Stark, Johann Friedrich - Der gläubige Christ bittet um Sanftmuth.

Stark, Johann Friedrich - Der gläubige Christ bittet um Sanftmuth.

Aufmunterung.

1. Petr. 2, v. 21-23

Christus hat uns ein Vorbild gelassen, daß wir sollen nachfolgen seinen Fußstapfen, welcher keine Sünde gethan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden worden. Welcher nicht wieder schalt, da er gescholten ward, nicht drohete, da er litt, er stellete es aber dem heim, der da recht richtet.

Wenn ein Mensch in seinem Christenthum und in seiner Bekehrung hat einen guten Anfang gemacht, daß er sich von äußerlichen groben Sünden gereinigt, als da sind: Fluchen, Entheiligung des Sabbaths, Ueppigkeit, Leichtfertigkeit, Ungerechtigkeit, Spielen, Welt-Gesellschaften, so muß er bedacht seyn, auch das Inwendige zu reinigen, sonderlich von Stolz, Neid, Zorn, Haß und Rachgier, und sich der Sanftmuth befleißigen. Die bestehet darin: 1) Daß man nicht Böses mit Bösem vergelte, nicht aus Haß, Zorn und Rachgier dem Nächsten drohe. 2) Ob wir sanftmüthig seyn, und diese edle Tugend besitzen, können wir nicht eher wissen, bis uns ein Feind angreift, der nach unserer Ehre, Gut und Namen trachtet; denn wer da gleich im Zorn entbrennt, flucht, schilt, droht, bei dem wohnt der sanftmüthige Geist Christi nicht. 3) Jedoch ist es nicht wider die Sanftmuth, Schutz gegen seine Feinde bei der Obrigkeit zu suchen, wie sich auch Paulus auf den Kaiser berief, und sich in des Kaisers Schutz begab, als man ihn in Lebensgefahr bringen wollte. Apostel Geschichte 25, v. 11. 4) Es steht wahren Kindern Gottes nicht an, wie Hunde zu beißen, wie Löwen sich zu zerreißen, wie wilde Thiere im Grimm und Bitterkeit zu verfolgen. 5) Bei solcher Verfolgung, wenn uns ein Feind drückt, will Gott eine Probe unsers Glaubens sehen, und uns zur Erkenntniß der vorher begangenen Sünden führen, ob wir vielleicht mit unserm ungerechten Verfahren andern Leuten Seufzer ausgedrückt haben. 6) Die Kennzeichen der Sanftmuth sind: im Herzen verzeihen, für die Feinde beten, Matth. 5,54, ihnen Gutes wünschen, alles Gute thun, alles Gute gönnen, und zur Versöhnung willig seyn.

Gebet.

O du liebreicher Gott! der du die Liebe selbst bist, und willst deine Liebe in mein Herz ausgießen durch den heiligen Geist. Ach! ich klage dir mit betrübter Seele, daß mein Herz oft gar widerspenstig und unbändig ist. Es sollen in demselben Demuth, Liebe, Sanftmuth und Gelassenheit seyn; aber ach! ich finde leider statt dieser christlichen und nothwendigen Tugend: Eigensinn, Haß, Zorn, Rachgier, Feindschaft, durch welche ich angetrieben werde, wieder zu schelten den, der mich schilt, Böses zu vergelten dem, der mit Unrecht thut, und Rache an dem auszuüben, der mich unbilliger Weise angegriffen hat. Wenn ich aber, o Gott! aus deinem heiligen Worte weiß, daß, die solches thun, nicht sollen ins Reich Gottes kommen, und daß dergleichen Aufführung gegen die Feinde nicht sey der Kinder Gottes und der wahren Christen Art: ach! so erschrecke ich über mich selbst, daß ich noch des Teufels Unart an mir habe, welcher rachgierig, boshaftig und unversöhnlich ist, und bitte dich, erbarme dich meiner, o du liebreicher Gott! und gieb mir deinen heiligen Geist, der mein Herz heilige und reinige von aller Bosheit und Rachgier. Hilf, daß ich allezeit sehen möge auf das Exempel meines Jesu, welcher nicht wieder schalt, da er gescholten wurde, und niemals seinen Feinden drohete, daß er sich an ihnen künftig rächen wollte, da er litt, stellte aber vielmehr alles dem heim, der da recht richtet. Ach! gieb mir auch einen solchen stillen, sanftmüthigen und friedfertigen Sinn, daß ich keinen Groll und Haß in meinem Herzen behalte, und die Sonne über meinem Zorn nicht untergehen lasse. Verleihe mir Kraft und Stärke, daß ich möge seyn wie ein Tauber, der nicht höret, und wie ein Stummer, der seinen Mund nicht aufthut, zur Zeit, wenn mich mein Feind schmähet. Hingegen gieb Gnade, daß ich mich freue, wenn es ihm wohl geht, ihm alles Gute wünsche, ja ihm gern helfe, und wohl thue, wenn es ihm übel gehen sollte. Bewahre mich, daß ich keine Feindschaft weder in Worten, Gebärden und Werken spüren lasse, sondern wie gegen Jedermann, so auch gegen meine Feinde in dem Herzen sey mitleidig, mit Worten freundlich und aufrichtig, mit Gebärden holdselig, und mit Werken wohlthätig, damit durch meine Unversöhnlichkeit mein Gebet nicht verhindert, und all mein Gottesdienst und Andacht nicht verwerflich werde. Gieb, daß ich von Herzen verzeihe und vergebe meinen Schuldigern, wie ich will, daß du mir meine Fehler und Missethaten verzeihen sollst, daß ich nicht täglich wider mich selbst beten möge. Laß auf mich den Segen kommen, welchen du den Sanftmüthigen verheißen hast. Selig sind die Sanftmüthigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Bezwinge in mir durch deinen Geist die wider diese Tugend aufsteigende Lust, damit ich als dein Kind glaube, lebe und sterbe, und dermaleins durch deine Gnade in die Häuser des Friedens versetzt werde. O Seele! schaue Jesum an, hier kannst du recht erkennen, was wahre Demuth heißen kann, und was wir Sanftmuth nennen, er stellet sich zum Uster dar: wie Jesus nun gesinnet war, so sey du auch gesinnet. Das Böse sucht er alsobald mit Gutem zu vergelten, man hörte, wenn die Welt ihn schalt, ihn niemals wieder schelten; er giebt es seinem Vater hin, so sanft ist deines Jesu Sinn, so sey du auch gesinnet, Amen.

Gesang.

Mel. Ach! was soll ich Sünder machen.

Sieh doch, wie mein Feind mich schmähet, großer Gott! ach! höre doch, großer Gott! du lebst ja noch. Sieh, wie er mit mir umgehet, wie er tobet, ruft und schreit, und mich fast vor Zorn anspeit.

2. Höre, Herr! ach hör sein Schelten, aber ach verleih mir Gnad, daß ich niemals in der That, noch mit Worten mög vergelten, was er wider mich ausübt, und mich bis auf's Blut betrübt.

3. Gieb, daß ich nicht wider hasse, daß ich schweige, wenn er schilt, und für Gutes Bös vergilt, daß ich in Geduld mich fasse, und ertrage als ein Christ, was dem Feind beschwerlich ist.

4. Hilf, daß ich ihn möge segnen, wenn er mir aufs schlimmste flucht, und nichts als mein Unglück sucht, und daß ich ihm mög begegnen, mit gelaß'nem stillem Muth, ob er mir gleich Unrecht thu.

5. Lasse mich auf Jesum sehen, der da gar nicht wieder schalt, noch mit Bösem Bös vergalt, und darinnen ihm nachgehen, daß ich als ein Gotteskind, ihn mit Sanftmuth überwind.

6. Ach! laß deinen Geist mich stärken, wenn mein Feind mir setzet zu, daß ich ihm da Gutes thu, daß in meinen Wort und Werken, sie nicht finde Bitterkeit, Zorn, Haß, Rachgier, Grimm und Neid.

7. Laß auch meinen Feind aufhören, daß er nicht mehr wider mich, rede also freventlich; ja, du wollest ihn bekehren, daß der wird hinfort mein Freund, welcher war mein ärgster Feind.

8. Ach! du wollest ihm verzeihen, was er wider mich gethan, reche doch es ihm nicht an. Und du wollst ihm Gnad verleihen, daß wir leben nach dem Streit, stets in Fried und Einigkeit.

9. Und wenn wir dereinsten sterben, daß wir sterben als versöhnt, und mit deiner Gnad gekrönt, laß uns beid' den Himmel erben, zu der Lammes-Hochzeit gehen, und dein Antlitz ewig sehen.

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