Spurgeon, Charles Haddon - Titusbrief (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Titusbrief (Andachten)

Titus 3,4

“Die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, unsers Heilandes.“

Lieblich, ja, lieblich ist es zu sehen, wie der Heiland mit seinen geliebten Kindern so freundlich umgeht! Es kann nichts Köstlicheres geben, als wenn man durch den Geist Gottes auf diese fruchtbaren Auen der Freude und Wonne geführt wird. Wenn der Geist einen Augenblick die Geschichte der erlösenden Liebe überblickt, so bieten sich dem Gemüte tausend entzückende Taten der zärtlichsten Huld dar, deren jede darauf abzielt, alle Gedanken und Regungen der erneuerten Seele mit dem Wesen Jesu zu verflechten. Wenn wir über diese erstaunliche Liebe nachsinnen, wenn wir betrachten, wie der herrliche, alles überstrahlende Herr der Gemeinde sie mit der Fülle seines Erbschatzes überschüttet, dann mögen unsre Seelen wohl außer sich kommen vor Freude. Wer vermöchte ein solches Maß der Liebe zu ertragen? Wenn es dem Heiligen Geist gefällt, uns zuweilen einen Vorschmack davon zu geben, so ist es mehr, als was die Seele fassen kann; wie überschwänglich muss erst das volle, unverhüllte Anschauen sein! Wenn einst dem Geiste das völlige Verständnis aufgeht, dass er alle Gnadengeschenke des Herrn zu erkennen vermag, wenn ihm Weisheit gegeben wird, dieselben zu würdigen nach ihrem ganzen Wert, wenn ihm Zeit genug gewährt wird, sie zu überdenken in ihrer ganzen Größe und Vollkommenheit und Erhabenheit, wie sie die zukünftige Welt uns offenbaren und darreichen wird, dann werden wir eine innigere Gemeinschaft haben mit Jesu als jetzt. Aber wer ist imstande, sich von der Lieblichkeit eines solchen Umgangs eine Vorstellung zu machen? Es ist etwas von dem, das in keines Menschen Herz gekommen ist, sondern das Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben.

Ach, dass doch die Tore der Vorratshäuser Josephs sich öffneten, und wir die Fülle sehen könnten, die Er für uns bereitet hat? O, das ist Liebe, die uns überwältigt! Im Glauben sehen wir wie durch ein Fernglas ein schwaches Bild von dem Strahlenmeer seiner unzählbaren Schätze; wenn wir aber einst das Himmlische selber von Angesicht schauen werden, mit diesen unsren Augen, wie tief muss da erst der Strom der Gemeinschaft fließen, in welchem sich unsre Seelen baden werden! Bis dorthin sollen unsre lautesten Loblieder unsrem liebevollen Wohltäter geweiht sein, unserem Herrn Jesus Christus, dessen Liebe uns wundersam und wonnevoll ist über alle Liebe.

Titus 3,9

“Der törichten Fragen entschlage dich.“

Unsrer Tage sind wenig, und wir tun weit besser, wenn wir sie dazu verwenden, etwas Gutes zu wirken, als über Dinge zu streiten, die im besten Fall doch nur von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Jene Männer, denen die Erziehung und der Unterricht früherer Geschlechter anvertraut war, machten sich eines großen Missgriffs in ihrem Wirken schuldig, dass sie unablässig Gegenstände behandelten, die dem Gesichtskreis der Kinder fern lagen; und die Gemeinden der gläubigen Christenheit leiden Schaden unter dem kleinlichen Wortgezänk über unbedeutende Fragen und verborgene Dinge. Nachdem alles gesagt ist, was sich sagen lässt, ist kein Teil umso weiser geworden, und darum fördert der Streit so wenig die Erkenntnis als die Liebe, und es ist töricht, ein so unfruchtbares Feld bebauen zu wollen. Fragen über Dinge, worüber die Heilige Schrift schweigt, über Geheimnisse, die Gott allein betreffen, über Weissagungen von schwankender Auslegung und über die Art und Weise, wie es mit der äußerlichen Gottesdienstordnung solle gehalten werden, sind ganz töricht, und weise Menschen weichen ihnen aus. Unsre Pflicht ist, törichte Fragen weder aufzuwerfen noch zu beantworten, sondern uns ihrer zu entschlagen; und wenn wir nach des Apostels Vorschrift dahin trachten, „dass wir in einem Stande guter Werke gefunden werden,“ dann werden wir mit nützlichem Wirken so vollauf beschäftigt sein, dass uns keine Muße bleibt zu unwürdigen, unnötigen und zwecklosen Erörterungen.

Aber es gibt andere Fragen, die nicht töricht und müßig sind, denen wir nicht ausweichen, sondern aufrichtig begegnen sollen: „Glaube ich an den Herrn Jesum Christum? Bin ich erneuert in dem Geist meines Gemüts? Wandle ich nicht mehr nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist? Wachse ich in der Gnade? Schmückt mein Wandel die Lehre Gottes, meines Heilandes? Warte ich auf die Zukunft des Herrn, und bin ich wachsam als ein Knecht, der seines Herrn und Meisters gewärtig ist? Was kann ich noch mehr für Jesum wirken?“ Solche und ähnliche Fragen erfordern unsre ganze Aufmerksamkeit; und haben wir uns je in Spitzfindigkeiten eingelassen, so wollen wir uns von nun an nützlicheren Dingen zuwenden. Lasset uns Frieden halten und dahin trachten, dass wir sowohl durch unser Wort, wie durch unsern Wandel andre abzuhalten suchen von „törichten Fragen.“

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