Steinmetz, Johann Adam - Aus einer Predigt

Steinmetz, Johann Adam - Aus einer Predigt

Eine Stelle aus einer wenig bekannten Erbauungsrede des seligen Abts im Kloster Berga, Johann Adam Steinmetz.

Ich komme zu der Frage; ob ihr euch auch wollet als Gottlose in die Cur Jesu begeben, und als Gottlose ausheilen lassen von dem Herrn Jesu? Meine Lieben, wundert euch nicht über diese Frage; sie möchte manchem wohl seltsam vorkommen; aber es ist eine Frage, darauf sehr viel ankommt. Ihr werdet wohl wissen, was Röm. 4. steht; daß Gott keine andre gerecht mache, als Gottlose, die sich für Gottlose erkennen. Was heißt denn das? Das muß ich heute nothwendig deutlicher erklären. Gebet Achtung!

Merket, erstlich heißt es so viel; daß du dich durch Gottes Gnade und Kraft des heiligen Geistes erkennen lernen mußt, als einen abscheulichen Sünder. So lange du denkest, du bist noch etwas fromm, hast noch dieses und jenes Gute an dir, hast manch schön Lied gesungen, oft gebetet, bist oft zur Kirche gegangen; so lange du so denkest, so kommst du nicht dazu, weißt noch nicht, was das sey, in Jesu Blute Vergebung der Sünden haben. Ach! nein! Du bauest Frömmigkeit auf das elende Zeug deines eignen Thuns, wenigstens bauest dud mit darauf, und nicht auf Jesum allein, nicht allein aufdie Gnade Gottes und JEsu Christi; Du verläßt dich auf deine Frömmigkeit, und, wenn du auch, so zu sagen, drey Ecken deines Hauses auf den Herrn Jesum bauest, und die vierte auf dein eigen Thun, so bestehet dein Haus doch nicht; ehe man sichs versiehet, so hat es einen Riß, und fällt über den Haufen. Ach mein Gott! das ist bey vielen Seelen unter uns eine wichtige Ursache, warum sie nicht zur bleibenden Versicherung ihres Gnadenstandes kommen. Weil sie sich nicht als gottlos erkennen, und sich nicht als recht gottlos halten lassen wollen, sondern drehen es so, daß man denken soll, sie wären schon von Jugend auf fromm gewesen, da sie denn so recht auf ihre eigne gute Werke bauen. Daher, wenn man in Leichenpredigten sagt, der Mensch hat sich erst bekehrt; das halten sie für eine Schande. Sie wollen von Jugend auf fromm gewesen seyn, und kommen also nicht zum Christenthum, kommen zu keinem Frieden in ihrem Gewissen, erfahren es nicht in ihren Seelen, daß ein blutiger Jesus am Kreuze gehangen. Das ist nun Eins, meine Lieben, was Paulus meynet, wenn er sagt: Gott mache keine andre gerecht, als Gottlose; das heißt solche, die sich für Gottlose erkennen; Solche, die durch den heiligen Geist dahin gebracht worden, daß sie überzeugt sind; ich bin von meiner Jugend an (in mir selbst) gottlos gewesen, es ist nichts Gutes an mir von Jugend auf gewesen. Mein Beten, Kirchengehen, Allmosengeben ist (meistentheils) Heucheley gewesen. Es ist kein redliches Herz in mir gewesen. Ich habe nicht gesucht, meines Jesu ganz zu seyn. Ich bin ein armer, verdammter, gottloser Mensch. Nun, wenn es dahin kommt, daß man so spricht: Ach! Gottlob, dann ist man schon nahe an der schönen Pforte; - Aber, meine Lieben, ich habe noch etwas nöthiges zu erinnern; Herr Jesu, erbarme dich über mich, und alle Seelen, daß ich es recht erkläre. Ich möchte sagen: Es ist fast das allerwichtigste, und nöthigste; - nämlich viele gehen hin, und fühlen, es stehe noch nicht recht mit ihnen, wie es sollte, und kommen doch zu keiner Ruhe der Seelen, und Gewißheit der Vergebung der Sünden; gehen so hin, als ob kein Jesus gekommen wäre, der sich so viele Wunden schlagen lasse. Denn wenn Paulus sagt, daß Gott keine andre, als Gottlose, gerecht machet, so meynet er solche, die als Gottlose wollen Gnade haben, nicht erst fromm werden wollen, und hernach Gnade haben. Ich will mich deutlicher erklären, damit nicht jemand einen falschen Verstand daraus fassen möge. Nämlich einer, der mit seinen Sünden hingegangne ist zu Gott, und Gott fängt an, ihn zu überzeugen, daß er ein gottloser verdammter Mensch sey, läßt ihn auch hören aus dem Evangelio, daß man blos durch Jesum und durch Gottes Gnade Vergebung der Sünden erlangen könne, nun, so nimmt das der Sünder wohl an, und denkt, nun will ich mich zu Gott bekehren; durch Gottes Gnade will ich selig werden. Aber, wenn denn? Wenn ich erst werde ein wenig fromm seyn; Ja, ich will durch Gottes Gnade selig werden; Aber ich will mich erst fromm und von der und der Sünde frey machen. Die und die Sünde merke ich noch gar zu sehr. Ich fühle noch den Unglauben in mir, der muß erst weg seyn: Aber dann will ich glauben, daß ein Herr Jesus sey.

Das ist ein greulich falscher Gedanke, der viele tausend Seelen gefangen hält. Ich kann euch vor Gott bezeugen, das hat mich mehrere Jahre her, auch in meinem Jammer erhalten; daß, da nun meine Seele hungerte nach Vergebung der Sünden, so habe ich sie doch nicht bekommen können. Warum? Ich wollte Gnade haben, aber erst, wenn ich würde etwas frömmer seyn. Denn so oft ich noch fühlte, daß sich die Sünde und der Unglaube regte, so war all mein Vertrauen zu Gott wieder weg. Ach, dachte ich, so ein abscheulicher Sünder darf sich zu Gott nicht nahen.

Aber nun hört, als mir Jesus eine bessere Erkenntniß gab, und mich dahin brachte, daß ich wollte als ein Gottloser selig werden, und kam also so gottlos, als ich immer seyn mochte, so greulich und so jämmerlich zu dem Herrn Jesu, und sagte: Nun, Herr Jesu! ich sehe es, ich kann nicht anders Gnade, nicht anders Vergebung der Sünden haben, als wie ein gottloser, verfluchter Sünder. Und da ich so vor meinem Jesu lag, da habe ich erfahren, was das heißt: Es ist ein Jesus da, der am Kreuze gestorben, der sich hat Wunden schlagen lassen, dadurch die abscheulichsten Sünder können selig werden; da hat meine Seele Ruhe gefunden in den Wunden Jesu.

Ists nicht wahr, ihr Lieben, wenns manchen Tag so hübsch geht im Christenthume, daß zum Exempel manche Sünde gehalten wird, daß sie sich nicht reget; es gehet einem wohl von statten; man kann beten, da ist man ganz fröhlich und vergnügt. Geht es den andern Tag nicht so, so ist man verzagt und niedergeschlagen. Bauest du nun nicht auf deine eigne Gerechtigkeit? und bauest nicht auf das Blut und das Verdienst Jesu Christi? Ach der Herr Jesus mache uns doch alle recht zu Sündern. Und dann so gehet hin, so stinkend, so garstig ihr immer seyd: und kommt zu Jesu, so will euch Jesus annehmen.

Ihr werdet bald die Worte (im Herzen) hören: Sey getrost! ich habe deine Sünden mit meinem Blute bezahlet; Ich habe mir darum lassen meine Wangen zerschlagen; Die Beulen sind so voll Blutes zur Versöhnung für deine Sünde.

Ach! lieben Seelen, dann ists gut fromm seyn; so muß es erst werden in einer Seele.

Vorher ists lauter Marter, Angst und Plage, wenn man will fromm werden, man zerplagt sich mit einer einzigen Sünde wohl ein ganzes Jahr. Zum Exempel; ein Mensch will Gnade haben, und hat sich an eine gewisse Art der Unreinigkeit gewöhnt, das hat er erst ablegen wollen, dann will er Gnade haben. Du armer Mensch! Hast du erst Gnade, so wird dirs nicht viel Mühe kosten, es abzulegen. O! dein Herz wird mit Jesu Blut durchdrungen werden, daß dir die Unkeuschheit und Unreinigkeit nicht wird schwer werden, abzulegen. Du wirst ein solches Leben, Wonne, Kraft und Vergnügen im Blute Jesu finden, daß du mit Lust wirst dein Christenthum führen können, und dann wirst du erst recht fromm werden. - Ich habe es euch nun so recht sagen müssen, wie ich glaube, daß es auch die allereinfältigsten verstehen werden.

Denn es ist eine Sache, woran unsre Seligkeit hanget. Ach! wehe dem, der vor Gottes Richterstuhl kommt, und ist nicht absolvirt durch Christi Blut von allen seinen Sünden. Aber wohl, ewig wohl denen, die in Jesu Blut gereiniget worden, wenn sie auch die abscheulichsten Sünder gewesen wären; darum hat Jesus sich so zerschlagen, und verwunden lassen, daß wir alle sollen Gnade erlangen! Nun Jesu! zeige es allen unlautern Seelen, die erst fromm werden, und hernach zu dir kommen wollen.

Lehre sie, daß sie sich als Gottlose erkennen lernen, und so jämmerlich sie aussehen, zu dir kommen. Amen.!

Quelle: Wöchentliche Beyträge zur Beförderung der ächten Gottseligkeit.

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