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Psalm 36

Psalm 36

36:1 Ein Psalm Davids, des Knechtes des HERRN, vorzusingen. Es ist aus Grund meines Herzens von der Gottlosen Wesen gesprochen, daß keine Gottesfurcht bei ihnen ist.

36:2 Sie schmücken sich untereinander selbst, daß sie ihre böse Sache fördern und andere verunglimpfem.

36:3 Alle ihre Worte sind schädlich und erlogen; sie lassen sich auch nicht weisen, daß sie Gutes täten;

36:4 sondern sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden und stehen fest auf dem bösen Weg und scheuen kein Arges.

36:5 HERR, deine Güte reicht, soweit der Himmel ist, und deine Wahrheit, soweit die Wolken gehen.

36:6 Deine Gerechtigkeit steht wie die Berge Gottes und dein Recht wie eine große Tiefe. HERR, du hilfst Menschen und Vieh.
Die Menschen haben durch die Schöpfung, und durch die Erlösung große Vorzüge vor dem Vieh erlangt, und durch die Heiligung und Verherrlichung werden diese Vorzüge bei den Auserwählten bestätigt. Doch sind die Menschen, die auf Erden leben, darin dem Vieh ähnlich, daß sie, wie dieses, lebendige, aber auch vieler Mühseligkeit ausgesetzte und sterbliche Geschöpfe sind, und zum Theil einerlei Nahrung mit diesem haben. Leblosen Dingen kann kein empfindliches Uebel, folglich auch keine eigentliche Hülfe widerfahren: aber die Menschen und das Vieh, welche etwas empfinden können, sind einer mannigfaltigen göttlichen Hülfe fähig, wodurch sie von dem Uebel, das sie drückt, befreit werden. Nun sagt David: HErr, Du hilfest beiden, Menschen und Vieh, und betrachtet hiebei den HErrn als Schöpfer der Menschen und des Viehes. Gott hat nämlich Wohlgefallen an Seinen Werken, insofern sie noch sind, wie Er sie gemacht hat, Ps. 104,31. Er ist gegen Allen gütig, und erbarmet Sich aller Seiner Werke. Ps. 145,9.; gleichwie Ihn auch alle Seine Werke an allen Orten Seiner Herrschaft loben sollen, Ps. 103,22. Es gibt also eine gewisse Verbindung, in welcher Gott mit Seinen Werken oder Geschöpfen, und die Geschöpfe mit Ihm als ihrem Schöpfer stehen, welche bei Gott ein gewisses Wohlgefallen, Güte und Erbarmung einschließt, bei den Geschöpfen aber ein gewisses Zutrauen zu ihrem Schöpfer, eine Erwartung Seiner Hilfe und das Lob desselben erwecken soll. Die Sünde hat bei den Menschen verursacht, daß diese Verbindung zwar nicht zernichtet wurde, doch aber zur ewigen Glückseligkeit derselben nicht mehr genugsam war; und sie haben, um diese zu erlangen, neben dem Schöpfungsrecht auch das Gnadenrecht nöthig, welches ihnen Jesus Christus durch Seine Erlösung erworben hat. Uebrigens hilft Gott den Menschen als Menschen und dem Vieh als Vieh. Kostbar ist Seine Güte, und Menschenkinder dürfen zuversichtlich und ohne Furcht unter dem Schatten Seiner Flügel, das ist unter Seinem wohlthuenden Schutz, hingehen; da sonst jeden Augenblick etwas auf sie andringen könnte, das sie quälete oder gar tödtete, Ps. 36,8. Er höret aber auch die jungen Raben, die Ihn anrufen, Er gibt dem Vieh sein Futter. Er lässet Brunnen quellen in den Gründen, daß die Wasser zwischen den Bergen hinfließen: daß alle Thiere auf dem Felde trinken, und das Vieh seinen Durst lösche, Ps. 104,10.11. Er gibt allem Fleisch Speise, denn es wartet Alles auf Ihn, daß Er ihnen Speise gebe zur rechten Zeit. Ja Er macht fröhlich, was sich beweget, beides des Morgens und des Abends, und hat überdieß geboten, daß der Mensch, wenn er den Namen eines Gerechten tragen will, sich auch seines Viehes erbarmen solle. Ps. 136,25. 65,9. Spr. 12,10.
Es gibt Anfechtungen, worin auch gerechte Menschen sich des verzagenden Unglaubens damit erwehren müssen, daß sie sich erinnern und Gott vorhalten, Er habe sie geschaffen, im Mutterleibe gebildet, und bisher erhalten, folglich könne Er Seine Hand von ihnen nicht abziehen. Ein Beispiel ist Hiob K. 10,8-13., doch kommt ihnen der Heilige Geist bald zu Hülfe, daß sie auch aus höhern Gründen Zuversicht zu Gott fassen können.
Fasse also o Mensch, wer du auch bist, ein Vertrauen zu Gott als deinem Schöpfer, und erwarte Hülfe von Ihm. Fange aber auch an, Ihn anzurufen: Er wird dich erhören, wenn auch dein Gebet so unförmlich wäre, als das Geschrei der jungen Raben. Lasse dich aber auch weiter leiten. Du hast eine unsterbliche Seele, du bist erlöst durch Christum, du bist auf Seinen Namen getauft, und zu einer ewigen Herrlichkeit berufen und bestimmt. Bitte also auch im Glauben um die geistlichen Gaben, die dir Christus erworben hat, und die dich zu diesem großen Zweck führen können. Auf diese Weise wirst du aus einem natürlichen Menschen ein Christ, ein Kind Gottes, und ein Erbe Gottes und Miterbe Christi werden.(Magnus Friedrich Roos)

36:7 Wie teuer ist deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten deiner Flügel Zuflucht haben!
Ein Mensch ist in dem großen Weltraum ein schwaches kleines Geschöpf, und alle Menschenkinder machen zusammen ein immer geschäftiges Heer aus, das aber leicht vertilgt werden könnte. Wenn die Sonne und die Erde näher zusammenrückten, so würde das menschliche Geschlecht plötzlich verschmachten und verbrennen. Wenn alle Wolken ihr Wasser auf einmal fallen ließen, und das Wasser des Abgrunds über sich stiege, so würden alle Menschen ersaufen, und so könnte das menschliche Geschlecht durch andere Unordnungen, die bei den großen Weltkörpern, oder bei den Elementen entstehen könnten, schnell vertilgt werden. Aber auch unter den Menschen gibt es so viele böse, grimmige, stolze, geizige und grausame, daß, wenn diese nach der Argheit ihrer Herzen, und durch den Antrieb des Teufels, der ein Mörder von Anfang ist, zusammenträten, alle frommen Leute durch sie vertilgt werden könnten. Auf diesen Fall hat David Ps. 36. eigentlich gesehen, indem er von Gottlosen redete, bei denen keine Gottesfurcht sei. Er sagt von denselben V. 3.4.5.: sie schmücken sich untereinander selbst, daß sie ihre böse Sache fördern und Andere verunglimpfen. Alle ihre Lehre ist schädlich und erlogen; sie lassen ich auch nicht weisen, daß sie Gutes thäten, sondern sie trachten auf ihrem Lager nach Schaden, und stehen fest auf dem bösen Wege, und scheuen kein Arges. Da er nun diese Leute, von deren Stolz man untertreten, und von deren Hand man gestürzt werden könnte (V. 12.), betrachtet hatte, so wandte er seine Augen auf Gott und sagte: wie theuer ist Deine Güte, Gott, daß Menschenkinder unter dem Schatten Deiner Flügel trauen, oder zuversichtlich wohnen! Er bewunderte also die Güte Gottes, welche die Menschen unter den Menschen schütze. Er schrieb es dem Schatten der Flügel Gottes, das ist der mächtigen und treuen Bewahrung Gottes zu, daß Menschen ohne Furcht wandeln und schlafen können. Gott bedeckt die Menschen mit Seiner Allmacht, wie ein Vogel seine Jungen mit seinen Flügeln, und deßwegen leben die Menschen unter Menschen und unter bösen Geistern in einer vergnüglichen Sicherheit. Man verläßt sich gemeiniglich auf den Schutz der Obrigkeit: allein diese Obrigkeit hat selber den Schatten der Flügel Gottes oder den göttlichen Schutz gegen ihre eigenen Unterthanen nöthig; denn wenn Gott Seine Hand nicht über jene hielte, so würde sie von diesen, wenn sie sich in einem Aufruhr vereinigten, leichtlich verschlungen.
Ich will mich also auch heute erinnern, daß ich mein Leben dem Schutz Gottes allein zu danken habe. In Ansehung der Nachtruhe kann ich mit David Ps. 4,9. sagen: ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein Du, HErr, hilfest mir, daß ich sicher wohne, und in Ansehung meines Lebens und Wandels bei der Tageszeit: ich gehe oder liege, so bist Du um mich, und siehest alle meine Wege, Du schaffest es, was ich vor oder hernach thue, und hältst Deine Hand über mir, Ps. 139,3.5. Ist es nun einmal dem großen Gott gefällig, meinem Gehen und Liegen, meinem Wandeln und Arbeiten auf der Erde ein Ende zu machen, und mich in die himmlischen Gewahrsame aufzunehmen; so soll ich wohl zufrieden sein und Ihm dafür danken. Ich werde aber ohne Zweifel im Himmel auf meinen Lebensweg mit hellen Augen zurücksehen, und besser als jetzt erkennen, durch was für Gefahren mich der treue Gott durchgebracht, und unter was für Nachstellungen Er mich behütet habe, und werde Ihm dafür Lob und Dank sagen.(Magnus Friedrich Roos)

36:8 Sie werden trunken von den reichen Gütern deines Hauses, und du tränkest sie mit Wonne als mit einem Strom.
Die Königin von Saba war erstaunt über den Reichtum der Speisen auf Salomos Tische. Sie konnte sich nicht mehr enthalten und verwunderte sich, als sie sah, wie vielen Vorrat ein einziger Tag erforderte; sie erstaunte ob der Menge der Diener, ihrem Amt, ihrer Kleidung und ihrer Speise. Aber was ist doch das alles gegen den Haushalt des Gottes der Gnade? Zehntausend mal tausend seiner Angehörigen werden tagtäglich gespeist, sie sind hungrig und durstig und kommen verlangend zum täglichen Gastmahl, aber keiner kehrt je ungesättigt von dannen zurück; es ist genug vorhanden für einen jeden, genug für alle, genug für immer. Wenngleich die Menge derer, die an Jehovahs Tische speisen, unzählig ist wie die Sterne am Himmel, so empfängt dennoch ein jeglicher seinen Teil Speise. Überlege, wieviel Gnade ein einziger Heiliger bedarf; soviel, daß nur der Unendliche ihm für einen Tag das Nötige zu verschaffen imstande ist, und doch deckt der Herr seinen Tisch nicht bloß für einen, sondern für viele Heilige, und nicht nur für einen Tag, sondern für ein Geschlecht nach dem andern. Achte wohl auf die reichliche Fülle, wovon in unsrer Schriftstelle die Rede ist; die Gäste am Festmahl der Gnade werden nicht nur gesättigt, sie werden „trunken“, und nicht nur mit gewöhnlicher Speise gesättigt, sondern „trunken“ von den reichen Gütern aus Gottes eignem Hause; und solche Bewirtung ist zugesagt und zugesichert durch eine wahrhafte Verheißung allen Menschenkindern, die unter dem Schatten der Flügel Jehovahs trauen. Ich meinte einmal, wenn ich nur die Überbleibsel, die vom Gnadentische des Herrn wieder fortgetragen werden, bekommen könnte, so wäre ich glücklich, wie das kananäische Weib, welches sprach: „Aber doch essen die Hündlein von den Brosamlein, die von ihrer Herren Tische fallen;“ aber kein Kind Gottes wird je mit Brosamen und Überresten abgefertigt; gleich Mephiboseth essen sie alle an des Königs Tische. In den Gütern der Gnade wird uns allen ein übervolles Maß zugemessen, wie dem Benjamin; wir bekommen zehnmal mehr, als wir erwarten durften, und ob unsre Bedürfnisse gleich groß sind, so sind wir doch erstaunt über die Fülle der Gnade, welche uns Gott in unsrer täglichen Erfahrung zu genießen gibt. (Charles Haddon Spurgeon) —-Wer mag sie ermessen, die Tiefe der göttlichen Barmherzigkeit und die Fülle seiner Güte! Mein Leib und Leben, mein Herz und Geist, der Himmel und die Erde geben Zeugniß davon. Wo Gott weilt, da wandelt die Liebe; denn Gott ist die Liebe.
Wie es in dem Wesen der Sonne ist, überall hin die Strahlen ihres Lichtes auszubreiten, weil sie voll Lichtes ist; so gehen auch von Gott ewige Ströme der Liebe aus durch die ganze Schöpfung, weil er die Liebe ist. Wie die in der Erde verborgene Kraft im Frühjahr hervordringt aus der dunklen Scholle und das Erdreich umkleidet mit wundersamer Schönheit, so dringt des Ewigen Liebe aus seinem Vaterherzen und schmücket unser Leben mit Zeugnissen seiner Huld und Gnade. Gottes Liebe ist in der nährenden Kraft des Brotes und in dem lieblichen Safte der Traube; in dem Pulsschlage meines Herzens, vor Allem aber in dem Worte meines Heilandes. Eines Menschen Barmherzigkeit gehet allein über seinen Nächsten; aber Gottes Barmherzigkeit gehet über alle Welt. Er strafet und züchtiget, er lehret und pfleget wie ein Hirte seine Heerde. Er erbarmet sich Aller, die sich ziehe n lassen und fleißig Gottes Wort hören. Sir. 18, 12-14. Gott lässet seine Sonne scheinen über die Guten und Bösen und regnen über die Gerechten und Ungerechten. Doch wer seine Gaben annimmt und durch seine Güte sich zur Buße leiten läßt, der schmecket und fühlet erst recht, wie freundlich der Herr ist, der erlanget die Kindschaft und wird göttlichen Geschlechts. In seinem Herzen entzündet sich die Dankbarkeit und Gegenliebe, dem Herrn das schönste Opfer. Wie kann man doch unter Gottes großem, weitem Himmelsbogen hinweggehen, wie kann man von den Strahlen seiner Sonne erwärmt werden, wie kann man Speise und Freude reichlich und täglich aus des Herrn Hand empfangen, und doch verschlossen bleiben gegen solche Liebe und Barmherzigkeit. Sein Wohlthun erhält, seine Fürsorge speiset und tränket, sein Schutz bedecket, sein Rath leitet, sein Trost erquicket, seine Macht stärket, seine Gnade erfreuet uns ohn' all' unser Verdienst und Würdigkeit. Und wir wollten unser Herz verstocken und unsern Mund verschließen! Nein, es soll meines Herzens Freude und Wonne sein, dich mit fröhlichem Mund zu loben, deine Güte zu preisen am Morgen, und deine Barmherzigkeit am Abend. (Christian Wilhelm Spieker)

36:9 Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Licht sehen wir das Licht.
Es gibt in unsrer inneren Erfahrung Zeiten, wo menschlicher Rat und menschliche Teilnahme, ja, selbst die Tröstungen der Religion uns nicht zu trösten noch zu helfen vermögen. Warum läßt der Gott der Gnade solches zu? Vielleicht darum, daß wir uns zu sehr von Ihm abgewendet hatten, so daß Er sich veranlaßt sieht, uns alles wegzunehmen, worauf wir uns zu verlassen pflegten, auf daß wir möchten zu Ihm getrieben werden. Es ist etwas Seliges, wenn wir am Born der Quelle leben dürfen. So lange unsre Gefäße mit Wasser gefüllt sind, geben wir uns zufrieden wie Hagar und Ismael, ob wir gleich in die Wüste ziehen müssen; wenn sie aber leer sind, so hilft uns nichts andres mehr, als: „Du, Gott, siehest mich.“ Es geht uns wie dem verlornen Sohn, wir lieben die Treber, die die Schweine essen und vergessen unsers Vaters Haus. Bedenket es, daß wir auch aus den äußern Formen unsers Gottesdienstes Treber machen können; sie sind etwas Köstliches; wenn wir sie aber an Gottes Stelle setzen und Gott selber darüber vergessen, so sind sie ohne allen Wert. Alles kann zum Götzen werden, wenn es uns von Gott fern hält; selbst die eherne Schlange ist ein „Nehusthan“ (2 Kön. 18, 4), wenn wir ihr räuchern und sie statt Gott anbeten. Der verlorne Sohn war nie besser daran, als da er sich nach seines Vaters Kuß sehnte, denn damals fand er den rechten Halt wieder. Unser Herr sucht uns in unserm Lande mit Teuerung heim, damit wir uns um so mehr nach dem Himmel sehnen. Die beste Lage, in der sich ein Christ befinden kann, ist, wenn er ganz und unmittelbar von der Gnade Gottes lebt, wenn er da steht, wo er am Anfang seines geistlichen Lebens stand, „als die nichts inne haben und doch alles haben.“ Wir wollen auch keinen Augenblick dem Gedanken Raum geben, daß unsre Seligkeit in unsrer Heiligung stehe, oder in unsrer Selbstverleugnung, in unsern Gnadenerfahrungen oder Gefühlen, sondern wir wollen erkennen, daß wir selig sind, weil Christus ein vollgültiges Versöhnungsopfer, für uns dargebracht hat; denn wir sind vollkommen in Ihm. Wir besitzen nichts, worauf wir uns verlassen können; sondern trauen allein auf das Verdienst Jesu. Sein Leiden und heiliges Leben gibt uns allein einen sichern Grund völliger Zuversicht. (Charles Haddon Spurgeon)


Kein Mund vermag dem Herzen die Liebe Christi zu schildern, bis der Herr Jesus selber sie in demselben kund tut. Alle Beschreibungen bleiben matt und unzureichend, wenn sie der Heilige Geist nicht mit Leben und Kraft erfüllt; bis daß unser Immanuel sich uns innerlich offenbart, sieht Ihn die Seele nicht. Wenn du die Sonne betrachten möchtest, so würdest du wohl schwerlich alle gewöhnlichen Beleuchtungsmittel zusammennehmen und auf solche Weise das herrliche Licht, das den Tag regiert, zu beleuchten suchen. Nein, wer weise ist, weiß wohl, daß die Sonne sich selber offenbaren muß, und dieses gewaltige Licht kann nur durch seinen eignen Glanz erkannt werden. Und so verhält es sich mit Christo. „Selig bist du, Simon, Jona Sohn,“ sprach Er zu Petrus, „denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbaret.“ Reiniget und veredelt Fleisch und Blut durch die sorgfältigste Erziehung, erhebt die Kräfte des Gemüts zur höchsten Stufe geistiger Vollendung; das alles kann euch Christum nicht offenbaren. Der Geist Gottes muß mit Macht kommen und den Menschen mit seinen Flügeln überschatten, und dann muß in diesem geheimnisvollen Dunkel des Allerheiligsten der Herr Jesus sich dem geheiligten Blick offenbaren, wie Er sich den verblendeten Menschenkindern nicht offenbart. Christus muß sein eigner Brennspiegel sein. Der große Haufen dieser blödsichtigen Welt nimmt nichts wahr von den unaussprechlichen Herrlichkeiten Immanuels. Er kommt ihnen ungestalt und lästig vor, wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich, die von den Toren verschmäht, von den Stolzen verachtet wird. Nur wo der Geist das Auge mit Augensalbe gesalbt, das Herz mit göttlichem Leben erfüllt und die Seele zu einem himmlischen Sinne erzogen hat, nur da wird Er verstanden. „Euch nun, die ihr glaubet, ist Er köstlich;“ euch ist Er der Grund- und Eckstein, der Fels eures Heils, euer eins und alles; andern aber ist Er „ein Stein des Anstoßens und ein Fels der Ärgernis.“ Selig ist, wer die Offenbarung unsres Heilandes empfängt, denn ihm ist die Verheißung gegeben, daß Er Wohnung bei ihm machen will. O Jesu, unser Herr, unser Herz steht Dir offen, komm herein, und ziehe ewiglich nicht wieder fort. Zeige Dich uns! Beglücke uns mit einem Strahl Deiner Liebe! (Charles Haddon Spurgeon)

36:10 Breite deine Güte über die, die dich kennen, und deine Gerechtigkeit über die Frommen.1)

36:11 Laß mich nicht von den Stolzen untertreten werden, und die Hand der Gottlosen stürze mich nicht;

36:12 sondern laß sie, die Übeltäter, daselbst fallen, daß sie verstoßen werden und nicht bleiben mögen.2)
Was das schöne Lied sagt: „Gieb dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens,“ das ruft sich der Sänger dieses Psalms, David, in die Seele in der Anfechtung, welche ihm aus dem Blicke auf die Größe und Tiefe des menschlichen Verderbens entstanden war. Und in der That ist das Loos der Gottesfürchtigen bei allem Haß der Welt, der ihnen entgegentritt, ein beneidenswerthes und herrliches. Denn wenn Gottes Güte bis in den Himmel reicht und seine Wahrheit und Treue bis in die Wolken geht, so ist Alles, und auch ihr Leben davon voll, und menschliche Augen vermögen ihre Größe gar nicht abzusehen. Wenn seine Gerechtigkeit steht wie herrliche, unermeßliche Berge Gottes und seine Gereichte wie große Meere sind, so sind sie ewigen Grundlagen des Rechts unerschütterlich und ihre Offenbarung augenscheinlich, und wer das glaubt, der kann auf der Flucht und in der Verbannung, in Noth und Tod das Lied von Stahl und Eisen singen, welches Johann der Großmüthige nach der Schlacht bei Mühlberg gesungen hat: „Wie’s Gott gefällt, gefällt’s mir auch.“ Wenn die Frommen trunken werden von den reichen Gütern des Hauses Gottes in der Ewigkeit und Er sie tränkt mit Wollust wie mit einem Strom, so labt und erquickt Er sie nicht tropfen-, sondern stromweise und läßt sie einen Vorgeschmack des ewigen Lebens kosten nach dem andern. Wenn bei Ihm die lebendige Quelle ist, so vermag die Bosheit der ganzen Welt nicht, ihnen das Leben zu entziehen, und sie genießen bei Ihm überschwängliche, unvergängliche Wonne. Sie erfahren es alle Tage, was Sättigung und Ueberfluß ist; ja, selbst ein Stücklein Brod und ein Trunk frischen Wassers ist ihnen, weil sie es mit fröhlich dankbarem Herzen und im Gefühl der Nähe Gottes genießen, ein Gastmahl, dem kein königliches Gastmahl zu vergleichen. Wenn endlich wir in seinem Lichte das Licht sehen, und aus seiner Offenbarung erkennen, was gut, heilig, selig ist und uns wahrhaft frommt, dann haben die Gottesfürchtigen Licht auf allen ihren Wegen und finden zuerst den Himmel, wo keine Nacht ist und sie keiner Leuchte und Sonne bedürfen, weil Gott sie selber erleuchten wird. Herr, mache mich denn selig in Dir, so bin ich selig, zeitlich und ewiglich. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

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