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Hiob - Kapitel 9

Hiob - Kapitel 9

(Leander van Eß)

Kap. 9. 10. Hiob antwortet, mit Gott könne freilich der Mensch nicht rechten; Gott handle, wie er will, Schuldige, wie die Unschuldigen, unterwerfe er demselben Loose; wiewohl seiner Unschuld bewußt, könne er nicht mit dem Allmächtigen rechten. Gott möge seine Geschöpfe nicht so hart behandeln; er wünsche, lieber gar nicht geboren zu seyn; oder Gott möge ihm doch die wenigen Tage Rast verleihen.

1 Und Hiob hob an und sprach:
2 Fürwahr! ich weiß, daß es so ist, wie könnte gerecht der Mensch bestehen bei Gott?
3 Hätt' er Lust, mit ihm zu rechten; nicht Eins auf Tausend könnt' er ihm erwiedern.
4 Er, weise an Einsicht, und stark an Kraft - wer widersetzte sich ihm ungestraft?
5 Er versetzt Berge unversehens; er stürzt sie um in seinem Grimme.
6 Er rüttelt die Erde von ihrer Stelle, daß ihre Säulen beben.
7 Er gebeut der Sonne, daß sie nicht aufgeht; er versiegelt die Sterne.
8 Er spannt den Himmel sich zum Zelte; und schreitet auf den Höhen des Meeres.
9 Er schuf das Bären-, Orion- und das Siebengestirn, und die Klammern des Südens.
10 Er schafft Großes, Unerforschliches, und Wunderbares ohne Zahl.
11 Siehe! fällt er mich an, so sehe ich ihn nicht; stürmt er auf mich ein, so bemerke ich ihn nicht.
12 Siehe! packt er an, wer wehrt ihn ab? Wer spricht zu ihm: Was machst du?
13 Gott läßt nicht ab von seinem Zorn; unter ihm niederbeugen sich die trotzigen Helfer;
14 geschweige, daß ich ihm antworten, wählen sollte meine Worte wider ihn.
15 Hätte ich auch recht, ich könnte mich nicht verantworten; um Gnade müßte ich meinen Richter flehen.
16 Forderte ich ihn, daß er mir Rede stehen soll; ich glaube nicht, daß er achten wird auf meine Stimme.
17 Er, der im Sturme mich zerschmettert; und mehret meine Wunden unverdient;
18 der mich nicht Athem holen läßt, sondern mich sättigt mit Bitterkeiten.
19 Gilt's Gewalt des Stärkeren; siehe! er ist es! gilt's Recht; wer will mich vertreten?
20 Hätte ich auch recht; so soll mein Mund mich verdammen; wäre ich auch unsträflich, so verdrehet er mich.
21 Unsträflich bin ich, muß aber mich selbst verkennen. Ich bin überdrüßig meines Lebens.
22 Einerlei ist es also, sage ich: unsträflich, oder gottlos - Er vertilgt!
23 Wenn noch die Geißel jählings würgte! aber er höhnet der Leiden der Unschuld.
24 Die Erde ist den Händen der Bösen preisgegeben; das Antlitz ihrer Richter verhüllet er; wenn Er nicht - wer denn anders?
25 Meine Tage eilen schneller als ein Läufer; sie fliehen dahin, ohne Gutes zu sehen;
26 sie schwinden vorüber wie Schnellschiffe, wie ein Adler schießt auf den Fraß.
27 Spreche ich: Ich will vergessen meine Klage, will lassen mein Gesicht, und heiter seyn;
28 so schrecken mich alle meine Schmerzen; ich weiß, daß du mich für schuldlos nicht erklärst.
29 Ich muß schuldig seyn, - wozu denn mühe ich mich vergeblich ab?
30 Badete ich mich auch in Schneewasser; wüsche ich auch mit Lauge meine Hände;
31 doch würdest du in Kot mich tauchen, daß mich verabscheueten meine Kleider.
32 Wahrlich! er ist nicht ein Mann, wie ich, daß ich ihm Rede stehen, wir zusammen treten könnten vor Gericht.
33 Es gibt zwischen uns keinen Schiedsrichter, der seine Hand legte über uns beide.
34 Er schaffe von mir seine Ruthe; und sein Schrecken ängstige mich nicht;
35 dann will ich reden, und ihn nicht fürchten. Aber so ist es nicht; ich bin mir selbst zuwider!

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