segen. Alles Geben und Spenden und Bescheren, wie es unser liebliches, fröhliches Weihnachtsfest zu einem Feste der Häuser und Kinder macht, was ist es anders als eine Äußerung des Herzensdranges, Freude zu bereiten, wo man Freude genießt, mit einander zu teilen, was Gott an Segen beschert. Solche Festgaben werden in diesen Tagen in jedem unserer Häuser bereitet, auch da, wo man von dem himmlischen Festgeber nichts mehr weiß. Als Früchte sind sie geblieben, auch wo sie, gleich den Weihnachtsfrüchten, am toten Baum nur äußerlich hängen. Wie anders aber steht's da, wo im Herzen sprosst und grünt und blüht, was der Herr mit Seiner Segenshand in uns gepflanzt! Da reichen die Zweige des Baumes weiter, als dass nur die Hände der Kinder sie fassen können. Eure Lindigkeit lasst kund werden allen Menschen, so mahnt uns der Apostel. Nun es sind ja der Hände so viele, die sich grade in dieser Zeit uns entgegenstrecken, und eine Freude und Lust ist's, mit zu helfen, dass dem Kummer gewehrt und der Not abgeholfen werde, - dass, wo es sein könnte, kein Haus und kein Kind unter uns sei, das nicht auch etwas von der Weihnachtsfreude spürte.
Aber aus weiterer Ferne tönt ja heute noch der Ruf in unsere Herzen :- Komm herüber und hilf uns. Wir gedenken heute des Liebeswerkes, welches dem Bau der Kirche Gottes unter uns, insonderheit unter den im weiten Reich zerstreuten evangelischen Gemeinden, dienen will, durch dessen Förderung wir mithelfen sollen, dass die zersprengten Schäflein gesammelt, die zerschlagenen verbunden, die darbenden gespeist werden mit der Nahrung, die der Herr unseren Seelen zum Leben bereitet. Viele und reiche Segensfrucht hat dieses Werk bereits getragen, vieler und großer Not ist aber auch noch abzuhelfen. Da lasst's euch nicht verdrießen, meine Brüder, dass ihr wieder mal an diese Liebespflicht erinnert werdet. Lasst eure Lindigkeit kund werden auch in dieser Gestalt, auf diesem Wege denen, die äußerlich fern uns stehen, aber innerlich nahe mit uns verbunden sind. „Tut wohl allen, allermeist aber des Glaubens Genossen“. Dieses Mahnwort des Apostels findet ja gerade auf das Werk, das wir unter den Händen haben, seine unmittelbarste Anwendung. Nun, liebe Gemeinde, du hast bereits oft deine Hand aufgetan und sie den Darbenden entgegengestreckt, zu stärken, was da sterben will; der Herr, dein Gott, wird auch dieses Mal in dir und durch dich bereiten Früchte des Segens denen, die sehnsüchtig nach ihnen ausschauen.
Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Fröhlich sind wir, voll Freude in dem Herrn, da drängt uns unser Herz, unsere Freude, unsern Segen auch in Lindigkeit und Mildtätigkeit ausströmen zu lassen über die Brüder.
III.
Das Herz regt sich, die Hand will sich öffnen, - da aber tritt an die Tür unseres Herzens eine grämliche Gestalt, uns Allen mit ihrem finsteren Angesicht gar wohl bekannt, die alle Freude stört und allen Aufschwung lähmt, die Sorge ist's, die mit bedenklichem Kopfschütteln spricht: Was, geben und immer wieder geben! - wo will das hinaus? Bedenkst du denn gar nicht, was du selbst brauchst? Wo sollen denn Essen und Trinken, Kleider und Schuh für dich und die Deinen herkommen, die Gaben für den eigenen Weihnachtstisch und der notwendige Festaufwand fürs eigene Haus? Dazu ist der Jahresschluss mit all seinen Ansprüchen vor der Tür. Siehe zu, dass du nicht zu kurz kommst und selbst zu Schanden wirst. So redet sie klug und vorsichtig, und wir hören mit beiden Ohren zu. Und Manches, was sie sagt, ist ja nicht so unwahr und stimmt überein mit dem, was auch die Schrift uns lehrt. Es gibt in der Tat verschiedene, engere und weitere Kreise der Gemeinschaft, an die wir gewiesen sind: das eigene Haus, die eigene Gemeinde und dann, die da fern stehen und mit an uns gewiesen sind. Und auch das Wort Gottes lehrt uns zuerst die Allernächsten ins Auge zu fassen und spricht: „Wer die Seinen, seine Hausgenossen, nicht versorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist ärger, denn ein Heide.“ Aber wachen wir wohl darüber, dass verständige und gebotene Fürsorge nicht ein Deckmantel der Kargheit und Härtigkeit des Herzens werde und zu der Sorge umschlage, die an der Lieblosigkeit ihre Mutter und an dem Mammonsdienst ihre Zwillingsschwester hat, die aus dem Unglauben geboren ist und Qual und Marter erzeugt. In dieser Gestalt soll und darf sie im Christenherzen und Christenhause nie und nimmer Raum haben. Wo sie ist, da ist nicht der Herr, und wo er ist, da kann sie nicht hausen. Hat man dem Herrn ins freundlich strahlende Antlitz geschaut, an ihm sich gefreut, seinen Segen geschmeckt - und sieht man dann das finstre Gespenst sich uns nahen, da schaue ihm nur getrost ins trübe, aschfahle Angesicht - und du wirst's erfahren, wie die finstere Gestalt in einen Engel des Lichts sich wandelt. An die Stelle der Bleigewichte, die sie uns an die Seele hängte und mit denen sie uns niederdrücken will, - wachsen ihr Flügel an, Flügel, mit denen sie dich hinaufhebt vor das Angesicht deines Gottes.
Die Sorge wandelt sich ins Gebet. „Sorgt nichts“, spricht der Apostel, „sondern in allen Dingen lasst eure Bitte im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden“. Was die Sorge uns ins Ohr wispert, wodurch sie uns mit Furcht und Bangen erfüllt, wir sagen es frei und freudig dem Herrn. Das Bangen wandelt sich in Vertrauen, die Furcht in feste Zuversicht. Wir schütten das Herz vor ihm aus, und wo er uns mit seinem Segen überschüttet, wo er den Segen im Leiblichen uns erfahren lässt, wo er uns die Augen für den himmlischen Segen weit auftut, da ertönt Ihm Lob und Dank und Preis aus unserer freudig bewegten Seele, da bereitet sich der Herr, der uns nahe, freundliche, barmherzige Herr, diese köstliche Frucht der Herzen und der Lippen, in welcher alle Freude und Wonne der Herzen in hellem Klang zu ihm aufsteigt und preisend und anbetend die Seele sich zu ihm erhebt.
Seht da die dritte köstliche Frucht des Segens, den der Herr uns bringt. Ein Wiederschein ist sie des Lichtes, das uns von oben strahlt, ein Echo der Freudenbotschaft, die uns ertönt.
IV.
Wir treten mit Bitte, Lob und Dank vor ihn; gering und arm ist das Opfer, das wir ihm bringen, nun aber zeigt uns der Apostel am Schluss den ganzen Reichtum der Gabe, die von ihm uns kommt. Frieden heißt diese Gabe. „Der Friede Gottes, der höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu.“
Diese Worte stellen uns unmittelbar unter den offenen Himmel zu Bethlehem. „Vom Himmel hoch da komm ich her“, so sangen die, welche den Frieden Gottes verkündigten der Welt. Höher als alle Vernunft ist dieser Frieden. Höher als Himmel und Erde ist sein Ursprung, denn aus dem Herzen Gottes strömt er uns; höher als alle Welt ist Er, der ihn uns gebracht, der Sohn Gottes, dessen Aufgang aus der Höhe ist, über alle Vernunft ist die Tat, durch die er ihn uns errang, sind die Mittel, durch die er ihn uns darreicht. Ja, höher als alle Vernunft! Begreifen kann ich's nicht, - aber preisen kann ich's wohl! Und wenn ich's preisen kann, dann weiß ich auch, dass nur ein solcher Friede, der über alle Vernunft geht, der rechte Friede ist, der unser Herz für Zeit und Ewigkeit stillt. Auch auf Erden gibt's Frieden, und es ist ein köstlich Ding, wo solcher Friede waltet in den Häusern, in den Gemeinschaften, unter den Völkern. Aber gar kurzlebig ist dieser Friede, und wo man mit volltönendsten Worten von ihm redet, wo, wie wir's noch jüngst unter den Großen der Erde vernommen, - wo es heißt: auf ewige Zeiten wird er geschlossen, da ist doch im Grunde die Meinung: Grade so lange soll er währen, als es uns nützlich ist, ihn zu halten oder zu brechen.
Gottes Friede aber ist ein wahrer, ehrlicher, voller, ewiger Friede. Über alle Vernunft, ja wider alle Vernunft ist er wohl, aber darum grade haben wir Teil an ihm. Denn er fasst zusammen, was kein Menschensinn und Verstand zusammenreimen kann. Ich Sünder, ich verlorener, verdammter Sünder, - soll ein Gotteskind, soll bei Gott in Gnaden sein, soll in ihm Frieden, Leben und Seligkeit erlangen. Dass ich's als Sünder nicht fassen kann, weil ich mich zu sehr als Sünder weiß, das ist mir eben die Bürgschaft, dass er mir bereitet ist, mir zu Teil werden soll. Von mir weg, aus mir heraus soll ich sehen, und tue ich das, sehe ich im Glauben auf den, der als Sohn des Wohlgefallens dort in der Krippe ruht, der des Vaters Herz mir aufgetan, so bin ich gewiss, dass auch mir das Wort gilt: Wer da glaubt, dass Jesus sei der Christ, der ist aus Gott geboren, der ist ein Gotteskind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, Genossen seines Friedens, seines Lebens, seiner Seligkeit.
Da liegt der Grund allen Gottes-Segens, ein wunderbar tiefer, göttlicher, ewiger Grund! Ich schaue hinein in dieses unausdenklich tiefe, wallende Meer der Gottesgnade, da ergießen sich Ströme des Friedens auch in meine Seele. Ich schaue hinauf zu meinem Gott, in sein versöhntes Angesicht, hinauf zu Christo, der Sonne meines Heils; und es legen sich die Stürme, es senken sich die Wellen, auf dem Spiegel meiner Seele breitet sich aus in göttlicher Ruhe und Majestät der Friede, der alles in mir beschwichtigt, der alle Angst und Unruhe in mir zum Schweigen bringt, weil es eben nicht mein Friede, sondern Gottes Friede ist, mächtig, ewig wie der, von dem er kommt, mit dem er eint, in dessen Gemeinschaft er bewahrt.
Nun, meine Brüder, hier stehen wir an aller Segensgaben Quelle und ewigem Born. Die Freude drängt nach außen, treibt zum Erweis der Lindigkeit gegen Menschen, zu Lob und Dank gegen Gott. Der Friede sucht die Stille, versenket sich schweigend, anbetend in den Abgrund göttlicher Gnade und Barmherzigkeit. Aber je tiefer wir uns versenken, je reicher wir schöpfen aus dem Born des Friedens, umso höher wallt die Freude, um so unaufhaltsamer drängt es das Herz, zu umfangen, was sich mit uns freuen soll und mit uns freuen kann, um so jubelnder tönt der Lobgesang aus Herz und Mund. So treten wir ein in die Festwoche, so nahen wir uns den Festgaben, die uns bereit liegen, so stimmen wir die Saiten unseres Herzens zu dem Weihnachtslobgesang.
Mein Herze geht in Sprüngen und kann nicht traurig sein,
Ist lauter Lust und Singen und sieht den Sonnenschein.
Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ.
Das was mich singen machet, ist was im Himmel ist.
Halleluja. Amen.