Stark, Johann Friedrich - Der Betrübte bittet um Abnehmung der Trübsal.

Stark, Johann Friedrich - Der Betrübte bittet um Abnehmung der Trübsal.

Aufmunterung.

Esaj. 38, v. 14.17

Ich winselte wie ein Kranich und Schwalbe, und girrete wie eine Taube, meine Augen wollten mir brechen. Herr! ich leide Noth, lindre mir’s. Siehe um Trost war mir sehr bange. Du aber hast dich meiner Seele herzlich angenommen, daß sie nicht verdürbe. Denn du wirfest alle meine Sünden hinter dich zurücke.

Gott hat seinen Kindern eine Linderung und Erquickung verheißen, entweder in diesem oder in dem ewigen Leben, es ist demnach den Betrübten nicht verboten, Gott um die Erfüllung derselben auch in diesem Leben anzuflehen, doch also, daß sie sich dem Willen Gottes gänzlich unterwerfen. Derowegen 1) wenn sie empfinden ihres Kreuzes Heftigkeit, Bitterkeit und Langwierigkeit, dürfen sie wohl bitten, daß er es ihnen wieder abnehmen wolle. Denn so machte ees ja Christus, unser Heiland, selbst, welcher um Wegnehmung des bittern Kelchs den himmlischen Vater anflehte; hiemit legen Betrübte ihr Vertrauen und Zuversicht zu der Allmacht Gottes an den Tag. Jedoch 2) besser ists, wir tragen das von Gott geschickte Kreuz willig. Diese Bitte um Abnehmung der Trübsal soll 3) auch eine gute Absicht haben, nämlich, daß wir Gott desto freudiger und ungehinderter dienen können, indem die Trübsal uns oft niederschlagt, und zu heiligen Uebungen ungeschickt macht. Wollte man aber des Kreuzes entledigt seyn aus Ungeduld, oder um der Weltlust und Weltfreude wieder zu genießen, so sieht man leicht, daß Gott ein solches Gebet nicht erhören wird. Ist das Herz noch fleischlich, eitel und irdisch gesinnt, so läßt er das Kreuz auf uns liegen, bis es, als ein heiliges Feuer, diese Stoppeln und Unreinigkeit des Herzens ausgebrennet hat.

Gebet.

O du gnadenreicher Gott! der du die Betrübten und Elenden ansiehest, und dich erbarmst aller deiner Werke, ach! siehe, ich betrübte und bekümmerte Seele stehe allhier vor der Thür deiner Gnaden, und flehe dich um Hülfe an. Die Vaterhand, die mich verwundet, muß mich heilen; der mich getödtet, muß mich wieder lebendig machen. Darum, du gnadenreicher Gott! komme ich zu dir, und spreche: Herr, hilf mir! ach erbarme dich meiner, laß mein Bitten, Suchen und Anklopfen bei dir Gnade finden. Ach! laß mich doch deine Erquickung empfinden; willst du mein Elend noch nicht ganz von mir nehmen, so nimm nur ein Stück desselben von mir. Du willst dich vor deinen Glaubigen nur einen kleinen Augenblick verbergen, und sie mit großer Barmherzigkeit wieder sammeln. Ach mein Gott! wie lange willst du mein so gar vergessen, wie lange verbirgst du dein Angesicht vor mir; ists denn ganz und gar aus mit deiner Güte, und hat die Verheißung ein Ende? Laß mich doch erfahren, daß du noch mein Vater seyst, der sich über mich erbarmen wolle; laß mich doch inne werden, daß mein eifriges Gebet dir angenehm gewesen sey. Ach! wie lang, ach lange, ist dem Herzen bange, und verlangt nach dir; dir ist ja nichts unmöglich. Herr Zebaoth ist dein Name, groß von Rath und mächtig von That. Du bist der Trost Israels und ihr Nothhelfer, darum verlaß mich nicht; hilf mir, errette mich und sey mir gnädig; erquicke mich nun wieder, nachdem ich so lange mein Leiden ausgestanden, und thue nicht die Hand von mir ab! Gott mein Heil! ist aber deine Hülfestunde noch nicht da, so stärke mich inwendig, und gieb mir solche Kraft, daß ich es ferner tragen könne, denn wenn du, o lieber Vater! mit mir trägst, oder mir es linderst; wenn ich in deiner Kraft einher gehe, so will ich es auch als ein Abnehmen halten, darüber mich freuen und dir danken; willst du mir es aber in diesem Leben nicht abnehmen, sondern ist es dein heiliger Rath, daß ich mich bis in den Tod damit tragen solle, so geschehe dein Will. Soll ich noch mehr hier leiden, so steh mir Herr, durch dein Kraft zur Seiten, fein ritterlich, beständiglich, hilf mir mein’ Widersacher all bestreiten, Amen.

Gesang.

Mel. Alle Menschen müssen sterben.

Wann wird mich mein Gott erhören? Ach! wie lange verzeucht er doch, will er sich nicht zu mir kehren, weg zu thun das schwere Joch? Ach! ich muß ja fast vergehen, wenn er mich nicht will ansehen; nimmt sich meiner Gott nicht an, ach! so ists um mich gethan.

2. Hat mirs Gott doch ja versprochen, daß er mich erhören woll’, wenn die Stund ist angebrochen, die mir Hülfe bringen soll; bei dem Wort will ich ihn fassen, und darauf mich fest verlassen; was er mir verhießen hat, kann er leisten in der That.

3. Ich will dennoch eifrig beten: schaue Vater! auf dein Kind; ich will immer vor ihn treten, wie die, so verlassen sind; ich will seufzen, weinen, flehen, aller Orten ihm nachgehen, ihm schick ich die Seufzer zu, bis ich habe Hülf und Ruh.

4. Soll ich in dem Jammergarten, hier in dem Gethsemane, länger auf die Hülfe warten, so will ich in Ach und Weh, nicht an Gottes Hülf verzagen, und mein Kreuz geduldig tragen, seh ich meinen Jesum hier, in dem Garten noch bei mir.

5. Nun wohlan, ich bin vergnüget, es geh, wie es gehen soll, wie es mein Gott mit mir füget, so thut er der Seelen wohl. Endlich wird ich noch lobsingen, und ihm meine Opfer bringen; ja erzählen Jedermann, was er an mir hat gethan.

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