Spurgeon, Charles Haddon - Über seine Bekehrung

Spurgeon, Charles Haddon - Über seine Bekehrung

Ich will euch erzählen, wie ich selbst zur Erkenntnis der Wahrheit gebracht wurde; es mag ja sein, dass dadurch sonst jemand zu Christus geführt wird. Es gefiel Gott, schon in meiner Kindheit mich von der Sünde zu überzeugen. Ich lebte als ein elendes Geschöpf dahin und fand weder Hoffnung noch Trost, ja ich fürchtete, Gott werde mich gewiss nie selig machen. Mein Zustand wurde immer schlimmer; ich fühlte mich so elend, dass ich kaum imstande war, etwas zu tun. Mein Herz war zerbrochen.

Sechs Monate lang habe ich gebetet, inbrünstig, von ganzem Herzen, fand aber keine Erhörung. Ich entschloss mich, jedes Gotteshaus der Stadt, in welcher ich damals wohnte, zu besuchen, um den Weg des Heils ausfindig zu machen, und war willig, irgend etwas zu tun oder zu sein, wenn nur Gott mir vergeben wollte. Ich machte mich also auf mit dem Vorsatz, in alle Kapellen zu gehen, und besuchte auch alle Gotteshäuser. Obgleich ich manche Männer, die Jetzt und damals dort die Kanzel einnahmen, hoch schätzte, so muss ich doch der Wahrheit gemäß sagen, dass ich nie einen von ihnen das volle Evangelium habe predigen hören. Das ist so gemeint: sie predigten Wahrheiten, große Wahrheiten, viele gute Wahrheiten, die vielen geistlich gesinnten Zuhörern ihrer Gemeinde angemessen waren. Aber was ich zu wissen begehrte war: „Wie kann ich Vergebung meiner Sünden erlangen?“ und das sagten sie mir nie. Mein Verlangen war, zu hören, wie ein armer Sünder in seinem Schuldgefühl Frieden mit Gott finden könne; als ich aber hinging, hörte ich eine Predigt über das Wort: ,Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten', das mein Herz noch mehr zerriss, mir aber nicht sagte, wie ich dem Zorn Gottes entfliehen könne. Ich ging an einem anderen Tage wieder hin, und der Text handelte von der Herrlichkeit der Gerechten; ach, wieder nichts für mich Armen! Ich war wie das Hündlein unterm Tische, dem nicht gestattet war, von dem Brot der Kinder zu essen. Ich ging einmal übers andre und darf aufrichtig sagen, dass ich meines Wissens nie ohne Gebet gegangen bin; ich bin überzeugt dass es keinen aufmerksameren Zuhörer gab als mich; denn ich schmachtete und sehnte mich danach, zu erfahren, wie ich selig werden könne.

Endlich, an einem schneeigen Tage - es schneite so stark, dass ich nicht dahin gehen konnte, wohin zu gehen ich beabsichtigt hatte, und ich auf dem Wege halten musste - (es war ein gesegneter Haltepunkt- für mich), also endlich fand ich eine ziemlich abgelegene Straße, ging durch einen Hof und stand alsbald vor einer kleinen Kapelle. Ich wollte ja irgendwohin zum Gottesdienst gehen, aber diese Kapelle war mir bis dahin unbekannt geblieben. Sie gehörte den Primitiv-Methodisten. Ich hatte schon vielerlei von diesen Leuten gehört, unter anderem, dass sie so laut sängen, dass man Kopfschmerzen davon bekomme. Aber das hielt mich nicht zurück. Ich wollte ja so gern wissen, wie ich selig werden könne, und wenn ihr Gesang mir auch noch soviel Kopfschmerzen verursachen würde, was kümmerte mich das! Ich ging also hinein und setzte mich. Der Gottesdienst begann, aber kein Prediger ließ sich blicken, bis endlich ein sehr hagerer Mann auf die Kanzel kam, die Bibel aufschlug und die Worte las: „Blicket auf mich (deutsch: wendet euch zu mir), so werdet ihr selig, aller Welt Enden' (Jes. 45, 22). Die Augen gerade auf mich richtend, als ob er mein ganzes Herz durchschaut hätte, sagte der Prediger: Junger Mann, du bist bekümmert/ Nun, das war leider wahr genug. Er fuhr fort: „Du wirst nie aus dem Kummer herauskommen, bis du auf Christus blickst!“ Und dann, die Hände emporhebend, rief er, wie nur ein Primitiv-Methodist es kann: ,Blicke! Blicke! Blicke! Es heißt nur blicken!' Da sah ich mit einem Male den Weg des Heils klar vor mir. O, wie hüpfte in diesem Augenblick mein Herz vor Freude! Ich weiß nicht, was er sonst noch sagte; ich nahm wenig Notiz davon, so sehr erfüllte dieser eine Gedanke meine Seele. Es war wie damals, als die eherne Schlange erhöht wurde: die tödlich Gebissenen blickten nur auf und waren geheilt. Ich hatte gewartet, um fünfzigerlei Werke zu verrichten, als ich aber das Wort „Blicke!“ hörte, o, welch ein entzückendes Wort war es mir! O, ich blickte hin, bis ich fast meine Augen hätte ausschauen können, und noch im Himmel will ich in unaussprechlicher Freude weiter blicken.

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