Blum, Otto Eugen Bernhard – Predigt am Sonntag Sexagesima - So wenig Frucht, wo liegt die Schuld?
Von Garnisonsprediger Blum in Ludwigsburg.
Ev. Luk. 8, 4-15. (I. Jahrgang.)
Da viel Volks bei einander war und aus den Städten zu Jesu eilten, sprach er durch ein Gleichnis: Es ging ein Säemann aus zu säen seinen Samen; und indem er säte, fiel etliches an den Weg und ward vertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen es auf. Und etliches fiel auf den Fels, und da es aufging, verdorrte es, darum dass es nicht Saft hatte. Und etliches fiel mitten unter die Dornen, und die Dornen gingen mit auf und erstickten es. Und etliches fiel auf ein gutes Land, und es ging auf und trug hundertfältige Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es fragten ihn aber seine Jünger und sprachen, was dieses Gleichnis wäre. Er aber sprach: Euch ist's gegeben, zu wissen das Geheimnis des Reichs Gottes, den anderen aber in Gleichnissen, dass sie es nicht sehen, ob sie es schon sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören. Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das Wort Gottes. Die aber an dem Wege sind, das sind, die es hören; danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden. Die aber auf dem Fels sind die, wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an, und die haben nicht Wurzel. Eine Zeitlang glauben sie, und zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören und gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens und ersticken und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten Land sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.
Der Same des göttlichen Worts und seine Frucht - das, liebe Gemeinde, ist der Inhalt unseres heutigen Evangeliums. Ist Frucht da? Gewiss! Was in der Welt, was in unserem Volk an christlichem Glauben und Leben, an christlicher Bildung und Sitte sich findet, das ist nichts anderes, als die aufgegangene Saat des göttlichen Wortes. Ich darf dafür wohl das Zeugnis eines ganz unparteiischen Mannes, des Geschichtsschreibers Häußer, anführen, der über eine schwere Zeit unseres Volkes sagt: „Wie kam es doch, dass diese seit dem sechzehnten Jahrhundert durch innere und äußere Erschütterungen so furchtbar heimgesuchte deutsche Nation sich in ihren Tiefen einen unverwüstlichen Kern von religiöser und sittlicher Nationalbildung erhalten hat, dem weder die Verheerungen des dreißigjährigen Kriegs, noch die Sintflut der Ausländerei in den folgenden Generationen etwas anhaben konnten? Das kam daher, dass bei uns keine Hütte so klein, kein Hausstand so arm war, wo Luthers Bibel nicht hinkam; dass dies Buch für das eigentliche Volk nicht bloß Gebet- und Andachtsbuch, sondern Lese- und Familienbuch, die ganze geistige Welt ward, in der die Jungen aufwuchsen, zu der die Alten zurückkehrten, in das der gemeine Mann seine Familiengeschichte, die Gedenktage der Seinen aufschrieb, aus dessen Inhalt die Mühseligen und Beladenen Trost und Linderung schöpften in der Not des Tages. Das haben nicht die Kriege ausrotten können, die aus unserem schönen Vaterlande einen großen Kirchhof, eine rauchende Brandstätte gemacht haben!“ Wie steht es heutzutage mit der Frucht des göttlichen Wortes und seiner Predigt? Wer Ohren hat zu hören, der höre! Nur ein Viertel des ausgestreuten Samens trägt Frucht, sagt das Gleichnis. Das ist ein wehmütiges Rätsel:
So wenig Frucht, wo liegt die Schuld?
I. Am Säemann?
II. Am Samen? oder
III. Am Acker?
I.
„Es ging ein Säemann aus, zu säen seinen Samen.“ Das ist der Herr Jesus Christus. Er ging umher in alle Städte und Märkte, lehrte in ihren Schulen und predigte das Evangelium von dem Reich, so schildert der Evangelist sein Tun. Das war die Aussaat des göttlichen Samens. Aber nicht nur während seiner kurzen Erdenzeit war er ein Säemann, noch heute ist er's; ja er, der himmlische Säemann, ist es allein. Sein Wort wird verkündigt und wo es verkündigt wird, da ist er nach seiner Verheißung in der Mitte. Soll er die Schuld haben, dass es nicht besser steht? In den Evangelien steht's geschrieben und heute können wir es lesen und hören, wie er, der Lehrer, dem kein Lehrer gleicht, er der Meister gemeistert wird, wie die Weisheit sich muss rechtfertigen lassen von ihren Kindern.
Da ist's nicht zu verwundern, wenn den kleinen, schwachen Säeleuten, den Knechten in seinem Dienst viel Schuld gegeben wird. Die Predigt treibe zu viel Gesetz oder zu viel Evangelium, zu wenig Moral oder zu wenig Glauben, bald ist sie zu erbaulich, bald zu verstandesmäßig, bald zu hoch, bald zu nieder, dem Einen ist sie zu allgemein, dem Andern zu persönlich, bald ist sie zu derb, bald zu fein, dem Einen fehlt das Salz, dem Andern der Zucker. Aber dass doch noch gepredigt wird - was ist es für ein Segen! Und dass sie kommen - was ist es für ein Glück!
„Da viel Volks bei einander war und aus den Städten zu ihm eilten, sprach der Herr dies Gleichnis;“ Städter und Landleute, alle Stände und Bildungsstufen brauchen ihn und sein Wort und kommen, wo es verkündigt wird. Wer allezeit das rechte Wort brächte und den rechten Schlüssel hätte zu den Herzen, wie Paulus wünscht, Allen alles zu sein, um allenthalben Etliche selig zu machen! - Andere Mitarbeiter hat der himmlische Säemann an den Lehrern der Schule; noch haben wir, Gott sei Dank, christliche Schulen, konfessionelle Schulen, die nicht nur Stoppanstalten des Wissens, sondern Erziehungsanstalten und Bildungsstätten sein wollen. Da wird allein Bildung gepflanzt, wo nicht bloß eine Seite des Geisteswesens ausgebildet wird, sondern der ganze Mensch nach Verstand und Erkenntnis, nach Herz und Gemüt, nach Wille und Gewissen, wo ihm das höchste Bild eingebildet wird, das göttliche Ebenbild, wie es in Jesu Christo zu vollkommener Erscheinung gekommen ist. So ist unser Christenglaube das beste Bildungsmittel, der Same des Evangeliums die beste Erziehungssaat. Wohl der Schule, deren Lehrer mit warmem Herzen solch heilige Saat sät! Und wohl dem Hause, wo Väter und Mütter nach dem Wort tun: Früh säe deinen Samen! Eltern sind ja die ersten, vom Herrn bestellten natürlichen Säeleute, die ihre Kinder unterweisen sollen in der Zucht und Vermahnung zum Herrn; deren Säearbeit beginnt, ehe Schule und Kirche eintreten, welche dann die Arbeit der Kirche und Schule unterstützen, begleiten und ergänzen sollen. Ich frage nur die Eltern und Angehörigen meiner lieben. Konfirmanden, wie sie in der schönen und ernsten Saatzeit der Vorbereitung zu dem sich stellen, was als guter Same des göttlichen Lebens in die Kinderherzen gelegt wird? Ich frage die Vorgesetzten aller Art, hoch und nieder: Ist der Einfluss, der von euch ausgeht, in Wort und Beispiel guter Same göttlichen Lebens oder am Ende Unkrautsame des Verderbens? Ja, wenn wir fragen: Wo liegt die Schuld, dass wenig Frucht da ist, viel weniger als sein könnte und sollte, aus dem Samen des göttlichen Worts? Da wird kein Einziges von uns, das irgendwie in der Säemannsarbeit steht, in Kirche und Schule und Haus, den anklagenden Stimmen entgegentreten, sich selbst freisprechen können und wollen. Nur zu neuer Achtsamkeit und größerer Treue wird dieses Selbstgericht uns spornen. Aber dass die Säeleute die einzigen Schuldigen sind, geben wir nicht zu.
II.
Ist vielleicht der Same schuld? Der Acker braucht Samen, um Frucht zu tragen. Aus sich selbst trägt er wohl nicht bloß Dornen und Disteln, sondern auch Blumen, die des Menschen Auge erfreuen und diese und jene Gabe, die sein Mund genießen kann. Aber willst du Frucht ernten, die dich nährt und sättigt, die in gesunder Speise dein Leben erhält und fördert, so musst du den Samen in die Furchen streuen. So ist's mit dem Menschenherzen. Nicht bloß Arges und Böses wächst in demselben von Natur, auch manche schöne Blüte erschließt sich in edlen Eigenschaften und einzelnen Tugenden. Aber das ist noch nicht die Pflanze, welche der himmlische Vater pflanzen will, das Gewächs der Gerechtigkeit, das ihm gefällt, die Frucht des göttlichen Lebens, die allein den neuen Menschen, den Christen macht. Wo diese Saat wachsen und reifen soll, da muss Same in das Menschenherz gesät werden. Der Same aber ist das Wort Gottes. Das Samenkorn ist wohl ein unscheinbares Ding. Wer nie das Wunder seiner Auferstehung mit angesehen hätte, wie im dunklen Schoß der Erde verborgen der Keim lebendig wird und nach unten die Wurzeln senkt, nach oben ans Tageslicht den Halm treibt, an dem Blätter und Blüten und Früchte sich entwickeln, wie gering und wertlos müsste solchem das Samenkorn scheinen! Geht es nicht Vielen ähnlich mit dem göttlichen Wort? Sie haben keine Ahnung von der Kraft Gottes darin, seine Gestalt und Fassung ist ihnen nicht anziehend und blendend, sondern unbedeutend und abstoßend. Was kann daraus Gutes kommen, denken sie; ganz anders wirken auf den Menschen Natur und Kunst, Dichtung und die Weisheit des Tages. Wir wissen es besser, dass das Wort Gottes lebendig und kräftig ist, aus dem ewigen Lebensquell geboren und darum ewiges Leben wirkend. Unverwüstlich hat sich's erwiesen als ein festes Wort, das sich über dem Strom der Vergänglichkeit und gegen feindselige Mächte erhalten hat. Als Israels Herrlichkeit in Trümmer brach, ward dies unscheinbarste seiner Heiligtümer gerettet; als der Hass des Heidentums über die christliche Kirche und ihr Gotteswort insonderheit hereinbrach, hat auch über ihm Gottes Auge gewacht und es ist geblieben bis auf diesen Tag und wird bleiben. Alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Ehrwürdig durch sein Alter ist es nicht veraltet. Wenn Samenkörner, in den Händen von Mumien aus altägyptischer Zeit gefunden, noch keimten, wie ganz anders ist die Wirkung des alten und doch ewig neuen Gottesworts; seine Keimkraft ist der Geist des lebendigen Gottes! Wenn Jakobus sagt: Gott hat uns gezeugt nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit; wenn Petrus schreibt: Wir sind wiederum geboren, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Wort Gottes, das da ewig bleibt, so stellen sie damit sich und die christlichen Gemeinden dar als Frucht des Samens, als lebendige Beweise seiner göttlichen Güte und Kraft. Ja, wohin Gottes Wort seinen Lauf nahm, da hat es fruchtbar und segensreich gewirkt. Vor seinem Hauch sind die Götzenaltäre gefallen und die Sklavenketten zerbrochen, das Weib ist aus der Erniedrigung an die Seite des Mannes gehoben und den Kindern ihr ewiger Wert gegeben worden; Bildung und Sitte, Kunst und Wissenschaft sind auf dem Boden erblüht, in den es befruchtend gefallen. Das erzählt uns das aufgeschlagene Buch der Weltgeschichte. Wer zählt die verborgenen Wirkungen im Haus und Kämmerlein? Wie viele Millionen haben den Hammerschlag dieses Worts an ihrem Gewissen gespürt, dass alle Selbstgerechtigkeit zerschlagen und die eigene Sünde bloß und aufgedeckt war; haben seinen Friedensruf empfunden, der Sturm und Wellen Ruhe gebietet und das unruhige Herz stille macht; haben seine Trostesstimme vernommen, die Gottes Gnade und Vergebung zusagt den bekümmerten Seelen; haben daraus die Kraft geschöpft, den heiligsten aller Kämpfe zu streiten, in Versuchungen den Sieg zu behaupten, gottgefällig zu leben, im Leiden geduldig auszuharren und im Tode freudig das Haupt zu erheben, darum, dass die Erlösung naht! Es müsste ein wunderbares Buch sein, in welchem dies alles verzeichnet wäre, ja bis die Geschichte der Menschheit abgelaufen sein wird, gälte das Wort des Johannes am Schluss seines Evangeliums: Ich achte, die Welt würde die Bücher nicht begreifen, die zu beschreiben wären! Das Evangelium eine Kraft Gottes, selig zu machen Alle, die daran glauben, guter Same, der gute Furcht trägt! Guter Same, wohl! sagen Viele, aber nicht lauter; es ist auch Giftsame darunter, besonders im Wort des Alten Bundes, aus dem schon manche Verderbenssaat, namentlich im jugendlichen Herzen aufgegangen ist! Und sie fordern für die Jugend eine Bibel, in welcher gestrichen ist, was für ein unreifes Alter gefährlich und anstößig werden könnte. Darüber lässt sich reden. Aber gilt nicht in diesen Dingen vor allem: Dem Reinen ist alles rein? Und wenn Gottes Wort ungeziert und ungeschminkt von Dingen redet, die wir nicht besprechen können und mögen, höchstens in verblümter Weise andeuten, so geschieht das nicht wie in schlechten Büchern, um die Sinne zu reizen, sondern mit dem sittlichen Ernst der Wahrheit und im heiligen Eifer der Gerechtigkeit die Sünde zu strafen, den Schmutz zu fassen, um ihn wegzuräumen und Reines, Liebliches an seine Stelle zu setzen. Wer daraus Gift zieht, der klage sich selbst an, aber nicht Gott und sein Wort, das heilig und rein ist und aus Sündern heilige Kinder Gottes schaffen kann und will! Nein! an Gottes Wort fehlt es nicht, der Same ist gut. Wenn nicht genug Frucht vorhanden ist, liegt
III.
die Schuld nicht schließlich am Acker? Der Same muss in den Acker, wenn er Frucht bringen soll, beide sind für einander geschaffen. Aber wenn nun der Säemann denselben Samen in gleichem Maß auf vier Ackerfelder sät und nur von einem Frucht erntet, so ist doch klar, dass der Grund nur in der Beschaffenheit des Ackers liegt.
So ist es auch mit dem Samen des göttlichen Worts und dem Menschenherzen. Ausgestreut wird der Same gewiss reichlich. Wir nehmen das alles wie einen Raub dahin. Denkt an die Häuflein evangelischer Glaubensgenossen draußen in der Zerstreuung, die solchen Säemannsdienst oft schmerzlich entbehren, und dann dankt wieder einmal von Herzen dafür, dass er unter euch allezeit getan wird! Aber dann die Hauptfrage: Ist mein Herz unfruchtbares oder fruchtbares Land? Das Gleichnis hält dir im vierfachen Ackerfeld und der Deutung desselben einen Spiegel vor, der dich klar erkennen lässt, wie es um dich steht. Also, wem gleicht dein Herz?
Gleichst du dem Weg? Dem vielbegangenen, hartgetretenen Weg? Das sind die gleichgültigen und leichtsinnigen Menschen; sie hören das Wort, aber nehmen es nicht an, es kommt an sie, dringt aber nicht in sie und bleibt nicht. So sind sie geworden vielleicht schon im Elternhause, wo nur der Geist des Diesseits herrschte, oder hat der harte Kampf des Lebens sie stumpf gemacht gegen das Höhere, oder ist Genuss des Lebens ihre Losung, ihr Herz ein Spazierweg, auf dem allerlei eitle Gestalten sich bewegen, und darum unempfänglich für das Ewige? Solche Leute hören freilich gewohnheitsmäßig auch Gottes Wort, aber sie verstehen es nicht und es regt sie nicht an. Der Geist desselben ist von ihrer Lebensansicht so grundverschieden, dass es keinen Eindruck auf sie macht und keine Einwirkung auf sie ausübt. Wie überflüssig und gleichgültig erscheint ihnen das Ringen nach Heiligung, Selbstverleugnung und Weltverleugnung, Vergebung der Sünden, ein Heiland! Gleichst du solchen Menschen? Hörst oft und hörst doch nicht? Schon unter der Kirchtüre oder am Sonntagnachmittag ist das Wort vergessen? Wie ernst warnt der Herr: Danach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden! Oder gleicht dein Herz dem mit dünner Erdschichte bedeckten Felsgrund? Das sind die oberflächlichen und flüchtigen Menschen. Wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Warum auch nicht? Es ist ja ein liebliches Evangelium von der Vatergüte Gottes, die nicht will, dass Jemand verloren gehe, die durch Christum Allen helfen will! Dem stimmen sie im Augenblick mit Beifall zu, ihr Undank und Ungehorsam bewegt sie, gute Vorsätze erwachen in ihnen, sie versprechen Frucht; aber die haben nicht Wurzel, es fehlt an der Tiefe und in der Tiefe. Oberflächlich weich und bald gerührt, sind sie im tiefsten Grund ihres Wesens hart und ungebrochen; alles ist Gefühl und Empfindung zu guter Stunde, Gewissen und Wille sind nicht ernstlich ergriffen und geheiligt. Eine Zeitlang glauben sie und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Sobald es Ernst werden soll, wenn es vom Schwelgen in Gefühlen hineingehen soll in die Arbeit, in Kampf und Opfer, wenn es nicht getan ist mit wohlgefälliger Betrachtung biblischer Bilder - der Geduld Hiobs, der büßenden Magdalena, des barmherzigen Samariters, des gekreuzigten Christus u. a., sondern wenn es den Einsatz der eigenen Person gilt im Tun und Tragen, so ist es aus, die guten Regungen sinken dahin und die Erweckung geht zurück. Bei allem Beifall, den der Verstand dem Christentum schenkt, bei allem Wohlgefallen des Gefühls, bei noch so vielen frommen Rührungen kommt es doch nicht zur Frucht des Geisteslebens, wenn nicht das Herz durch Buße aufgelockert ist und so zubereitet, dass das göttliche Wort in der Tiefe wurzeln kann. Wie ist dein Herz? Gleichst du solchen Menschen? Hast viel Stunden gehabt im Leben, in Freud und Leid, da Gottes Wort dich erfasste, aber es ist nicht tiefer gegangen? Die Gottespflanze des neuen Lebens ist nicht gewachsen, du bist im Grund der Alte geblieben?
Oder gleichst du dem Feld mit Dornen und Disteln? Das sind die unlauteren, zweiseeligen Menschen, deren Herz nicht ganz rein erhalten, nicht ganz Christo eingeräumt ist, in dem zugleich der Weltsinn wuchert unter den Gestalten der Sorgen, des Reichtums und der Wollust dieses Lebens. Unter diesen gehen sie dahin und werden davon nach unten gezogen, der Fortschritt auf dem Wege aufwärts wird gehemmt. Dornen sind es, nicht solche, die Gott wachsen lässt, das Heiligtum unseres Herzens zu schirmen, gleich denen, die den Kelch der Rose schützend umschließen, sondern solche, die als eine giftige Saat im Herzen wachsen und die besseren Kräfte und Lebenskeime verzehren und ersticken. Wie kann die Sorge, wo man sie nicht von sich wirft auf den Herrn, auch einen blühenden Garten Gottes verwüsten, dass der Glaube weicht und man hadert mit Gott und seinen Wegen, dass die Liebe erkaltet und man hadert unter einander und macht sich das Haus zur Hölle, dass das Leben ohne Weihe von oben, ohne Sabbatstunden des Betens und Hörens freudlos verläuft wie das Tagewerk des Lasttiers! Und welche Gefahren für den inneren Menschen schließt der Reichtum in sich, wo ihm nicht der Glaube Weihe und Schranke einer anvertrauten Gottesgabe gibt und die Liebe ihn allezeit in ihren Dienst nimmt! Demut des Herzens und Einfalt des Sinns, Anspruchslosigkeit und Arbeitstüchtigkeit gehen so leicht zu Grunde, hinter dem Glanz und Schein, dem Genuss und Wohlleben, das er bietet. Ist dein Herz auf dieser Seite oder kämpfst du gegen die Dornen und reutest sie aus, ob's auch blutige Hände gibt, damit Raum und Licht werde für die Pflanzung Gottes im Herzen?
Oder gleichst du dem guten Land? Das sind die rechten, einfältigen Herzen. Sie lassen sich zubereiten vom himmlischen Säemann durch die Pflugschar, unter Regen und Sonnenschein, zu einem feinen, guten Herzen, hören das Wort als Gottes Wort, das der himmlische Säemann ausstreut, lassen es eindringen und behalten und bewahren es als eigenen Besitz, aber nicht als totes Kapital, sondern wenden es an im Leben, dass Geschäft und Erholung, Werktag und Sonntag die Früchte des göttlichen Samens zeigen. Sie bringen Frucht in Geduld, in demütigem, standhaftem Ausharren, die Frucht des neuen, aus Gott geborenen Menschen, die in den mancherlei Früchten des Geistes sich offenbart. Ist dein Herz gutes Land? Zeigt dein Leben solche Frucht?
Der Wächter auf dem Dorf hat aus unserem Evangelium seinen Wächterruf zur vierten Stunde genommen. Er sei das Schlusswort der heutigen Aussaat, eine Gewissensfrage an Alle zur Beantwortung in der Stille:
Vierfach ist das Ackerfeld:
Mensch, wie ist dein Herz bestellt? Amen.