Spurgeon, Charles Haddon - Sihon und Og, oder Güte im Einzelnen.

Spurgeon, Charles Haddon - Sihon und Og, oder Güte im Einzelnen.

Der große König schlug, denn seine Güte währt ewiglich; und erwürgte mächtige Könige, denn seine Güte währt ewiglich: Sihon, der Amoriter König, denn seine Güte währt ewiglich; und Og, den König zu Basan, denn seine Güte währt ewiglich; und gab ihr Land zum Erbe, denn seine Güte währt ewiglich; zum Erbe seinem Knecht Israel, denn seine Güte währt ewiglich.„
Ps. 136,17-22.

Diese sechs Verse wiederholen und wiederholen abermals dieselbe Tatsache; sie stellen dieselbe Betrachtung wieder und wiederum an. Ist die Tautologie langweilig? Ermüdet euch das Glockenspiel durch seine Einförmigkeit? Nein, denn dies ist der wahre Reiz der Poesie. Wenn der Dichter einen großen Gegenstand berührt, der seine Seele erleuchtet und seine edleren Leidenschaften entflammt, so ist er sehr geneigt, mit Begeisterung dabei zu weilen, gezwungen, ihn mit Begierde zu verfolgen, mit Gefühl ihm nachzugehen und ihn wieder und wieder mit immer stärkerer Bewegung ertönen zu lassen. Niemand fühlt, als wenn Wiederholung in der Poesie am unrechten Platz sei, weil in Wohl oder Weh', mit Freud' oder Leid wir bei dem Gegenstand weilen, der unser Mitgefühl erweckt. Dieser Psalm, dessen Refrain immer derselbe ist: „denn seine Güte währt ewiglich,“ hat mehrere Beispiele dieser Wiederholung. Auf das „der große Lichter gemacht hat,“ folgt: „die Sonne, dem Tage vorzustehen, und dann: den Mond und Sterne, der Nacht vorzustehen; denn seine Güte währt ewiglich.“ Die Wiederholung ist natürlich und sichert die Aufmerksamkeit, die Worte sind musikalisch, wie sie an unser Ohr schlagen, und die Redeweise ist nicht nur erlaubt, sondern angenehm als schöne Freiheit der poetischen Rede. Ich für meinen Teil liebe eine Wiederholung in der Melodie eines Psalms eben so wohl wie in seiner Sprache. Es ist jetzt eine Mode in der Musik aufgekommen, die Wiederholungen bekrittelt. Ich muss bekennen, ich fühle nicht so wie Einige, die, wenn ein Psalm oder Gesang angestimmt wird, zu sagen scheinen: „Nun lasst uns ihn, so schnell wir nur immer können, durchjagen von Anfang bis zu Ende.“ Ich ziehe vor, einige dieser Worte gleichsam wiederzukäuen sie wiederkehren zu lassen, die Süßigkeit derselben in meinem Mund oder vielmehr in meiner Seele zu fühlen. Eine alte Melodie, wie die z. B., die wir soeben gesungen, ist nicht schlechter, weil sie uns „seine Freundlichkeit“ wiederholen lässt. Solches Wort möchte ich, wenn es nötig wäre, ein Dutzend Mal wiederholen: „Seine Freundlichkeit, seine Freundlichkeit, wie gut ist sie!“

Eine Wiederholung sollte eher als eine Schönheit, denn als ein Tadel. in der Musik betrachtet werden. Es ist überdies ein Grund für jede Wiederholung in der Schrift, denn wir können von dem Schmuck der Poesie sagen, wenn wir ihn in dem heiligen Buch finden, so ist er niemals bloßer Schmuck. Die Wiederholungen, obgleich geschmackvoll, sind nicht bloße Blumen der Redekunst; sie haben einen Zweck. Der Heilige Geist weilt bei einem Gegenstand, weil er eine Absicht hat, indem er dies tut. Mein jetziger Wunsch ist zu versuchen, euch zu zeigen, warum sechs Verse da sind, wenn einer genügt hätte. Einer wäre ganz hinreichend gewesen, das ist klar. Gesetzt, es hieße so: „Der große Könige schlug, Sihon, der Amoriter König, und Og, den König zu Basan, und gab ihr Land zum Erbe seinem Volk, denn seine Güte währt ewiglich.“ Das würde allen Inhalt einbegriffen haben; aber der Heilige Geist erkannte dies nicht für die Beste Sprechweise an, und so machte er sechs Teile. Er wiederholte es, so dass sechsmal der Refrain gehört wird: „Seine Güte währt ewiglich;“ aber nicht nur, meine ich, um diese herrliche Wahrheit so oft zu wiederholen, sondern aus anderen Gründen noch, die mit der Wahrheit zusammenhingen, über die er schrieb. Es ist gut, lange zu verweilen und nachdenkend zu verweilen bei einigen Dingen, die Gott an uns tut. Dies ist das Thema, an das ich ein paar Betrachtungen anknüpfen möchte.

I. Und zuerst, es ist gut, lange nachzudenken über die gütige Seite der Gerichte Gottes.

Man sieht nicht immer ein, dass er „große Könige schlug, denn seine Güte währt ewiglich, und mächtige Könige erwürgte, denn seine Güte währt ewiglich.“ Es hätte natürlicher geklungen, wenn er gesagt: „Der große Könige schlug, denn seine Gerechtigkeit währt ewiglich; und mächtige Könige erwürgte, denn seine Rache währt ewiglich.“ Der Punkt, der ans Licht gebracht werden sollte, war, dass Güte in diesen Gerichten sei. Der Heilige Geist wollte uns wissen lassen, dass Güte darin ist, selbst wenn er

„Zum Kriege seinen Arm erhebt
Und Donner rings um seinen Wagen halt.“

Die Hinwegnahme dieser großen, das Volk bedrückenden Könige von der Erde, war, obgleich für sie schrecklich, doch ein großer Segen. Wenn Tyrannen sterben, so haben die Nationen Zeit zum Atmen. Wenn große Unterdrücker hinweggerafft werden, ist es, als wenn ein Löwe fällt oder Wölfe getötet werden, und die Rehe und Schafe Zeit haben zum Ruhen. Wer weiß, wie oft, als Antwort auf die Träne des Sklaven, es Gott gefallen hat, seinen tyrannischen Herrn zu schlagen. Die Barmherzigkeit selber hat die Träne von ihrem Auge gewischt und gesagt: „Schlage, o Gott.“ Zuweilen, wenn wir Erzählungen von Unterdrückung und Tyrannei, Unrecht und Gewalt gelesen haben, sind die Sanftesten unter uns, die kein Haar auf dem Haupt eines Menschen verletzten möchten, die Ersten gewesen, die ihren Unwillen ausgedrückt und sich gewundert, dass Gott seine Donnerkeile zurückhielt, dass er nicht Rache auf den Widersacher ausgoss und den Beleidigten und Niedergetretenen befreite. Wenn ihr die Weltgeschichte durchlest und seht, wie Dynastien zerbröckelt und Reiche zerschmolzen sind, könntet ihr nur die geheime Geschichte der Völker wahrnehmen, wie viel Raub, Unterdrückung, Unrecht und Grausamkeit da war, so würdet ihr verstehen, dass, wenn ein Kaiser nach dem anderen in der Schlacht erschlagen ward oder von einem plötzlichen Tode ereilt, und ein König nach dem anderen vom Throne gerafft wurde, dies geschah, weil Gottes Güte ewiglich währt. Es war nicht Güte für den Einen vielleicht für Nero, Caligula, Tiberius oder ihres Gleichen - aber war es nicht Güte gegen die Millionen, die unter seiner abscheulichen Herrschaft sich müde seufzten? Die Leiden der Hilflosen schrien zu Gott um Abhilfe. Die Seufzer und Tränen der Leibeigenen und Vasallen, Gefangenen und Eingekerkerten brachten ihr Elend vor ihn, bis seine Güte sich mit seinem Zorn verband und er große Könige schlug und mächtige Könige erwürgte, weil seine Güte ewiglich währt. Lest die Blätter der Geschichte, sage ich, mit diesem Gefühl in eurem Herzen und ihr werdet oft urteilen, dass dasjenige, was eine sehr strenge Vergeltung für irgend einen hervorragenden Mann schien, doch im Grunde nur ein Akt der Güte gegen die war, welche sich unter seiner Macht befanden.

Wendet diesen Gedanken auf etwas Anderes an. Es gibt große Machtsysteme in der Welt und es hat stets solche gegeben, Systeme, wie Sihon, der Amoriter König, deren Macht und Ruhm zahlreiche Horden und Bevölkerungen in Schrecken gehalten haben, und die Verteidigungswerke dieser Systeme sind stark gewesen wie die ummauerten Städte Ogs, König zu Basan; aber seit dem Tag, da Christus in die Welt kam und seine zwölf Apostel um sich sammelte, wie viele dieser Systeme sind da gänzlich zerstört? Fragt in diesem Augenblick nach, wo sind die Götter, die verehrt wurden, als Paulus nach Athen kam und Jesum und die Auferstehung predigte? Wo sind alle die Götter, die Griechenland und Rom beherrschten, als Petrus und die übrigen Fischer den Herrn Jesum Christum verkündeten und die Sühne, welche er für die Sünde dargebracht hat? Sie sind vergangen und sind nicht mehr. Und seitdem sind große Systeme und Gedankenschulen aufgekommen, - in welchen die menschliche Weisheit der göttlichen Weisheit sich entgegengestellt hat. Starke und mächtige Systeme sind es gewesen, aber der Geschichtskenner weiß, wie alle, eins nach dem anderen, vergangen sind. Und in unserem eigenen Land ist vergangen - ich bete zu Gott, dass es nie wiederkehre - das System des Papsttums, schrecklicher noch als Sihon, König der Amoriter, oder Og, König von Basan. Und nun liegen die Ruinen unserer Abteien über das ganze Land zerstreut, Ruinen, die unsere Seele froh machen, wenn wir darauf blicken, denn wir sagen: „Kommt, seht die Werke des Herrn; welche Verwüstung er auf Erden gemacht hat.“ Und hier ist ein anderes Beispiel, wie er seine Feinde in die Flucht schlagen kann. Bis auf den heutigen Tag stehen noch andere Systeme, welche das Volk zertreten und die Nacht der Natur noch verdunkeln durch eine tiefere Finsternis des Aberglaubens, welche die Mitternacht der menschlichen Verderbtheit in eine Finsternis wandeln, die man greifen mag, wie vor Zeiten die Plage in Ägypten. Aber, so wahr der Herr lebt, wie er die Lügen eine nach der anderen zerschmettert hat, so wird er diese Systeme zerschmettern und der Tag wird kommen, wo wir sagen werden: „Muhameds Halbmond ist jetzt vergessen, denn seine Güte währt ewiglich; und der Pomp des Antichrists ist vergangen und all seine Unfehlbarkeit, denn die Güte des Herrn währt ewiglich.“ Ein großer Irrtum nach dem anderen wird niedergeworfen durch die starke Hand des Gottes Jakobs, denn seine Güte währt ewiglich; und obgleich in jedem dieser Fälle die Dinge wie Gerichte über das Volk aussehen, so sind es doch Gerichte voll Güte, denn es ist ein Segen, wenn Gott ein System niederwirft, das ihm und seiner Wahrheit widerspricht, seinem Sohn widerspricht, den Freiheiten und Rechten der Menschen widerspricht und vor Allen dem evangelischen Leben und der heiligen Reinheit der Kirche widerspricht.

Nun, Brüder, es werden noch andere Gerichte kommen Gerichte, auf die wir sicherlich hinblicken müssen mit großer Hoffnung als Beweise der Güte Gottes. Der Tag kommt, wo der, welcher furchtbarer ist, als Sihon, König der Amoriter, hinausgeworfen werden wird. Christus hat durch seinen Tod die Macht des Satans gebrochen, aber der Satan hat noch in großer Ausdehnung die Herrschaft über die Menschenkinder. Wie das Evangelium sich ausbreitet, so wird seine Macht abnehmen und allmählich wird die Zeit kommen, wo er gebunden werden - wo er in den feurigen Pfuhl geworfen und seine Macht aufhören soll. Es wird ein Gericht über ihn sein. Aber welch' ein Beispiel davon, dass Gottes Güte ewiglich währt. Dann wird er „die eherne Stirn mit den Narben des Donners“ erheben, sein Urteil empfangen und aufs Neue seine Hölle beginnen, und an dem Tag werden die Heiligen singen: „Seine Güte währt ewiglich.“ Und der Tod, das furchtbare Ding, das auch zerstört werden soll, der letzte Feind ist er, aber „er ist der letzte Feind, der aufgehoben wird;“ und wenn der Tod selbst aufhören wird zu sein, und das Grab aller seiner Schätze beraubt ist, dann werden wir den Herrn loben und erheben, wie Israel es tat, wenn es an Sihon, König der Amoriter, und Og, König zu Basan, dachte; denn seine Güte währt ewiglich. Und wenn jener letzte fürchterliche Akt der Rache vollzogen wird und Tod und Hölle in den feurigen Pfuhl geworfen werden; und alle Heere des Bösen, Alle, die Übels getan und Christum verworfen haben, auf immer ausgestoßen werden von aller Hoffnung und Freude - an jenem gefürchteten Tag, wo für sie Weinen und Heulen und Zähneknirschen sein wird, da wird es für die Gerechten heißen: „Halleluja! Halleluja! Denn Gott und das Gute, das Recht und der Christ haben den Sieg behalten auf ewig.“ Ja, selbst in der Verdammnis der Verlorenen wird es ein Zeichen von Güte gegen die ganze Schöpfung sein, dass der Sünde nicht gestattet ward, zu triumphieren, dass dem Bösen nicht erlaubt ward, zu herrschen, sondern dass Gott es überwand um einen großen Preis, und es zuletzt in seine eigenen Grenzen einschloss, um nie wieder hervorzubrechen, denn seine Güte währt ewiglich.

Wir wissen nicht, Brüder, was uns geschehen mag, aber wir wissen, was geschehen ist, und in dem Licht der Wahrheit, bei der ich jetzt verweile, können wir dem Herrn ein neues Lied singen. Wir kennen auch ein Geschlagen- und Erwürget-Werden. Es sind Sünden in uns geschlagen worden, die mächtige Könige waren, und wir haben Verdorbenheiten gehabt, die große Könige waren, aber sie sind gestürzt worden; unsere Götzen wurden zerbrochen und Gerichte ergingen über unsere Erfindungen. O, was für ein Zertrümmern der Götzen hat in Manchem der hier Gegenwärtigen stattgefunden; wie habt ihr mit Tränen in euren Augen gestanden, wenn euer Dagon vor der Lade des Herrn niederfiel! Ihr versuchtet, ihn wieder an seinen Ort aufzustellen, aber ihr konntet nicht, denn der Herr brach ihn in Stücke, und er hat die Götter hinweg genommen, auf die ihr vertrautet, und die Dinge, daran euer Herz hing, und die Wonne eurer Augen und die Freude eures Geistes er hat diese eins nach dem anderen hinweg genommen - mächtige Könige, die über euch herrschten, und große Könige, die euer Herz und Gemüt regierten und eure Beste Liebe in Anspruch nahmen. Diese sind erschlagen worden, weil seine Güte ewiglich währt, und ich für mein Teil möchte sagen: Schwert des Herrn, ruhe nicht; kehre nicht in deine Scheide zurück, wenn du meine Sünden erschlägst, wenn du meine Verdorbenheiten überwindest, gehe durch mich hindurch, Herr, und schlage wiederum, und wenn du die Götzen abbrichst, brich zu.

„Ist etwas, das ich neben dir
In aller Welt sollt' lieben,
So nimm es hin, bis nichts in mir
Als du, sei überblieben.“

Dennoch will ich sagen bei jedem Zerbrechen eines Götzens und Erschlagen eines Königs in meinem Herzen: „Seine Güte währt ewiglich, seine Güte währt ewiglich.“ Daher diese Schläge, daher diese Leiden, daher diese Trübsale, sie sind gesandt nicht im Zorn, sondern in seiner Bundesliebe; nicht, uns zu schaden, sondern uns zu segnen; nicht, uns arm zu machen, sondern unser Erbe größer und weiter zu machen, sowohl hier, als in der zukünftigen Welt. Dies ist unser erster Gedanke. In der Mitte der Gerichte sollten wir warten und wachen, bis wir die gütige Seite derselben sehen, denn dann werden wir singen: „Der große Könige schlug, denn seine Güte währt ewiglich, und erwürgte mächtige Könige, denn seine Güte währt ewiglich.“

II. Zweitens, jede Güte verdient, dass ihrer gedacht werde.

Mit was für besonderem Gewicht und Nachdruck ist jedes Beispiel hingestellt: „Sihon, König der Amoriter, denn seine Güte währt ewiglich, und Og, König zu Basan, denn seine Güte währt ewiglich.“ Warum sie nicht zusammenfassen Sihon und Og? Warum nicht, wie wir gewöhnlich und glatt uns ausdrücken, sie zusammen werfen und Gott in Bausch und Bogen dafür danken? Nein, nein, sie müssen einzeln kommen: „Sihon, der Amoriter König, denn seine Güte währt ewiglich, und Og, den König zu Basan, denn seine Güte währt ewiglich.“ Warum müssen sie so einzeln kommen?

Weil jede Güte, die wir empfangen, unverdient ist. Die Israeliten verdienten nicht, dass Gott Sihon, der Amoriter König, schlug, oder Og, König zu Basan. Es war eine so reiche und gnädige Guttat, dass sie aufgezeichnet zu werden verdiente. In eben demselben Kapitel, aus dem ich euch vorhin vorlas, wo Gott den Sihon schlug, findet ihr, dass die Kinder Israel murrten, so dass Gott feurige Schlangen unter sie sandte. In einem und demselben Kapitel haben wir den Bericht, dass er sie mit feurigen Schlangen züchtigte und doch gab er ihnen Sieg über ihre Feinde. O, es bringt die Tränen in unsere Augen und erfüllt uns mit Scham, wenn wir daran denken, dass viele unserer teuersten Güter uns gerade nach unseren schwärzesten Sünden gegeben sind. Es ist nicht, dass der Herr uns seine Güte erzeigt, wenn wir fromm wandeln, wenn wir gehorsam sind, wenn wir sind, was wir sein sollten; es würde große Gnade schon darin sein; aber die Güte, welche alles krönt, ist, dass wenn wir vom Weg abgewichen sind, wenn wir die „Nebenwegswiese“ gegangen sind, wenn wir wie Petrus unseren Herrn verleugnet, dann ist uns eine große Güte verliehen, um uns wieder zurecht zu bringen. Sihon, der Amoriter König, ist über uns gekommen, gerade wenn wir den Herrn erzürnt hatten, um uns zu verderben; aber der Herr hat gesprochen: „Nein, ich will meine Kinder schlagen, aber ich will dich sie nicht schlagen lassen. Ich will sie züchtigen und feurige Schlangen senden, aber, Sihon, du darfst sie nicht anrühren. Geh' zurück! Wenn du einen Finger an sie zu legen wagst, soll mein Eifer über dich entbrennen und rauchen; denn sie sind meine Kinder und ich will sie am Tag ihrer Trübsal erretten.“ O, lobt den Herrn für jede Güte, weil sie so unverdient ist.

Wir haben auch keine Güte empfangen, die wir hätten entbehren können. Hätte Gott Sihon, der Amoriter König, geschlagen, und dann, als Og gegen sie zog, gesagt: „Ich habe genug für euch getan und will nicht mehr tun,“ so wäre das Volk ausgerottet worden. Nein, Sihon, der Amoriter König, ist geschlagen. Gelobt sei der Herr dafür. Doch, wenn der Herr nicht Og, den König zu Basan, schlägt, was wird aus Israel werden? So ist jede Güte nötig, warumsollte denn nicht jede ihr besonderes Lied haben? Wenn du jetzt in Not bist, so hältst du die jetzige Hilfe sehr hoch. Mein lieber Bruder, wenn du aus der Not heraus bist, warum wolltest du nicht die Hilfe nachher auch hochschätzen? Dann, wie es wohl kommt, eine nagelneue Güte in einer frischen Verlegenheit; je mehr sie dir Not tut, desto höher achtest du sie. Warum nicht diese Güte eben so hoch achten, nachdem du sie empfangen, und im Besondern der Wohltaten gedenken, die aus jeder flossen? Sihon, König der Amoriter, und Og, König von Basan, sollen jeder für sich besungen werden, weil keiner der beiden Siege entbehrt werden konnte. Sie waren beide nötig, damit Israel in das verheißene Land eingehen könnte.

Überdies, es war etwas Besonderes bei jeder Guttat. Dies war ganz sicher der Fall. Ihr hattet nie zwei Guttaten von Gott, die ganz gleich waren. Es waren einige besondere Umstände da, die einen bezeichnenden Unterschied machten. Pflückt die Blätter von einem Baum: wie man gewöhnlich sagt, sind sie einander gleich, doch sind nicht zwei Blätter genau in derselben Weise geadert. So ist es mit den Guttaten auch. Es ist etwas Unterscheidendes da, wenn ihr sie sorgfältig betrachtet. Gewöhnlich ist, wenn wir in den tiefen Wassern sind, irgend ein besonderes Merkmal da, welches das Leiden auszeichnet und es später identifiziert. Ich weiß, dass die Montagsgüte nicht für den Dienstag ausreicht, und es würde mir leid tun, wenn ich nichts als Dienstagsgüte hätte, um mir über den Mittwoch hinweg zu helfen. „Seine Güte ist alle Morgen neu, groß ist seine Treue.“ Nun, da jede Güte neu ist und jede für sich, warumsollte nicht von jeder gesondert gesprochen werden? Wenn Gott so viele neue Bilder malt, warumsollten wir sie nicht in geeignete Rahmen fassen und von jedem sagen: „Seine Güte währt ewiglich.“ Es ist etwas Besonderes bei jeder. Sihon ist nicht Og und Og ist nicht Sihon. Wohl mag mein Text jedem seinen Platz anweisen in diesem Loblied.

Aber wenn irgend eine Güte verdient, deutlicher hervorgehoben zu werden, als eine andere, so ist es die frühe Güte. Die Kinder Israel hatten noch ihre Hände nicht zum Kampf erhoben. Sie waren noch nicht über den Jordan gegangen; sie hatten Kanaan noch nicht betreten, wo sie jeden Tag Krieger sein sollten; sie waren noch diesseits des Jordans und hatten den Krieg nicht gelernt. Sie boten Sihon und Og an, ruhig durch ihre Länder zu ziehen und nicht einmal eine Frucht von ihren Bäumen zu pflücken oder einen Tropfen Wassers aus ihren Brunnen zu trinken. Aber Sihon und Og waren in schlechter Gemütsverfassung und wollten ihnen nicht gestatten, friedlich durchzuziehen. Es war eine Schlacht - die erste ihrer Schlachten der Anfang ihrer Kriegsführung, und deshalb blickten sie stets mit froher und dankbarer Erinnerung auf ihre ersten Kämpfe und Siege zurück.

Ohne Zweifel, sie gedachten auch an Adonibezeck und den König von Ai und all die anderen Könige; aber diese waren später, ihre ersten Kämpfe waren mit Sihon und Og. O, meine lieben Brüder und Schwestern, ich möchte, dass ihr euch eure ersten Leiden wieder ins Gedächtnis rieft - eure ersten Arbeiten für Christum, eure ersten Prüfungen und eure ersten Erfolge. Ihr erinnert die erste Seele, die ihr zu Jesu brachtet - ihr könnt nicht das kleine Zimmer vergessen, wo ihr zuerst zu wirken begannt. Du erinnerst das halbe Dutzend kleiner Mädchen, die du zum ersten Mal versammeltest, um eine Klasse zu bilden - jene zwei oder drei Knaben, die du in die kleine Stube jener Hintergasse hinein brachtest. Nun, erinnere deinen Sihon, König der Amoriter und Og, König von Basan, und wie Gott dir bei jenen Anfängen half. Es war eine große Sache, wie du weißt, denn du warst nicht so groß damals, wie du jetzt bist. Du beginnst zu denken (ich spreche nur laut aus, was dein Herz dir zuflüstert) - du beginnst zu denken, dass du es tun kannst. Wie, du bist ein Mann von Erfahrung, nicht wahr? Und du, junger Mann, du bist ein wohl entwickelter Prediger nun; du kannst sehr viel tun. Wir fühlen zu oft, als wenn unsere Erfahrung uns zu etwas viel Wichtigerem gereift hätte, als wir uns in dem ersten Studium unserer Laufbahn träumen ließen. Es ist ein böses Gefühl, aber die Eitelkeit unseres Herzens wird sich zuweilen geltend machen. Nun, lasst uns dann zurückkehren zu der Zeit, wo wir klein in Israel waren, und ganz unbekannt, einige von uns waren vielleicht noch Knaben, obgleich wir wahrhaft unseren Herrn lieb hatten. Wir waren schwach und gering; Niemand dachte, dass etwas in uns sei; oder wenn Andere dies taten, wir selber dachten es nicht. Wir waren zitternd und bange; aber, Ehre sei Gott, wir überwanden Sihon, König der Amoriter und Og, König zu Basan, und unsere ersten Siege sind uns frisch im Gedächtnis. Lasst uns sie zurückrufen, teils um uns zu demütigen und teils um uns zu stärken, Lasst uns wie David sagen: „Dein Knecht hat beide geschlagen, den Löwen und den Bären; so soll nun dieser Philister, der Unbeschnittene, sein wie deren einer.“ Der Herr, welcher jenen jungen Tagen half, wird dich jetzt nicht verlassen. Nur traue ihm mit derselben Einfalt; nur misstraue dir selbst so sehr, wie du damals tatest und ein wenig mehr; nur sinke in den Staub der Selbsterniedrigung und stehe wiederum auf in all der Hoheit einer kindlichen Zuversicht auf Gott, und wie er Sihon, König der Amoriter, schlug, und Og, König zu Basan, so wird er all' deine Feinde wie Spreu vor dir hertreiben. Er wird dich wie ein neues Dreschinstrument machen, mit scharfen Zähnen und du sollst die Berge dreschen und sie wie Spreu machen.

So verdient jede Güte besonders erinnert zu werden, denn nicht Eine ist verdient, nicht Eine ist unnötig, und eine jede hat ihre Eigentümlichkeit und vorzüglich die frühen, sie haben eine nie zu vergessende Besonderheit.

III. Drittens, jede Güte verdient wirklich an sich gesonderte Betrachtung.

Ich will euch genau zeigen, warum ich so denke. Ich gehe, einen Kranken zu besuchen. Er hat schweren Kummer gehabt. Lasst mich annehmen, du seist es selbst, der den Besuch macht, denn ich denke, du hast das Gleiche getan. Sehr bald nachdem du gekommen, erhältst du einen Bericht über das Leid in ziemlich ausführlicher Weise und dann werden dir all die besonderen Umstände erzählt. „Sie sehen, mein lieber Herr, ich würde den Verlust dieses lieben Kindes nicht so tief empfunden haben, aber es ist das zweite oder dritte, das ich verliere, und dann, sehen Sie, es war ein so liebliches Mädchen,“ oder: „Es war der teure Knabe, auf den ich alle meine Hoffnungen setzte.“ Solche kleinen Punkte werden immer erwähnt als Veranlassung zu besonderem Kummer oder Verstärkung eines schweren Leides. Mein Gatte ist hinweg genommen, sagt die untröstliche Witwe, und, nicht Willens, ihre Tränen unterschiedslos mit denen Anderer in gleicher Trübsal zu vermischen, fügt sie hinzu: „Ach, aber in meinem Witwenstande sind besonders bittere Schmerzen. Gerade nachdem er hart gearbeitet und gegen die Flut angekämpft hatte und wir anfingen, ein wenig besser vorwärts zu kommen, da ward er weggenommen durch diesen plötzlichen Schlag oder durch eine langsame Auszehrung, ehe noch hinlänglich für diese lieben Kinder gesorgt war. Als sie eines Vaters Sorge und Zärtlichkeit zu bedürfen schienen, da war es, gerade da, dass er daniedergestreckt ward, und ich bin allein gelassen mit einem Herzen, das wie Gras dahin welkt.“ Dann triffst du einen Andern, der Geld verloren hat und du hörst von dem Bankrott, der wahrscheinlich kommen wird. Und dann sind gewisse Dinge verknüpft mit dem Verlust - mit Dem, welchem Vertrauen geschenkt war, gewisse Dinge in der grausamen Art, mit der er handelte und der schändlichen Weise, wie er das Vertrauen verriet. Du hörst all' dieses. O, ich kenne es alles. Ich habe es gehört, und mehr noch, wenn ich eigenes Leid habe, so finde ich meistens, dass ich es um und um kehre, wie ein Kind ein neues Kleid, und sage: „Sieh' hier,“ und zeige jedes Stückchen daran - jeden Punkt desselben auf und nieder, von Oben nach Unten, von Unten nach oben und von allen Seiten. Ihr tut das immer, mit all euren Leiden, nicht wahr? Nun denn, liebe Freunde, solltet ihr nicht dasselbe mit all euren Guttaten tun? Meint ihr das nicht? Wenn der Herr euch nichts als Leiden gäbe, dann, scheint mir, möchte einige Berechtigung da sein, so viel bei ihnen zu verweilen; aber da so viele Guttaten da sind, würde es nicht Weisheit sein, euren Freunden manchmal mit funkelnden Augen davon zu erzählen und zu sagen: „Es waren mannichfache Guttaten. Eine folgte der anderen. Seht die Güte des Herrn darin. Er sandte die Guttat gerade, als ich sie brauchte - gerade als ich sie am meisten nötig hatte, und sie ward mir in so schöner Weise und ward mir zu Teil, gerade durch die Person, die sie am angenehmsten machte. Die Art, wie die Gabe verliehen ward, machte sie so lieblich, dass ich den Herrn nicht genug dafür zu preisen weiß.“ O, dass ich oft Christen zu einander sagen hörte: „Hast du gehört, was der Herr für mich getan hat? Sitze eine Weile nieder und lass mich dein Ohr füllen mit der süßen Erzählung von seiner Freundlichkeit und seiner großen Güte.“ Ist dies nicht Gerechtigkeit? Bloße Gerechtigkeit? Wenn du von deinen Leiden ein Lied singen willst, so solltest du, in einem bessern Sinn, von deinen Freuden singen und die Beste Harfe mit all' ihren zehn Saiten herbringen und alle diese Saiten anschlagen mit Preis für ihn, der so viel für dich getan. Erzähle der Welt nicht nur, dass er deine Feinde überwunden, sondern sprich: „Der große Könige schlug, denn seine Güte währt ewiglich; und erwürgte mächtige Könige, denn seine Güte währt ewiglich; Sihon, König der Amoriter, denn seine Güte währt ewiglich; und Og, den König zu Basan, denn seine Güte währt ewiglich.“ Wir könnten die Leute ermüden,“ sagt Einer. Ich freue mich, dass du in diesem Punkt ein wenig Empfindung hast, denn du warst mitunter etwas rücksichtslos, wenn du von deinen Leiden redetest, und ich glaube, du könntest entschuldigt werden, wenn du uns gelegentlich müde machtest durch die Erzählung deiner empfangenen Guttaten. O, aber die Ohren der Heiligen werden von solchen Gegenständen niemals müde; im Gegenteil, es macht sie froh und freudig. „Kommt und hört, die ihr den Herrn fürchtet, und ich will euch sagen, was er für meine Seele getan hat.“ Ich bin gewiss, die Antwort aller Kinder Gottes wird sein: „Lass uns es hören. Erzähle es uns, denn wir wollen uns mit dir freuen und mit dir den Namen des Höchsten erheben.“

IV. Viertens, fortgesetzte Guttaten sind ein besonderer Beweis andauernder Güte.

Dass Gott Sihon, König der Amoriter, schlug, kann allein schwerlich beweisen, dass seine Güte ewiglich währt, obgleich es beweist, dass er damals Güte hatte. Daher berührt der inspirierte Sänger weislich diese Saite, und ehe der Ton für das horchende Ohr verklungen ist, schlägt er eine andere an. „Og, den König zu Basan,“ sagt er, „denn seine Güte währt ewiglich.“ Ein, zwei, drei, vier, fünf, sechs auf einander folgende Stanzen - diese Guttaten kommen rasch eine nach der anderen und zeigen so die Fortdauer der Güte, während die ununterbrochene Folge von Welle auf Welle in endloser Regelmäßigkeit dem Chorus: „Seine Güte währt ewiglich“ die Weihe gibt. Liebe Brüder, hätten wir die Gewohnheit, besonders bei Gottes besonderen Guttaten zu verweilen, meint ihr nicht, wir würden dann in unserer Seele einen festeren Glauben haben an die Dauer, die Stetigkeit, die Ewigkeit der Güte Gottes? O, was tat der Herr für uns, als wir Kindlein in der Gnade waren! Wenn wir daran denken, was er damals tat, so sagen wir: „Seine Güte währt ewiglich.“ Dann erwägt, was er für uns tat, als wir Jünglinge in Christo Jesu waren. „Seine Güte währt ewiglich.“ Denkt, was er für uns getan, nachdem wir Männer geworden. „Seine Güte währt ewiglich.“ Und, o, ihr grauen Häupter, sagt, was der Herr für euch getan hat, denn wenn ihr alle vier Alter zusammenlegt, so könnt ihr mit besonderem Nachdruck sagen: „Seine Güte währt ewiglich.“ Ich wünsche, ich hätte ein Gedächtnis, stark genug, alle Guttaten Gottes gegen mich in dem vergangenen Jahr zu erinnern. Es sind sehr viele gewesen, sehr große, und wenn sie eine nach der anderen genommen werden, so sind sie sehr lieblich gewesen. Wenn ich sie überblicke, so scheinen sich die Beweise zu häufen, bis der Schluss überzeugend wird, dass „seine Güte ewiglich währt.“ Sie hat das ganze Jahr hindurch gewährt, sie war in allen vorhergehenden, sie gewinnt neue Kraft in dem laufenden Jahr, so dass ich für die künftigen Jahre vertrauen darf, dass er, der gestern so voll Güte war und heute so voll Gnade ist, ewiglich derselbe sein wird. Seht ihr nicht, dass das Anschlagen dieser Glocken eine nach der anderen - das Hervorheben jeder Guttat in ihrer Besonderheit dazu beiträgt, die köstliche und selige Wahrheit zu veranschaulichen, dass seine Güte ewiglich währt. Lasst unsere Herzen vorwärts schauen mit der ruhigen Zuversicht, die einer Seele wird, die im Glauben lebt und ohne Furcht singt:

„Alles währt seine Zeit,
Gottes Güt in Ewigkeit.“

V. Fünftens, das Lenken der Trübsale zum Guten ist ein Gegenstand, bei dem wir mit Freuden weilen sollten.

Lest die Verse: „Und gab ihr Land zum Erbe, denn seine Güte währt ewiglich; zum Erbe seinem Knechte Israel, denn seine Güte währt ewiglich.“ Die Israeliten erwarteten nicht, das Land von Sihon und Og zu erhalten. Ihr Land war auf der anderen Seite des Jordan, aber da Sihon und Og sie als unerwartete Feinde angriffen, so bekamen sie unerwartetes Land von ihnen. Ihr und ich, wir hatten und wir haben unerwartete Trübsale. Wenn wir zurückblicken, so haben wir Manches erlitten von ganz unerwarteter Seite, von Personen, die unsere Freunde, unsere Helfer, unsere Tröster hätten sein sollen. Der Erfolg hat gezeigt, dass wir unerwartete Vorteile davon hatten; unsere Gefahren sind die Pioniere unseres Fortschrittes gewesen. Ich möchte, ihr gedächtet hieran, um desto aufrichtiger zu singen: „Seine Güte währt ewiglich.“

Wie viele Sünden und wie viel ungeahnte Verrätereien unseres Herzens sind uns durch unsere Leiden offenbar geworden. Diese Vipern hätten ruhig in unserer Seele geschlafen; sie würden da Übel der tödlichsten Art erzeugt haben; aber Leiden kamen, und wir gerieten in einen solchen Zustand des Zitterns, dass wir nachzuforschen begannen; und da wir nachforschten, fanden wir das tödlichste Übel und taten es hinweg. Wie manches Laster ist uns aufgedeckt worden in der Stunde der Trübsal. Wenn ich je von einem Bruder höre, der meint, seine Verdorbenheiten seien tot, so bin ich geneigt, zu sagen: „Lasst ihn eine halbe Stunde im Feuerofen sein, und wenn er nicht die Hunde in seinem Herzen bellen hört, dann bin ich im Irrtum. Da sind sie, das ist gewiss genug. Verlasst euch darauf. Der ist in der Regel von den meisten Teufeln besessen, der meint, er habe die wenigsten Unvollkommenheiten. Lasst uns nur in Not geraten, in das Sieb geworfen werden und lasst den Teufel uns ein- oder zweimal extra schütteln, und es ist genug Spreu oder Staub in uns allen, um unsere Augen blind zu machen oder sie mit Tränen zu füllen, wenn der Herr uns Buße sendet. Es muss kommen - dieses Leid, und wir müssen dankbar für dasselbe sein, weil es den Weizen sichtet und uns rein vor dem lebendigen Gott macht.

Nutzer dieser Hilfe bei unserer Reinigung, wie oft hat das Leiden geholfen, uns zu belehren. Du kannst das Buch ganz durchlesen, junger Mann, und du magst denken, dass du es ganz kennst; aber dein Großvater kennt die Bedeutung von Sprüchen, die du noch nicht buchstabieren kannst. „O,“ sagst du, „ich habe die Kommentare studiert; ich habe darin die Bedeutung der Stellen nachgeschlagen.“ Ja, aber es gibt eine andere Art, die Kommentare zu lesen, und die kommt aus der Erfahrung; Erfahrung ist der große Weg, um die Sprüche auf euer Herz schreiben zu lassen. Es gibt viele Sprüche, die noch deinem Herzen nicht eingeprägt werden können. Ein Spruch der Art muss dir eingeprägt werden, wenn du in solcher Lage bist, dass du ihn brauchst, und er kann erst dann verstanden werden. Du magst Alles über die Anker gelernt haben, Mann, aber du kennst nie den Wert eines Notankers, bis du im Sturm bist. Du magst am Ufer Alles über den Sturmwind gelesen und gehört haben und vortreffliche Beschreibungen davon, und denkst, dass du weißt, wie er das Schiff hin und her wirft, aber ich stehe dir dafür, einen oder zwei gute Stöße werden dich mehr über die Seekrankheit lehren und über die Wirkungen jener mächtigen Stürme, welche die Wellen erregen und die Schiffe schaukeln, als alle Bücher, die du je zur nützlichen Belehrung oder angenehmen Unterhaltung gelesen hast. Und wie viel von dem Wesen Gottes ist uns im Leiden offenbart worden. Wir kennen unsere Freunde nicht, bis wir in Not geraten; eben so wenig wird der Freund, der „Fester beisteht, denn ein Bruder“, wahrhaft von uns geschützt, bis wir in Not kommen, dann lernen wir seine Macht, mitzufühlen und zu helfen.

Trübsale helfen, uns zu stärken. Es ist unmöglich für einen Christen, sehr stark zu sein - in gewissen Dingen, jedenfalls - wenn er nicht mit Schwierigkeiten zu ringen und Drangsale zu erdulden hat. Es gibt kein Erproben eures Mutes und eurer Tapferkeit im Kriege, wenn ihr nicht Pulver riecht und der furchtbaren Artillerie ausgelegt seid. Ihr könnt nicht lernen, stark im Kampf zu sein, wenn ihr nicht durch Leiden hindurch geht, verlasst euch darauf. Mein Arm würde bald ermatten, wenn ich des Grobschmieds Hammer ein oder zwei Stunden zu schwingen und Hufeisen zu machen hätte. Mir ist bange, ich würde das Geschäft bald aufgeben. Aber des Grobschmieds Arm tut nicht weh, denn er ist so viele Jahre dabei gewesen, und er singt ein Lied beim Amboss, so freudig vollbringt sein starker Arm das Werk. Die Übung hat ihn stark gemacht. So, wenn wir an Leid und Trübsal gewöhnt worden sind, ist der Glaube für uns eine viel einfachere Sache, als zuvor und wir werden „stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke.“ Was sollen wir denn sagen? Danken dem Sihon, König der Amoriter und Og, König zu Basan, dass sie uns Krieg gelehrt haben? Nein, sondern wir wollen dem Herrn danken, dass er uns „ihr Land gegeben hat zum Erbe, zum Erbe für seinen Knecht Israel, denn seine Güte wäret ewiglich.“

VI. Zuletzt; dass dies alles denselben Personen widerfährt, ist eine weitere Erläuterung dafür, dass seine Güte ewiglich währt.

Diese sechs Verse erzählen von großen Dingen, die für Israel getan sind, alle für Israel. Dieser letzte Vers ist mir sehr lieblich - „zum Erbe seinem Knecht Israel.“ Für wen werden die Könige geschlagen? Für Israel. Für wen stirbt Sihon? Für Israel. Warum fällt Og? Für Israel. Für wen ist das Erbe? Für Israel. Und wer ist Israel und was hat Israel getan, um all' dieses zu haben? Was hat es getan? Brüder, es ist eine traurige Geschichte, aber eine, die voller Gnade ist. Israel! Israel! Wie! Das ist das Volk, welches das goldene Kalb machte und sprach: „Dies sind deine Götter, o Israel.“ Israel! Wie! Das ist das Volk, das sprach: „Waren nicht Gräber in Ägypten, dass du uns musstest wegführen, dass wir in der Wüste sterben?“ Israel! Wie! Das war das Volk, das die Töchter der Moabiter nahm und Schande mit ihnen trieb. Israel!

Wie! Das ist das Volk, das den Herrn so erzürnte, dass er zu seinem Knecht Moses sprach: „Lass mich! Lass mich, dass ich sie vertilge,“ denn sie reizten den Herrn zur Eifersucht. Israel! Wie! Das ist das Volk, von dem Gott in seinem Zorn schwur, sie sollten nicht zu seiner Ruhe kommen. Doch ist es dasselbe Volk. Ihre Kinder sind auf sie gefolgt; es ist noch Israel, und Gott hat all' dieses für Israel getan. Nun, während ihr an Israel denkt, beginnt, an euch selber zu denken. Für wen hat Gott all' dieses getan? - das Gericht in Gnade verkehrt, große Kämpfe gefochten, und ein großes Erbe von Güte, Freundlichkeit und Gnade gegeben? Für wen ist es? Wohl, ich will nicht den Namen irgend Jemandes nennen, aber ich will meinen eigenen für mich nennen und indem ich ihn nenne, denke ich:

„O Gnade, du bist es gewohnt,
In das schlechteste Herz zu kommen.“

Wie sonderbar, dass du all' dieses für solch' Einen, wie ich bin, getan. Bruder, Schwester, ich kann besser Gottes Gnade gegen euch verstehen, als seine Gnade gegen mich. Ich kenne Einen, der in der Not manchmal an der Freundlichkeit Gottes gezweifelt hat. Ich kenne Einen, der stolz, neidisch und weltlich gewesen ist. Ich kenne Einen, dessen Herz kalt, tot, gefühllos, sorglos gewesen ist, wenn es hätte zart sein sollen und voller Mitleid und Liebe. Ich kenne Einen, der ganz Unvollkommenheit, ganz Fehler ist. Es scheint ihm, als wenn er jeden Tag schlechter statt besser würde; wenigstens verabscheut er sich selbst hundertmal mehr als er zu tun pflegte. Und doch weiß ich, dass der Herr diesen Mann lieb hat; aber warum, das weiß ich nicht, ausgenommen: „Ja, Vater, es ist also wohlgefällig gewesen vor dir.“ Und wenn du deine eigene Geschichte wahrheitsgemäß erzählst, und dein eigenes Herz und Leben kennst, so wirst du wundern und staunen bis zum Äußersten, dass der Herr ein Erbe gibt dem Israel dir, seinem Knecht - wahrhaft sein Knecht, aber ein armer fehlerhafter Knecht, dass ihm solches Erbe aus dem Reichtum der Gnade Gottes gegeben werden sollte. Und warum tut er es, als nur, weil seine Güte ewiglich währt? Ist Einer unter uns, der nicht gerechterweise in der Hölle sein könnte, ehe die Uhr wiederum tickt, wenn nicht seine Güte ewiglich währte? Der glänzendste Heilige hat keinen Glanz als den, welchen Gott ihm leiht und er leiht ihm diesen nur, weil seine Güte ewiglich währt. O, lobt seinen Namen, ihr, seine Kinder, die ihm nahe leben - ihr, die ihr zur höchsten Stufe der Gemeinschaft empor geklommen seid. Bedenkt, ihr steht dort nicht wegen irgend etwas in euch selber, sondern, weil seine Güte ewiglich währt. Wenn ihr eure Sünden besiegt habt - Sihon, der Amoriter König - so ist es, weil seine Güte ewiglich währt; und wenn ihr heute euren Fuß auf den Nacken Ogs, Königs zu Basan, legt, so ist es nicht, weil ihr stark seid, sondern weil seine Güte ewiglich währt. Wenn ihr in der Heiligung gewachsen seid und anfangt, das Land zu besitzen, das Gott seinem Volk zum Erbe gegeben hat, so ist es doch noch, weil seine Gnade ewiglich währt; und wenn der Tod selber tot ist, und ihr jenseits des Perlentores seid und den Thron in Besitz genommen habt, der euch aufbehalten ist mit Christo zur Rechten Gottes, so wird der einzige Grund, warum ihr dort seid, der sein, dass seine Güte ewiglich währt. Dies ist das Lied jeder erretteten Seele in diesem Tabernakel, wie es das im Tempel droben sein wird von jetzt an auf ewig.

Ich meine, es müsste eine große Ermutigung für die unter euch sein, die nicht Gottes Volk sind, wenn Solche hier anwesend sind, und das' mag der Fall sein. O, wie sollte es in euren Ohren klingen: „Seine Güte währt ewiglich.“ Du bist sehr alt, aber seine Güte währt ewiglich. Du bist sehr krank und dem Tod nah, aber seine Güte währt ewiglich. Du bist bis zum äußersten Grade der Sünde gegangen, aber seine Güte währt ewiglich. Du hast seinem Geist widerstanden, du hast deines Gewissens Stimme erstickt, du bist Christo ungehorsam gewesen, aber seine Güte währt ewiglich. Du hast dich jeder bösen Leidenschaft hingegeben, du hast jedes Band zerbrochen, das dich auf dem Weg des Rechtes hätte halten sollen, aber seine Güte währt ewiglich. Der letzte Tag deines Lebens ist beinahe gekommen, aber seine Güte währt noch und wird währen, bis du stirbst. Wenn der Tod kommt, wir haben kein Evangelium für die Toten, aber so lange du lebst, so lange währt diese Güte.

„So lang' die Lebenslampe brennt,
Kann jeder Sünder wiederkehr'n.“

Der verlorene Sohn, der wiederkehrt und auf Jesum Christum vertraut, soll Gnade finden. Wenn du sprichst: „O, aber Herr, meine Sünden sind stark, wie soll ich sie bemeistern?“ so wird die Antwort dir in den Worten meines Textes gegeben: „Er schlug große Könige, denn seine Güte währt ewiglich; ja, er schlug mächtige Könige, denn seine Güte währt ewiglich.“ Kann Gott nicht eure Sünden erschlagen? Was Satan und die Welt betrifft, er schlug Sihon, König der Amoriter und Og, König zu Basan, denn seine Güte währt ewiglich. Wenn ihr sagt, ihr könnt niemals heilig werden und niemals seinen Kindern gleich, so weiß ich, „er gab ihr Land zum Erbe, denn seine Güte währt ewiglich; zum Erbe seinem Knechte Israel, denn seine Güte währt ewiglich,“ und warumsollte er euch nicht reich machen in heiligender Gnade? Möge Gott in seiner reichen Güte euch reichlich segnen, dass ihr ewiglich sein Lob singen möget. Amen.

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