Unbekannt - Soll man aus der Kirche austreten, in welcher wir geboren sind und das Glaubensbekenntnis abgelegt haben und in eine andere Gemeinschaft eintreten?

Unbekannt - Soll man aus der Kirche austreten, in welcher wir geboren sind und das Glaubensbekenntnis abgelegt haben und in eine andere Gemeinschaft eintreten?

Abdruck aus dem Elberfelder „Reformirten Wochenblatt“ von 1889, Nr. 40 und 41.

Diese Frage ist namentlich hier am Niederrhein und besonders auch im Wuppertal nicht erst seit gestern her, sondern seit vielen Jahren oft aufgeworfen und sowohl theoretisch wie auch praktisch vielfach beantwortet worden und zwar faktisch durch das Austreten aus der Kirche und der Gemeinde, in der man getauft ist und den Unterricht in der christlichen Erkenntnis empfangen und das Gelübde der Treue abgelegt hat.

Als den Hauptgrund zur Berechtigung solcher Schritte führen die Austretenden die Verweltlichung der Kirche an, welche sich zwar nicht in der Lehre und der öffentlichen Predigt, sondern darin zeige, dass ein großer Teil der Gemeindeglieder nur äußerlich mit der Kirche zusammenhänge, die gottesdienstlichen Versammlungen meide und überhaupt ein solches Leben führe, dass zwischen der unbekehrten Welt und der verweltlichten Christenheit gar kein Unterschied zu finden sei. Dass es in den ersten Zeiten des Christentums vielfach anders war, ist nicht in Abrede zu stellen. Die erste Gemeinde des Herrn war in der Welt, aber nicht von der Welt, oder, wie ein gesalbter Zeuge sich einst ausdrückte, die Kirche war in der Welt; aber jetzt ist die Welt in der Kirche. Die Kirchengeschichte liefert nun den Beweis, das schon sehr bald nach der Zeit der Apostel die Kirche Jesu ihre Reinheit verlor; ja, die Apostel selbst klagen in manchen ihrer Briefe über manche Erscheinungen, die durchaus nicht den heiligen Geist zum Urheber hatten, und so ist es im Ganzen im Laufe der 18 Jahrhunderte, seitdem die Kirche ihr Dasein hat, geblieben. Manchmal wollte man gegen den Ausspruch und Willen des Herrn im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen das Unkraut ausjäten, und eine ganz reine Kirche bilden, aber das Unkraut kam immer wieder. Als die christliche Kirche aus dem Zustand der Verfolgung heraustrat und Staatsreligion wurde, zog auch die Welt in die prachtvollen Kirchen ein. Es bildete sich auch ein weltliches Priestertum aus, welches im Papsttum seinen Höhepunkt erreichte; die Reformation war eine Zeit lang von Gott gesegnet, die Kirche auf biblische Grundlage zurückzuführen. Aber gar bald machte sich, besonders da, wo die evangelische Kirche zur Herrschaft gelangte, weltliches Wesen geltend. Auf der einen Seite herrschte in der römischen Kirche vielfach der Aberglaube; aber in der evangelischen Kirche machte sich, besonders seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts, der Unglaube geltend, teils in der Wissenschaft, teils im Leben. Von einem der berühmtesten Dichter unseres Volkes ist aus der Jugend desselben ein Gebet aufbewahrt, in welchem der begabte Jüngling in folgender Weise den Herrn anruft: „Du hast mich zu schlimmen Zeiten aufbehalten, wo rechts der Aberglaube rast und links der Unglaube spottet.“ Die furchtbaren Zeiten der französischen Revolution und die beinahe 25jährigen blutigen Kriege waren Zuchtruten Gottes für das Geschlecht, welches in Christo nicht den eingebornen Sohn Gottes, sondern nur den Weisen aus Nazareth erkannte. Es trat seit 1815 nach den schrecklichen Stürmen der Kriege und nach dem Erdbeben in den Völkerbewegungen der Welt ein sanftes Säuseln des Geistes ein. Man war des Rationalismus, des Vernunftglaubens, müde und man hörte wieder auf die Predigt von der Versöhnung mit Gott durch das Blut Jesu Christi. Die Bibel wurde in vielen Ländern Europas, sogar in Russland verbreitet; Boten des Heils wurden zu den Heiden gesandt, auf den Lehrstühlen der hohen Schulen traten Männer auf, welchen es Herzensbedürfnis war, ihre Schüler zu dem Herrn zu führen, in welchem verborgen liegen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Man beseitigte allmählich die in der bösen Zeit entstandenen Gesangbücher, die nur gereimte Moral enthielten, und sang dem Herrn wieder die alten Lieder der Reformationszeit, sowie diejenigen, welche der Glaube der Väter im Laufe der folgenden Jahrhunderte dem Herrn gedichtet hatte. Aber trotz mannigfacher Anregungen und Erweckungen blieb die eigentliche Gemeinde Christi nach der Bezeichnung des Herrn die kleine Herde. Die große Masse blieb weltlich gesinnt, und als in den Jahren 1848 und 1849 wieder eine neue Revolution unser Volk heimsuchte, wodurch insbesondere unser preußisches Königshaus tief gedemütigt wurde, schien mit der erlangten größeren politischen Freiheit in der Verfassung, welche freie Volksversammlungen hervorrief und begünstigte, auch eine bisher mehr oder minder gehinderte Befreiung vom Staatskirchenverband gekommen zu sein, um Gemeindlein und Kirchlein zu bilden, und die kleine Herde auch sichtbar darzustellen. Von einer Seite rief man, ähnlich wie zur Zeit der Apostel: Wenn ihr euch nicht beschneiden lasset, so könnet ihr nicht selig werden, so nun: „Wenn ihr euch nicht von neuem taufen lasst, so könnt ihr nicht ins Himmelreich eingehen.“ Von einer andern Seite hieß es, wir müssen freie Gemeinden bilden mit persönlichem Bekenntnis ihrer Glieder; wieder von einer andern Seite behauptete man, Gott habe neue Apostel erweckt mit apostolischen Gaben, an sie müsse man sich anschließen. Doch wir verzichten darauf, alle diese Absonderungen aufzuzählen. Auch lässt es sich ja nicht in Abrede stellen, dass die römische Kirche, vor der mancher Staat sich beugte, neuen Einfluss, namentlich in Deutschland, gewonnen hat. Während noch vor 50 Jahren, namentlich wenn er sich um Beiträge für römischkatholische Kirchen in evangelischen Orten handelte, die Protestanten1) christliche Brüder und Mitchristen genannt wurden, werden sie jetzt als Ketzer bezeichnet, die nach der Behauptung strengerer Kanonisten sogar den Tod verdient haben. Es fehlt in dem modernen Staat nur die Macht, dieses Todesurteil zur Exekution zu bringen. Man wird aber bei dem Allem recht an das Wort des Herrn erinnert: So jemand zu euch wird sagen: Siehe, hier ist Christus, oder da, so sollt ihr es nicht glauben. Er ist nicht in der Wüste, und ist nicht in der Kammer. Die Spreu von dem Weizen definitiv zu sondern, hat sich der Herr vorbehalten am Tage des Gerichts; bis dahin wächst das Unkraut im Acker der Welt mit dem Weizen auf, ja das Unkraut ist oft kaum von dem guten Getreide zu unterscheiden.

Unser Heiland hat es klar ausgesprochen, dass die Scheidung zwischen den Guten und Bösen nicht eine Sache menschlichen Tuns ist, sondern dass diese Handlung Ihm, dem Richter über alles Fleisch, dereinst zukomme. Als die Knechte in dem Gleichnis vom Weizen und Unkraut (Matth. 13,24-43) den Herrn fragen: „ Willst Du, dass wir hingehen und das Unkraut ausjäten?“ antwortet der Herr: „Nein, auf dass ihr den guten Weizen nicht mit ausrauft; lasst beides miteinander wachsen bis zur Ernte.“ Er will sagen: die ganze Welt ist ein Ackerfeld, darin der Same des Wortes Gottes soll ausgestreut werden, und auf diesem sich nach und nach über die ganze Welt erstreckenden Ackerfeld Meines Reiches bleiben Gute und Böse zusammen bis zum Ende. Ganz klar geht dieses hervor aus den erklärenden Worten Jesu (Vers 40 und 41): „Gleichwie man das Unkraut ausjätet und mit Feuer verbrennt, so wird es auch am Ende dieser Welt gehen. Des Menschen Sohn wird seine Engel senden: und sie werden sammeln aus Seinem Reich alle Ärgernisse und die da Unrecht tun.“ Hier sagt Jesus nicht: „sie werden sammeln aus der Welt alle Ärgernisse“, sondern „aus Seinen Reich“, und damit sagt Er uns deutlich, dass eben bis zum Endgericht in seinem Reich „Ärgernisse und die da Unrecht tun“ sein werden. Ebenso klar spricht Er in dem Gleichnis vom Netz (Matth. 13,47-50). Hier heißt es nicht: die Welt ist gleich einem Netz, worin gute und faule Fische sind, sondern „das Himmelreich ist gleich einem Netz“, und gute und faule Fische bleiben darin, bis es ans Land gezogen wird; erst dann sammelt man die guten in ein Gefäß und die faulen wirft man weg; also wird es auch am Ende der Welt gehen; „die Engel werden ausgehen und die Bösen von den Gerechten scheiden“; folglich ist es nicht dem Sinn Jesu gemäß, wenn vor dem Ende der Welt Menschen der Engel Geschäfte übernehmen und die Guten in ein Gefäß sammeln wollen, sondern Jesus will, dass die Guten und die Bösen in dem großen Netz bis zum Ende zusammenbleiben. In dem Gleichnis vom großen Abendmahl (Matth. 22,1-14) zeigt uns Jesus ebenfalls die Art des Himmelreichs vor der Wiederkunft des Herrn; und da lesen wir (V. 10): „Die Knechte gingen aus auf die Straßen, und brachten zusammen, wen sie fanden, Böse und Gute, und die Tische wurden alle voll.“ Noch ist die Zeit also nicht gekommen, wo nur „die Guten“ mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen in des Vaters Reich - noch sitzen in der gegenwärtigen Weltzeit „Böse und Gute“ bei dem hochzeitlichen Mahl des Königssohnes zusammen.

Sehen wir nun die Gemeinden der apostolischen Zeit an, so finden wir neben andern lieblichen Erscheinungen doch schon frühe das Unkraut unter dem Weizen. In Jerusalem lesen wir bald nach der Schilderung der ersten Blüte von Ananias und Sapphira, von dem Murmeln der Heidenchristen, dass ihre Witwen gegen die Witwen der Judenchristen zurückgesetzt worden (Ap. - Gesch. 5 und 6,1), - in Korinth lebte die Gemeinde in Zank und Zwiespalt über geistliche und irdische Angelegenheiten (1. Kor. 1 und 6), sogar Unzuchtsünden sind in die Christengemeinde eingedrungen (5), beim heiligen Abendmahl gibt es allerlei Ärgernis (11,20-22): und doch sagt der Apostel nicht, dass man sich von dieser unreinen Abendmahlsfeier absondern soll, sondern begnügt sich damit, das Ärgernis zu strafen und jeden zur Selbstprüfung aufzufordern. Die Gemeinden in Galatien (Gal. 1,6.7. 4,9-11.17.) waren durch Irrlehrer irre geführt; in Kolossa (Kol. 2,18-23) findet sich die gleiche Spur der Verführer, den Ephesern sagt Paulus voraus, dass aus ihrer Mitte die Verführer auftreten werden (Ap.-Gesch. 20,29,30); andere Stellen reden von solchen, „die da haben den Schein eines gottseligen Wesens, aber seine Kraft verleugnen (2. Tim. 3,5-9, 2. Petr. 2)“; in den apokalyptischen Gemeinden (Offenb. 2 und 3) finden wir mancherlei Übelstände und Verirrungen in Lehre und Wandel. Die Ärgernisse nahmen überhand, als die Verfolgungen aufhörten und die christliche Kirche zur Staatskirche wurde. Der heilige Same aber blieb dennoch auch in den dunkelsten Zeiten in der Kirche erhalten; wir erinnern an einen Joh. Hus, 100 Jahre vor der Reformation, an die „Brüder vom gemeinsamen Leben“, an die Waldenser, an die Mährischen Brüder und andere schlichte, fromme Seelen jener Zeit, die uns sagen, dass der Herr auch damals noch sein Volk hatte inmitten der entarteten Kirche. Die Reformation hat uns das reine Wort Gottes wiedergegeben und manche Verirrung beseitigt; aber eine reine, aus lauter bekehrten Christen bestehende Kirche haben wir dadurch nicht bekommen. - An Versuchen, die Gläubigen zu einer Sonder-Kirche zusammenzuschließen, hat es freilich zu keiner Zeit gefehlt; aber niemals haben diese Unternehmungen auf die Dauer eine reine Gemeinde hervorgebracht; nach kurzer Zeit ist das Unkraut überall zwischen dem Weizen wieder hervorgebrochen.

Auch unsern rheinischen und westfälischen Gemeinden sind ja solche Versuche nicht fremd. Vor 40 Jahren traten die Baptisten auf; sie fasten die Taufe nicht, wie wir, als ein Siegel der Berufung zur Kindschaft Gottes auf, welches man auch den Kindern (als Mitberufenen zum Heil) aufdrücken kann, sondern als ein Siegel erlangter Wiedergeburt und Bekehrung; alle Getauften galten somit für Bekehrte, und die Baptistengemeinde wollte also eine Gemeinde der Bekehrten darstellen. Vor etwa 20 Jahren sind die Irvingianer (Apostolische Gemeinde) zu uns gekommen, verkündeten das nahende Ende der Welt, forderten auf zum Glauben an das Wort ihrer Apostel, welches dem Wort der ersten Apostel Jesu Christi gleichgestellt wurde; und wer das Zeugnis annahm und christlichen Sinn und Wandel zeigte, der wurde durch „Versiegelung“ der „auserwählten Gemeinde“ zugeordnet, die bei den letzten Trübsalen besondere Bewahrung erwartet. Neuerdings gehen die Methodisten (Evangelische Gemeinschaft) darauf aus, wieder in anderer Weise die ernsteren Christen zu besonderer Gemeinschaft außerhalb der Kirche zusammenzuschließen. Auch den Bestrebungen der Darbysten und anderer Parteien schwebt das gleiche Ziel vor.

Kurz, die Knechte, welche vor der Zeit das Unkraut vom Weizen trennen und die guten Fische „in ein Gefäß“ sammeln möchten, sterben nicht aus.

Dass unter jenen losgetrennten Gemeinschaften fromme und innig gläubige Seelen sich befinden, glauben wir gern, Seelen, denen wir innerlich näher verwandt sind, als so vielen weltlich gesinnten Mitgliedern der eigenen Kirche. Aber das hindert uns nicht, dass wir es offen aussprechen, dass wir nicht etwa aus Trägheit und Gleichgültigkeit diesen Weg nicht mit ihnen gehen, sondern aus Gehorsam gegen Gottes Wort. Wir sind wahrlich nicht dagegen, dass Christen innerhalb der Kirche sich eng zusammenschließen in Bibelstunden, brüderlichen Besprechungen, Vereinen - betrachten solche Gemeinschaften vielmehr, wenn sie vom rechten Geist beseelt sind, für einen großen Segen. Auch das ist berechtigt, wenn man sagt, es sollte in der evangelischen Kirche mehr ernste Zucht sein; wir sollten nicht uns damit beruhigen, dass in der apostolischen Zeit schon Ärgernisse in den Gemeinden gewesen sind, sondern sollten auch der Apostel Ernst und Eifer zeigen, die Ärgernisse zu strafen und hinwegzutun. Aber eben dazu bedarf es, dass die lebendigen Christen sich nicht absondern, und „den großen Haufen sich selbst überlassen“, sondern lebendig in der Gemeinde stehen und arbeiten, das Zeugnis der Predigt unterstützen, unsere Vereine und Tätigkeit recht mit tragen, dass sie eifrig mit wirken auf würdige Vertretung der christlichen Gemeinde in den Presbyterien und Repräsentationen. Ein Kirchlein in der Kirche sollen die christlichen Gemeinschaften sein, und nicht ein Kirchlein außer oder neben der Kirche.

Werden wir uns doch recht klar über die Folgen, welche die vielen Spaltungen und Trennungen von der Kirche haben; erstens, es gelingt auf die Dauer nicht, eine reine Gemeinde herzustellen, wie dies vor Augen liegt und wie es uns mehrfach die Zeugnisse aufrichtiger Separatisten von den verschiedensten Seiten ausgesprochen haben; der eigentliche Zweck der Separation wird also verfehlt. Zweitens, man vermehrt die Spaltung unter den wahren Jüngern Jesu; erfahrungsmäßig schadet aber die Trennung dem brüderlichen Verkehr und der gemeinsamen Arbeit für Gottes Reich; und dies ist gegenüber der Einheit der römischen Kirche und den vielen Anforderungen des gemeinsamen Kampfes und der gemeinsamen Arbeit tief zu beklagen. Drittens wird viel Kraft, Zeit und Geld auf Gründung, Unterhaltung und Erweiterung der neuen Gemeindlein verwandt, und andern nötigeren Bedürfnissen in der Arbeit am Reich Gottes entzogen; wie mancher, der seine ganze Kraft der Ausbreitung einer separierten Gemeinde widmen zu müssen meinte, hätte in unsern Vereinen, Presbyterien, Missionsvorständen sein Pfund weit nützlicher anwenden können, begab sich aber durch seine Trennung von der Kirche eines großen, segensreichen Einflusses. Viertens ist bei vielen die Separation auch von Rückwirkung auf das innere Leben; obwohl wir gerne anerkennen, dass es unter den Separierten manche teure, lautere Christen gibt, so tritt doch auch bei anderen Überhebung, liebloses Aburteilen, verbunden mit einem gesetzlichen Wesen, als Folge ihrer Trennung in unangenehmer Weise hervor. Endlich fünftens wurden im Familienleben beim Heranwachsen der Kinder die Folgen einer Separation oft schwer empfunden; ist der evangelischen Kirche, als einer Gemeinde der Berufenen, konnten sich auch die jüngeren Seelen heimisch fühlen, aber in eine Gemeinde der Bekehrten passten sie nicht hinein; es wurde das Verhältnis oftmals Kindern und Eltern zum Druck, sonderlich wo es sich um fromme und gottesfürchtige Kinder handelte, in denen aber die Bekehrung noch nicht abgeschlossen war; man suchte dann wohl Bekehrungen zu erzwingen, um die Kinder bald als vollberechtigte Mitglieder in die Gemeinde der Eltern aufnehmen zu können; darunter hat manchmal die Lauterkeit leiden müssen, und ist ein krankhaftes Christenleben daraus hervorgegangen. Nicht selten wurden die Kinder infolge der Separation der Eltern ganz unkirchlich; zur Sekte wollten sie nicht, und zur Kirche durften sie nicht oder wurden doch nicht mit Ernst dazu angehalten, so kamen sie ganz von Gottes Wort ab. Oft kehrten auch Kinder separierter Eltern in den reiferen Jahren zur Kirche zurück und beklagen es, dass ihre Eltern ihnen den Weg erschwert haben.

Kurz, die vielen Versuche, die Scheidung zwischen Gläubigen und Ungläubigen schon jetzt äußerlich zu vollziehen und die Bekehrten in eine besondere, von der Kirche getrennte Gemeinde zusammenzufassen, entsprechen weder dem Wort Gottes, noch haben sie zu einem befriedigenden Resultat geführt, dagegen mancherlei Übelstände in ihrem Gefolge gehabt. Darum erscheint es uns als Christenberuf, wohl von dem Dienst der Sünde und der im Argen liegenden Welt sich abzusondern, gegen Übelstände Zeugnis abzulegen und auf ihre Beseitigung zu dringen, auch untereinander zur Stärkung des Glaubens und zu gemeinsamer Liebesarbeit sich in kleineren Gemeinschaften und Vereinen zusammen zu schließen - nicht aber Bestrebungen Vorschub zu leisten, welche von der großen Gemeinde der Berufenen eine Gemeine der Auserwählten äußerlich absondern und sichtbar darstellen wollen.

Wir halten es mit der Art der Propheten, Apostel, Reformatoren, dass wir nämlich in der Kirche, darin Gott uns gesetzt hat und der wir viel verdanken, der Wahrheit Zeugnis geben. Sollte abermals eine Zeit kommen, wo die Kirche dies Zeugnis hinausstieße, wie der hohe Rat es mit den Aposteln, wie Rom es mit den Reformatoren getan - dann haben wir ein Recht, zu einer neuen Gemeinschaft uns zusammen zu schließen; dann hangen wir nicht an der alten Form, dann wird aber auch Gott den neuen Leib bilden, wie er es in der Reformationszeit getan. Hüten wir uns davor, vor der Zeit eigenmächtig in den Entwicklungsgang des Reiches Gottes einzugreifen, auch wenn manchmal begabte und ernste Christen uns dazu anrufen. Luther war demütig genug, solchen Eiferern zu antworten: „Der barmherzige Gott behüte mich vor der Kirche, darin lauter Heilige sind. Ich will da bleiben, wo es Schwache, Niedrige, Kranke gibt.“

1)
Namentlich ist dies hier im Wuppertal der Fall gewesen, wie die Reden bei Grundsteinlegung der katholischen Kirchen in Elberfeld und Barmen von Pastor Oberehe und Gellermann beweisen.
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