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Jesaja, Kapitel 50

Jesaja, Kapitel 50

50:1 So spricht der HERR: Wo ist der Scheidebrief eurer Mutter, mit dem ich sie entlassen hätte? Oder wer ist mein Gläubiger, dem ich euch verkauft hätte? Siehe, ihr seid um eurer Sünden willen verkauft, und eure Mutter ist um eures Übertretens willen entlassen.

50:2 Warum kam ich, und war niemand da? ich rief, und niemand antwortete. Ist meine Hand nun so kurz geworden, daß ich sie nicht erlösen kann? oder ist bei mir keine Kraft, zu erretten? Siehe, mit meinem Schelten mache ich das Meer trocken und mache die Wasserströme zur Wüste, daß ihre Fische vor Wassermangel stinken und Durstes sterben.

50:3 Ich kleide den Himmel mit Dunkel und mache seine Decke gleich einem Sack.

50:4 Der Herr HERR hat mir eine gelehrte Zunge gegeben, daß ich wisse mit dem Müden zu rechter Zeit zu reden. Er weckt mich alle Morgen; er weckt mir das Ohr, daß ich höre wie ein Jünger.
Unser Spruch fängt mit den Worten an: hat mir eine gelehrte Zunge gegeben, daß ich wisse mit den Müden zu rechter Zeit zu reden.„ Es ist so gesprochen, daß man dabei denken kann, es sei eigentlich von dem sonst erwähnten Knecht des HErrn, dem zukünftigen Christus, die Rede, dem die gelehrte Zunge gegeben, und dem alle Morgen das Ohr geweckt werde. Wenigstens berechtigt das Nachfolgende dazu, wenn derselbe, der sich in obigem Spruch als Jünger anschickt, von seinem Gehorsam redet, und sagt: „Ich hielt meinen Rücken denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften; mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel.“ Doch ists auch wieder so gesprochen, daß es der Prophet und jeder Lehrer, ja jetzt jeder Christ, für sich beherzigen kann, indem wir immerhin im Verkehr mit Elenden und Müden einer gelehrten Zunge bedürfen.
Da fragt sich aber dann, von wem gelehrt? Denn es giebt eine Gelehrsamkeit von oben, und eine andere von der Welt her. Die Letztere weiß mit den Müden nicht zu reden, weiß nur verlangende Seelen zu verwirren. Hier ist aber des Propheten Zunge darum gelehrt und geschickt, richtig zu reden, weil er's alle Morgen vom HErrn bekommt, da er dann recht aufmerksam ist, es ja gut aufzufassen, wie's der HErr meint. Ganz Schüler ist er dabei, der nicht etwa drein reden und es besser wissen will, sondern demütig und gehorsam nur hört, sich selbst und seinem Wissen mißtrauend. Was er aber hört, hört er ohne Worte, ohne hörbaren Laut durch den Geist Gottes, der sich ihm vernehmlich macht.
Wohl dem, mit dem der Geist Gottes alle Morgen so reden kann ! Es kommt aber darauf an, daß man sich dazu richte, und mit sehnsüchtigem Blick nach oben gleichsam lausche. Wenn man innerlich sich sammelt, so hört und vernimmt man bald etwas; ist man aber träge und gleichgiltig, und läßt man sich schnell von andern Gedanken einnehmen, so ists für diesmal verspielt.
Zusatz: Es ist nemlich wohl zu merken, daß immer auch andere Stimmen da sind, die Einem geschwind etwas ins Ohr raunen wollen. Wie der Geist Gottes reden will, so auch der Feind, und je nachdem man sich anschickt, wird die eine oder andere Stimme vernehmlicher. Wie übel aber ist's, wenn man sich gleich beim Erwachen vom Teufel etwas eingeben läßt! Man nehme sich wohl in Acht! Es ist deßwegen eine gar gute Sitte, wenn man sich's angewöhnt, gleich ein geistliches Wort zu denken oder zu reden, wie man bei uns häufig beten . „Das walte Gott der Vater, der Sohn und der heilige Geist!“ Wenn so etwas mit einigem Ernst gedacht, oder besser, gesprochen wird, so ruft man damit den HErrn her, daß Er etwas sagen solle. So kann es geschehen, daß man oft über etwas, mit dem man gerade viel Geschäft oder Sorge hat, einen guten Gedanken bekommt, bei und nach dem Erwachen. Der HErr gebe, daß wir' s lernen, alle Tage Seine Schüler zu sein! Da wären wir gutgezogene Kinder, die dann auch recht gut weiter zu bringen sind, in bösen und guten Zeiten. (Christoph Blumhardt)

50:5 Der Herr HERR hat mir das Ohr geöffnet; und ich bin nicht ungehorsam und gehe nicht zurück.

50:6 Ich hielt meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften; mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel.1)
Herr Jesu, mein theuerster Bürge, laß mich Dir nachfolgen aus dem Leidensgarten in die Stadt Jerusalem und in den Palast des Hohenpriesters; aber nicht von ferne, wie Petrus, der damals freilich keinen Beruf von Dir hatte, um Dich zu sein; vielmehr hattest Du ihm gesagt: „Wo ich hingehe, kannst du mir diesmal nicht folgen;“ denn Du sahest die Gefahr voraus, die ihm bevorstand. Ich aber, mein Heiland, soll und muß im Geist und Glauben mich durch alles Getümmel Deiner Feinde hindurchdrängen und so nahe zu Dir kommen, als ich kann, damit Du mich sogleich auf der Stelle mit dem Segen beschenken könnest, den Du mir erwarbest, und ich fein Dein weisheitsvolles, sanftmüthiges Verhalten von Dir lernen möge. - Du ewiger Hoherpriester fandest nicht für gut, auf die Frage der irdischen Hohenpriester um Deiner Jünger und Lehre stille zu schweigen, sondern weislich zu antworten. Mein Heiland, lehre auch mich zu rechter Zeit reden, und weislich reden, und laß mich allezeit mein Thun und Lassen nach Deinem Willen und Wort einrichten, damit ich auch freimüthig und getrost reden kann, wie Du hier gethan. – So unschuldig aber Deine Reden waren, so erhieltest Du doch von einem Sclaven des Satans einen Backenstreich, und botest Dein Angesicht dar wie einen Kieselstein, standhaft und geduldig wie einen Felsen! Damit hast Du meine Schande und meine Erröthung getragen, die man an mir erblicken würde, wenn ich am Tage des Gerichts um mein Thun und Lassen sollte befragt werden, und ich allein ohne Dich im Gerichte stehen müßte. Du aber trittst auch in meine Stelle, nimmst die Schmach und Erröthung an, die mir gebühret, und fängst den Streich auf, den ich mit einem jeden unnützen und unweisen Worte verdient hatte. Nun werde ich nicht zu Schanden im Gericht um Deinetwillen. O tausend Dank sei Dir gesagt für die Schmach, die Du auch hier erduldet. Du hast recht geredet und recht gethan, und mußtest doch unrecht haben und Streiche leiden; ich habe unrecht gethan und geredet, und darf nicht erröten, und soll unschuldig sein, und mein Angesicht soll glänzen. O das laß bei Tag und bei Nacht mir eine süße Glaubensweide sein. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)

50:7 Aber der Herr HERR hilft mir; darum werde ich nicht zu Schanden. Darum habe ich mein Angesicht dargeboten wie einen Kieselstein; denn ich weiß, daß ich nicht zu Schanden werde.
Dies sind bei dem Propheten die Worte des Messias am Tage seines Gehorsams bis zum Tode, da Er seinen Rücken denen darhielt, die Ihn schlugen und seine Wange denen, die Ihn rauften. Er hatte Zuversicht zu dem göttlichen Beistande und traute auf Jahweh.
O meine Seele, deine Leiden sind wie das Stäublein in der Waage im Vergleich mit denen deines Herrn! Kannst du nicht glauben, daß der Herr Gott dir helfen will? Dein Herr war in einer eigentümlichen Lage; denn da Er an Statt der sündigen Menschen stand - ihr Stellvertreter und Opfer - war es nötig, daß der Vater sich Ihm entzog und daß seine Seele unter dem Gefühl der Gottverlassenheit litt. Keine solche Notwendigkeit wird dir auferlegt; du bist nicht gezwungen, zu rufen: „Warum hast Du mich verlassen?“ Vertraute dein Heiland selbst da noch auf Gott, und kannst du es nicht? Er starb für dich und machte es dadurch unmöglich, daß du allein gelassen würdest, deshalb sei getrost.
Bei den Arbeiten und Leiden dieses Tages sage: „Der Herr Gott wird mir helfen.“ Gehe kühn hinein. Mache dein Angesicht wie einen Kieselstein und nimm dir vor, daß keine Schwäche oder Schüchternheit dir nahe kommen soll. Wenn Gott hilft, wer kann hindern? Wenn du allmächtigen Beistandes gewiß bist, was kann dann zu schwer für dich sein? Beginne den Tag freudig und laß keinen Schatten von Zweifel zwischen dich und den ewigen Sonnenschein kommen. (Charles Haddon Spurgeon)

50:8 Er ist nahe, der mich gerechtspricht; wer will mit mir hadern? Laßt uns zusammentreten; wer ist, der Recht zu mir hat? Der komme her zu mir!

50:9 Siehe, der Herr HERR hilft mir; wer ist, der mich will verdammen? Siehe, sie werden allzumal wie ein Kleid veralten, Motten werden sie fressen.

50:10 Wer ist unter euch, der den HERRN fürchtet, der seines Knechtes Stimme gehorche? Der im Finstern wandelt und scheint ihm kein Licht, der hoffe auf den HERRN und verlasse sich auf seinen Gott.

50:11 Siehe, ihr alle, die ihr ein Feuer anzündet, mit Flammen gerüstet, geht hin in das Licht eures Feuers und in die Flammen, die ihr angezündet habt! Solches widerfährt euch von meiner Hand; in Schmerzen müßt ihr liegen.

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