Tauler, Johannes - Medulla Animae - Viertes Kapitel. Von der Demut, Geduld und Gelassenheit eines sich selbst abgestorbenen Menschen, nebst nötiger Warnung vor möglichem Betrug.

Tauler, Johannes - Medulla Animae - Viertes Kapitel. Von der Demut, Geduld und Gelassenheit eines sich selbst abgestorbenen Menschen, nebst nötiger Warnung vor möglichem Betrug.

Stirbt der natürliche Mensch, so ergehen über ihn drei Dinge: erstens, in die Erde wird der Leichnam gelegt; zweitens, bis an das Ende der Welt gehen die Lebendigen über ihn hin, und er wird so gewissermaßen mit Füßen getreten; drittens zerfällt er in Staub und Asche. Schau in diesem irdischen Bild das wahre Bild des geistig sich selbst gestorbenen Menschen.

Er senket sich erstlich in grundloser Demut vor Gott und den Menschen so tief herab, dass er sich nicht nur über Niemand erhebt, sondern alle als besser, und gottgefälliger, als er ist, betrachtet, sich dagegen als den schnödesten Sünder aufrichtig erkennt.

Zweitens, mit geduldiger Gelassenheit erträgt er es, wenn auf ihn bis zum Ende gleichsam mit Füßen getreten wird; d. h. er duldet bis an seinen Tod, in Einfalt des Herzens, alle Widerwärtigkeiten, Schande, Schmach, Leiden und Pein, kommen sie ihm zu von Gott oder den Menschen, mit Recht oder mit Unrecht; er verantwortet sich nicht, er entschuldigt sich nicht, er klagt nicht, er sucht nicht Rache, er benimmt sich wie Einer im Grab, der sich Allen unterwirft; tue ihm wohl, oder wehe, liebes oder leides, lobe oder lästere ihn, ihm ist das wie jenes, es gilt ihm Alles gleich, ihn rührt das Eine und das Andere nicht, am wenigsten Rache

Drittens, an allem, was Gott nicht ist, ist er zunichte geworden; denn er hat sich gänzlich in Gott gekehrt, in ihm ist jede Begierde nach zeitlichen und leiblichen Dingen durchaus erloschen; gibt Gott, oder nimmt Er, er steht unverrückt in Gott gelassen. Was die Notdurft durchaus erfordert, und des Menschen Natur nicht entbehren kann, das nimmt er an, seinen Willen aber gibt er gefangen in Gottes Willen; er ist seiner selbst, und alles dessen, was er haben oder erlangen kann, ausgegangen; er ist zunichte geworden in allen Dingen, in welchen er sich selbst haben, suchen, oder finden könnte, damit nur einzig der göttliche Wille in ihm ohne alles Hindernis vollbracht werde.

Nun gibt es aber noch einen anderen geistlichen Tod, er ist jenes formlose Leiden, jene erquickungslose Wüste, wo sich weder Weg noch Weise zeigt, in welche aber der allmächtige Gott gerade Seine Freunde zu führen, und sie zu prüfen pflegt. Führt nun auch uns der Herr dahin, fühlen wir diesen Schauder der Öde, dann gilt es sterben, dem wir uns nicht entziehen wollen, noch sollen, stille halten, nicht ausbrechen in das Äußere, nicht Trost, Freude oder Lust suchen von außen, vielmehr wahrnehmen und aufmerken, was der Herr durch diesen Druck in uns wirken wolle, uns gutwillig darein ergeben, damit uns unser Gewissen Zeugnis geben könne, wir seien mit Christo wahrhaftig am Kreuz gestorben, welcher, hangend am Kreuz ohne alle Hilfe und Trost, von innen und außen verlassen, Seinen Geist in die Hände Seines Vaters aufgab. Diese Menschen hat Paulus im Auge, wenn er spricht1): „Ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christo in Gott. Wenn aber Christus euer Leben Sich offenbaren wird, alsdenn wird auch euere Herrlichkeit in Ihm offenbar werden.“ Darum ist es zwar allerdings löblich und gut, das Leiden unseres Herrn tief zu betrachten, und das Gebet des Herrn, das Er uns gelehrt hat, mit Tränen im Herzen und im Auge öfters zu beten; aber dem gekreuzigten Christus in Demut nachfolgen, ist das Gott Gefälligste. Wende dich hin, wohin du immer willst, Gott hat dich gerufen, Ihm nachzufolgen, ein Kreuz, sei es, was es sei, eines musst du Ihm nachtragen; fliehst du das eine, es fällt dir das andere zu, und drückt vielleicht noch schwerer. Noch ist kein Meister, oder Redner geboren, der dir durch seine Weisheit, oder Rednergabe das Kreuz wegzusprechen vermocht hätte; der Jünger Jesu muss leiden, und der willst du doch sein? oder ist der Knecht größer denn sein Herr, das Kind besser als sein Vater, oder der Jünger über den Meister? „Der Jünger ist vollkommen, wenn er ist wie sein Meister2).“ Sieh', das ist die Summe aller Weisheit, der Inhalt der Schrift und aller Reden in ihr: Leiden lernen, und Widriges ertragen. Der heilige Petrus, dieser wahre Nachfolger Christi, sagt3): „Christus, der keine Sünde getan, hat für uns gelitten, und uns ein Beispiel hinterlassen, dass wir Seinen Fußstapfen folgen sollen.“ Das ist also der sicherste und kürzeste Weg, der uns offen steht, den der höchste Meister aller Wahrheit gefunden, Selbst gewandert und betreten, und uns gelehrt hat, dass kein besserer Weg, wieder zum Vater zu kommen, sei, als der, wo wir mit dem Sohn zu Ihm wandern.

Damit wir aber ohne Anstoß und Irrung auf diesem Weg wandern, und Natur und Gnade einträchtig mit einander wirken können, so müssen wir drei Dinge berücksichtigen, welche, wenn wir sie in uns finden, uns vor der falschen Freiheit, vor der Täuschung des bloß natürlichen Lichtes, und vor falschen Propheten bewahren werden, die zwar aus Zulassung Gottes unsern Grund anfallen können, uns aber nicht schaden, vielmehr zu unserem ewigen Heil förderlich sein werden.

Das erste ist: wenn wir mit großem Ernst von Gott wahrhafte Erkenntnis aller unserer Sünden unter herzlicher Reue und aufrichtiger Bekenntnis derselben bitten, in diesem Willen unausgelegt verharren, und nach Ordnung der heiligen allgemeinen Kirche dieselben büßen, und jede fernere Gelegenheit zur Sünde sorgfältig und ernstlich meiden. Dieser Wille und Ernst muss ununterbrochen in uns leben, die Werke aber muss Gott mit Seiner Gnade durch uns wirken, so werden wir vor falscher Freiheit bewahrt bleiben.

Das zweite erfordert, dass wir unseres Nächsten Seelenheil so ernstlich begehren und wünschen, als unser eigenes, und ihm dazu behilflich seien, leiblich und geistlich, mit Allem, was wir vermögen, und zwar um Gottes willen, damit auch er ein Gott gefälliger Mensch werde und sei. Von dieser Liebe und Fürbitte dürfen weder Freunde noch Feinde, mit einem Wort, Niemand ausgeschlossen sein; denn der Herr hat uns ja befohlen, für Alle zu bitten. Das ist der wahre und unverfälschte Grund, den Nächsten, wie uns selbst zu lieben, es ist ein göttlicher Grund, den das natürliche Licht nicht gibt; und so bleiben wir auch in diesem Punkt vor seinem Trug sicher und bewahrt.

Das dritte besteht in dem ernstlichen Verlangen, dem lieblichen Bild des Lebens und Wandels unseres Herrn, nach innen und außen, ähnlich und gleichförmig zu werden. Deshalb sollen wir den himmlischen Vater bitten, Er möge uns so innigst mit Sich vereinigen, dass Er im Grund unserer Seele nichts Anderes finde und erkenne als Jesum Christum den Gekreuzigten, der uns durch Sein heiligstes Leben und Leiden zum Vater führt; denn zum Leben führt kein anderer Weg als durch den Sohn, wie Er Selbst sagt4): „Ich bin der Weg, wer durch Mich eingeht, der findet das Leben.“ Auf diesem Weg kann uns kein falscher Prophet, keine falsche Freiheit, kein täuschendes Licht der Natur begegnen, noch weniger irre führen. - Endlich sind noch drei andere Merkmale, die ihre Besitzer über die Natur in die Gnade Gottes erheben und stellen.

Das erste Merkmal eines wirklich Begnadigten ist die Feindes-Liebe, wirksam durch Wohltaten gegen ihn, der ihm doch nur Böses will und wünscht. Diese Liebe kommt nicht aus der Natur, sie ist gegen sie, sie übersteigt sie, und die Natur muss hier ihrer selbst ausgehen, und sich unter die Gnade stellen. Diese Liebe kommt vom Herrn, Er hat sie gelehrt, und erfüllt, da Er für seine Kreuziger bat, sprechend: „Vater! verzeihe ihnen, sie wissen nicht, was sie tun.“

Das zweite besteht in jener herzlichen Liebe Gottes, die uns antreibt, vom Grund unserer Seele zu wünschen, dass alle Menschen Gott so lieben möchten, dass Er in ihnen allen Seinen liebsten Willen so ausführen und vollenden könne, wie er es von Ewigkeit her in uns und für uns Alle gewollt und gemeint hat, dass Sein Name geheiligt werde wie im Himmel, so auf Erden; was eben auch dem Willen und der verberbten Natur des Menschen entgegen ist, denn was immer die Natur liebt, das möchte sie gerne für sich behalten, und gönnt es keinem Anderen. Die Gnade hingegen will sich Allen gemeinsamen, sie will ihre Liebe nicht allein genießen, sie möchte sie an alle, an Heiden, Juden und Christen ausspenden, sie will nichts anderes, denn was Gott will, und wie er es will. Hier geht die Natur ganz unter, und ihr bleibt ferner nichts eigen.

Das dritte Merkmal äußert sich in jener ernstlichen Liebe, in jenem entschlossenen Willen, die den Menschen den Wunsch abnötigen, mit dem Apostel auszurufen5): „Ich wünsche aufgelöst zu werden, und bei Christo zu sein!“ - mit Ihm unmittelbar vereinigt zu sein; denn das weiß er ja, dass diese unmittelbare Vereinigung mit Ihm nur einzig und unwandelbar durch den Tod des Leibes geschehen könne. Wer dieses ernstliche Verlangen in sich fühlt, der darf überzeugt sein, dass Gnade in ihm sei über die Natur; denn solches Verlangen geht über die Natur, die sich nimmermehr dem Tod und ihrer Zerstörung freiwillig hingibt; das kann und wirkt nur die Gnade, die in dem Apostel rief6): „Ich elender Mensch! wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“

Da es indessen gar leicht geschehen kann, dass der sogenannte innere Trieb uns täusche und irre führe, und wir das, was uns innen treibt, als Antrieb Gottes zu diesem oder jenem halten, was doch vielleicht nur Trieb der Natur oder gar des bösen Geistes ist (denn die sogenannte gute Meinung reicht nicht allemal hin zu einem guten Werk), deshalb ist es uns, wenn es uns mit der Jugend und einem gottgefälligen Leben Ernst ist, höchst nötig, alles Fleißes nachzusehen, welches Licht eigentlich in uns leuchte und uns führe, ob ein göttliches, oder bloß natürliches, oder gar ein durchaus falsches? Sind unsere Handlungen und Werke bloße Wirkung der Natur, so sind sie, weil sie der Gnade ermangeln, nicht verdienstlich zum ewigen Leben. So wisse denn: der Trieb der Natur, oder das Licht des Verstandes leitet uns hin auf gewisse Formen und Bilder, zum Suchen unserer selbst, zum Finden unserer selbst, zum Besitzen unserer selbst, zu unserer Lust, zum eigenen Wohlgefallen, zum Eigenlob in allen Dingen. Das Licht im Gegenteil, und der Antrieb eines guten, englischen Geistes führt uns zur Abtötung unserer und der verderbten Natur mit nötiger und echter Bescheidenheit; dagegen der böse Geist uns auf das Äußerste hintreibt, zur Hoffart, zur eitlen Ehre, zur Bitterkeit und Härte gegen Andere; du sollst Etwas sein und vorstellen in der Welt, sprichts innen; du sollst mehr wissen, denn Andere, dir soll und muss das oder jenes in der Welt werden, du musst der Mann werden, der da viel vermag unter und bei den Menschen; du musst der Spitzfindigen Einer werden; dir darf das Höchste und Unfasslichste nicht verborgen bleiben, und dergleichen schnöder Dinge und Torheiten mehrere, - mit einen Wort: zur Sünde und besonders zu jenen Sünden, wohin ohnehin deine verderbte Natur hinneigt, dahin treibt er, die entzündet er. Aber das göttliche Licht lehrt von allem diesem das gerade Gegenteil; es führt zur Demut, zur Verzichtleistung unserer selbst, zur Einfalt, zur Einheit, zur Keuschheit. Lerne aus diesen, wer dich treibe, und welcher Geist in dir wirke! Sei fest überzeugt, und glaube es, jedes Licht, jede Kenntnis, jeder Trieb, den du von innen oder von außen erfährst, die ausgezeichnetste Kenntnis der sämtlichen heiligen Schriften, alle Weisheit der Vernunft, aller Scharfsinn des Verstandes, sie alle zusammen sind nicht im Stande, dir den wahren Seelenfrieden, die wahre Gemütsruhe zu geben, sie alle genügen dazu nicht; nur einzig Gottes Erleuchtung, wenn du sie in tiefer Demut und Liebe zu Ihm aufnimmst, vermag es, nur die Gnade gibt den Frieden.

Damit dir aber der Unterschied der Natur und der Gnade noch deutlicher werde, so wisse ferner: das Ich und Mich, das Mein und Mir, Dies und Das, Bilder und Gestalten, Neigungen, Eigenwille, sich selbst suchen, sich selbst besitzen und haben, das Alles ist Werk der Natur. Merke nun ferner, wie die Werke der Natur, von welchen sie die Mutter und Meisterin ist, sich von jenen, die von der Gnade urspringen, unterscheiden. Die Natur gelüstet nach dem Vergänglichen, und lebt gerne darin; die Gnade will, wir sollen diesem Schnöden ersterben. Die Natur will, dass alles, was sie tut und wirkt, die ganze Welt wissen möge, denn nach allgemeinem Lob lüstet sie; die Gnade will unbekannt, verborgen und unbeachtet bleiben. Die Natur will lange leben, und fürchtet den Tod; die Gnade wünscht durchaus entledigt, aufgelöst von allen irdischen Banden, und so mit Christo vereinigt zu sein. Für das Zeitliche trägt die Natur große Sorge, die Gnade kümmert sich dessen nicht, ihre Liebe haftet am höchsten Gut; unbeständig im Guten ist die Natur, unbeweglich wie in der Freude so im Leid ist die Gnade; Narreteidung und schnöder Zeitvertreib ist der Natur Lust und Wonne, die Sehnsucht der Gnade steht nach Gott, nach einem Ihm wohlgefälligen Leben, sie verlangt nimmermehr des Trostes und Ermunterung der Kreaturen, sie macht demütig, geduldig und gerecht, und der Mensch will nicht wissen, dass er der sei; die Natur aber möchte das gerne wissen, ihr soll die etwaige Tugend, tröstlich, und mit innerem Geschmack für sie und Süßigkeit verbunden sein. Ja, die Summe und die höchste Kunst des geistigen Lebens besteht in genauer Kenntnis und richtiger Unterscheidung der Wirkungen der Natur und jener der göttlichen Gnade. Wie wir erst sagten, wo die Natur im Spiel ist, da gilt immer das Ich, Mich, Mein, Mir, da ist Lust und Unlust, da sucht man sich selbst immer, und bleibt in seiner Ungelassenheit; Gott aber und seine Gnade verabscheut jedes Ich und Mein, und der begnadigte Mensch bleibt unverrückt in demütiger Gelassenheit und Verleugnung seiner selbst.

Da jedoch die Antriebe der Natur und des Feindes oft so fein und verdeckt sind rücksichtlich ihrer Quelle, und solche den Einsprechungen und Anregungen des Heiligen Geistes oft ähnlich sind, so müssen wir in demütiger Gelassenheit Gott um die Erkenntnis Seines wahren Lichtes anflehen, und in wichtigen Dingen den Rat eines erleuchteten Mannes, unseres Vorgesetzten, oder des Beichtvaters einholen, und unserer eigenen Meinung und Einsicht nicht trauen, damit wir dem Trug des Satans nicht heimfallen. Auch das können wir als ein gutes Zeichen, dass die Gnade im Werke sei, erkennen, wenn der Vorsatz und das Vorhaben, dem wir uns ergeben wollen, unseren Eigenwillen, sinnliche Neigung, eigene Lust tötet und sie demütigt; denn das will die Natur keineswegs, sie sucht ja nur ihre Lust und Neigung, und wo es auf Demütigung, Selbstverleugnung ankommen will und soll, da hat sie allemal eine Entschuldigung in Bereitschaft; wo aber die Gnade treibt und führt, da scheut der Mensch nicht Schmach, nicht Selbstverachtung, da weiß er von keiner Entschuldigung. Die Gnade mahnet zur treuen Beobachtung der göttlichen Gebote, zur Erfüllung der heilbringenden Räte des Herrn, und zeigt uns bei Erfüllung derselben immer das echte Maß und Ziel, und erhält uns in der heilsamen Mitte; die Natur aber und der Feind treiben allemal über die Grenze hinaus.

Endlich nimm auch noch dieses Merkmal hin, denn noch immer sind wir nicht außer aller Gefahr des Truges; listig ist die Natur, arglistig der Feind, noch sind sie geneigt, fremde Gestalten und lügenhaften Schein anzunehmen; darum merke noch dieses: fühlst du in dir einen Trieb zum Guten, und du willst gewiss wissen, ob er von Gott oder der Sinnlichkeit sei, so denke nur nach diesem erhaltenen Trieb an etwas dir Erfreuliches; kannst du dich dessen nun sogleich freuen, und geht es sanft und süß in dich ein: dann sei versichert, der genannte Antrieb war bloß natürlich gewesen, und die Natur suchte sich nur selbst; denn Gleiches gesellt sich zum Gleichen, und Gleiches freut sich des Gleichen. Nimmst du aber den erfreulichen lustbringenden Gedanken mit Widerwillen und Unmut auf, dann war auch der erste Antrieb ein guter, vom heiligen Geist Gottes kommend. Auch das ist ferner ein gutes Zeichen, wenn der Antrieb nicht sogleich vorübergeht, sondern anhaltend ist; denn die unstete Natur hält nicht lange aus, auch der Feind nicht; widerstehst du ihm, du siegst über ihn, er wendet sich sogleich wieder zu etwas Anderem; bleibst du aber der Gnade treu, und gibst ihr Raum in dir, so wird auch sie dir treu bleiben, und sich nicht von dir wenden.

Zum Schluss dieses Gegenstandes stehe noch folgender Rat: Da Niemand, so lange wir noch hienieden im Leibe wallen, alle Regungen und Antriebe in uns gewiss und eigentlich nach ihrem Ursprung, ob sie nämlich bestimmte Wirkungen der Gnade oder der Natur seien, erkennen kann, so wird es sehr heilsam und ersprießlich sein, wenn wir irgend eine Anregung, einen Trieb in uns erfahren, er sei nun widrig oder uns angenehm, uns unverzüglich in uns selbst einergehen, Alles auf Gott hinwenden, und Ihm übertragen, Ihn demütig bittend, er möge Alles zu Seiner Ehre wenden, er, der Herr der Natur wie der Gnade. So wird dir das Natürliche übernatürlich durch deine demutsvolle Übergabe an Ihn, und durch deine Bereitwilligkeit, den allerliebsten Willen Gottes, wenn du ihn nur vollkommen und ganz erkennen könntest, pünktlichst zu erfüllen. Ergeben sich zweierlei Dinge, und du weißt nicht, welches von ihnen Gott wohlgefälliger wäre, dann wähle das, gegen welches deine Natur sich sträubt, nur muss es auch mit der Lehre der heiligen Kirche und dem Leben unseres Herrn und Heilandes übereinstimmen. Auf diese Weise werden auch alle unsere natürlichen Werke veredelt und durch Entsagung unserer selbst ein angenehmes Opfer unserem Gott. Das gilt besonders von jenen Werken, über welche uns das gewisse Wohlgefallen Gottes nicht deutlich bekannt ist.

1)
Kol. 3
2)
Joh. 13. Luk. 6
3)
1. Pet. 2
4)
Joh. 10 und 14
5)
Phil 1,23
6)
Röm. 7,24
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