Johann Friedrich Stark - Der gläubige Christ bittet, Gott wolle ihn von der Welt abziehen.

Johann Friedrich Stark - Der gläubige Christ bittet, Gott wolle ihn von der Welt abziehen.

Aufmunterung.

Röm. 12, v.2

Stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf daß ihr prüfen möget, welches da sey der gute, der wohlgefällige und der vollkommene Gotteswille.

Wenn ein gläubiger Christ erwäget, daß die Weltliebe ist wie das Unkraut, das von selbst in der Seele wächset, hingegen aber die Frucht Gottes, und die Liebe zu Gott wie eine schöne wohlriechende Pflanze, die mit Fleiß und Mühe erst muß da hinein gesetzt und wohl bewahrt werden; so kann er daraus erkennen, was man für Sorge und Arbeit anzuwenden hat. Er soll demnach 1) erkennen, daß Welt in ihm und ausser ihm sey; Welt in ihm sind die bösen Lüste, Tücke, Begierden und Gedanken seines Herzens; Welt außer ihm sind der bösen Menschen Exempel, Lockungen und Verführungen. Diesen allen aber muß ein wahrer Christ 2) wiederstehen, den aufsteigenden Lüsten und Gedanken durch Gebet und Seufzen, und der Welt Reizungen durch Vermeidung der Welt Gesellschaften, Gewohnheiten und Lebensarten. Weil nun dieses nicht steht in unsern eigenen Kräften, so muß er 3) Gott um seine Hülfe und Beistand eifrig anflehen. 4) Dieses Abziehen von der Welt muß nicht so geschehen, als ob man sich einschließen und einsperren wollte, mit Niemand reden und umgehen, sondern es muß darin bestehen, daß man mit den Weltkindern nicht sündige, und ihre bösen Werke und Thaten nicht nachthue. Denn wenn wir mit gar keinem Gottlosen umgehen sollten, so müßten wir nach Pauli Ausspruch die Welt räumen. Wir sollen in der Welt seyn, wie Joseph in Egypten, Loth in Sodom, Daniel und seine Gesellen in Babel, welche aber der Städte und Leute Sünden nicht verübten. 5) Dieses Abziehen von der Welt soll auch nicht etwa nur zum Schein auf etliche Tage geschehen, wenn man will Gott seine Sünden bekennen, und zu dem heiligen Abendmahl gehen, sondern diese Arbeit soll beständig seyn. Ist die Welt aus dem Herzen heraus, so gehet Jesus ein.

Gebet.

Barmherziger Gott! du Liebhaber der Menschen, wie bist du doch so liebreich gegen uns, daß du Geduld mit uns hast in unsern vielen Fehlern und Schwachheiten, und strafst uns nicht auf frischer That, und wie wir es verdienen. Ach! du hast mir durch dein Wort die Augen geöffnet, daß ich mich nun selbst kenne, und das Verderbniß meines Herzens einsehe. Ich fühle Welt in mir und Welt außer mir: Ich finde Welt in mir, nämlich die bösen Gelüste meines Herzens, sündlichen Neigungen und Triebe zum Bösen. Ich finde Welt außer mir, nämlich die bösen Menschen, die mich mit ihren Sünden-Exempeln und Verführungen reizen und verleiten wollen. Ach leider! mein natürlich unartig Herz hat viel mehr Lust und Freude daran, als an deinem heiligen Wort und an dem Leben, das nach deinem Wort geführt wird; ach wehe mir, daß ich so lange, so oft und so viel mich durch die Welt reizen und verführen lasse! Ich schäme mich, meine Augen vor dir aufzuheben, wenn ich an die Thorheit meiner jungen Jahre denke, da ich leider, ach leider! der Welt mehr gedient als dir meinem Gott, der Welt mehr zu Gefallen gethan als dir, der Welt mehr angehangen als dir, aber auch damit dich beleidigt, mein Gewissen verletzt, und dich zum Zorn gereizt habe. Siehe da, mein Gott! ich kehre um, und thue Buße im Staub und in der Asche. Dein heiliger Geist heilige mich durch und durch, und vertreibe die Welt aus mir. Stelle mir vor das klägliche Ende der Weltkinder, damit ich dich liebe, und nicht die Welt, daß ich dir folge, und nicht der Welt, daß ich dich höre, und nicht die Welt. Ziehe mich zurück, wenn ich mit der Welt von Neuem laufen und sündigen will, erhalte mich allezeit in deiner Furcht, und erinnere mich, daß du mich zu deinem Dienst erschaffen hast, daß ich den neuen Menschen soll täglich anziehen, der nach Gott geschaffen ist in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Mache mir die Welt immer bitterer, aber die Frömmigkeit, Gottesfurcht und den Himmel süßer. Gieb, daß ich beständig verachte die vergängliche Lust der Welt, damit ich sie fliehe, weil auf die genossene Weltlust und Weltfreude lauter Angst, ein bös Gewissen und das Seelen-Verderben folgt. Reiß aus meinem Herzen, was noch Welt und Weltliebe heißet, und pflanze deine heilige Furcht in mir. Du Schöpfer aller Dinge, du väterliche Kraft! regierst von End zu Ende, kräftig aus eigner Macht, das Herz uns zu dir wende, und kehr ab unsere Sinnen, daß sie nicht von dir irren, Amen.

Gesang.

Mel. O Gott! du frommer Gott.

Du willst, o lieber Christ, dich dieser Weltgleich stellen, und zu den Sündern dich und ihrer Lust gefallen, und meinest, das sey recht; allein ich sage nein, ein wahrer Christ muß nicht ein solches Weltkind seyn.

2. Du meinst, es stünde nicht, ganz sonderlich zu wandeln, behutsam, fromm und still in seinem Thun zu handeln, du schämest dich zu seyn ein solcher Sonderling, und sprichst: man lacht dich aus, und halt dich für gering.

3. Allein, dran kehr dich nicht! wo Gottes Wort hinzielet, was Gott in seinem Wort mit Ernst dir anbefiehlet, sieh, darnach richte dich, und lasse Welt seyn Welt, sie sage, was sie will, thu du, was Gott gefällt.

4. Denn, saget Gott nicht selbst: ihr sollet heilig leben, wie ich auch heilig bin, ihr sollt euch mir ergeben; und stellet Christus nicht sich selbst zum Fürbild dar, daß wir gesinnet seyn, wie er gesinnet war?

5. Die Frommen haben nie das Böse ausgeübet, den Bösen nie zu lieb den lieben Gott betrübet: und also mach es auch, halt deine Seele rein, leb heilig und gerecht, denn also muß es seyn.

6. Sieh, Noa lebte nicht, wie andre Menschen lebten, es waren acht, die sich recht fromm zu seyn bestrebten; ach! denke, denke dran, wenn du die Bösen siehst, wie wohl! wenn du mit Fleiß die Sündenwege fliehst.

7. Gedenk, was thate Loth in jenen Sodoms-Landen, darinnen sich kaum vier, die Gott recht liebten, fanden; er wurde zwar gequält, und sündigte doch nicht, sein Herz und Wandel war allein zu Gott gericht.

8. Wie, hat denn Joseph auch Egyptens Sünd getrieben? Ist nicht auch Daniel in Babel fromm geblieben? So mache du es auch, ob man schon wenig find't, die da von Herzen fromm, und Christi Jünger sind.

9. Du mußt nicht in der Welt, zu ihren Sünden gehen, und mußt in Gottesfurcht und seiner Liebe stehen, und that es keiner auch, so thu du es allein, so wirst du deinem Gott recht angenehme seyn.

10. Ach Gott! erinnre mich an diese Lebenspflichten, ich will mich gern nach dir und deinem Willen richten. Ich sage hiemit ab der Welt und Sündenfreud, und bleibe dir getreu in Zeit und Ewigkeit.

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/stark/15_der_glaeubige_christ_bittet_gott_wolle_ihn_von_der_welt_abziehen.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain