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Ezechiel - Kapitel 16

Ezechiel - Kapitel 16

(Leander van Eß)

Der Götzendienst des jüdischen Volkes wird unter dem Bilde eines ehebrecherischen Weibes vorgestellt.

1 Und es geschah der Ausspruch Jehova's an mich, indem er sprach:
2 Menschensohn! Halte Jerusalem seine Schandthaten vor,
3 und sprich: So spricht der Herr Jehova zu Jerusalem: Dein Herkommen und deine Geburt ist aus dem Lande der Kanaaniter; dein Vater ist ein Amoriter, deine Mutter eine Hethiterin.
4 Und was deine Geburt betrifft, so wurde am Tage, da du geboren wurdest, deine Nabelschnur nicht abgeschnitten, und du wurdest nicht in Wasser zur Reinigung gebadet, nicht mit Salz gerieben, nicht in Windel gewickelt.
5 Kein Auge hatte Mitleid mir dir, um nur Eins jener Dinge dir zu erweisen aus Erbarmen gegen dich; sondern du wurdest hingeworfen auf das Feld, aus Ekel vor deinem Leben, am Tage, da du geboren wurdest.
6 Da kam ich an dir vorbei, und sah dich den Fußtritten ausgesetzt in deinem Blute liegen, und sprach zu dir in deinem Blute: Lebe! ja, ich sprach zu dir in deinem Blute: Lebe!
7 Zu vielen Tausenden wie das Gras des Feldes vermehrte ich dich. Du wurdest groß, wuchsest auf, gelangtest zur vollen Blüthe, die Brüste schwollen, und die Haare wuchsen dir; du warest aber noch nackt und bloß.
8 Und ich kam an dir vorbei, und sah dich; und siehe! deine Zeit war da, die Zeit der Liebe. Und ich breitete über dich meinen Flügel, und bedeckte deine Blöße; ja, ich schwur dir zu, und machte einen Bund mit dir, spricht der Herr Jehova, und du wurdest mein.
9 Und ich wusch dich mit Wasser, und spülte von dir dein Blut ab, und salbte dich mit Oel.
10 Ich kleidete dich in gestickte Kleider, machte dir Schuhe von Seehundsleder, hing feines baumwollenes Zeug dir um, und beschleierte dich mit Flor.
11 Ich zierte dich mit Schmuck, gab dir Arm- und Halsbänder;
12 schenkte dir Nasen- und Ohrringe, und auf dein Haupt eine herrliche Krone.
13 Und du warest geschmückt in Gold und Silber, gekleidet in feines baumwollenes Zeug, und in Flor, und in gestickte Kleider; du aßest Semmelmehl, Honig und Oel, und du warest sehr, sehr schön, und zu einem Köingreich erhoben.
14 Und dein Ruhm wegen deiner Schönheit verbreitete sich unter fremde Völker; denn sie waren vollkommen durch meinen Schmuck, den ich dir anlegte, spricht der Herr Jehova.
15 Aber du verließest dich auf deine Schönheit, und wegen deines Ruhmes hurtest du. Du botest Jedem, der vorüber ging, deine Hurerei an; sie wurde sein.
16 Du nahmest von deinen Kindern, und machtest dir bunte Höhen, und hurtest darauf, was noch nie geschehen war, noch je geschehen wird.
17 Und du nahmest deine schönen Geräthe von meinem Gold, und von meinem Silber, die ich dir gegeben hatte, und machtest dir männliche Gebilde, und hurtest mit denselben.
18 Du nahmest deine gestickten Kleider, und bedecktest sie; mein Oel und mein Räucherwerk setztest du vor sie hin.
19 Und meine Speise, die ich dir gegeben, Semmelmehl, Oel, und Honig, womit ich dich nährte, setztest du vor ihr Angesicht zum süßen Geruch. So geschah es, spricht der Herr Jehova.
20 Und du nahmest deine Söhne, und deine Töchter, welche du mir geboren hattest, und opfertest sie ihnen zum Verzehren. War denn zu wenig deine Hurerei,
21 daß du auch noch schlachtetest meine Söhne, und sie hingabest, um sie zu ihnen zu führen?
22 Bei allen deinen Schandthaten und Hurereien dachtest du nicht an deiner Jugend Tage, da du nackt warest, und den Fußtritten ausgesetzt in deinem Blute lagest.
23 Und es geschah nach aller deiner Bosheit (wehe, wehe dir! spricht der Herr Jehova),
24 daß du dir Gewölbe bautest, und Höhen machtest auf allen Plätzen.
25 An jeder Straßenecke bautest du dir eine Höhe. So machtest du häßlich deine Schönheit, und sperrtes deine Beine auseinander vor jedem Vorbeigehenden, und häuftest deine Hurerei.
26 Du hurtest mit den Söhnen Aegyptens, deinen Nachbarn, die von großer Gestalt sind, und häuftest deine Hurerei, um mich zum Zorne zu reizen.
27 Siehe! ich streckte meine Hand wider dich aus, schränkte deinen bestimmten Unterhalt ein, und übergab dich dem Muthwillen deiner Feindinnen, der Töchter der Philister, welche vor deinem schändlichen Wandel errötheten.
28 Doch hurtest du fort ganz unersättlich mit den Söhnen Assyriens; du hurtest mit ihnen, und wurdest auch nicht satt.
29 Du häuftest also deine Hurerei im Lande Kanaan bis nach Chaldäa; aber auch damit wurdest du nicht satt.
30 Wie schwach muß doch dein Herz seyn, spricht der Herr Jehova, da du alles das thatest, was ein freches Hurenweib zu thun pflegt!
31 Da du an jeder Straßenecke Gewölbe bautest, und an allen Plätzen Höhen machtest. Ja, du glichest nicht einmal einer Hure, da du den Hurenlohn verschmähtest;
32 sondern einer Ehebrecherin, die statt ihres Mannes Andere zuläßt.
33 Allen Huren gibt man Lohn; du aber gibst allen deinen Buhlen Lohn, und beschenkest sie, damit sie von allen Seiten her zu dir kommen zur Hurerei mit dir.
34 Es zeigt sich bei dir in Hinsicht deiner Hurerei das Gegentheil von andern Weibern; man huret dir nicht nach; du gibst Hurenlohn, und dir wird kein Hurenlohn gegeben; und so bist du das Gegentheil.
35 Höre also, du Hure! Jehova's Ausspruch!
36 So spricht der Herr Jehova: Weil du dein Geld verschwendest, und deine Scham entblößest zur Hurerei gegen deine Buhlen, und wegen aller deiner Gräuelgötzen, und wegen des Blutes deiner Kinder, die du ihnen hingibst;
37 siehe! deßwegen will ich sammeln alle deine Buhlen, denen du schmeicheltest, und alle, die du liebtest, zu denen, die du haßtest; und sammeln will ich sie rings um dich herum, und vor ihnen deine Scham aufdecken, daß sie deine ganze Blöße sehen sollen.
38 Wie Ehebrecherinnen, und Blutvergießerinnen will ich dich strafen, und dich hingeben der Blutrache, und der Eifersucht.
39 Und ich will dich in ihre Hände geben, und sie sollen deine Gewölbe zerstören, und deine Höhen niederreißen; und dir deine Kleider ausziehen, und deine prächtigen Geräthe rauben, und dich nackt und bloß hinsetzen.
40 Und sie sollen eine Menge Menschen gegen dich bringen, die dich steinigen, und dich mit ihren Schwertern zerhauen.
41 Und sie sollen deine Häuser mit Feuer verbrennen, und vor den Augen vieler Weiber an dir Strafe üben. Und nachdem ich's dahin gebracht habe, daß du nicht mehr Hure bist, auch ferner keinen Hurenlohn mehr gibst;
42 dann will ich ruhen lassen meine Rache an dir, und weichen soll von dir meine Eifersucht; und ich will nachlassen, und ferner nicht mehr zürnen.
43 Weil du nicht an die Tage deiner Jugend dachtest, und mich durch dieß Alles aufbrachtest; sieh! so lasse auch ich dein Betragen auf dein Haupt kommen, spricht der Herr Jehova; und nicht mehr sollst du ein Verbrechen begehen zu allen deinen Gräuelthaten!
44 Sieh! Jeder, der in Sprüchen redet, wird von dir das Sprüchwort brauchen, und sagen: Wie die Mutter, so ihre Tochter.
45 Du bist die Tochter deiner Mutter, die ihren Mann, und ihre Kinder verstieß; und du bist die Schwester deiner Schwestern, welche ihre Männer, und ihre Kinder verstießen. Eure Mutter ist eine Hethiterin, und euer Vater ein Amoriter.
46 Und deine größere Schwester ist Samarien, sie und ihre Töchter, welche dir zur Linken wohnen. Deine Schwester aber, die kleiner ist als du, die zur Rechten wohnet, ist Sodom und ihre Töchter.
47 Du wandeltest nicht auf ihren Wegen, und verübtest Gräuelthaten wie sie; dieß war dir zu wenig; sondern du handeltest verderbter noch, als sie, auf allen deinen Wegen.
48 So wahr ich lebe! spricht der Herr, Jehova, deine Schwester Sodom selbst, und ihre Töchter, haben nicht gethan, was du gethan, und deine Töchter.
49 Siehe! dieß war die Missethat Sodom's, deiner Schwester: Uebermuth, Ueberfluß an Nahrung, und sorglose Ruhe hatte sie und ihre Töchter; unterstützte aber nicht des Armen und des Dürftigen Hand.
50 Sie waren stolz, und verübten Gräuelthaten vor meinem Angesichte; darum schafft ich sie fort, wie du es gesehen hast.
51 Auch Samarien hat nicht die Hälfte deiner Sünden gesündiget; sondern du hast mehr Gräuelthaten ausgeübt, als jene, so daß du deine Schwestern durch alle deine Gräuelthaten, die du verübt, gerechtfertigest hast.
52 Trage nun auch deine Schande, die du das Urtheil gesprochen hast über deine Schwester durch deine Sünden. Da du abscheulicher gehandelt hast, als jene; so sind sie auch gerechtfertigter, als du. Deßwegen schäme dich, und trage deine Schande, die du deine Schwestern gerechtfertiget hast.
53 Ich will ihre Gefangenen wieder zurückführen, nämlich die Gefangenen Sodom's, und ihre Töchter, und die Gefangenen Samariens, und ihre Töchter; und die Gefangenen deiner Gefangenschaft unter ihnen;
54 damit du deine Schande tragest, und alles dessen dich schämest, was du begangen hast, indem du sie tröstest.
55 Und deine Schwestern, Sodom und ihre Töchter werden in ihre vorige Lage zurückkommen; auch du und deine Töchter werdet in euere vorige Lage zurückkommen.
56 Nie hörte man in deinem Munde deine Schwester, Sodom, als am Tage deines Stolzes,
57 ehe deine Ruchlosigkeit offenbar wurde, wie zur Zeit der Beschimpfung der Töchter Syriens, und alle ihre Benachbarten, der Töchter der Philister, die von allen Seiten dich verspotten.
58 Deine Laster, und deine Schandthaten sollst du nun tragen, spricht Jehova.
59 Denn so spricht der Herr Jehova: Ich werde es mit dir machen, wie du es gemacht hast, die du den Eid verachtet, und den Bund gebrochen hast.
60 Doch werde ich gedenken meines Bundes mit dir in deiner Jugendzeit, und einen ewigen mit dir errichten.
61 Und du wirst an deinem Wege denken, und dich schämen, wenn du deine Schwestern, die größere und die kleinere, zu dir nimmst, die ich dir zu Töchtern gebe, jedoch nicht wegen deines Bundes.
62 Und ich werde meinen Bund mit dir errichten, und du wirst erfahren, daß ich Jehova bin;
63 damit du zurückdenkest, und dich schämest, und nicht mehr den Mund öffnest wegen deiner Schande, wenn ich dir Alles vergebe, was du gethan hast, spricht der Herr Jehova.

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