Unbekannt - Christliche und richtige Bekäntnis des jüngst zu Cassel in Anno 1607 gehaltenen Generalis Synodi

Unbekannt - Christliche und richtige Bekäntnis des jüngst zu Cassel in Anno 1607 gehaltenen Generalis Synodi

von itziger zeit Streitigen Artickeln, als

  1. Von den H. Zehen gebotten.
  2. Von abschaffung der vom Papstthumb übrigen götzen Bilder.
  3. Von der Person Christi.
  4. Von der ewigen Gnadenwahl.
  5. Vom H. Abendmal des HErrn.

Mit Freyheit:
Gedruckt zu Cassel durch Wilhelm Wessel, Anno 1608.

Wir glauben von hertzen und bekennen mit dem Munde vor Gott im Himmel, und seiner heiligen Kirchen auff Erden: daß die H. Schrift von GOtt eignegeben, sey die einige, gewisse, unfehlbare Richtschnur, fundament und regul alles dessen, so wir in unserm Christenthumb glauben und thun sollen, also daß alle das jenige, so mit dieser regul überein kömpt recht und gut, was aber derselben entgegen leufft, falsch und böse sey. Dann so spricht der HErr, Esai 8. v. 20. Ja, nach dem Gesetz und zeugnis. Werden sie das nicht sagen, so werden sie die morgenröte nicht haben. Item, Ezech. 20. 18. Ihr solt nach ewer Vätter Gebot nicht leben, und ihre rechte nicht halten, und an jren Götzen euch nicht verunreinigen. Denn ich bin der HErr ewer GOtt, nach meinen Gebotten solt jr leben, und meine rechte solt ihr halten, und darnach thun. Deßgleichen weiset uns auch CHRIstus zu der Schrift, da er sagt Johan. 5. 39. Suchet in der Schrift. Item, Luc. 10. 26. Wie stehet im Gesetz geschrieben? Wie liesestu? Item, Luc. 16. 29. Sie haben Mosen und die Propheten, laß sie dieselbigen hören. Desgleichen sagt PEtrus, 2. Pet. 1. 19. Wir haben ein fest Prophetisch Wort, und ihr thut wol, das ihr darauf achtet. Dannenher wie der H. Paulus vor dem Landpfleger Felix, also auch wir vor der gantzen welt bekennen und sagen: Wir glauben allem was geschrieben stehet im GEsetz und in den Propheten, Act. 24. 14. Und sagen nichts ausser dem das die Propheten (und Aposteln, auff welchen grund wir erbawet werden zu einer behausung Gottes im Geist, Ephes. 2. 19.) gesagt haben, Act. 26. 22.

I. Von den zehen Gebotten.

Nach diesem unbeweglichen grund Göttlicher warheit glauben, und lehren wir die heiligen Zehen Gebott also von wort zu wort, von buchstaben zu buchstaben, wie sie Gott mit seinem heiligen munde geredet, wie er sie mit seinem eigen Finger auff die steinern Taffel geschrieben, und wie er dieselben uns durch Mosen in das Buch des bundes, hat auf und vorschreiben lassen, mit angeheffter ernster vermanung, Deut. 4. 2. Ihr solt nichts darzu thun, das ich euch gebiete, und solt auch nichts darvon thun, auff das ihr bewahren möget die Gebott des HErren ewers Gottes, die ich euch gebiete.

Anbelangend aber die abtheilung der zehen Gebott, weil dieselbe in Gottes wort außtrücklich nicht gesetzt ist, wollen wir darüber mit andern Kirchen nicht streiten. Wann aber die abtheilung, so anfangs zur zeit Landtgraff Philips in den gedruckten Catechismis in unsern Kirchen üblich gewesen, der schrifft unnd der antiquitet gemeß ist, so achten wir, daß dieselbige in unsern Kirchen gleichförmig allenthalben nicht unbildlich behalten unnd gebraucht werden, Hoffen auch, es werde dieser theilung halber niemand ursach haben in unsern Kirchen ein schisma oder spaltung zu machen.

II. Von abthun der Bilder.

Wie wir nu schüldig sind die wort der heiligen zehen Gebot zu leren und zu lernen, also seind wir auch an dem gehorsam derselben verpflichtet, und verbunden, inmassen der Mann Gottes Moses sagt, Deut. 5. 5. Sihe ich habe euch gelehret Gebott und rechte, wie mir der HERR mein Gott gebotten hat, daß ir also thun solt, ec. So behaltets nun und thuts, ec. Item, Deut. 12. v. 33 et 8. Alles was ich euch gebiete, das solt ihr halten, daß ihr darnach thut: Und solt nicht thun ein jeglicher, was jn recht dünckt. Wann dann nu GOtt der HERR in seinen H. Zehen Gebotten gesagt hat, Exod. 20. v. 4. Du solt dir kein Bildniß noch irgend ein gleichniß machen, ec. Item, Deut. 4. 15. So bewahret nu ewer seelen wol, denn ir habet kein gleichniß gesehen des Tages da der HERR mit euch redet aus dem fewr auff dem berge Horeb, Auff daß jr euch nicht verderbet, und macht euch irgend ein Bild, das gleich sey einem Manne oder Weibe, ec. Item, v. 23. So hütet euch nu, daß ihr des Bunds des HERren ewers Gottes nicht vergesset, den er mit euch gemacht hat, und nicht bilder machet einiger gleichniß, wie der HERR dein Gott gebotten hat. Denn der HErr dein Gott ist ein verzerend fewr, und ein eiferiger Gott. Hergegen aber nirgend geschrieben steht, das Gott gebotten und gesagt: Du solt mich abbilden, du solt mir irgend ein Bildnüß oder gleichniß machen, wie im gleichen auch nirgend in der gantzen Bibel geschrieben stehet, das die Patriarchen: Noa, Abraham, Isaac, Jacob, Joseph, David, die Propheten und Aposteln oder andere Heiligen Gottes jemals ein Bild Gottes, Christi, Mariä oder anderer verstorbenen Patriarchen und Heiligen auffgerichtet: Sondern vielmehr zeuget die Schrift, daß sie die von andern aufgerichtete bilder und Götzen zerbrochen, und aus den augen der Kirchen hinweg gethan haben: So achten wir uns schuldig und verpflichtet, die abergläubische und von dem Pabsthumb überbliebene Bilder, so zu keinem andern ende dann zur Abgötterey in unsern Kirchen auffgerichtet, eingesegnet und gebraucht worden, hinweg und aus den Augen der Gemeine Gottes zu thun.

III. Von den Artickeln des Glaubens und der Person Christi.

VOn Gott dem Vatter, Sohn und heiliigem Geist glauben wir gleicher gestalt, alles was davon in den Artickeln unsers Christlichen Apostolischen Glaubens aus GOttes wort zusammengetragen und verfast ist: und ausserdem glauben, leren und sagen wir nichts, sondern nemen unser vernunft gefangen unter den gehorsam der H. Schrift und Artickel des Christlichen Glaubens. Wann dann die H. Schrift nirgend sagt weder im Alten noch Newen Testament, weder bey den Evangelisten noch Aposteln, daß die menschheit oder der leib Christi, oder die menschliche natur in der Person Christi allenthalben, im Himmel, in der Luft, auff erden, im wasser, im fewr und allen Creaturen zugleich und auff einmahl leibhaftig gegenwertig sey: So bleiben wir nochmals bey der schrift, und unseren alten Synodalischen abschieden: und enthalten uns mit denselben solcher der h. Schrifft unbekanten reden. Geben uns also in den gehorsam der heiligen Schrifft, daß wir mit derselben von dem hohen geheimnüß der person Christi allein reden, und mit derselben auch schweigen wollen. Weil dann der HErr in der schrift sagt: Matt. 28. 20. Ich bin bey euch alle tage biß an der Welt ende, Item, Matt. 18. 20. Wo zwen oder drey versamlet seindt in meinem namen, da bin ich mitten unter ihnen: So glauben wir auch dasselbe von hertzen, und lassens unsern höchsten trost sein in allen unsern nöten und anliegen. Wie ingleichen wir uns auch trösten, daß der HErr gesagt: Ich verlasse die Welt, und gehe zum Vatter, Joh. 16, v. 28. Item, ich bin nicht mehr in der Welt, sie aber sind in der Welt, und ich komme zu dir, Heiliger Vatter, erhalte sie in deinem namen daß sie eins seyen, gleich wie wir, Joh. 17. 11. Item, in meines Vatters Hauß sind viel wonungen, wenns nit so wehre, so wolt ich zu euch sagen, ich gehe hin, euch die stette zu bereiten, und ob ich hin gehe euch die stette zu bereiten, wil ich doch wieder kommen, und euch zu mir nemen, auff das ihr seit, wo ich bin, Joh. 14. v. 2. 3.

IV. Von der ewigen Gnadenwahl

Gleicher gestalt von dem hohen geheimniß der ewigen Gnadenwal, glauben und lehren wir alles, was darvon in der Bibel geschriben, und ausser dem glauben und lehren wir nichts darvon: Verwerffen alles vorwitzige forschen und disputiren hierüber aus menschlicher Vernunft gesponnen, Enthalten uns auch der harten reden, so etwa von andern gebraucht, und den einfeltigen zur verzweiffelung oder fleischlichen sicherheit anlaß geben möchten, und führen diese lehre also, das sie dem menschen diene zum gewissen beständigen trost, und Gottseligem leben und wandel. Und das wir uns hiervon noch außtrücklicher erkleren, so ist unser bekändtniß eben das jenige, so Herr Lutherus in der Bibel und vorrede über die Epistel an die Römer aus GOttes wort (welches wir und nichts anders zum unfehlbaren grund hierin und allem andern allezeit setzen) gethan und geschrieben, welches von wort zu wort also lautet: Am Ix. X. und XI. Capitel lehret er (Paulus) von der ewigen Vorsehung Gottes, daher es ursprünglich fleust, wer glauben oder nicht glauben sol, von sünden loß oder nicht loß werden kan, damit es je gar aus unsern händen genommen, und allein in Gotes hand gestellet sey, das wir fromm werden, und das ist auch auffs allerhöchste nöhtig. Dann wir sind so schwach und ungewiß, das wann es bey uns stünde, würde freylich nicht ein mensch selig, der Teuffel würde sie gewiß alle überweltigen. Aber nu Gott gewiß ist, das ihm sein vorsehen nicht fehlet, noch jemand ihm wehren kann, haben wir noch hoffnung wider die sünde, ec. Bißher Lutherus. Und diß ist eben auch unser Bekäntniß von diesem hohen geheimnüß der ewigen erwehlung.

V. Vom heiligen Abendmahl

VOm hochheiligen Abendtmahl unsers HERREN HEsu Christi glauben und halten wir auch alles, was davon in der heiligen Bibel geschrieben, unnd ausser dem Glauben und lehren wir nichts. Wann dann die Schrift zeuget, das unser HERR JEsus Christus in der nacht, da er verrahten worden, recht wahrhaftig Brodt und Wein, so der Wirtt und alle andere Jüden zurselben zeit über ihren Tischen und malzeiten assen und truncken, genommen habe, dasselbe Brodt mit seinen händen, über Tische, vor den Augen der Jünger in stück von einander gebrochen, und ihnen befohlen, sie sollen das gebrochene Brod selbst hinnehmen unnd essen, Und dann hievon gesagt: Solches thut: Welches befehlswort die Aposteln und erste Kirche also verstanden, daß sie das Nachtmahl mit wahrem nahrhaften Brodt, und mit der H. Ceremonien des brechens gehalten, und uns gleicher gestalt dieses alles vom rechten brechen des Brods vorgeschrieben haben, Act. 2. 4. et 20. cap. 1. Cor. 10. et 11, So achten wir uns schuldig das Abendtmahl mit recht warhaftem Brodt, und brechung desselben zu halten und zugebrauchen. Und sind dessen gewiß, daß wir hierin nicht unrecht, sondern recht thun: Und können mit dem H. Apostel sagen: Wir habens vom HErren entpfangen, so wirs doch nicht ohne warhaftig Brod, und ohne dessen brechung entfangen haben? 1. Cor. 10. et 11. Ferner weil der HERR vom Gebrochenen und zum Sacrament seines Leibs geordneten Brodt saget: Esset: damit einfeltigem gebrauch nach verstehend das mündliche essen des brots so jederman bekant: so glauben und halten wir, daß wir diß gesegnete Brod mit unserm leiblichen munde entpfangen, mit unseren zeenen zerkewen, mit unsern zungen schmecken, und in unsern magen lassen sollen, denn das heist recht mündlich essen, so jederman bekant. Demnach aber diß Brodt heist und ist ein Sacrament des Leibs Christi, und diesem H. gebrauch und ordnung nach nit schlecht gemein Brod ist: So heist und ist dieses essen nicht ein Gemein, sondern ein Sacramentlich essen. Weil endlich der HERR von dem Brod sagt: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird, und ferners: Solches thut zu meinem gedechtnüß: Mit welchen worten er den glauben erfordert, und wil das wir nicht allein das irrdische Brod mit dem leiblichen munde essen, sondern auch, das wir die Himlische speise, das ist, seinen wahren Leib, so für uns gegeben, uns sein wares Blut, so vor uns am Stamm des creutzes aus seiner seiten und Wunden vergossen, zu Vergebung unser Sünden, mit dem Munde des Glaubigen hertzen essen, und trincken sollen, damit unsere hungerige dürstige Seelen gespeiset, getrencket und erquicket werden zum ewigen Leben: So Glauben wir, daß wir im H. Abendmal neben und bey der leiblichen niessung des Sacraments des Leibs CHRisti, zugleich auch des wahren Leibs unnd Bluts JEsu CHristi selbsten nicht imaginarie oder nach blossen gedancken, sondern wahrhaftig, theilhaftig werden, und das durch solche niessung CHristus in unsern Hertzen wohne. Derwegen dann der HERR JEsus CHRistus nicht Abwesend, sondern gegenwertig uns in seinem heiligen Abendmal warhaftig mit seinem heiligen Fleische speiset, unnd mit seinem Blute trencket. Und diese niessung des Leibs und Bluts CHristi bringet und giebt kräftigen trost, leben und ewige seligkeit allen blöden, betrübten und gläubigen hertzen, nach dem wort und verheissung des HERREN, Jogan. 6. v. 54. 55. et 56. Warlich, warlich sag ich euch, Wer mein fleisch isset und trincket mein Blut, der bleibet in mir, und ich in ihm; der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am jüngsten Tage aufferwecken. Wehe aber allen, die dieses essen nicht haben, und nach anderm gaffen, dann spricht der HERR: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschen Sohns, und trincken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Wann dann dem also, so beten wir billich nach unser Kirchenordnung: O allmächtiger Gott, gib uns den Leib und Blut deines lieben Sons in dem heiligen Sacrament mit warem Glauben zu geniessen, daß er in uns, und wir in im leben. Item: Gib uns seinen Leib und Blut in seinem heiligen Abendtmahl mit rechtglaubiger begierde und danckbarkeit zuempfangen. Item: Gib uns über alles auch seinen Leib und Blut im heiligen Sacrament zur speiß und tranck in das ewige leben, auff das wir immer in ihm und er in uns lebe? Diese beyderley essen, nemmlich das mündliche essen des Sacraments, und dann das geistliche essen des Leibs CHristi hat die Schrift in klaren hellen Buchstaben. Das aber über dieses noch ein drittes essen sey, da der Leib Christi mit dem leiblichen munde auch der Gotteslästerer, Zauberer, unnd anderer ungläubiger auff unerforschliche unempfindliche weise, doch ohn einigen nutz und Frucht gessen werde, das stehet nicht in der Stifftung des Nachtmals, noch irgend in der H. Schrift. Derowegen so bleiben wir bey den obgesagten beyderley in GOttes Wort außdrücklich gesetzten essen, und lassen das dritte, als welches in der Schrift weder einigen befehl, noch Verheissung hat, an seinen ohrt gestellet seyn, Wöllen aber doch mit keiner Kirchen, so dasselbe etwa glaubet oder helt, deßwegen streiten, noch sie verdammen.

Und diß ist nun also von obgemelten Artickeln unser einfeltiger und aufrichtiger Glaube und Bekäntnüß in klaren hellen Buchstaben Göttliches Worts fest gegründet, und der Augspurgischen Confession, derselben Apologia, und unser Kirchenordnung nicht zu wider: Welches alles wir dem judicio und Erkäntniß eines jeden Christen, ja der gantzen Christlichen Kirchen hiemit unterwerffen thun, nit zweiffelend, es werde hierauß ein jeder numehr handgreiflich und augenscheinlich sehen, wie ungütlich man uns mit allerhand auflagen schrecklicher unnd grewlicher irrthümben, deren wir uns, GOTT lob, gar nicht bewust, bißhero beschweret.

Der GOTT aller Gnaden und Barmhertzigkeit erhalte uns in wahrem Glauben, und verleihe seiner lieben Kirchen frieden und Warheit. Amen.

ENDE.

Quelle: Heppe, Heinrich - Die Bekenntnisschriften der reformirten Kirchen Deutschlands

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