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Psalm 145

Psalm 145

145:1 Ein Lob Davids. Ich will dich erheben, mein Gott, du König, und deinen Namen loben immer und ewiglich.

145:2 Ich will dich täglich loben und deinen Namen rühmen immer und ewiglich.

145:3 Der HERR ist groß und sehr löblich, und seine Größe ist unausforschlich.
Der HErr ist ein großer König über alle Götter, Ps. 95,3., das ist über alle Engel und Regenten, deren jeder in seinem Maße auch groß ist. Er hat eine große Güte, Ps. 145,7.; eine überschwängliche Kraft, Eph. 1,19.; Er ist groß von Rath, und mächtig von That, Jer. 32,19. Mit solchen Ausdrücken lehrt die heilige Schrift, daß Gott die höchste und unumschränkte Gewalt über Alles habe, und daß alles Gute in Gott unendlich und unermeßlich sei. Eben deßwegen ist Er aber auch sehr zu loben. Wenn es möglich wäre, daß ein vernünftiges Wesen Gott erkennete und anschaute, welches noch keine Wohlthat von Ihm empfangen hätte, so müßte es doch Gott wegen Seiner Größe, oder wegen Seiner unermeßlichen Vortrefflichkeit und Herrlichkeit loben: wie viel mehr sollen es Seine Geschöpfe thun, welche ihr Wesen und Alles, was sie genießen, von Ihm empfangen haben. Doch soll Niemand, der den HErrn lobt, meinen, er könne Seine Größe erforschen, folglich durch menschliche Worte genugsam erklären. Es ist in Gott eine Tiefe, die Niemand ergründen, eine Höhe, die Niemand übersehen kann. Es gibt einen unerforschlichen Reichthum Christi, Seine Liebe übertrifft alle Erkenntniß. Kein erschaffener Geist, sondern der Geist Gottes erforscht alle Dinge, auch die Tiefe der Gottheit. Wenn ich also die Güte, die Kraft, die Weisheit Gottes als groß erkenne, so soll ich glauben, daß dieses Alles noch größer sei, als ich’s erkenne, und wenn meine Erkenntniß wächst und endlich vollkommen wird, so wird Gott noch immer größer bleiben, als meine Erkenntniß. Wie thöricht ist’s also, wenn die Menschen wollen Gottes Rathgeber sein, oder wenn sie außer demjenigen, das Er geoffenbart hat, errathen wollen, was Ihm gezieme, oder was Er thun werde und wolle. Hier macht Gott zu Nichte die Weisheit der Weisen, und verwirft den Verstand der Verständigen. Er macht die Weisheit der Welt zur Thorheit (1 Kor. 1,19.20.), weil Er gar anders handelt, als die Welt meint, daß Er handeln werde und solle, welches durch nichts deutlicher erwiesen worden, als durch die Erlösung des menschlichen Geschlechts, von welcher Niemand gedacht hätte, daß sie durch die Kreuzigung des Sohnes Gottes werde ausgeführt werden. Ach daß wir immer Licht genug hätten, Gott allein als unaussprechlich groß zu erkennen. Es gibt ja wohl auch große Leute in der Welt, an denen sich Viele so vergaffen, daß sie Gottes dabei vergessen. Haben diese großen Leute etwas von Gaben und Gewalt, so soll man sie deßwegen in gewissem Maße verehren, aber auch erkennen, daß es nur in Gottes Hand stehe, Jemand groß und stark zu machen (1 Chron. 30,12.). Uebrigens ist die von Gott abhängende Größe der Menschen gegen der göttlichen Größe für nichts zu rechnen. Es verfehlen auch viele Großen in der Welt ihres Zwecks; sie wägen weniger denn nichts in der Wage Gottes; sie sind Herren über andere Menschen, und Knechte der Sünde und des Satans. Und wie viele Thoren gibt es, die, ohne eine Gewalt zu haben, sich einbilden, an Weisheit groß zu sein, und bei dieser Einbildung verloren gehen! Das göttliche Licht zeige uns Alles in seiner wahren Gestalt, und, wenn dieses geschieht, so werden wir Gott in traurigen und fröhlichen Tagen loben, Ihn über Alles fürchten und lieben, und auf Ihn unser höchstes Vertrauen setzen. Es ist nicht nöthig, daß wir Alles, was in Gott ist, erforschen und aussprechen können, denn auch dieses, daß Seine Größe unaussprechlich ist, gereicht zu Seiner Ehre und unserer heilsamen Demüthigung. (Magnus Friedrich Roos)

145:4 Kindeskinder werden deine Werke preisen und von deiner Gewalt sagen.

145:5 Ich will reden von deiner herrlichen, schönen Pracht und von deinen Wundern,

145:6 daß man soll sagen von deinen herrlichen Taten und daß man erzähle deine Herrlichkeit;

145:7 daß man preise deine große Güte und deine Gerechtigkeit rühme.

145:8 Gnädig und barmherzig ist der HERR, geduldig und von großer Güte.
Ach, wollte Gott überall die traurigen Folgen unserer Vergehungen eintreten lassen, das menschliche Geschlecht wäre längst untergegangen in selbstbereitetem Verderben. Seine Gnade läßt oft auf eine Menge unserer Verirrungen gar keinen fühlbaren Schaden folgen. Der Verlust unseres Vermögens, unserer Ehre, unserer Gesundheit, unseres Lebens, wohl manchmal durch unser Verhalten verdient und verschuldet, ist ohne unser Zuthun durch eine höhere Fügung abgewendet worden. Die Strafen vieler Vergehungen treten erst spät und langsam ein. Gottes Mühle geht langsam, aber sie mahlt klein. Mancher Leichtsinnige begeht eine Thorheit über die andere, mancher Verwegene setzt die gefährlichsten Wagstücke wiederholentlich fort, mancher Bösewicht verübt immer noch dasselbe Verbrechen, ehe er entdeckt und bestraft wird. Wie lange währt es, ehe sich die Zerrüttungen zeigen, die so oft mancher Unmäßige, so mancher Wüstling durch wildes Stürmen in seine Gesundheit vorbereitet hatte! Es zeigen sich die Vorboten der künftigen Zerrüttung, es ergehen Warnungen an den sichern Sünder. Gott läßt ihn manche Blicke thun in den Jammer, der seiner wartet: aber Jahre lang verzieht die Strafe, oft erst am Ende des Lebens bricht es mit voller Macht hervor. Gott ist ein langer Borger, aber ein gewisser Zahler. Ja, der Herr ist geduldig und von großer Barmherzigkeit; er vergibt Missethat und Uebertretung: aber er lässet auch Niemand ungestraft, sondern suchet die Missethat der Väter heim an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied. 4. Mos. 14, 18.
Herzuführen und selig machen will der Herr aber auch alle die, welche zwar seinen Namen tragen, aber in heidnischem Unglauben und heidnischen Sünden dahin leben. Er läßt sich an ihnen nicht unbezeugt: sie hören seine Hirtenstimme in den Stunden des Glückes und der Freude, in den Tagen der Noth und der Trübsal. Mit dem Stab Sanft und mit dem Stab Wehe klopft er an ihren Herzen an, um sie aus der Irre eines verfehlten Lebens, aus der Oede eines verlornen Daseins zu erretten und sie zu führen auf seinen grünen Auen und zu seinen frischen Wassern. Und wir werden es sehen, und unser Herz wird sich freuen, mit unaussprechlicher Freude: Eine Heerde, Ein Hirte! Alle wird er zu sich ziehen und sie werden unter sich selbst nicht mehr entzweiet sein. Der Friede, den er am Kreuze erworben, wird zum Friedensbande seiner ganzen Heerde werden. (Christian Wilhelm Spieker)

145:9 Der HERR ist allen gütig und erbarmt sich aller seiner Werke.

145:10 Es sollen dir danken, HERR, alle deine Werke und deine Heiligen dich loben

145:11 und die Ehre deines Königreiches rühmen und von deiner Gewalt reden,

145:12 daß den Menschenkindern deine Gewalt kund werde und die herrliche Pracht deines Königreichs.

145:13 Dein Reich ist ein ewiges Reich, und deine Herrschaft währet für und für.

145:14 Der HERR erhält alle, die da fallen, und richtet auf alle, die niedergeschlagen sind.
Es wird in diesem Spruch die große Barmherzigkeit und Treue gerühmt, welche der HErr als König gegen Fallende und Niedergedrückte beweist; denn unmittelbar vor diesen Worten sagt David zu Ihm: Dein Reich ist ein ewiges Reich, und Deine Herrschaft währet für und für. Gott hat Unterthanen in Seinem Reich, die fallen, und solche erhält oder unterstützt Er, Er siehet niedergeschlagene oder gebückte Unterthanen, und diese richtet Er auf. Von den Gottlosen wird oft gesagt, daß sie fallen. Die Bösen, sagt David Ps. 27,2., müssen anlaufen und fallen, und Ps. 36,13.: laß sie, die Uebelthäter, daselbst fallen. Israel und Ephraim sollen fallen um ihrer Missethat willen; auch soll Juda sammt ihnen fallen, Hos. 5,5. Hingegen sagt der Messias Ps. 118,13.: man stößet mich, daß Ich fallen solle, aber der HErr hilft Mir; und David Ps. 125,1.: die auf den HErrn hoffen, werden nicht fallen; Ps. 145,14.: der HErr unterstützt in Seinem Reich Alle, die da fallen. Fallen heißt also nicht eine Missethat begehen, denn man fällt um der Missethat willen, die man begangen hat. Fallen heißt auch nicht in’s Leiden hineingerathen, denn wer hat mehr gelitten als der Messias, dem doch der HErr geholfen hat, daß Er nie fiel? Und wer ist, der nicht bei dem Vertrauen auf Gott Vieles zu leiden hätte? Was ist also dieses Fallen? Derjenige fällt, der sich durch seine Thorheit und Missethat eine Schmach oder ein Unglück zuziehet, folglich, wenn er leidet, denken muß: das habe ich mir selber durch mein Versehen zugezogen. So fiel Christus nie, und die auf den HErrn hoffen, fallen nicht, gleichwie Johannes sagt: sie sündigen nicht, und ziehen sich also kein Unglück durch ihre Sünden zu. Gleichwie aber Johannes ebenfalls sagt: ob Jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater; und: so unser Herz verdammt, so ist Gott größer denn unser Herz u.s.w., also sagt auch David: ob Jemand von den Reichsgenossen des HErrn fällt: so erhält und unterstütz ihn der HErr, und läßt ihn nicht in’s Verderben gerathen. Man bedenke, in was für ein Gedränge Abraham gerathen, da er von seinem Weib die Unwahrheit gesagt, und was für Leiden sich David durch seine Flucht zu den Philistern zugezogen; der HErr vergab ihnen aber, und half ihnen wieder. Und so fällt der Gerechte siebenmal, und stehet wieder auf, weil er doch ein Gerechter bleibt, und nicht aus dem Reich Gottes hinaus fällt; aber die Gottlosen versinken im Unglück, das sie sich selber zugezogen haben, Spr. 24,16. Der Gottlose wird fallen durch sein gottloses Wesen, Spr. 11,5. Er wird fallen, wenn er sich durch seine Gottlosigkeit ein zeitliches Unglück zubereitet, er wird aber auch am Ende seines Lebens in die Hände des lebendigen Gottes fallen. Wie gut ist es hingegen, ein Reichsgenosse Gottes zu sein! Er unterstützt diejenigen, die da fallen, ob sie schon nicht ohne Schuld sind, und richtet auf, die niedergeschlagen sind, oder gebückt einhergehen. Er richtet sie durch Seinen Trost und Seine Hülfe auf. Gelobet sei Gott, der ewige König, der alle Fallenden in Seinem Reich erhält, und alle Niedergeschlagenen aufrichtet! (Magnus Friedrich Roos)

145:15 Aller Augen warten auf dich, und du gibst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit.

145:16 Du tust deine Hand auf und erfüllst alles, was lebt, mit Wohlgefallen.
Es ist nicht recht, wenn man bei der Empfahung und dem Genuß der leiblichen Nahrung nur auf die Erde und die menschliche Arbeit siehet, und des Schöpfers dabei vergißt. Freilich müssen die Pflanzen, welche uns und den Thieren zur Nahrung dienen, aus der Erde wachsen, und das Feld muß gebaut werden: wer hat aber die Kraft in die Erde gelegt, nach welcher sie nahrhafte Gewächse hervorbringen kann? Wer hat die Erdgewächse so gemacht, daß ein jegliches seinen Samen bei sich selber hat, um sich fortpflanzen zu können? Wer hat in die Natur der Thiere, deren Fleisch ein Theil unserer Nahrung ist, die Kraft gelegt, nach welcher sie Junge zeugen? Wer läßt den Regen und Thau auf die Erde fallen? Wer gibt Sonnenschein und Wärme? Wer tödtet durch die Kälte das Ungeziefer? Wer gibt Kräfte und Verstand zur Arbeit? Dieses Alles muß man dem gütigen Schöpfer zuschreiben, und deßwegen Alles als Seine Gabe mit Danksagung empfahen und genießen. Wollen die Menschen Seiner vergessen, und die Nahrung ihrem Fleiß zuschreiben, so mahnt Er sie plötzlich durch einen Mißwachs, den ihr Fleiß nicht zurücktreiben kann, oder durch eine Seuche, die Er unter sie oder das Vieh schickt, daran, daß an Seinem Segen Alles gelegen sei, und sie ihre Nahrung Ihm zu danken haben.
Gott thut als ein gütiger Geber in jeglichem Jahr Seine Hand auf, und wenn Er die Menschen nicht aus gerechten Ursachen mit einer Hungersnoth straft, so erfüllt Er gewöhnlicher Weise Alles, was lebet, mit Wohlgefallen. Er gibt also die Nahrung so reichlich, daß Alles, was lebet, erfüllt, das ist, gesättigt werden kann, wie auch die Armen unter den Menschen inne werden. Er gibt sie mit einer ausgebreiteten Güte Allem, was lebet. So gewiß es ist, daß Er nicht Alles, was lebet, in den Himmel aufnimmt: so gewiß erfüllet Er Alles, was lebet, mit der leiblichen Nahrung. Er gibt dem Vieh sein Futter, und Nahrung auch den undankbaren und boshaftigen Menschen: ja, es gibt Gottlose, denen Er Reichthum und Ehre gibt. Dazu soll man nicht scheel sehen, denn diese Abfertigung, welche den Gottlosen, die nichts Weiteres verlangen, widerfährt, macht sie nicht einmal auf der Erde ganz glücklich, zu geschweigen, daß sie mit dem ewigen, himmlischen Erbe in eine Vergleichung käme. Gott sättigt aber Alles, was lebet, mit Wohlgefallen, so daß Er gerne gibt, und mit Wohlgefallen zusieht, wenn wir Seine Gaben mäßig und mit einer heitern Seele genießen. Paulus sagt 2 Kor. 9,7.: einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Es ist aber Gott, der Licht und Liebe ist, das Urbild aller fröhlichen Geber. Er läßt Menschen und Vieh ihr Kreaturenrecht, dessen David Ps. 145,9. gedenkt, gern genießen. Lasset uns bei dem Fleiß, und der Klugheit und Treue, welche wir auf die zeitlichen Güter wenden müssen, Gott vertrauen. Lasset uns der Danksagung nicht vergessen, und bei dem Genuß des ewigen, himmlischen Tisches, dessen Tischgebet Meldung thut, eingedenk bleiben. Lasset uns auch als Gottes Nachfolger Andere gern sättigen, ja den HErrn Jesum selbst in Seinen geringsten Brüdern mit Seinen Gaben speisen und tränken.(Magnus Friedrich Roos)

145:17 Der HERR ist gerecht in allen seinen Wegen und heilig in allen seinen Werken.
Die Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes in Seinen Wegen und Werken wird sehr häufig von den Menschen nicht angesehen. An dem, was ihnen widerfährt, sehen sie nur das Traurige und Schmerzliche; denn sie fühlen nur die Wunde, die es macht, aber nicht die Schuld, die irgendwo stecken kann, oder den verborgenen Plan, den Gott haben könnte. Daher klagen die Menschen über Unbegreiflichkeit der Wege Gottes in einem Tone, als wollten sie sagen, recht sei es doch eigentlich nicht, daß Gott es so oder so mache; und das warum? steht ihnen ferner, als es geziemt. Sie fragen wohl: „Warum hast Du, HErr, das getan?“ aber mit dem stillen Vorwurf, der sagt: „Es ist kein Grund da gewesen, um dessentwillen Du's tun solltest, und hättest es deswegen anders machen sollen.“ Das ist die gewöhnliche Stimmung vieler bei dem Traurigen, das ihnen widerfährt.
Am meisten sind die Menschen gewohnt, bei Sterbefällen also zu denken und zu fühlen. Da sich zu ergeben und zufrieden zu stellen, fällt ihnen schwer. Dem Herzen geht's freilich zu nahe, und es ist ein Riß in's Gemüt hinein, wenn man Liebendes und Geliebtes so schnell auf immer missen muß, weswegen sich die erwähnte Stimmung ein wenig entschuldigt. Aber erwägen sollten wir's doch alle, wenigstens es uns aus dem Worte Gottes sagen lassen, daß es einmal offenbar werden wird, wie unter allem Gerechtigkeit und Heiligkeit in besonderem Sinne mitgespielt habe. Hienieden ist's unsern Augen meist verborgen, aber nicht immer ohne eigene Schuld, weil wir eben noch so harthörig sind und hartfühlig in dem, worin der liebe Gott uns heimsucht. Unerforschliche Ratschlüsse liegen freilich oft wirklich zu Grund.
Denken wir nur z.B., wie das Sonntagsgesetz sei, das der liebe Gott gegeben hat. Da giebt es aber Leute, die fragen nach, und machen am Sonntag fort wie am Werktag. Nun sterben oft die gesündesten, kräftigsten, tätigsten Menschen, Familienhäupter, von einer Schar von Kindern schnell hinweg. Da ruft alles: „Unbegreiflich, rätselhaft!„ Wer weiß aber, ob's nicht doch begreiflicher wäre, wenn man alles dächte und alles wüßte, was an Ursache vor Gott etwa da liegt. Hätte man etwa eben die Wohltat geschätzt, die Gott mit dem Sonntag geben wollte, wer weiß, ob nicht wäre, wenn man es auch nur natürlich betrachten wollte. So kann's noch anderes geben, das aber nicht beachtet wird, obgleich es Wort Gottes und Vernunft nahe legt. Nichts hat der HErr umsonst gesagt, befohlen und angedeutet. Wahrlich, Er bleibt gerecht und heilig in allen Seinen Wegen und in allen Seinen Werken; wir aber sind ein wenig dumm und einfältig, auch unartig dazu.
Wie werden wir einmal erstaunen, wie gerecht Gott in allen Seinen Wegen und heilig in allen Seinen Werken gewesen ist! Darum muß man, wo Er befiehlt, folgen, wo er rät, nicht widersprechen, wo wir Weisungen von Ihm bekommen, wie sie auch das tägliche Leben giebt, sich belehren lassen. Wollen wir aber mit unsrem Kopf nur so durchfahren, so haben wir's eben zu nehmen, wie's kommt, bis in's Unbegreifliche hinein. Wenn Gott uns etwas zeigt, und lehrt und unterweist oder befiehlt, warum tut Er's? Nicht um hinzuzusetzen. „Es ist aber Einerlei, wie ihr's machet.“ Gewiß nicht so; vielmehr will Er uns vor Schaden bewahren, vor Unglück behüten, ein gutes und gar ein langes Leben bereiten, unser Bestes, unser Heil schaffen für Zeit und Ewigkeit. (Christoph Blumhardt)

145:18 Der HERR ist nahe allen, die ihn anrufen, allen, die ihn mit Ernst anrufen.
Es wird in diesem Psalm die unaussprechliche Größe Gottes, Seine Gewalt, Seine herrliche schöne Pracht, Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit, und Sein ewiges Reich hochgepriesen. Bei solchen Vorstellungen könnte aber ein schwacher Menschenverstand stocken und ungewiß sein, wessen er sich zu dem großen und gewaltigen Gott versehen, und wie er Ihm begegnen solle; darum zieht David Alles wieder in eine faßliche Enge zusammen, indem er sagt: der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen. Bleibe also nicht mit einer Betäubung vor dem großen und herrlichen Gott stehen, begehre auch Seine Größe und Herrlichkeit nicht zu übersehen. Genug ist’s, wenn du einen heilsamen Eindruck zur Furcht Gottes V. 19. davon bekommst. Ruhe Ihn aber an als deinen Gott und HErrn, und als deinen Vater. Rufe Ihn mit Ernst oder in der Wahrheit an, so daß dein Mund und dein Herz, und beide mit dem geoffenbarten Willen Gottes übereinkommen, und dein Vertrauen auf Seine Verheißungen, die in Christo Jesu Ja und Amen sind, gegründet sei. Rufe Ihn an, denn der unaussprechlich große und herrliche Gott ist nahe denen, die Ihn anrufen. Er ist ihnen nahe nach Seiner Allgegenwart, und bedarf also nicht, daß sie laut schreien: Er ist nahe, und weiß also, was sie bitten, und es ist auch ihr Seufzen und stilles Verlangen Ihm nicht verborgen. Er ist aber so nahe, daß sie Sein göttliches Wesen, welches lauter Licht und Liebe ist, fühlen können. In diesem Verstand naht Er sich zu ihnen, wenn sie sich anbetend zu Ihm nahen. Die Anrufung Gottes ist also das gewisseste Mittel, eine Empfindung von dem göttlichen Wesen zu bekommen, und wenn diese Empfindung auch eine Bestrafung und Zermalmung in sich faßt, so ist sie heilsam; wenn sie aber erquicklich ist, so ist sie der Himmel auf der Erde, und ein Vorschmack des ewigen Lebens. Freilich wenn man nur mit seinem Munde zu Gott naht, und mit den Lippen Ihn ehrt, mit dem Herzen aber ferne von Ihm bleibt, so kann sich Gott der Seele nicht als ein wahrer Gott offenbaren, und man lebt gleichsam ohne Gott in der Welt. Die wahrhaftigen Anbeter aber, die Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten, empfinden, daß Gott als ein lebendiger Geist ihnen nahe sei. Die Israeliten empfanden dieses Nahesein Gottes am völligsten im Tempel, wo Gott Seine Wohnung hatte, und gingen deßwegen, um ihrer Schwachheit aufzuhelfen, sehr gern in den Tempel, um darin zu beten: allein David hat seinen Ausspruch nicht an den Tempel, oder die Stiftshütte gebunden, welche ohnehin von Vielen wegen der Entfernung nur selten besucht werden konnten, sondern überhaupt gesagt: der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen. Er hat aber auch V. 19. hinzugesetzt: Er thut, was die Gottesfürchtigen begehren, Er höret ihr Schreien und hilft ihnen. Neben der Erquickung also, die man durch das anbetende Zunahen zu Gott erlangt, hat man auch eine Erhörung des Gebets und eine thätige Hülfe von Ihm zu erwarten. Wer sollte also nicht die Anrufung Gottes und das Bitten für eine höchst schätzbare Uebung des Glaubens, und die Erlaubniß dazu für eine sehr große Wohlthat halten? (Magnus Friedrich Roos)

145:19 Er tut, was die Gottesfürchtigen begehren, und hört ihr Schreien und hilft ihnen.
Sein eigner Geist hat dies Begehren in uns gewirkt, und deshalb wird Er es erfüllen. Es ist sein eignes Leben in uns, was zum Schreien antreibt, und deshalb will Er es hören. Die, welche Ihn fürchten, sind Menschen, die unter dem heiligsten Einfluß stehen, und deshalb ist ihr Begehren, Gott zu verherrlichen und sich Seiner auf ewig zu erfreuen. Gleich Daniel sind sie Männer des Begehrens, und der Herr wird ihre Wünsche verwirklichen.
Heiliges Begehren ist Gnade im Halme, und der himmlische Ackersmann wird desselben pflegen, bis er zur vollen Kornähre wird. Gottesfürchtige Menschen begehren, heilig zu sein, nützlich zu sein, andren zum Segen zu werden und so ihren Herrn zu ehren. Sie begehren das zum Unterhalt Nötige, Hilfe unter Bürden, Leitung in schwierigen Fällen, Befreiung aus Nöten; und zuweilen ist dies Begehren so stark, und ihre Not so dringend, daß sie in Angst aufschreien, wie kleine Kinder in Schmerzen, und dann wirkt der Herr sehr kräftig, und thut alles, was nötig ist, nach diesem Wort - “und hilft ihnen”.
Ja, wenn wir Gott fürchten, haben wir nichts andres zu fürchten; wenn wir zu dem Herrn schreien, ist unsre Errettung gewiß.
Möge der Leser diesen Spruch auf seine Zunge legen und ihn den Tag im Munde behalten, dann wird er ihm wie “Semmel mit Honig” sein. (Charles Haddon Spurgeon)


Es kann kein Christenthum sein ohne Gebet. Was der Odem ist für den Leib, das ist das Gebet für die Seele. Wo der Odem stocket und schwer aus- und eingeht, da steht es schlimm um den Leib, und wo es mit dem Beten nicht mehr gehen will, schlimm um die Seele. Wenn aber der Odem gar stille steht, ist der Leib todt, und wenn ich nimmer bete, dann ist's mit meinem Christenthum aus und vorbei. Das Gebet ist mir der Schlüssel zu Gottes Herzen und die Hand, mit der ich die himmlischen Vorratskammern öffne und allen Reichthum an irdischen und himmlischen Güter n herausnehme. Nicht jedes Gebet aber ist Gott dem Herrn wohlgefällig. „Ihr bittet, und krieget nicht,“ spricht Jakobus, „darum daß ihr übel bittet.“ Der Herr ist nur denen nahe, die ihn mit Ernst anrufen. Mein Gebet muß ernstlich sein. Es muß geschehen in aller Andacht des Herzens, denn Gott höret die Worte des Gebetes nicht, es sei denn, daß sie der Betende zuvor selber gehört hat. Herz und Gedanken müssen bei dem Herrn sein. Also betete Hanna, Samuels Mutter, dort in der Stiftshütte und der Herr hörte. Mein Gebet muß aussteigen aus demüthigem Herzen, denn ich stehe vor des Herrn Thür als ein Bettler und Sünder, der nichts fordern kann, sondern mit dem Zöllner an die Brust schlagen muß, der mit Jacob bekennen muß: Ich bin viel zu geringe aller Barmherzigkeit und Treue, die du, Herr, an deinem Knechte gethan. Ob, wie und wann er mein Bitten erfüllet, ich stelle es ihm anheim. Gläubig und freudig muß ich hintreten vor den Thron des himmlischen Vaters, aus dessen Munde, so ich nach seinem Willen, in Jesu Namen bitte, mir stets ein Amen ertönet. Und verziehet die Erhörung, so heißt es anhalten am Gebet, unablässig anklopfen an die Gnadenthüre, wie das Cananäische Weib that. Das kommt uns sauer an. Ach, unsre Seele ist gleich einem Vogel, dem Blei an die Füße gebunden ist; sie erhebt sich erst wohl im raschen Fluge zu Gott, aber sie vermag sich nicht lange in der Höhe zu erhalten, denn das Gewühl der irdischen Sorgen und Lüste zieht sie bald wieder herab. Und gar oft gleichen wir auch den eigensinnigen Kindern, die lieber trotzen wollen, wenn sie nicht gleich das Erbetene empfangen, als demüthig in ihrer Bitte fortzufahren. Der Herr thut, was die Gottesfürchtigen begehren: im Gebet werden sie Eins mit ihm. Im Gebet nimmt ihr Glaube zu und wächset täglich wie ein Baum, der gepflanzet ist an Wasserbächen. Durch das Gebet kommt der heilige Geist in unsere Herzen und machet Wohnung bei uns, daß wir Gott erkennen, seinen Willen thun, in seinem Reiche bleiben. Durch das Gebet verhüten wir die fleischliche Sicherheit, widerstehen der Anfechtung, vertreiben alles Sorgen und Trauern und erlangen die selige Gewißheit, daß unsre Sachen einen glücklichen Ausgang gewinnen. (Christian Wilhelm Spieker)

145:20 Der HERR behütet alle, die ihn lieben, und wird vertilgen alle Gottlosen.

145:21 Mein Mund soll des HERRN Lob sagen, und alles Fleisch lobe seinen heiligen Namen immer und ewiglich.
Auch der leiblichen Noth der Deinigen nimmst Du Dich an, o Herr Jesu, wie es der 145. Psalm lehrt und besingt. Das war immer Deiner Weise in Deinem Lehramte. Wenn Du einen Elenden vor Dir sahest, so hieß es zuerst: Sei getrost, deine Sünden sind dir vergeben; hernach halfest Du auch seinem leiblichen Elend ab. Damit bestätigtest Du Deine eignen Worte: „Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das Andere alles zufallen.“ So giebst Du denn auch am Kreuze Deiner betrübten Mutter einen andern Sohn an Johannes. Du hättest dies auch nach Deiner Auferstehung bestellen können; das schien aber Deiner Liebe gleichsam zu lange; Du wolltest die gute Maria gern auf der Stelle mit etwas erfreuen, und ihre Treue, daß sie unter Deinem Kreuze stand, gern sogleich vergelten, so gut Du es jetzt konntest. Da sehe ich wohl, daß es damit nicht gethan wäre, wenn ich Tag und Nacht nach irdischen Dingen rennen und laufen wollte; Deine segnende Hand kann mich in einer Stunde reich machen. Du darfst nur sprechen: siehe, das soll dein sein; so ist es mein. Aber ohne Dein Geben und Sprechen will ich auch nichts haben; Du wirst mir das Nöthige zu meiner Pflege nicht versagen. Lehre mich, mein Heiland, besonders auch in der Mittagsstunde, wo Du so liebreich für deine Mutter gesorgt, alle Gaben aus Deiner Hand empfangen und nehmen. Ach, Du einziger Erwerber alles Guten, wie oft hast Du mir schon in der Mittagsstunde den Tisch reichlich gedeckt, nicht nur zur Nothdurft, sondern auch zu meiner Erquickung; aber wie muß ich mich vor Dir schämen, daß ich über dem Essen Deiner so wenig gedenke. O vergieb mir diese Sünde und schenke mir die Gnade, daß ich jedesmal meinen Tisch gleichsam vor Deinem Kreuze decke, und in jedem Bissen, den ich genieße, deine Liebe schmecken möge. Laß mich daher auch deine Gaben mäßig gebrauchen, und nicht den Bauch zum Gott machen, wodurch ich ein Feind Deines gesegneten Kreuzes werden würde. Dein guter Geist lehre mich auch hierin thun nach Deinem Wohlgefallen. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Als Paulus 2 Kor. 11. und 12. sich selbst rühmte, protestirte er etliche Mal, daß er etwas thue, das sonst die Thoren zu thun pflegen, sagte aber, die Korinther haben ihn dazu gezwungen, weil sie ihn nicht als einen ächten Apostel erkennen wollen, und deßwegen in der Versuchung stehen, den Verführern, welche ihnen das von Paulo gepredigte Evangelium verdächtig machen, Gehör zu geben. Er richtete aber auch sein Rühmen so ein, daß seine herzliche Demuth überall herausschimmerte. Er setzt 2 Kor. 10,17.18. voraus, wenn ein Mensch sich rühmen wolle, so müsse er sich des HErrn rühmen, denn darum sei Einer nicht tüchtig, daß er sich selber lobe, sondern daß ihn der HErr lobe. Hernach rühmte er sich vornehmlich seiner Schwachheit, das ist seiner schweren Leiden, die er im Dienst des HErrn ausgestanden habe, und da er einer hohen Offenbarung Meldung gethan hatte, verschweigt er nicht, daß ihm zur Verhütung der Selbsterhebung ein Pfahl in’s Fleisch gegeben worden sei u.s.w. Auf diese Weise dürfte sich ein Christ, wo es zur Ehre Gottes nöthig wäre, ohne Sünde selber rühmen; sonst aber gilt die allgemeine Regel Spr. Sal. 27,2.: laß dich einen Andern loben, und nicht deinen Mund, einen Fremden, und nicht deine eigenen Lippen. Doch ist auch das Lob, das man von andern Menschen bekommt, oder Andern gibt, oft etwas Sündliches, immerdar aber etwas Vergängliches. Man lobt oft die Thorheit, wie David Ps. 49,14. sagt. Man lobt zu viel und zu wenig. Man lobt, was die Nachkommen schelten werden, und schilt, was die Voreltern gelobt hatten. Man lobt, und bald hernach verschwindet das Lob wie der Tadel auf dem Erdboden, und der Gelobte und Getadelte fällt dem höchsten Richter in die Hand, welcher auch den Lober und Tadler richten wird. Aber den HErrn kann man nicht zu viel loben. Mein Lob soll also des HErrn Lob sagen, und alles Fleisch lobe Seinen heiligen Namen immer und ewiglich. Er ist würdig, gelobt zu werden, weil Alles, was gut und vortrefflich ist, ohne Maß in Ihm ist, und alles Gute in den Geschöpfen Sein Werk und Seine Gabe ist. Man soll Ihn loben, weil alle Seine Werke wunderbar, unvergleichlich und untadelich sind. Man soll Ihn wegen der herrlichen schönen Pracht loben, die Er in Seinem Reich zur Bewunderung, aber auch zum Genuß der Geschöpfe, die Ihm dienen, bereitet hat. Man soll Ihn loben wegen Seiner Herablassung zu den Elenden, wegen der Erhörung ihres Gebets, wegen der Hülfe, die Er ihnen widerfahren läßt. Man soll Ihn loben, weil Er ist, was Er ist, und weil Er war und sein wird, was Er ist. Mein Mund soll des HErrn Lob sagen, denn ich bin als ein Geschöpf und als ein erlöster Sünder, dem der HErr schon große Barmherzigkeit erzeigt hat, dazu verpflichtet. Ob ich schon noch nicht in der himmlischen Freude schwebe, und auf Erden von vielem Elend gedrückt werde, so soll mein Mund doch bei der Zufriedenheit über meinem Schicksal, welches mir heilsam und nöthig ist, des HErrn Lob sagen. Gelobet sei der dreieinige Gott ewiglich! (MAgnus Friedrich Roos)

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