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Psalm 119

Psalm 119

119:1 Wohl denen, die ohne Tadel leben, die im Gesetz des HERRN wandeln!

119:2 Wohl denen, die seine Zeugnisse halten, die ihn von ganzem Herzen suchen!

119:3 Denn welche auf seinen Wegen wandeln, die tun kein Übel.

119:4 Du hast geboten, fleißig zu halten deine Befehle.

119:5 Oh daß mein Leben deine Rechte mit ganzem Ernst hielte!

119:6 Wenn ich schaue allein auf deine Gebote, so werde ich nicht zu Schanden.

119:7 Ich danke dir von Herzen, daß du mich lehrst die Rechte deiner Gerechtigkeit.

119:8 Deine Rechte will ich halten; verlaß mich nimmermehr.

119:9 Wie wird ein Jüngling seinen Weg unsträflich gehen? Wenn er sich hält nach deinen Worten.
GEne. viii. spricht Gott also / Das tichten des menschlichen herzen / ist böse von jugent auff. Wie kan man nu dem wehren? Anders nicht / denn wie hie im Psalm stehet / wenn man sich helt nach Gottes wort.
Gottes wort aber ist die gantze heilige Schrifft / die weiset uns auff Jhesum Christu / und saget. In Im / und in keinem andern / ist Heil / ist auch kein ander Name / den Menschen gegeben / darinnen wir sollen selig werden. (Johannes Bugenhagen)


Wer sich in früher Jugend gründlich zu Gott bekehrt und durch die Wiedergeburt ein Gotteskind wird, schwebt nie zwischen Furcht und Hoffnung. Durch den Glauben schon selig geworden, steht ihm die Herrlichkeit in Aussicht. Ein solcher Mensch ist bereit, mag auch der Tod heute oder morgen sein Hüttlein abbrechen. Ist das nicht ein herrlicher Stand? Viele fürchten, an Weltgenuss zu kurz zu kommen, wenn sie sich jetzt schon ganz dem Heiland weihten. Hört, ein Herz, das man mit Trebern zu stillen gewohnt ist, wird sich unersättlich zeigen. Der Sündenleib quält euch um so mehr, je mehr ihr ihm eure Aufmerksamkeit schenkt, ihn pflegt und seinem Begehren willfahrt. Eine gründliche Heilung dieser todbringenden Krankheit ist der zweite Vorteil einer frühen Bekehrung. Die Freude an dem erlangten Heil lebt tief im Herzen, und Gottes Geist ertötet die Sündenlust und Sündenliebe. Die Ertötung der sündlichen Begierde hat wahre Freude im Gefolge. Und die Freude am Herrn wird eure Stärke sein zum völligen Siege im Blick auf euer eigenes Herz, auf Welt und Teufel. Heilig sei die Jugendzeit, weiht sie eurem Gott! rufen euch die Alten zu. Es ist traurig, in seinen jungen Jahren den frechen Grundsatz zu hegen, sich nun erst der Sünde hinzugeben, alle Pfützen, in denen sich andere beschmutzt haben, auch zu durchwaten und erst die „Welt“ recht zu genießen, um dann im Alter den Herrn zu suchen und für eine zukünftige Seligkeit zu sorgen. Wahrlich, ein satanischer Plan! Nur wenn du dich hältst an Gottes Wort, gehst du schon in der Jugend den Weg des Lebens. (Markus Hauser)

119:10 Ich suche dich von ganzem Herzen; laß mich nicht abirren von deinen Geboten.

119:11 Ich behalte dein Wort in meinem Herzen, auf daß ich nicht wieder dich sündige.
Es gibt Zeiten, wo die Einsamkeit uns zuträglicher ist als Gesellschaft, und Schweigen weiser ist als Reden. Wir wären bessere Christen, wenn wir öfter allein wären und auf den Herrn harrten, und durch die Betrachtung seines Wortes geistliche Kräfte zur Arbeit in seinem Dienste sammelten. Wir sollten schon deshalb über die göttlichen Dinge nachdenken, weil wir nur auf diese Weise wahrhafte Nahrung aus ihnen schöpfen können. Die Wahrheit gleicht der Weintraube: wenn wir Wein aus ihr bereiten wollen, so müssen wir sie zerstoßen; wir müssen sie keltern und wiederholt pressen. Des Kelterers Füße müssen kräftig auf die Beeren treten, sonst fließt der Most nicht heraus; sie müssen die Trauben tüchtig zerstampfen, sonst geht viel des köstlichen Getränks verloren. So müssen wir mit forschender Betrachtung die Trauben der Wahrheit treten, wenn wir den Wein des Trostes daraus empfangen wollen. Unser Leib lebt nicht allein davon, daß er Speise in den Mund nimmt, sondern erst durch die Verdauung werden Muskeln und Sehnen, Nerven und Knochen recht gestärkt und gekräftigt. Durch die Verdauung erst wird die äußerliche Nahrung zu einem Erhaltungsmittel des innerlichen Lebens. Unsre Seelen werden nicht bloß dadurch genährt, daß sie eine Zeitlang dies, dann das hören, was auf die göttliche Wahrheit Bezug hat; sondern das Hören und das Lesen, das Aufmerken und das Lernen verlangt eine innere Verarbeitung, damit sich dadurch ihre gesegnete Wirksamkeit in völligem Maße vollziehe; und diese innerliche Verarbeitung der Wahrheit beruht zum größten Teil darauf, daß dieselbe im Herzen bewegt wird. Woher kommt's, daß manche Christen trotz vieler Predigten, die sie hören, so langsame Fortschritte in einem göttlichen Leben machen? Weil sie das Gebet in ihrem Kämmerlein vernachlässigen, und nicht mit Ernst und Eifer sich der Betrachtung des Wortes Gottes hingeben. Sie lieben den Weizen, aber sie reinigen ihn nicht; sie möchten gern das Korn haben, aber sie mögen nicht aufs Feld gehen, um das Korn zu schneiden; die Frucht hängt am Baum, aber sie wollen sie nicht pflücken; das Wasser fließt zu ihren Füßen, aber sie wollen sich nicht bücken, es zu trinken. Von solcher Torheit mache uns frei, o Herr, und unser heutiger Entschluß sei: „Ich behalte Dein Wort in meinem Herzen.“ (Charles Haddon Spurgeon)

119:12 Gelobt seist du, HERR! Lehre mich deine Rechte!

119:13 Ich will mit meinen Lippen erzählen alle Rechte deines Mundes.

119:14 Ich freue mich des Weges deiner Zeugnisse wie über allerlei Reichtum.

119:15 Ich rede von dem, was du befohlen hast, und schaue auf deine Wege.

119:16 Ich habe Lust zu deinen Rechten und vergesse deiner Worte nicht.

119:17 Tue wohl deinem Knecht, daß ich lebe und dein Wort halte.

119:18 Öffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.
Alle Tage, wenn man den Schlaf ans den Augen reibt, sollte man auch um ein Geisteslicht seufzen; denn es ist immer noch viel Blindheit an uns, daß wir nicht genug sehen, was wir sehen sollten und könnten. Vieles sehen wir gar nicht, anderes nur halb, wieder anderes verworren, und nur weniges mit einer genügenden Klarheit. „Die Wunder an Deinem Gesetz,“ sagt David, d.h. an Deiner Offenbarung, an dem, was Du uns kund getan hast. Eine völlige Einsicht wird uns freilich immer gebrechen, weil all unser Wissen nur Stückwerk bleibt. Aber vieles könnten wir besser wissen, wenn wir mehr Verlangen danach hätten. So sehen die meisten nur das Oberflächlichste, und bleiben viel zu ungeschickt, um in die Tiefen hineinzublicken, nur auch, so weit diese ihnen offen stünden. Auch das Gesetz, im eigentlichen Sinne genommen, hat seine Tiefen, die verborgen bleiben, weswegen ein feines Gewissen gar selten angetroffen wird. Mangel an Einsicht in Gesetz und Evangelium ist auch Ursache, daß vieler Gang so unsicher ist, ihr Wesen nur ein halbes Wesen, ihre ganze Art, nicht wie sie seyn sollte. Da dürfte man doch wohl fleißiger mit David beten: „Öffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder an Deinem Gesetz.“ Denn wenn es uns nur auch in den Sinn kommt, um Erleuchtung der Augen wirklich zu beten, so meine ich, dürften wir schon eine Wirkung des erleuchtenden Geistes bei uns verspüren.
Dagegen bei vielen hats den Anschein, als meinten sie alles zu wissen, alles zu durchschauen; und diese bleiben in einer erlahmenden ungemütlichen Gleichförmigkeit stehen, bei welcher auch das Licht, das sie haben, nicht als Licht wirken kann. Sie haben ja kein Verlangen, weiter zu vernehmen, tiefer zu schauen, wollen mit dem, was sie einmal haben, in allem durchkommen und alles fertig bringen, sind auch wohl selbstgefällig darin, als ob sie sehend und andere Leute blind wären; und bei all dem wird ihr Wesen langweilig und unerbaulich, andern mehr lästig, als förderlich, weil diese nicht viel an ihnen haben können. Widrig können sie sogar werden, wenn sie immer nur das Wort führen wollen, und nur gleich widersprechen, wenn's ein wenig anders klingt, als sie's gewohnt sind. Wohl mögen sie oft viel Worterkenntnis besitzen; aber was hilft dieses ohne helle Augen, wenn sie des Wortes Kraft nicht sehen? Da kann einer mit wenigerem Wissen oft hellere Augen haben, als ein Anderer, der, ob er auch die ganze Bibel, wie man sagt, kennt, doch noch blind ist.
Zu der Bitte freilich: „HErr, öffne mir die Augen,„ gehört Demuth, und Gefühl eigener Schwachheit, Untüchtigkeit und Unwissenheit; und solches kommt vielen leicht abhanden, wenn sie einmal in ihrem Christentum sich fühlen gelernt haben. Wie weit war doch David? und doch bittet er: „HErr, öffne mir die Augen.“ Wird er umsonst gebetet haben? Ach, wären wir nur nach Verhältnis sehend, wie er's um seines demütigen Bittens willen geworden ist. (Christoph Blumhardt)


Wenn in dem Psalter von dem Gesetz des HErrn die Rede ist, so ist das ganze geoffenbarte und geschriebene Wort Gottes, oder die Bibel, wie man sie damals hatte, gemeint. Die Bibel als das göttliche Lehrbuch enthält Wunder, welche zu sehen Augen nöthig sind, die Gott öffnet. Ist es nicht etwas Wunderbares und Geheimnißreiches, daß schon in den ersten Büchern der Bibel von Gott als dem Einigen geredet wird, und daß doch schon 1 Mos. 1. gesagt wird: lasset Uns Menschen machen, ein Bild das Uns gleich sei, als ob es Mehrere wären, die dieses sagten, und daß zuweilen ein Engel des HErrn erschien, der als Gott bei sich selbst schwur, und als Gott redete, und daß auch des Geistes Gottes besonders Meldung geschieht? Ist nicht die Schöpfung etwas Wunderbares und Unbegreifliches, und nach der Schöpfung die Zulassung des Sündenfalles und so vieles Bösen, das Gott mit Gewalt hätte hindern können? Wie geheimnißvoll waren die Verheißungen, daß des Weibes Samen der Schlange den Kopf zertreten, und daß durch den Samen Abrahams alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen, und daß dem Helden (Schiloh), der von Juda entspringen sollte, alle Völker anhangen werden! Was hat ein Verständiger über die Opfer für Betrachtungen anstellen können, als welche ein unvernünftiger Gottesdienst gewesen wären, wenn sie keine vorbildliche Bedeutung gehabt hätten? Gott hat nach der Anzeige der heiligen Schrift gerechte Leute immer gesegnet, geliebt und gepriesen, aber auch oft in die Hände der Gottlosen übergeben, wie schon an Abel zu sehen war. Er hat hingegen Gottlose mit vieler Langmuth getragen, zuletzt schon einige in dieser Welt scharf gestraft, andere aber im Glück sterben lassen. Er hat den Menschen Vieles geboten, verheißen und gedroht, das sich vorher kein Mensch hätte in den Sinn kommen lassen. Er hat die Gerechten in tiefe Nöthen gerathen lassen, und ihnen wieder wunderlich geholfen. Sind dieses nicht Wunder im Gesetz oder Lehrbuch Gottes, wie es schon zu Davids Zeiten vorhanden war? Wer will aber den wunderbaren Rath Gottes ergründen oder genug preisen, nach welchem das wesentliche Wort, da die Zeit erfüllet ward, Fleisch geworden ist, und die Erlösung des menschlichen Geschlechts am Kreuz vollbracht hat? Hier erschien eine göttliche Thorheit, die doch weiser war als die Menschen sind, und eine göttliche Schwachheit, die doch stärker war als die Menschen sind. Welche Wunder leuchten aus der Pflanzung und Erhaltung der christlichen Kirche heraus, die in den Geschichten der Apostel und in der Offenbarung Johannis beschrieben sind? Nun möchte man denken: alle diese Wunder oder Geheimnisse sind schon lange von den Schriftauslegern gezeigt, und erklärt worden, daß ein Jeder sie verstehen kann. Warum bat aber David, welcher die Bibel in seiner Muttersprache leichter als wir lesen konnte, den HErrn: öffne mit die Augen, daß ich sehe die Wunder in Deinem Gesetz? Ach dieses Sehen ist nicht Jedermanns Ding, nämlich das Sehen mit Gewißheit und mit einem tiefen Eindruck, oder das Sehen, welches Bewunderung, Furcht Gottes, Lob Gottes, und Vertrauen auf Gott nach sich zieht. Die Menschen fahren über die wichtigsten Zeugnisse der heiligen Schrift mit ihren blinden Augen hinüber. Blinde Gelehrte arbeiten in der Bibel wie in einem Bergwerk, um mit der Wahrheit ihren eigenen Ruhm herauszugraben. Wem aber Gott die Augen des Verständnisses durch Seinen Geist öffnet, der siehet Wunder in der Bibel, und demüthiget sich dabei mit seinem Verstand und Willen, betet den hohen und erhabenen Gott an, und wird weise zur Seligkeit. (Magnus Friedrich Roos)


Das solt du wissen, daß die Heil. Schrifft ein Buch ist, das aller anderer Bücher Weißheit zur Narrheit macht: weil keines vom ewigen Leben lehret ohne dis allein. Darum solt du an deinem Sinn und Verstande stracks verzagen, dagegen niederknien, und mit rechter demuth und Ernst zu GOtt beten, daß er dir durch seinen lieben Sohn wolle seinen Heiligen Geist geben, der dich erleuchte, leite, und Verstand gebe. Zum andern ließ mit fleißigem Aufmercken und Nachdencken, was der Heilige Geist damit meynet, und hüte dich, daß du nicht überdrüßig werdest, oder denckest, du habest ein einmahl oder zwey gnug gelesen, gehöret, gesaget, und verstehest es alles zu Grund. Denn da wird kein sonderlicher Theologus (Christ) nimmermehr aus, und sind wie das unzeitige Obst, das abfället, ehe es halb reiff wird. Zum dritten ist Anfechtung der rechte Prüfe-Stein, die lehret dich nicht allein wissen, und verstehen, sondern auch erfahren, wie recht, wie wahrhafftig, wie süsse, wie lieblich, wie mächtig, wie tröstlich GOttes Wort sey, Weißheit über alle Weißheit. (Martin Luther)

119:19 Ich bin ein Gast auf Erden; verbirg deine Gebote nicht vor mir.

119:20 Meine Seele ist zermalmt vor Verlangen nach deinen Rechten allezeit.

119:21 Du schiltst die Stolzen; verflucht sind, die von deinen Geboten abirren.

119:22 Wende von mir Schmach und Verachtung; denn ich halte deine Zeugnisse.

119:23 Es sitzen auch die Fürsten und reden wider mich; aber dein Knecht redet von deinen Rechten.

119:24 Ich habe Lust zu deinen Zeugnissen; die sind meine Ratsleute.

119:25 Meine Seele liegt im Staube; erquicke mich nach deinem Wort.

119:26 Ich erzähle meine Wege, und du erhörst mich; lehre mich deine Rechte.

119:27 Unterweise mich den Weg deiner Befehle, so will ich reden von deinen Wundern.

119:28 Ich gräme mich, daß mir das Herz verschmachtet; stärke mich nach deinem Wort.

119:29 Wende von mir den falschen Weg und gönne mir dein Gesetz.

119:30 Ich habe den Weg der Wahrheit erwählt; deine Rechte habe ich vor mich gestellt.

119:31 Ich hange an deinen Zeugnissen; HERR, laß mich nicht zu Schanden werden!

119:32 Wenn du mein Herz tröstest, so laufe ich den Weg deiner Gebote.

119:33 Zeige mir, HERR, den Weg deiner Rechte, daß ich sie bewahre bis ans Ende.

119:34 Unterweise mich, daß ich bewahre dein Gesetz und halte es von ganzem Herzen.

119:35 Führe mich auf dem Steige deiner Gebote; denn ich habe Lust dazu.

119:36 Neige mein Herz zu deinen Zeugnissen, und nicht zum Geiz.

119:37 Wende meine Augen ab, daß sie nicht sehen nach unnützer Lehre; sondern erquicke mich auf deinem Wege.
Es gibt der Eitelkeiten gar vielerlei. Die Narrenkappe und das Glöcklein der Toren, die Luft dieser Welt, der Jubel und der Taumelbecher des Leichtsinns; von alledem weiß die Welt wohl, daß es eitel ist; Sie alle tragen an ihrer Stirn ihren Namen und Titel geschrieben. Weit schädlicher sind aber noch andre eitle Dinge: die Sorgen dieser Welt und der Betrug des Reichtums. Ein Mensch kann in seiner Geschäftsstube gerade ebenso der Eitelkeit und Torheit nachjagen, wie im Theater. Wenn er sein Leben lang darauf hin arbeitet, Schätze zu sammeln, so bringt er seine Tage mit eitlem Tun und Trachten zu. Sobald wir nicht Christo nachfolgen und unsern Gott zum großen Hauptziel unsres Lebens machen, so unterscheiden wir uns kaum nach dem äußern Anschein von den leichtsinnigsten Menschen. „Erquicke mich auf Deinem Wege.“ Der Psalmist bekennt, daß er matt, müde, stumpf und zum Sterben elend ist. Vielleicht fühlst du etwas ganz Ähnliches, liebe Seele. Wir sind so träge, daß die besten Aufmunterungen uns nicht beleben, wenn sie nicht vom Herrn selber kommen. Wie, kann mich die Hölle nicht aufrütteln? Soll ich der Sünden gedenken, die ins Verderben stürzen, und mich nicht aufraffen? Kann mich der Gedanke an den Himmel nicht erquicken? Kann ich beim Hinblick auf den Lohn, der dem Gerechten verheißen ist, noch kalt bleiben? Erschüttert mich der Tod nicht? Kann ich ans Sterben denken und an den Richterstuhl meines Gottes und immer noch träge bleiben in meines Meisters Dienst? Wird mich nicht die Liebe Christi überwinden? Kann ich seiner teuren Wunden gedenken, kann ich unter seinem Kreuze knien, und nicht aufgestachelt werden zum Ernst und zum Eifer? Es scheint so! Keine bloße Betrachtung vermag uns zur Tatkraft anzuregen, sondern Gott selbst muß es tun, und darum der Ausruf: „Erquicke Du mich!“ Der Psalmist haucht seine ganze Seele aus in sein inbrünstiges Flehen; Leib und Seele vereinigen sich, bei ihm zum Gebet. „Wende meine Augen ab,“ ruft der Leib; „erquicke Du mich,“ ruft die Seele. Das ist ein rechtes Gebet für alle Tage. O Herr, erhöre dieses Gebet heute abend auch an mir! (Charles Haddon Spurgeon)

119:38 Laß deinen Knecht dein Gebot fest für dein Wort halten, daß ich mich nicht fürchte.

119:39 Wende von mir die Schmach, die ich scheue; denn deine Rechte sind lieblich.

119:40 Siehe, ich begehre deiner Befehle; erquicke mich mit deiner Gerechtigkeit.

119:41 HERR, laß mir deine Gnade widerfahren, deine Hilfe nach deinem Wort,

119:42 daß ich antworten möge meinem Lästerer; denn ich verlasse mich auf dein Wort.

119:43 Und nimm ja nicht von meinem Munde das Wort der Wahrheit; denn ich hoffe auf deine Rechte.

119:44 Ich will dein Gesetz halten allewege, immer und ewiglich.

119:45 Und ich wandle fröhlich; denn ich suche deine Befehle.

119:46 Ich rede von deinen Zeugnissen vor Königen und schäme mich nicht

119:47 und habe Lust an deinen Geboten, und sie sind mir lieb,

119:48 und hebe meine Hände auf zu deinen Geboten, die mir lieb sind, und rede von deinen Rechten.

119:49 Gedenke deinem Knechte an dein Wort, auf welches du mich lässest hoffen.
Was für ein besonderes Anliegen du auch haben magst, so findest du stets leicht irgend eine darauf bezügliche Verheißung im Worte Gottes. Bist du matt und schwach, weil dein Pfad rauh und ermüdend ist? Dann hast du hier eine Verheißung: „Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden.“ Wenn du eine solche Verheißung antriffst, so bringe sie zum großen Verheißer und bitte Ihn, daß Er sein Wort an dir erfüllen wolle. Suchst du Christum und schmachtest du nach innigerem Umgang mit Ihm? Da leuchtet dir wie ein Stern die Verheißung entgegen: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.“ Bringe diese Verheißung immer wieder vor den Thron; wende dich nirgends anders hin, bringe auch nichts andres vor, sondern tritt fort und fort zu Gott und berufe dich darauf: „Herr, Du hast's versprochen; tue, wie Du gesagt hast.“ Bist du traurig und niedergeschlagen über deine Sünden, und gehst du mühselig einher unter der Last deiner Missetaten? Dann höre die Worte: „Ich, ich tilge deine Übertretung um meinetwillen, und gedenke deiner Sünden nicht.“ Du kannst dich auf kein eignes Verdienst berufen, um Anspruch auf Vergebung zu erheben, sondern du mußt dich an seine geschriebenen Verheißungen halten, so wird Er sie erfüllen. Befürchtest du, du möchtest nicht bis ans Ende beharren, und möchtest am Ende verworfen werden, obgleich du geglaubt hast, ein Kind Gottes zu sein? Ist dem also, so bringe dies Gnadenwort vor den Thron und lasse es für dich reden: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen; aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“ Hast du das liebliche Gefühl der Gegenwart deines Heilandes verloren, und suchst du Ihn mit bekümmertem Herzen, so denke an die Verheißung: „Bekehrt euch nun zu mir, so will ich mich zu euch kehren;“ „Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln.“ Laß deinen Glauben am Tische des Wortes Gottes Festmahlzeit halten, und was du auch immer fürchten oder begehren magst, so wende dich mit deines Vaters Handschrift an die Bank des Glaubens, und sprich: „Gedenke Deinem Knechte an Dein Wort, auf welches Du mich lässest hoffen.“ (Charles Haddon Spurgeon)

119:50 Das ist mein Trost in meinem Elend; denn dein Wort erquickt mich.

119:51 Die Stolzen haben ihren Spott an mir; dennoch weiche ich nicht von deinem Gesetz.

119:52 HERR, wenn ich gedenke, wie du von der Welt her gerichtet hast, so werde ich getröstet.

119:53 Ich bin entbrannt über die Gottlosen, die dein Gesetz verlassen.
Meine Seele, fühlst auch du diesen heiligen Schauder über die Sünden andrer? Denn sonst fehlt es dir an innerer Heiligung. Über Davids Wangen rannen Ströme von Tränen ob der überhandnehmenden Gottlosigkeit; Jeremia wünschte, daß seine Augen Tränenquellen wären, daß er Tag und Nacht beweinen möchte die Missetaten seines Volkes, und Lot trauerte über den Wandel der Leute zu Sodom. Jene, die im Gesichte Hesekiels an ihren Stirnen mit einem Zeichen gezeichnet wurden, waren die, die da seufzten und jammerten über alle Greuel zu Jerusalem. Es kann begnadigte Seelen nur betrüben, wenn sie sehen, wieviel Mühe sich die Menschen geben, um in die Hölle zu kommen. Sie kennen den Schaden der Sünde aus Erfahrung und erschrecken, wenn sie andre gleich Motten in die Flamme fliegen sehen. Die Sünde jagt den Gerechten Entsetzen ein, weil sie das heilige Gesetz verletzt, das zu halten jedes Menschen höchste Pflicht und höchster Vorteil ist; sie stürzt die Pfeiler des Gesamtwohls. Die Sünde andrer flößt einem Gläubigen Entsetzen ein, weil sie ihn an die Bosheit des eignen Herzens erinnert; wenn er einen Übertreter erblickt, ruft er aus: „Heute fiel dieser, werde ich vielleicht morgen fallen?“ Die Sünde ist einem Gläubigen etwas Furchtbares, weil sie den Heiland kreuzigte; er erblickt in jedem Unrecht die Kreuzesnägel und den Speer. Wie kann eine errettete Seele die entsetzliche heilandsmörderische Sünde ohne Schauder gewahr werden? Sage, meine Seele, stimmst du in allem hiermit überein? Es ist etwas Furchtbares, Gott ins Angesicht zu schmähen. Der liebe Gott verdient eine bessere Behandlung, der große Gott verlangt sie, der gerechte Gott begehrt sie, sonst bezahlt Er dem Sünder die Schmach auf den Kopf. Eine erweckte Seele zittert über die Frechheit der Sünde und entsetzt sich ob ihrer Strafe. Wie ist doch die Empörung etwas so Unnatürliches! Welche furchtbare Verdammnis wartet auf die Gottlosen! Meine Seele, lache nie über Sündentorheiten, sonst fängst du an, Wohlgefallen an ihnen zu finden. Sie ist dein Feind und deines Herrn Feind, betrachte sie mit Abscheu, denn nur so kannst du beweisen, daß du der Heiligung nachjagst, ohne welche wird niemand den Herrn sehen. (Charles Haddon Spurgeon)

119:54 Deine Rechte sind mein Lied in dem Hause meiner Wallfahrt.
David oder ein anderer Prophet, welcher den 119. Psalm geschrieben hat, sahe das göttliche Wort, welches er in diesem Psalmen hoch rühmte, auf verschiedenen Seiten an, und gab ihm deßwegen verschiedene Namen. Er nannte es oft geradezu das Wort oder die Rede Gottes, da er denn Gott sich als den unendlichen Geist vorstellte, welcher Sich durch Reden zu den Menschen herabgelassen und ihnen Vieles geoffenbaret hat. Er redet auch von den Zeugnissen Gottes, und erinnerte sich bei diesem Wort, daß der wahrhaftige Gott von dem, was ist, und war, und gewesen ist, und von demjenigen, was geschiehet, geschehen war, und geschehen sollte, in Seinem Wort gezeuget habe. er gedenkt auch der Gebote Gottes, und stellte sich dabei Gott als einen gebietenden HErrn vor, ingleichen des Gesetzes oder der Lehre Gottes, da denn Gott als der treueste Lehrer der Menschen gepriesen wird. Er redet auch von den Befehlen oder Heimsuchungsgeboten Gottes, und scheint durch diesen Namen diejenigen Verordnungen, Tröstungen und Drohungen Gottes anzudeuten, welche nicht allgemein lauten, sondern in der Anwendung auf besondere Fälle und Personen, da Gott gleichsam eine besondere Visitation anstellte, ausgesprochen worden, übrigens aber bei einer weisen Anwendung von einem allgemeinen Nutzen sind. Er redet ferner von den Gerichten oder gerichtlichen Aussprüchen Gottes, worin Gott als Richter über die Menschen ein gnädiges oder strenges Urtheil gefällt, und ihre Werke gelobt oder gescholten hat. Endlich thut er auch der Rechte oder Satzungen Gottes Meldung, wodurch der ewige und unveränderliche Gott gewisse Säulen und Grundfesten hingestellt hat, welche kein Widerspruch und keine Gewalt umstoßen kann. Von diesen Rechten nun sagt er V. 54., sie seien sein Lied in seinem Hause. Der Prophet stellt sich also als einen Hausvater vor, und sagt, daß in seinem Haus von den Rechten Gottes Vieles gesungen, und geredet werde: und so soll es in einem jeden Hause hergehen. Nicht der blinde Eigensinn des Hausvaters oder der Hausmutter, auch nicht der störrige Sinn der Kinder und Ehehalten, sondern die unbeweglichen Grundsätze, die Gott festgestellt und ausgesprochen hat, sollen das Haus regieren. Auch soll ein Haus, das dem HErrn geheiligt ist, nicht nach den Sitten der eitlen Welt, und nach den Aussprüchen derer, die der böse Geist treibt, eingerichtet sein. Die göttlichen Grundsätze sollen darin gelten, von denselben soll man, anstatt fauler Geschwätze oder Zänkereien, singen und sagen, aus denselben sollen alle Hausgenossen ihre Weisheit schöpfen. Auch sollen dieselben für Alle bei den täglichen Beschwerden die Trostquelle sein. Wohl dem Hause, in dem es also hergeht! In demselben mangelt es an Ordnung, Liebe, Zucht, Heiterkeit und Segen nicht. Soll es aber in einem Hause also hergehen, so muß insonderheit der Hausvater wie David gesinnt sein, der Ps. 101., nachdem er V. 2. gesagt hatte: ich handle vorsichtig und redlich bei denen, die mir zugehören, und wandle treulich in meinem Hause, V. 6.7. hinzusetzt: meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, daß sie bei mir wohnen, und habe gern fromme Diener. Falsche Leute habe ich nicht in meinem Hause, die Lügner gedeihen nicht bei mir.(Magnus Friedrich Roos)

119:55 HERR, ich gedenke des Nachts an deinen Namen und halte dein Gesetz.

119:56 Das ist mein Schatz, daß ich deine Befehle halte.

119:57 Ich habe gesagt: „HERR, das soll mein Erbe sein, daß ich deine Worte halte.“

119:58 Ich flehe vor deinem Angesicht von ganzem Herzen; sei mir gnädig nach deinem Wort.

119:59 Ich betrachte meine Wege und kehre meine Füße zu deinen Zeugnissen.

119:60 Ich eile und säume mich nicht, zu halten deine Gebote.

119:61 Der Gottlosen Rotte beraubt mich; aber ich vergesse deines Gesetzes nicht.

119:62 Zur Mitternacht stehe ich auf, dir zu danken für die Rechte deiner Gerechtigkeit.
In stillen und schlaflosen Nachtstunden kann Vieles zwischen Gott und der Seele vorgehen. Zur Tageszeit soll der Wandel vor Gott, die Anbetung Gottes, und das Anhangen an Ihn und die Ausrichtung Seines Willens beobachtet werden: doch ist der Mensch dabei auch mit irdischen Dingen beschäftigt, und dem Umgang mit Menschen ausgesetzt, welcher ihm oft zur Versuchung wird. Aber in den stillen Nachtstunden ist der Mensch in dem zugeschlossenen Kämmerlein, worin er zu seinem Vater verborgener Weise beten, und Seine Wirkungen in der Seele ungestört empfahen kann. Hier kann ihn der Heilige Geist bestrafen, trösten, lehren, tiefer und höher führen, und ihn entweder zu dem Dienst, den er Gott ferner leisten soll, auf’s Neue gürten, oder zu seinem nahen Ende zubereiten. Hier kann aber auch der Mensch Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für Gott bringen, wenn er vom Geist Gottes dazu erweckt ist. Der HErr Jesus blieb auf einem Berg im Gebet zu Gott über Nacht. Zur Nachtzeit wurde Er verklärt. Zur Nachtzeit kämpfte Er am Oelberg. Diejenigen insonderheit sollen die Nachtstunden zum Heil ihrer Seele wohl benutzen, welche wegen ihres äußerlichen Standes unruhige Tage haben. David sagte zu Gott, Ps. 119,62.: zu Mitternacht stehe ich auf, Dir zu danken für die Rechte Deiner Gerechtigkeit. Es war ihm also nicht genug, auf seinem Lager zu wachen, sondern er stand auch auf. Und was that er alsdann? Er dankte Gott für die Rechte Seiner Gerechtigkeit. Er dachte hiebei an die Rechtssprüche, die in der Bibel stehen, worin Gott nach Seiner wesentlichen Gerechtigkeit das Böse verbietet, und das Gute gebietet; und diese richterlichen Aussprüche waren ihm so gar nicht verhaßt, daß er vielmehr Gott dafür dankte; denn er konnte V. 102. sagen: ich weiche nicht von Deinen Rechten, denn Du lehrest mich, und V. 106.: ich schwäre, und will’s halten, daß ich die Rechte Deiner Gerechtigkeit halten will. Er dachte überdieß daran, wie Gott selber die Rechte Seiner Gerechtigkeit oft in die Erfüllung gebracht, und sagte deßwegen mit einer Danksagung gegen Gott: wenn ich bedenke, wie Du von Anbeginn an gerichtet hast, so werde ich getröstet. Wir, die wir zur Zeit des Neuen Testaments leben, sollen Gott insonderheit für die Rechte Seiner Gerechtigkeit danken, die Er in Christo geoffenbart und thätlich erwiesen hat; denn Er hat Ihn zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit in Seinem Blut vorgestellt, daß Er durch den Glauben als ein Gnadenstuhl erkannt würde, auf daß Er allein gerecht sei, und gerecht mache den, der da ist des Glaubens an Jesum, Röm. 3,25.26. Christus hat auch als Mittler alle Rechte der Gerechtigkeit für uns erfüllt, damit wir durch Ihn gerecht würden, und durch Ihn als Gerechte einen Zugang zu Gott haben möchten. Dafür hat man denn Gott insonderheit zu danken; und sich dessen im Glauben zu trösten, und dazu wolle der liebe Heiland um Seiner heiligen Nächte willen unsre Nachtstunden segnen. Wer aber freilich die Sonne mit einem unversöhnlichen Herzen hat untergehen lassen, oder mit einem Gemüth, das mit Sorgen oder bösen Lüsten angefüllt ist, zu Bett geht, oder wohl gar auf seinem Lager nach Schaden zu trachten pflegt, ist dazu nicht tüchtig. Der Geist der Gnaden und des Gebets wohne und wirke in uns bei Tag und bei Nacht, und mache uns tüchtig, in die Stadt zu kommen, wo keine Nacht mehr sein wird. (Magnus Friedrich Roos)

119:63 Ich halte mich zu denen, die dich fürchten und deine Befehle halten.

119:64 HERR, die Erde ist voll deiner Güte; lehre mich deine Rechte.

119:65 Du tust Gutes deinem Knechte, HERR, nach deinem Wort.

119:66 Lehre mich heilsame Sitten und Erkenntnis; den ich glaube deinen Geboten.

119:67 Ehe ich gedemütigt ward, irrte ich; nun aber halte ich dein Wort.

119:68 Du bist gütig und freundlich; lehre mich deine Rechte.

119:69 Die Stolzen erdichten Lügen über mich; ich aber halte von ganzem Herzen deine Befehle.

119:70 Ihr Herz ist dick wie Schmer; ich aber habe Lust an deinem Gesetz.

119:71 Es ist mir lieb, daß du mich gedemütigt hast, daß ich deine Rechte lerne.

119:72 Das Gesetz deines Mundes ist mir lieber denn viel tausend Stück Gold und Silber.

119:73 Deine Hand hat mich gemacht und bereitet; unterweise mich, daß ich deine Gebote lerne.

119:74 Die dich fürchten, sehen mich und freuen sich; denn ich hoffe auf dein Wort.

119:75 HERR, ich weiß, daß deine Gerichte recht sind; du hast mich treulich gedemütigt.

119:76 Deine Gnade müsse mein Trost sein, wie du deinem Knecht zugesagt hast.

119:77 Laß mir deine Barmherzigkeit widerfahren, daß ich lebe; denn ich habe Lust zu deinem Gesetz.

119:78 Ach daß die Stolzen müßten zu Schanden werden, die mich mit Lügen niederdrücken! ich aber rede von deinen Befehlen.

119:79 Ach daß sich müßten zu mir halten, die dich fürchten und deine Zeugnisse kennen!

119:80 Mein Herz bleibe rechtschaffen in deinen Rechten, daß ich nicht zu Schanden werde.
Wir können dies von Gott eingegebenen Gebet betrachten als eins, daß die Zusicherung enthält, daß die, welche sich fest an das Wort Gottes halten, niemals Ursache haben sollen, sich dessen zu schämen.
Seht, dies ist ein Gebet um Gesundheit des Herzens. Ein gesundes Glaubensgebet ist gut, ein gesundes Urteil darüber ist besser, aber ein in der Wahrheit gesundes Herz ist das beste von allen. Wir müssen die Wahrheit lieben, die Wahrheit fühlen und der Wahrheit gehorchen, sonst sind wir nicht wahrhaft gesund in den Rechten Gottes. Gibt es viele in diesen bösen Tagen, die gesund sind? O, daß der Schreiber und der Leser zwei von dieser Art sein möchten!
Viele werden sich am letzten großen Tag schämen, wenn alle Streitigkeiten entschieden werden. Dann werden sie die Torheit ihrer Erfindungen sehen und voll Reue sein über ihren stolzen Unglauben und eigensinnigen Trotz gegen den Herrn; aber der, welcher glaubte, was der Herr lehrte, und tat, was der Herr gebot, wird gerechtfertigt dastehen in dem, was er getan. „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne.“ Viel verleumdete und geschimpfte Männer werden an jenem Tage ihre Schmach in Herrlichkeit verwandelt sehen.
Laßt uns das Gebet unsres Textes beten, so können wir gewiß sein, daß seine Verheißung an uns erfüllt werden wird. Wenn der Herr uns gesund macht, wird Er uns sicher behüten. (Charles Haddon Spurgeon)

119:81 Meine Seele verlangt nach deinem Heil; ich hoffe auf dein Wort.

119:82 Meine Augen sehnen sich nach deinem Wort und sagen: Wann tröstest du mich?

119:83 Denn ich bin wie ein Schlauch im Rauch; deiner Rechte vergesse ich nicht.1)

119:84 Wie lange soll dein Knecht warten? Wann willst du Gericht halten über meine Verfolger?

119:85 Die Stolzen graben ihre Gruben, sie, die nicht sind nach deinem Gesetz.

119:86 Deine Gebote sind eitel Wahrheit. Sie verfolgen mich mit Lügen; hilf mir.

119:87 Sie haben mich schier umgebracht auf Erden; ich aber lasse deine Befehle nicht.

119:88 Erquicke mich durch deine Gnade, daß ich halte die Zeugnisse deines Mundes.

119:89 HERR, dein Wort bleibt ewiglich, soweit der Himmel ist;

119:90 deine Wahrheit währet für und für. Du hast die Erde zugerichtet, und sie bleibt stehen.

119:91 Es bleibt täglich nach deinem Wort; denn es muß dir alles dienen.

119:92 Wo dein Gesetz nicht mein Trost gewesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elend.

119:93 Ich will deine Befehle nimmermehr vergessen; denn du erqickest mich damit.

119:94 Ich bin dein, hilf mir! denn ich suche deine Befehle.
So betete David, oder ein anderer Prophet, der diesen Psalm geschrieben hat, und so darf ich auch beten. Ich bin Dein, HErr mein Gott, weil Du mich erschaffen hast, und ich ein Werk Deiner Hände bin. ich bitte also mit der Ansprache, die ein Geschöpf an seinen Schöpfer machen darf: hilf mir, Deinem armen, dürftigen, gebrechlichen Geschöpf. Ich bin Dein, HErr Jesu, denn Du hast mich theuer erkauft, Du hast mich mit Deinem Blut erkauft, nun bin ich nicht einmal mein selbst. Das Recht, das ich über mich zu haben meinte, ist dein und in Deinen Händen, ich trete es auch Dir williglich ab, ich stelle mein ewiges Schicksal als Dein Leibeigener in deine Hände: aber nun hilf mir als dem Deinigen, sorge für mich, schütze mich, leite mich, und labe mich Elenden mit Deinen Gütern, ohne die mich ein ewiger Mangel quälte. Ich bin Dein, weil ich auf Deinen Namen, o Dreieiniger Gott, getauft, und von Dir hernach auch durch Dein Wort berufen worden bin, um Dein Kind und Knecht zu sein. Du hast mir auch in Deinem Wort theure Verheißungen gegeben, und diese Verheißungen mir durch die Taufe und hernach durch die Gnade des Beruf zugeeignet: nun hilf mir, wie Du verheißen hast, hilf mir, denn ich suche Deine Befehle, und indem ich sie zu verstehen und zu halten trachte, so hoffe ich, Du werdest auch die Verheißung Deiner mannigfaltigen Hülfe, deren ich sehr bedürftig bin, und welche an Deine Befehle überall angeheftet ist, an mir erfüllen, und mich auf den Weg des schwachen aber willigen Gehorsams nicht zu Schanden werden und verderben lassen. Ich bin Dein; weil ich aber aus sündlichem Samen gezeuget bin, und eine sündliche Eigenliebe und allerhand Unreinigkeit in mir habe, so lässest Du mich oft einen geistlichen und leiblichen Mangel fühlen, Du wirfst mich nach dem Recht, das Du über mich hast, oft in einen Ofen des Elend hinein, Du gehest wunderlich mit mir um, daß mir oft um Trost und Hülfe bange wird, aber hilf mir, o mein Gott weil ich Dein bin. Du bist allein mein Trost und mein Nothhelfer, zu Dir habe ich Zuflucht. Ich begehre kein Fleisch für meinen Arm zu halten, und finde auch kein Leben und keine Hülfe in meiner eigenen Hand, Du aber, HErr, hilf mir von Tag zu Tag nach dem Bedürfniß meiner Seele und meines Leibes; errette mich aus allen Nöthen, bewahre mich vor dem Argen, sende Dein Licht und Deine Wahrheit, daß sie mich leiten. Hilf mir, himmlischer Vater, durch Deinen eingebornen Sohn, den Du als einen Helden aufgestellt hast, der helfen soll, Ps. 89,20., und der Jesus, Heiland, Seligmacher oder Helfer heißt. Hilf mir durch Ihn und um Seinetwillen auch von demjenigen Uebel, welches die Verdammniß nach sich ziehet, nämlich von der Sünde, weil Er darum in die Welt gesandt worden ist, daß Er Sein Volk selig mache von ihren Sünden. Hilf mir bis an’s Ende, und endlich erlöse mich aus allem Uebel und hilf mir aus zu Deinem himmlischen Reich. Dieses Alles thue, o himmlischer Vater, um Deines Sohnes Jesu Christi willen! (Magnus Friedrich Roos)

119:95 Die Gottlosen lauern auf mich, daß sie mich umbringen; ich aber merke auf deine Zeugnisse.

119:96 Ich habe alles Dinges ein Ende gesehen; aber dein Gebot währet.

119:97 Wie habe ich dein Gesetz so lieb! Täglich rede ich davon.

119:98 Du machst mich mit deinem Gebot weiser, als meine Feinde sind; denn es ist ewiglich mein Schatz.

119:99 Ich bin gelehrter denn alle meine Lehrer; denn deine Zeugnisse sind meine Rede.

119:100 Ich bin klüger denn die Alten; denn ich halte deine Befehle.

119:101 Ich wehre meinem Fuß alle bösen Wege, daß ich dein Wort halte.

119:102 Ich weiche nicht von deinen Rechten; denn du lehrest mich.

119:103 Dein Wort ist meinem Munde süßer denn Honig.
David hatte das Evangelium noch nicht, welches zur Zeit des Neuen Testaments gepredigt wurde, und doch sagte er zu Gott: Dein Wort ist meinem Munde süßer denn Honig, und Ps. 19,11.: Deine Rechte sind süßer, denn Honig und Honigseim. Das Wort Gottes ist also nach dem Zeugniß Davids nicht nur wahr und gewiß, köstlich oder kostbar, scharf und schreckend, sondern auch süß, ja süßer als Honig, welcher zu seiner Zeit, da man noch keinen Zucker hatte, die gewöhnliche süße Speise war. Man empfindet aber die Süßigkeit des Wortes Gottes, wenn die erquickende Gnade und Freundlichkeit Gottes durch dasselbe der Seele klar und fühlbar wird; wenn die vorher unruhige Seele durch dasselbe besänftigt wird; wenn der Seele die Augen geöffnet werden, die Wunder oder Geheimnisse in demselben zu sehen, und kurz zu sagen: wenn der gute Gott sich durch dasselbe zu genießen gibt. Es gibt aber auch bei einem Christen Stunden, da er sich vor Gott fürchten muß, daß ihm die Haut schauert, und sich vor Seinen Rechten entsetzen, Ps. 119,120., ob er schon vorher die Süßigkeit des Wortes Gottes zu seiner Freude geschmeckt hat, und dieses wurde Offenb. 10. sinnbildlich dadurch angezeigt, daß Johannes ein offenes Büchlein essen mußte, welches in seinem Munde süß war wie Honig, in seinem Bauch aber ihn grimmte. Es mag aber nun die Seele das Wort Gottes empfinden, wie sie will, so ist gewiß, daß es ein gesundes Wort sei, und die durch Satans Lügen verfinsterte, befleckte und zerrüttete Seele dadurch genesen könne. Nur verkehrten Leuten eckelt es an dem Wort Gottes, wie den Israeliten an dem Manna. Nur erboste Leute können oder mögen es nicht hören, wie Christus Joh. 8,43. von Seinen Zuhörern sagt. Der Honig der Welt, oder dasjenige, was sie ergötzt und fröhlich macht, ist die Stillung einer Augenlust oder einer Fleischeslust, oder eine Pracht, welche sie treiben können: allein dieses Alles läßt das Herz leer, und was die Albernen gelüstet, tödtet sie, und der Ruchlosen Glück bringet sie um, Spr. 1,32. Eines Christen angenehmste Stunden aber sind diejenigen, die er wie Maria gleichsam zu den Füßen Jesu zubringet, und in welchen er die Gnade, die auf Seinen Lippen ist, oder die liebliche Kraft Seiner heilsamen Worte mit einem stillen Herzen empfindet. Unnütze Sorgen und befleckende Lüste entstehen aus dem natürlichen Herzen, arge Gedanken werden vom Satan in die Seele hineingesprochen: das Wort Gottes aber flößet der Seele nichts ein, als was heilig, heilsam und erquicklich ist. Nun HErr! thue wohl Deinem Knecht, daß ich lebe und Dein Wort halte, öffne mir die Augen, daß ich sehe die Wunder in Deinem Gesetz. Ich bin ein Gast auf Erden, verbirg Deine Gebote nicht vor mir. Dieß ist mein Trost in meinem Elend, daß Dein Wort mich erquicket. Du bist gütig und freundlich, lehre mich Deine Rechte. Meine Lippen sollen loben, wenn Du mich Deine Rechte lehrest. (Magnus Friedrich Roos)

119:104 Dein Wort macht mich klug; darum hasse ich alle falschen Wege.

119:105 Dein Wort ist meine Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.2)

119:106 Ich schwöre und will's halten, daß ich die Rechte deiner Gerechtigkeit halten will.

119:107 Ich bin sehr gedemütigt; HERR, erquicke mich nach deinem Wort!

119:108 Laß dir gefallen, HERR das willige Opfer meines Mundes und lehre mich deine Rechte.

119:109 Ich trage meine Seele immer in meinen Händen, und ich vergesse deines Gesetzes nicht.
Indem David sagt: ich trage meine Seele immer in meinen Händen, oder: meine Seele ist immer in meiner Hand, so deutet er an, daß er immer nicht nur als ein sterblicher Mensch, von dem Gott seine Seele täglich nehmen könne, sondern auch als ein Knecht Gottes, welchem viele Feinde nachstellen, in Lebensgefahr stehe; denn daß diese Redensart eine Lebensgefahr, welcher man sich selbst aussetzt, andeute, beweisen andere deutliche Schriftstellen, als: Richt. 12,3. 1 Sam. 19,5. 28,21. David klagte auch sonst Ps. 119. über die Feindseligkeit der Gottlosen, wie er denn V. 61. sagte: der Gottlosen Rotte beraubet mich, aber ich vergesse Deines Gesetzes nicht; V. 85.: die Stolzen graben mir Gruben, die nicht sind nach Deinem Gesetz; V. 110.: die Gottlosen legen mir Stricke, ich aber irre nicht von Deinem Befehl; V. 143.: Angst und Noth haben mich troffen, ich habe aber Lust an Deinen Geboten; V. 150.: meine boshaftigen Verfolger wollen mir zu, und sind fern von Deinem Gesetz; V. 157.: meiner Verfolger und Widersacher ist viel, ich weiche aber nicht von Deinen Zeugnissen; V. 161.: die Fürsten verfolgen mich ohne Ursache, und mein Herz fürchtet sich vor Deinen Worten. In eben diesem Sinn sagt Paulus 1 Kor. 15,31: bei unserm Ruhm, den ich habe in Christo Jesu, unserm HErrn: ich sterbe täglich, das ist, ich bin in täglicher Lebensgefahr, oder ich trage meine Seele immer in meinen Händen. David und Paulus hätten sich gute Tage machen können, wenn sie von dem Wort Gottes abgewichen wären, und sich der Welt gleich gestellt hätten. David wäre am Hof Sauls und Paulus bei den Aeltesten und Schriftgelehrten der Juden beliebt gewesen, wenn beide sich nach den Gesinnungen und Sitten der Gottlosen gerichtet hätten. Auch hätten sie alsdann ihres Leibes und Lebens schonen, und dem Gott Bauch täglich opfern können. Weil sie aber des Gesetzes Gottes nicht vergessen, von Seinem Befehl nicht irren, und von Seinen Zeugnissen nicht weichen wollten, so waren sie immer als die Sterbenden, sie durften ihr Leben für nichts Theures halten. Sie trugen ihre Seelen in ihren Händen, weil sie bereit waren, sie herzugeben, sobald es Gott haben wollte. Uebrigens hat sie Gott dennoch viele Jahre erhalten, und ihre Seelen sind nicht bälder, als da sie alt und lebenssatt waren, und ihren Lauf nach Gottes wohlgefälligem Willen vollendet hatten, von ihnen genommen worden.
Zu allen Zeiten muß ein Knecht Gottes seine Seele in seiner Hand tragen, das ist, er darf seines Leibes und Lebens nicht schonen, und muß bereitwillig sein, sich im Dienst Gottes zu verzehren. Dazu stärkt das Gesetz oder Wort Gottes, welches Fluch und Segen, Tod und Leben, vergangene, gegenwärtige und zukünftige Dinge der Seele vorhält. Dieses Gesetzes soll man nicht vergessen, denn wenn man dessen vergißt, so findet der Satan Gelegenheit, dem Mensche einzuraunen: schone dein selbst, vergrabe dein Pfund in die Erde, es ist umsonst, daß man Gott dienet, und was nützt es, daß wir Seine Gebote halten, und hart Leben vor dem HErrn Zebaoth führen? Mal. 3,14. HErr stärke mich durch dein Wort, daß ich meiner nicht schone, schone aber Du meiner, wie ein Vater seines Sohnes schonet, der ihm dienet. (Magnus Friedrich Roos)

119:110 Die Gottlosen legen mir Stricke; ich aber irre nicht von deinen Befehlen.

119:111 Deine Zeugnisse sind mein ewiges Erbe; denn sie sind meines Herzens Wonne.
Den Kindern des Lichts geht Gottes Wort über alles, was sie hienieden haben. In ihm naht sich ihnen der lebendige Gott, hier spendet Er ihnen Seine Segnungen, hier sagt Er ihnen, was Er ihnen sagen muss, hier erfreut, tröstet und erquickt Er sie. Die Bibel ist das Paradies, in dem wir Gottes, unseres Herrn Stimme, hören können, Er begegnet da denen, die nach Ihm begehren. Wer Gemeinschaft mit der ewigen Liebe haben will, der vertiefe sich betend in das Wort des Lebens. Hier teilt der Herr Gnaden und Gaben aus, hier lässt Er uns zu sich kommen, damit wir aus Seiner Fülle wieder neue Kraft empfangen. In der Heiligen Schrift betreten die Kinder des Höchsten heimatlichen Boden. Wie wohl wird's ihnen da ums Herz! Das Lebenswasser, nach dem unsere Seele dürstet, trinken wir da in vollen Zügen. Wir müssen uns in diesen immer frisch sprudelnden Quell eintauchen, wie man einen Schwamm ins Wasser taucht, bis wir ganz erfüllt, getränkt und gesättigt sind. Und wie macht man dies? Man liest ein Kapitel oder auch nur einen Teil desselben so ganz für sich; dabei geht man mit Sorgfalt den einzelnen Gedanken nach, hebt sie heraus, liest verwandte Stellen in andern Kapiteln ebenfalls, bewegt die Wahrheiten und Tatsachen im Herzen, prüft sie im Lichte des Wortes und bittet während des Lesens und Bewegens den Herrn um Seine Kraft, das Gewonnene sofort verwerten zu können. Sein Geist macht zu Geist und Leben, was durch das Wort ins Herz geprägt wird, und so besitzen wir Seine Kraft, die vor Sündenfällen bewahrt. (Markus Hauser)

119:112 Ich neige mein Herz, zu tun nach deinen Rechten immer und ewiglich.

119:113 Ich hasse die Flattergeister und liebe dein Gesetz.

119:114 Du bist mein Schirm und Schild; ich hoffe auf dein Wort.

119:115 Weichet von mir, ihr Boshaften! Ich will halten die Gebote meines Gottes.

119:116 Erhalte mich durch dein Wort, daß ich lebe; und laß mich nicht zu Schanden werden über meiner Hoffnung.

119:117 Stärke mich, daß ich genese, so will ich stets meine Lust haben an deinen Rechten.

119:118 Du zertrittst alle, die von deinen Rechten abirren; denn ihre Trügerei ist eitel Lüge.

119:119 Du wirfst alle Gottlosen auf Erden weg wie Schlacken; darum liebe ich deine Zeugnisse.

119:120 Ich fürchte mich vor dir, daß mir die Haut schaudert, und entsetze mich vor deinen Gerichten.

119:121 Ich halte über Recht und Gerechtigkeit; übergib mich nicht denen, die mir wollen Gewalt tun.

119:122 Vertritt du deinen Knecht und tröste ihn; mögen mir die Stolzen nicht Gewalt tun.

119:123 Meine Augen sehnen sich nach deinem Heil und nach dem Wort deiner Gerechtigkeit.

119:124 Handle mit deinem Knecht nach deiner Gnade und lehre mich deine Rechte.

119:125 Ich bin dein Knecht; unterweise mich, daß ich erkenne deine Zeugnisse.

119:126 Es ist Zeit, daß der HERR dazutue; sie haben dein Gesetz zerrissen.

119:127 Darum liebe ich dein Gebot über Gold und über feines Gold.

119:128 Darum halte ich stracks alle deine Befehle; ich hasse allen falschen Weg.

119:129 Deine Zeugnisse sind wunderbar; darum hält sie meine Seele.

119:130 Wenn dein Wort offenbar wird, so erfreut es und macht klug die Einfältigen.

119:131 Ich sperre meinen Mund auf und lechze nach deinen Geboten; denn mich verlangt darnach.

119:132 Wende dich zu mir und sei mir gnädig, wie du pflegst zu tun denen, die deinen Namen lieben.

119:133 Laß meinen Gang gewiß sein in deinem Wort und laß kein Unrecht über mich herrschen.

119:134 Erlöse mich von der Menschen Frevel, so will ich halten deine Befehle.

119:135 Laß dein Antlitz leuchten über deinen Knecht und lehre mich deine Rechte.

119:136 Meine Augen fließen mit Wasser, daß man dein Gesetz nicht hält.

119:137 HERR, du bist gerecht, und dein Wort ist recht.

119:138 Du hast die Zeugnisse deiner Gerechtigkeit und die Wahrheit hart geboten.

119:139 Ich habe mich schier zu Tode geeifert, daß meine Gegner deiner Worte vergessen.

119:140 Dein Wort ist wohl geläutert, und dein Knecht hat es lieb.

119:141 Ich bin gering und verachtet; ich vergesse aber nicht deiner Befehle.

119:142 Deine Gerechtigkeit ist eine ewige Gerechtigkeit, und dein Gesetz ist Wahrheit.

119:143 Angst und Not haben mich getroffen; ich habe aber Lust an deinen Geboten.

119:144 Die Gerechtigkeit deiner Zeugnisse ist ewig; unterweise mich, so lebe ich.

119:145 Ich rufe von ganzem Herzen; erhöre mich, HERR, daß ich dein Rechte halte.

119:146 Ich rufe zu dir; hilf mir, daß ich deine Zeugnisse halte.

119:147 Ich komme in der Frühe und schreie; auf dein Wort hoffe ich.

119:148 Ich wache auf, wenn's noch Nacht ist, zu sinnen über dein Wort.

119:149 Höre meine Stimme nach deiner Gnade; HERR, erquicke mich nach deinen Rechten.

119:150 Meine boshaften Verfolger nahen herzu und sind ferne von deinem Gesetz.

119:151 HERR, du bist nahe, und deine Gebote sind eitel Wahrheit.

119:152 Längst weiß ich, daß du deine Zeugnisse für ewig gegründet hast.

119:153 Siehe mein Elend und errette mich; hilf mir aus, denn ich vergesse deines Gesetzes nicht.

119:154 Führe meine Sache und erlöse mich; erquicke mich durch dein Wort.
Ach Gott, ich bedarf auch oft, daß mein Geist wieder lebendig werde, wie der Geist Jakobs, da ihm die erfreuliche Nachricht gebracht wurde, daß sein Sohn Joseph noch lebe, weil ich auch, wie er, oft in eine niederschlagende Traurigkeit gerathe. Auch bedarf ich, daß die Verheißung an mir erfüllt werde: Ich lebe, und ihr sollt auch leben, weil ich auch wie die Apostel unter den Anfechtungen in den Schatten des Todes hineingerathe und schwach werde. Wer kann mich aber so beleben oder erquicken als Du, der Du der selige, freundliche und allein mächtige Gott, Licht und Liebe und die Quelle des Lebens bist? HErr, erquicke mich also durch Dein Wort. Ich begehre meine Erquickungen nicht in den Dingen zu suchen, die mir Dein Wort nicht verheißt noch anbietet. Ich verlange keine üppigen Mahlzeiten, Spiele, Scherze, Schauspiele und andere dergleichen Sachen zu meiner Aufmunterung, weil dieselben mir zwar dazu verhelfen könnten, daß ich meines Anliegens eine Zeit lang vergäße, mir aber keinen gründlichen Trost gäben, und meine Seele überdieß befleckten. Aber was Dein Wort anbietet, ist wahrhaftig gut, und gibt dem Geist neues Leben. Deine Liebe, o himmlischer Vater, Deine Gnade, HErr Jesu, Dein Trost, o Heiliger Geist, Deine Hülfe zur rechten Zeit, ein von Dir geschenkter Vorschmack des ewigen Lebens erquickt mich gründlich, gibt mir Müden eine neue Kraft, und verwandelt meine Traurigkeit in eine stille Zufriedenheit oder gar in eine Freude. Erquicke mich also HErr durch Dein Wort, damit ich wieder wacker werde zu laufen auf dem Weg Deiner Gebote, und Deinem Willen zu dienen in der Zeit, die Du mir dazu einräumest. Du weißt, daß ich ohne Deine Erquickungen lässige Hände und müde Kniee bekäme, und ein träger Unmuth bei mir überhand nähme, durch den Dein Name entheiligt würde: darum erquicke mich zur rechten zeit um Deines Namens willen durch Dein Wort, in welchem unter Anderem verheißen ist: der HErr erhält Alle, die da fallen, und richtet auf Alle, die da niedergeschlagen sind, und wiederum: Er gibt den Müden neue Kraft und Stärke genug den Unvermögenden, und wiederum: wir arme Sünder sollen bei dem Hinzunahen zu dem Gnadenstuhl Barmherzigkeit empfahen und Gnade finden auf die Zeit, wenn uns Hülfe noth ist. Erquicke mich durch Dein Wort, wie Du Deine Kinder von Anbeginn der Welt erquicket hast, welche, ob sie gleich frömmer und treuer waren, als ich, doch keinen andern Gott hatten als ich, und keine anderen Verheißungen, als diejenigen, die auch mich armen Sünder angehen. Erquicke mich auf dem Weg meiner Wallfahrt, auf welchem ich bei vielen Anfechtungen auch vieler Erquickungen bedürftig bin, die mir Niemand geben kann als Du. Erquicke mich aber auch bei dem Ausgang meiner Wallfahrt, und verschaffe, daß mich alsdann der Satan nicht sichte, die Noth nicht überwältige, und zuletzt der Tod nicht tödte, sondern für mich nur eine Auflösung sei, durch welche meine Seele in den Ort der ewigen und völligen Erquickungen, nämlich in den himmlischen Tempel und vor Deinen Thron hin versetzt werde. Da wirst Du mich mit Leben sättigen und mit den Freuden Deines Angesichts erquicken. Da wirst Du alle meine Klagen in Lob und Dank verwandeln und alle Thränen von meinen Augen abwischen. (Magnus Friedrich Roos)

119:155 Das Heil ist ferne von den Gottlosen; denn sie achten deine Rechte nicht.

119:156 HERR, deine Barmherzigkeit ist groß; erquicke mich nach deinen Rechten.

119:157 Meiner Verfolger und Widersacher sind viele; ich weiche aber nicht von deinen Zeugnissen.

119:158 Ich sehe die Verächter, und es tut mir wehe, daß sie dein Wort nicht halten.

119:159 Siehe, ich liebe deine Befehle; HERR, erquicke mich nach deiner Gnade.

119:160 Dein Wort ist nichts denn Wahrheit; alle Rechte deiner Gerechtigkeit währen ewiglich.

119:161 Die Fürsten verfolgen mich ohne Ursache, und mein Herz fürchtet sich vor deinen Worten.

119:162 Ich freue mich über dein Wort wie einer, der eine große Beute kriegt.

119:163 Lügen bin ich gram und habe Greuel daran; aber dein Gesetz habe ich lieb.

119:164 Ich lobe dich des Tages siebenmal um der Rechte willen deiner Gerechtigkeit.

119:165 Großen Frieden haben, die dein Gesetz lieben; sie werden nicht straucheln.
Ja, eine wahre Liebe für das große Buch wird uns großen Frieden von dem großen Gott bringen und uns ein großer Schutz sein. Laßt uns beständig im Verkehr mit dem Gesetz des Herrn leben, dann wird es in unsrem Herzen eine Ruhe erzeugen, wie nichts andres es kann. Der Heilige Geist ist als ein Tröster durch das Wort tätig und verbreitet jene milden Einflüsse, welche die Stürme der Seele stillen.
Nichts ist ein Anstoß für den, der das Wort Gottes reichlich in sich wohnen läßt. Er nimmt täglich sein Kreuz auf sich, und es wird ihm zur Freude. Für die heiße Prüfung ist er vorbereitet, und sie befremdet ihn nicht, er wird nicht völlig niedergeschlagen durch sie. Er strauchelt nicht im Glück, wie so viele, und er wird nicht ganz gebrochen im Unglück, wie andre; denn er lebt über den wechselnden Umständen des äußeren Lebens. Wenn sein Herr ihm irgend ein großes Geheimnis des Glaubens vorlegt, wobei andre rufen: „Das ist eine harte Rede, wer kann sie hören?“, so nimmt der Gläubige es ohne einen Zweifel an; denn die Schwierigkeiten des Verständnisses sind für ihn überwunden durch die ehrfurchtsvolle Scheu vor dem Gesetz des Herrn, das ihm die höchste Autorität ist, vor der er sich freudig beugt. Herr, wirke in uns heute diese Liebe, diesen Frieden, diese Ruhe! (Charles Haddon Spurgeon)

119:166 HERR, ich warte auf dein Heil und tue nach deinen Geboten.

119:167 Meine Seele hält deine Zeugnisse und liebt sie sehr.

119:168 Ich halte deine Befehle und deine Zeugnisse; denn alle meine Wege sind vor dir.

119:169 HERR, laß meine Klage vor dich kommen; unterweise mich nach deinem Wort.

119:170 Laß mein Flehen vor dich kommen; errette mich nach deinem Wort.

119:171 Meine Lippen sollen loben, wenn du mich deine Rechte lehrest.

119:172 Meine Zunge soll ihr Gespräch haben von deinem Wort; denn alle deine Gebote sind recht.

119:173 Laß mir deine Hand beistehen; denn ich habe erwählt deine Befehle.

119:174 HERR, mich verlangt nach deinem Heil, und ich habe Lust an deinem Gesetz.

119:175 Laß meine Seele leben, daß sie dich lobe, und deine Rechte mir helfen.

119:176 Ich bin ein verirrtes und verlorenes Schaf. Suche deinen Knecht; denn ich vergesse deiner Gebote nicht.3)

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