Textor, Gustav Adolph - Am Sonntag Reminiscere

Textor, Gustav Adolph - Am Sonntag Reminiscere

Jesu, gib, dass meine Seele,
Auch nach Deinem Bild' erwacht!
Du bist ja, den ich erwähle,
Mir zur Heiligung gemacht.
Was dienet zum göttlichen Wandel und Leben,
Ist in Dir, mein Heiland, mir Alles gegeben;
Entreiße mich aller vergänglichen Lust,
Dein Leben sei, Jesu, mir einzig bewusst. Amen! -

Geliebte Christen! Der Apostel Paulus schreibt an die Römer Kap. 1,16: „Ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht Alle, die daran glauben.“ Das ist das Evangelium, welches wir haben, und welches unter uns verkündigt wird, von Christo Jesu, dem Sohne Gottes, der die Sünden der Welt getragen hat. Dasselbige ist vor unsern Ohren offenbart, aber vor vielen Herzen ist es leider nicht offenbar, denn es hängt die Decke Mosis vor ihren Herzen, d. h. die Decke der Verstockung und Sünde, dass sie es nicht vernehmen, ob sie es schon hören. Es ist die allergrößte Gnade von Gott, welche uns nur widerfahren kann, dass er uns das Evangelium von Christo gegeben hat. Darin hat er sich über uns erbarmt, wie sich ein Vater über Kinder erbarmt. Denn das Evangelium von Christo ist nicht bloß ein Licht Gottes, welches uns die Seligkeit zeigt, auch nicht bloß ein Wegweiser, der uns den Weg dahin weist, sondern es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht. Diese Kraft Gottes erweckt uns aus dem Sündentode, ist in unserer Schwachheit mächtig, trägt uns als Säuglinge an der Brust, nährt und pflegt uns mit geistlicher Speise und Trank, bis wir das Ziel ergriffen und den Sieg gewonnen haben. Wohl also denen, die daran glauben, denn sie werden nicht zu Schanden werden. - Aber woher kommt es, dass Viele dem Evangelio nicht gehorsam sind, dass Manche sagen müssen: Ich kann nicht an das Evangelium glauben, ob ich schon gern wollte; dass Manche im Glauben so matt und träge, ja tot sind? Das kommt von den Sünden, die sie nicht lassen wollen. Willst du nicht die Buße zum Grunde legen in deinem Herzen, willst du nicht umkehren vom Steige des Verderbens, so wird dir auch das Evangelium von Christo ein verschlossenes Buch bleiben. Und ob du schon viel darin forscht und lernst, so heißt es doch von Solchen: „Sie lernen immerdar, und kommen doch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit.“ Zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheit gehört nicht bloß ein klarer Verstand, sondern vor allen Dingen ein klares, d. h. ein bußfertiges Herz. Darum spricht der Herr: „Ich danke dir, Vater, dass du solches den Weisen und Klugen verborgen hast, und hast es den Unmündigen geoffenbart.“ So auch, wer in Erkenntnis der göttlichen Wahrheit fortschreiten, in die Geheimnisse tiefer eindringen will, muss vor allen Dingen großen Fleiß auf die Reinigung seines Herzens wenden. Denn es ist gewiss, dass eines Teils das göttliche Wort nicht begriffen und bewahrt werden kann ohne die Kraft und Wirkung des heiligen Geistes, anderen Teils aber wohnt und wirkt der heilige Geist nicht in einem unbußfertigen und ungeheiligten Herzen. Wolltest du also dein Herz nicht mit Fleiß reinigen, was Wunder, wenn dein Glaube, deine Erkenntnis, deine Liebe in Christo nicht wachsen, sondern vielmehr abnehmen würde.

Wie notwendig es indessen für uns ist, auf der Bahn der Heiligung und des Glaubens nicht rückwärts, sondern vorwärts zu eilen, das wird uns unsere heutige Epistel weiter zu betrachten geben, und wir, erflehen uns dazu den Segen Gottes in einem stillen und andächtigen Gebete.

Epistel: 1. Thessalonicher 4,1-7.

Weiter, liebe Brüder, bitten wir euch, und ermahnen in dem Herrn Jesu, (nachdem ihr von uns empfangen habt, wie ihr sollt wandeln und Gott gefallen) dass ihr immer völliger werdet. Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben, durch den Herrn Jesum. Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Hurerei, und ein jeglicher unter euch wisse sein Fass zu behalten in Heiligung und Ehren, nicht in der Lustseuche, wie die Heiden, die von Gott nichts wissen; und dass Niemand zu weit greife, noch übervorteile seinen Bruder im Handel; denn der Herr ist der Rächer über das alles, wie wir euch zuvor gesagt und bezeugt haben. Denn Gott hat uns nicht berufen zur Unreinigkeit, sondern zur Heiligung.

Wir nehmen uns für heute aus dieser Epistel folgende Regel: Kein Stillstand, nicht rückwärts, sondern vorwärts auf der Bahn des Glaubens.

Diese Regel wollen wir unter Gottes Beistand näher beherzigen. Wir sagen also zuerst: Kein Stillstand auf der Bahn des Glaubens! - “Weiter, liebe Brüder, bitten wir euch, und ermahnen in dem Herrn Jesu, (nachdem ihr von uns empfangen habt, wie ihr sollt wandeln und Gott gefallen), dass ihr immer völliger werdet. Denn ihr wisst, welche Gebote wir euch gegeben haben durch den Herrn Jesum.“ Für einen Christen ist Gefahr vorhanden, dass er in seinem Laufe aufgehalten werde, in seinem Mut matt werde und ablasse. Etliche werden nach der Trägheit unseres Fleisches müde, auf dem schmalen Wege zu wandeln, das Fleisch zu kreuzigen samt den Lüsten und Begierden; Etliche werden durch die Worte und das Beispiel Andrer irre gemacht, und denken bei sich: Es hat nicht solche Not, wir werden doch noch einkommen in das Himmelreich, wenn wir auch so eifrig nicht danach ringen. Darum schreibt der Apostel Paulus an die Galater (5,7): „Ihr lieft fein, wer hat euch aufgehalten?“ und im Briefe an die Ebräer wird ermahnt (12,3), dass wir nicht in unserem Mut matt werden und ablassen. Wir sollen also keinen Stillstand machen auf der Glaubensbahn, sondern immer völliger werden. Wir fragen uns, was ist das für ein Zustand, den wir einen Stillstand nennen müssten? Es ist etwas Ähnliches, als was in der Offenbarung Johannis gemeint ist, wenn es heißt: „Ich weiß deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist.“ Wenn das Wort Gottes einen Menschen aus dem Tode erweckt hat, ihn zur Buße und zum Glauben geführt hat, so wird er allen Fleiß daran setzen, die Gnade fest zu halten, die ihm geschenkt ist und in der Gnade zu wandeln. Da ist das Herz froh und voll Eifer für den Herrn. „Wie wäret ihr dazumal so selig,“ sagt der Apostel Paulus zu den Galatern von solcher Zeit. Da hebt und trägt die erste Liebe das Herz. Dann eilt man, das Eine, was not ist, zu gewinnen und in Sicherheit zu bringen; dann macht man sich los von den Stricken des Verderbens, dann entsagt man der Welt und ihrem gottlosen Wesen. Aber siehe, der Kreuzesweg ist nicht so voll Rosen, es kommen Anfechtungen, es kommen trübe Tage, man möchte sich den schmalen Weg gerne breiter, und das Kreuz gern leichter machen, der Eifer erkaltet, die Liebe wird müde und matt, das Herz wird träge. Du entziehst dich vom Worte Gottes, du bleibst aus der Versammlung

der Christen zuerst um geringer Ursachen willen, hernach auch aus bloßer Unlust und Gleichgültigkeit. Du vergisst des täglichen Gebetes, es gehen ganze Tage hin, in welchen deine Seele nicht vor dem Herrn erscheint, ganze Tage, an welchen du deines Berufes nicht gedenkst. Was dir sonst eine Lust war, wird dir eine Last, wonach du sonst hungertest, dessen bist du satt geworden, und siehe da, der sonst lief auf der Glaubensbahn, steht nun stille. Du sagst dich gerade nicht los von Christo und seinem Evangelio, du nimmst es noch Alles für wahr an, du treibst dich nicht in Lastern umher, du halst dich im Ganzen ehrbar, wie es einem Christen zusteht, aber die Lampe hat kein Öl mehr und ist am Erlöschen, der Glaube hat keine Kraft mehr, und ist wie ein Haus, darin Niemand wohnt, die Liebe hat kein Feuer mehr, und ist, wie etliche Kohlen unter der Asche geworden, so sie doch hell brennen sollte. - Wer ist nun unter uns, der solchen Stand seines Herzens erkennt? der soll auch inne werden, was das für Gefahren hat. Während du so still stehst, steht die Zeit nicht still, die Gnadenzeit, die dir zugemessen ist, sondern es geht eilends auf die Stunde los, die dich von hinnen rufen wird. Die Zeit also, darin wir schaffen und bauen, Schätze im Himmel sammeln sollen, geht damit verloren, und doch werden wir Rechenschaft geben sollen, wie wir sie benutzt und ausgekauft haben. Ist nicht derjenige für sein ganzes Leben ein verlorener Mensch, der seine Jugendjahre schlecht anwendet, nichts Nützliches lernt, sich nicht zum Fleiße und Arbeitsamkeit gewöhnt? So ähnlich ist es auch im Leben des Glaubens, wenn wir still stehen auf unserer Bahn. Darum lasse keinen Tag ohne Gebet verstreichen, vergiss keinen Tag, wozu du berufen bist; gedenke täglich: Wie, wenn du heute stirbst? bist du bereit? - Während du still stehst, steht der Feind deiner Seele nicht still, sondern ist geschäftig, dein Herz ganz zu umstricken. Da die Leute schliefen, säte er Unkraut unter den Weizen. Dem Satan mag es schon recht sein, wenn wir Gottes Wort nicht hören, nicht anhalten mit Beten und Flehen, uns nicht täglich fragen: Was muss ich tun, dass ich selig werde? da behält er Zeit und Raum, unser Herz zu verrücken von der Einfalt in Christo, unsere Sinnen zu betören, zu bezaubern. Darum lasst uns alle den Ruf zu Herzen nehmen: „Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig?“ lasst uns den Schlaf aus unsern Augen vertreiben und wacker sein, dass unsere Krone uns nicht entfalle.

Unsere zweite Ermahnung heißt: Nicht rückwärts auf der Bahn des Glaubens! “Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr meidet die Hurerei, und ein jeglicher unter euch wisse sein Fass zu behaltenen Heiligung und Ehren, nicht in der Lustseuche, wie die Heiden, die von Gott nichts wissen; und dass Niemand zu weit greife noch übervorteile seinen Bruder im Handel, denn der Herr ist der Rächer über das Alles, wie wir auch zuvor gesagt, und bezeugt haben.“ - Mit diesen Worten werden Alle, die den Namen Christi tragen, dringend ermahnt, dass sie nichts zu schaffen haben mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis. Ist dir die Seligkeit deiner Seele lieb, so denke nicht, dass Christus eine Gemeinschaft haben könne mit der Unzucht, oder Ungerechtigkeit. Nicht rückwärts, o Christ! vergiss mit Paulus, was dahinten ist, und strecke dich nach dem Kleinod der himmlischen Berufung. Als die Kinder Israel aus Ägypten gezogen und durch das rote Meer gegangen waren, da murrte die ganze Gemeinde wider Mose und Aaron in der Wüste, und sprachen: „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des Herrn Hand, da wir bei den Fleischtöpfen saßen, und hatten die Fülle Brot zu essen.“ So könnten auch Christen, wenn sie nun von der Welt und ihrem Wohlleben ausgezogen wären, zurücksehen, und sich die vorigen Sünden gelüsten lassen. Und das geschieht von so Manchen, dass sie sich wieder umwenden nach dem vorigen Unflat der Sünde, und verleugnen den Herrn, der sie erkauft hat. Ich bitte und ermahne euch bei den Wunden Jesu Christi, des Sohnes Gottes, seht doch zu, wie ihr es treibt, und wo ihr bleibt. Nicht rückwärts in die Stricke des Verderbens, hinter uns liegt der Tod und die Verdammnis. Hinter uns liegt sie, so wir anderes neue Kreaturen in Christo Jesu geworden sind. Hat er uns nicht erlöst, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels? Hat er uns nicht das Gebot der Heiligung gegeben, dass wir vollkommen werden sollen, wie unser Vater im Himmel vollkommen ist? Wer sich nun wendet von diesem Gebote zu dem Lastersteige der Sünden, der geht rückwärts, nicht den Pforten des Himmels, sondern dem Rachen der Hölle entgegen; „der Knecht aber, der seines Herrn Willen weiß, und tut ihn nicht, der ist doppelt Streiche Wert.“ Das ist aber der Wille Gottes, unsere Heiligung, dass wir unsere Herzen reinigen von der Sünde. Vor allen Dingen sollen wir uns vor der Unzucht bewahren und unbefleckt erhalten; denn die Lustseuche ist wie ein wütender Brand auf Erden, welcher um sich frisst, und ganze Geschlechter an Leib und Seele verdirbt. Das heißt rückwärts gehen, wenn ein Christ sich Unzucht erlaubt, es sei heimlich, oder öffentlich, es sei in Werken, Worten oder Gedanken. Von öffentlicher Unzucht muss man ja leider auch mitten in der Christenheit reden, denn viele gottlose Leute machen kein Geheimnis aus liederlichen Scherzen und unzüchtigen Liedern; Andere leben offenbar in sogenannter, wilder Ehe, und sind damit ein Ärgernis vor Aller Augen. Solche freilich können nicht viel rückwärts gehen, sondern sie sind schon so weit zurück, dass man fürchten muss, dass sie reif sind zum Gericht; aber ein Christ soll davor fliehen, als vor einer Pestilenz, die ihm seiner Seelen Seligkeit zu Grunde richtet. Ingleichen sollen wir uns vor Ungerechtigkeit hüten und bewahren, dass Niemand zu weit greife, noch übervorteile seinen Bruder im Handel. Seht, der Betrug ist in dieser Welt wie eine große, breite Heerstraße, auf welcher Millionen wandeln. Da wird kein Wort gespart im Loben und Lügen, und die sich daraus kein Gewissen machen, scheinen die besten Handelsleute zu sein, d. h. dass es ihnen gelingt, den Mammon zusammenzuscharren. Da muss es dem Christen oft schwer werden, nicht nach denselben Mitteln zu greifen, zu lügen und zu trügen, wo es immer im Verborgenen angeht. Aber merkt und bedenkt, dass in Christo Jesu dieser feste Grund besteht: „Es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennt.“ Und der Herr ist der Rächer über das Alles, wie wir euch zuvor gesagt und bezeugt haben.

Nicht rückwärts, sondern vorwärts soll ein Christ eilen auf der Bahn des Glaubens. Vorwärts sagt St. Paulus, wenn er schreibt: „Ich strecke mich zu dem, das da vorne ist, und jage nach, dem vorgesteckten Ziele nach, dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu.“ Vorwärts ermahnt er, wenn er schreibt: „Lauft nun also, dass ihr das Kleinod ergreift.“ Oder: „Seid fest und unbeweglich, und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, sintemal ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.“ „Gott hat uns nicht berufen zur Unreinigkeit, sondern zur Heiligung,“ sagt unsere Epistel. Zur Heiligung, dass heißt nichts Anderes, als dass wir die Sünde immer mehr überwinden, und immer völliger werden sollen im Glauben, in der Wahrheit, in der Geduld, in der Liebe. „Zieht den alten Menschen mit seinen Werken aus, und zieht den neuen an, der da erneuert wird zu der Erkenntnis nach dem Bilde des, der ihn geschaffen hat. Denn welche Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden.“ Vorwärts auf der Glaubensbahn! denn Jesus spricht: „Wer die Hand an den Pflug legt und steht zurück, der ist nicht geschickt zum Reiche Gottes.“ Fragst du, wie soll ich es anfangen, dass ich vorwärts eile? Sprichst du, ich wollte so gern, ich bestrebe mich danach, aber ich kann es nicht spüren, dass es vorwärts geht? möchtest du sagen: Meiner Gebrechen werden eher mehr, als weniger? Fange jeden Tag im Glauben an deinen Erlöser an, gib dich jeden Tag in seine Gnade hin und sprich bei dir selbst: „Ich bin sein, er hat mich erkauft mit seinem Blute.“ Wenn dann dein Unglaube mit allerlei Wenn und Aber kommen will, so wende dich weg von ihm, und hin zu dem Gekreuzigten. Wer zu ihm kommt mit ganzem Herzen, findet kein Wenn und Aber, sondern eitel Ja und Amen, Vergebung und Seligkeit. Drückt dich deine Sünde, beugt dich deine Schwachheit, so hast du ja beten gelernt. Die Gnade Jesu Christi ist ein weites, tiefes Meer, das den Tod verschlungen hat; bei ihm ist Segen und Vergebung, Kraft und Leben für Millionen mal Millionen, die zu ihm schreien, sollte er nicht ein Tröpflein haben, deine arme Seele zu erquicken? Ob nun tausend Zweifel und Bedenken deine Seele durchkreuzen, so rufe du dreist mitten darin: „Ich bin doch Jesu Eigentum, er hat mich erkauft mit seinem Blute!“ und in diesem Glauben wandle deinen Weg, wache und bete, und halte dich an die Gnade des Herrn, deines Heilandes, halte dich an das Licht seines Wortes, halte dich an den Anker seiner Verheißungen, so wirst du vorwärts eilen, und es muss dir gelingen zur Seligkeit. Aber, sprichst du, ich kann es doch nicht spuren, dass ich völliger werde, ich entdecke immer mehr Sünde und Elend an mir; ich sehe Andere so stark und kann es dahin nicht bringen. Mein Christ, was denkst du dir darunter? was willst du spüren? Meinst du, es solle dein Innerstes nach und nach so ganz klar und stille werden, dass keine Angst, kein Zweifel, keine Sünde mehr auftauche? Meinst du, es müsse wie eine Windstille in deinem Herzen sein, lauter Sonnenschein ohne Nebel, ohne Wolken? Das möchte wohl köstlich sein, aber kein Kind Adams wird hienieden solchen Frieden genießen. Entdeckst du immer mehr Sünde und Elend an dir, so wirst du ja darum auch gebeugter und demütiger sein, und das heißt mit starken Schritten vorwärts gehen. Fühlst du deine Unwürdigkeit immer tiefer, so wirst du ja auch desto williger und freudiger die umsonst dargebotene Gnade des Erlösers ergreifen, und das heißt vorwärts gehen mit starken Schritten. Siehst du Andere so stark und dich so schwach, so wirst du ja flehen, dass die Kraft Christi in deiner Schwachheit mächtig sei, und das heißt vorwärts gehen. So lasst uns denn wachsen in der Erniedrigung unser selbst. Jeder Tag der Gnade, den Gott uns schenkt, sei ein Tag, den wir in seiner Gnade verleben. Je weiter auf dieser Bahn, desto seliger ist der Gang, am Ziele aber winkt die Krone, die er aus Gnaden seinen Erlösten schenken wird. Ihm aber, dem Gnadenreichen, dem einigen Hirten und Bischof unserer Seelen sei Preis und Anbetung in Ewigkeit! Amen!

Herr Jesu, der Du uns so teuer erkauft hast von allen Sünden, vom Tod und von der Gewalt des Teufels, lass nun Deine Gnade uns treiben, dass wir nicht wieder verstrickt werden in das ungöttliche Wesen und die Lüste dieser Welt, die im Argen liegt. Lehre uns der Heiligung nachjagen, und in einem lauteren und unanstößigen Wandel beweisen, dass Deine Kraft in uns mächtig sei. Lass uns nie stille stehen in der Trägheit unseres Fleisches, noch gar zurücksehen nach dem, das dahinten liegt, sondern treibe uns, o Herr, durch Deinen Geist, dass wir uns strecken dem vorgestreckten Ziele nach, und also laufen, dass unser Keiner dahinten bleibe, und wir einst eingehen zu der Ruhe, die vorhanden ist dem Volke Gottes! Amen!

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autoren/t/textor_gustav_adolf/textor-reminiscere.txt · Zuletzt geändert: von aj
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