Spurgeon, Charles Haddon - Andachten über den Psalter - Psalm 71 - 80

Spurgeon, Charles Haddon - Andachten über den Psalter - Psalm 71 - 80

Ps. 72, 12

Er wird den Armen erretten, der da schreiet, und den Elenden, der keinen Helfer hat.

Der Arme schreiet; was kann er anders tun? Sein Schreien wird von Gott gehört; was braucht er anders zu tun? Möge der arme Leser sogleich anfangen zu schreien, denn das wird weise von ihm sein. Schreie nicht in die Ohren der Freunde, denn selbst, wenn sie dir helfen können, ist es nur, weil der Herr sie dazu instandsetzt. Der nächste Weg ist, geradeswegs zu Gott zu gehen und dein Schreien vor Ihn kommen zu lassen. Geradeaus macht den besten Läufer: laufe zum Herrn und nicht zu den Mittel-Ursachen.

„Ach“!„ rufst du aus, „ich habe keinen Freund oder Helfer.“ Um so besser; du kannst in beiden Fällen auf Gott vertrauen - wenn du ohne Mittel und wenn du ohne Freunde bist. Lass deine doppelte Not deine doppelte Bitte sein. Sogar um zeitliche Güter darfst du Gott bitten, denn Er sorgt für seine Kinder in diesen zeitlichen Angelegenheiten. Und in den geistlichen Nöten, welche die schwersten von allen sind, will der Herr dein Schreien hören und dich erretten und für dich sorgen.

O, armer Freund, prüfe deinen reichen Gott. O Hilfloser, lehne dich auf seine Hilfe. Er hat mich nie im Stich gelassen, und ich bin gewiss, Er wird dich nie im Stich lassen. Komm als ein Bettler, und Gott wird dir seine Hilfe nicht verweigern. Komm und mache nichts geltend, als seine Gnade! Jesus ist König, wird Er dich in Mangel umkommen lassen? Wie! Vergaßest du dies?

Ps. 72,19

„Alle Lande müssen seiner Ehre voll werden. Amen, Amen.“

Das ist eine große Bitte. Wer für eine ganze Stadt bittet, muss die Seile seines Glaubens schon weit spannen, und doch gibt es Zeiten, wo auch die Fürbitte für einen einzigen Menschen fast über unser Vermögen geht. Aber wie weit reicht des Psalmisten Fürbitte am Ende seines Lebens! Wie umfassend, wie erhaben ist sie! „Alle Lande müssen Seiner Ehre voll werden!“ Da ist auch das ungebildetste, roheste Volk nicht ausgeschlossen. Das Gebet erstreckt seine Arme über den Menschenfresser, wie über den Weisesten, über alle Himmelsstriche und über alle Geschlechter der Menschenkinder: der ganze Erdkreis wird davon umspannt, und kein Sohn Adams bleibt dabei vergessen. Wir müssen uns aufmachen und für unsern Meister arbeiten, sonst können wir nicht aufrichtig solch ein Gebet darbringen. Die Bitte kommt nicht aus einem aufrichtigen Herzen, wenn wir nicht angelegentlich danach trachten, mit Gottes Hilfe an der Ausbreitung des Reiches unsers Herrn mitzuwirken. Sind nicht Viele, die beides versäumen, Gebet und Arbeit? Sieh, der Herr des Lebens ist ans Kreuz genagelt, eine Dornenkrone verwundet Seine Stirne, aus Haupt und Händen und Füßen fließen blutige Ströme nieder. Wie! kannst du dies Wunder über alle Wunder betrachten, den Tod des Sohnes Gottes mit ansehen, ohne in deiner Brust von einer gewaltigen Macht der Anbetung ergriffen zu werden, die keine Zunge auszusprechen vermag? Und wenn du fühlst, wie das Blut auch dein Gewissen besprengt, und wenn du weißt, dass Er deine Sünden ausgetilgt hat, so bist du kein Mensch, wenn du nicht sogleich dich von deinen Knien erlebst und ausrufst: „alle Lande müssen Seiner Ehre voll werden. Amen, Amen.“ Kannst du dich in liebender Huldigung vor dem Gekreuzigten neigen und nicht zugleich auch wünschen, dass dein König auch Herr sei über alle Reiche der Erde? Wehe dir, wenn du darfst sagen, du liebest deinen Herrn, und begehrst nicht einmal Ihn als den alleinigen Gebieter der sichtbaren, wie der unsichtbaren Welt zu: erblicken. Deine Frömmigkeit hat keinen Wert, wenn sie nicht den Wunsch in dir erweckt, dass dieselbe Gnade, die dir zu Teil geworden ist, auch der ganzen Welt zu Gute kommen möge. Herr, es ist Erntezeit, sammle Deinen Weizen. (Goldstrahlen August 6)

Ps. 73,22

„Ich muss ein Narr sein, und nichts wissen, und muss wie ein Tier sein vor Dir.“

Bedenke, dass dies das Bekenntnis eines Mannes nach dem Herzen Gottes ist; und wenn er uns hier sein inneres Leben schildert, so spricht er: „Ich muss ein Narr sein, und nichts wissen.“ Das Wort: „ein Narr“ bedeutet etwas mehr, als was der gewöhnliche Gebrauch des Ausdrucks in sich fasst. Asaph schreibt in einem früheren Vers desselben Psalms: „Es verdroß mich auf die Ruhmrätigen, da ich sah, dass es den Gottlosen so wohl ging,“ woraus hervorgeht, dass die eitle Torheit, auf welche Asaph an beiden Stellen anspielt, etwas Sündliches war. Er bekennt demütig, dass er „ein Narr“ sei, und fügt ein Wörtlein bei, das die Sache noch verstärkt: „Ich muss ein Narr sein.“ Wie sehr närrisch, konnte er nicht sagen; es war eine sündliche Torheit, eine Narrheit, die in der Schwäche keine Entschuldigung finden konnte, sondern verdammlich war um ihrer Hartnäckigkeit und absichtlichen Stumpfheit willen; denn es hatte ihn verdrossen, auf das zeitliche Glück der Gottlosen zu sehen, und er hatte vergessen, welch ein schreckliches Ende ihrer harrt. Und sind wir besser denn Asaph, dass wir uns weise nennen dürften? Bekennen wir etwa, dass wir der Vollkommenheit nachtrachteten, oder dass wir so gezüchtigt wurden, bis die Rute all unsren Eigenwillen ausgetrieben hatte? O, das wäre törichter Stolz! Wenn Asaph ein Narr war, wieviel närrischer müssten wir uns selber achten, wenn wir nur sehen könnten, wies mit uns steht! Schaue rückwärts, Christ; denke daran, wie du an Gott zweifeltest, während Er so treu an dir war; denke an deinen törichten Schrei: „Nicht also, mein Vater,“ als Er dich betrübte, um dich umso reichlicher segnen zu können; gedenke der vielen Zeiten, wo du seine Schickungen mit trüben Blicken betrachtetest, wo du seine wunderbaren Führungen verkanntest, und in den Schmerzensruf ausbrachst: „Alles ist gegen mich,“ da doch alles zu deinem Besten dienen musste! Bedenke, wie oft du die Sünde erwählt hast um ihrer vergänglichen Lust willen, da doch diese Lust dir zu einer bitteren Wurzel geworden ist! Wahrlich, wenn wir unser Herz kennten, so müssten wir uns einer sündlichen Narrheit und Torheit schuldig bekennen; und wir müssten im Bewusstsein dieser Narrheit zu dem seligen Schluss kommen, wie Asaph, dass Gott allein weise ist, und ausrufen: „Du leitest mich nach Deinem Rat.“

Ps. 73,23

„Dennoch bleibe ich stets an Dir.“

Dennoch. - Wie wenn es trotz aller Torheit und Unwissenheit, die Asaph gerade zuvor seinem Gott bekannt hatte, nicht um ein Stäublein weniger wahr und gewiss wäre, dass er errettet und selig und angenehm gemacht sei in dem Geliebten, und dass das selige Vorrecht, in der beständigen Gnadengegenwart Gottes verweilen zu dürfen, ihm unzweifelhaft zu eigen geschenkt sei. Obgleich seines verderbten Zustandes, wie der Tücke und Bosheit seiner alten Natur sich vollkommen bewusst, singt er gleichwohl in siegesfreudigem Ausbrechen seiner Glaubenszuversicht: „Dennoch bleibe ich stets an Dir.“ Liebe Seele, musst du in Asaphs Bekenntnis und Geständnis mit einstimmen, so trachte danach, dass du auch mit ihm ausrufen kannst: „Dennoch, dieweil ich Christo angehöre, bleibe ich stets an Gott!“ Damit ist gemeint: ich bleibe Ihm stets im Sinne; Er denkt allezeit an mich, um mein Bestes zu fördern. Stets vor seinen Augen; des Herrn Auge schläft noch schlummert nicht, sondern wacht immerdar über mir, dass es mir wohl ergehe. Stets in seiner Hand, so dass mich niemand Ihm aus seiner Hand zu reißen vermag. Stets an seinem Herzen; Er trägt mich auf seiner Brust zum Gedächtnis, gleichwie der Hohepriester die Namen der zwölf Geschlechter Israels auf seinem Brustschildlein trug, ihrer jederzeit eingedenk zu sein. Du gedenkest meiner stets, o Gott. Dein lieberfülltes Herz schlägt mir beständig entgegen. Du wirkest allezeit nach Deiner weisen Vorsehung, was mir zum Besten dienen muss. Du hast mich wie ein Siegel auf Dein Herz gesetzt und wie ein Siegel auf Deinen Arm; Deine Liebe ist stark wie der Tod, dass auch viele Wasser nicht mögen die Liebe auslöschen, noch die Ströme sie ersäufen. Erstaunliche Gnade! Du siehest mich in Christo, und obgleich ich in meinen eignen Augen hässlich bin, so hast Du doch Wohlgefallen an mir, weil ich gekleidet bin in Christi Gerechtigkeit und abgewaschen in seinem Blut und angenehm gemacht vor Dir in dem Geliebten. So stehe ich stets in Deiner Gunst, „ich bleibe stets an Dir.“ Hier ist Trost und Erquickung für die geängstete Seele; wenn dich der Sturm inwendig erschüttert, so schaue auf die Ruhe, die dich umgibt. „Dennoch,“ o, sprichs in deinem Herzen aus und eigne dir den Frieden an, den dies Wort dir in allen Lagen des Lebens, in Traurigkeit und Zweifeln gewährt: „Dennoch bleibe ich stets an Dir.“

Ps. 73,24

„Du leitest mich nach Deinem Rat, und nimmst mich endlich mit Ehren an.“

Der Psalmist fühlte, wie sehr er der göttlichen Leitung bedürftig sei. Er hatte unlängst die Torheit seines Herzens erkannt, und damit er durch dieselbe nicht beständig aufs neue möchte irre geleitet werden, fasste er den Entschluss, dass ihn von nun an Gottes Rat sollte leiten und regieren. Die Erkenntnis unsres Mangels an Einsicht ist ein großer Schritt vorwärts zum Weisewerden, wenn sie uns dazu veranlasst, dass wir uns ganz auf die Weisheit des Herrn verlassen. Denn wir wissen bestimmt, dass auch wo wir es nicht einzusehen imstande sind, es dennoch allezeit das Beste und Sicherste für uns ist, auf den allsehenden Gott zu vertrauen. „Du leitest mich.“ Das ist ein köstlicher Ausdruck des unbedingtesten Vertrauens. David war dessen gewiss, dass der Herr sein herablassend liebevolles Werk nicht aufgeben würde. Das ist ein Wort für dich, du gläubige Seele; verlasse du dich darauf. Sei versichert, dass dein Gott will dein Ratgeber und Freund sein; Er will dich leiten; Er will alle deine Wege bereiten. In seinem geschriebenen Wort ist dir diese Zusicherung zum Teil schon in Erfüllung gegangen, denn die Heilige Schrift ist sein Rat für dich. Selig sind wir, wenn wir Gottes Wort stets lassen unsre Richtschnur und Leitung sein! Was wäre der Seemann ohne seinen Kompass? Und was wäre der Christ ohne seine Bibel? Sie ist die untrügliche Karte, die Seekarte, auf welcher jede Untiefe verzeichnet steht, wo alle Fahrstraßen von den Sandbänken des Verderbens bis zum himmlischen Hafen des Heils angegeben und eingetragen sind von einem, der vertraut ist mit dem ganzen Seeweg. Hochgelobt seist Du, o Gott, dass wir Dir vertrauen dürfen, und dass Du uns jetzt leitest und leiten willst bis ans Ende! Nach dieser Führung durch das Leben betrachtet der Psalmist mit voraussehendem Blick die endliche göttliche Annahme: „und nimmst mich endlich mit Ehren an.“ Welch ein Gedanke, liebe gläubige Seele! Gott selber will dich mit Ehren annehmen - ja, dich! Du irrst ab, und streifst auf Abwegen hin und her und strauchelst, und dennoch will Er dich endlich wohlbehalten einbringen zur Herrlichkeit! Sieh, das ist dein Erbteil; erquicke dich heute daran, und sollten dich auch Schwierigkeiten rings umgeben, so gehe in der Kraft dieses Wortes geradeswegs hin zum Thron der Herrlichkeit.

Ps. 73,24

Du leitest mich nach Deinem Rat und nimmst mich endlich mit Ehren an.

Von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr glaubt mein Glaube an die Weisheit und Liebe Gottes, und ich weiß, dass ich nicht vergeblich glauben werde. Er hat nie an etwas Gutem gefehlt, das Er geredet hat, und ich bin gewiss, dass keins von seinen Worten je auf die Erde fallen wird.

Ich übergebe mich seiner Hand zur Leitung. Ich weiß nicht, welchen Weg ich wählen soll: der Herr soll mein Erbe für mich wählen. Ich brauche Rat und Beistand; denn meine Pflichten sind verwickelt, und meine Lage ist verworren. Ich suche den Herrn, wie der Hohepriester sein „Licht und Recht“ befragte. Den Rat des unfehlbaren Gottes suche ich lieber als mein eigenes Urteil oder der Rat von Freunden. Glorreicher Jahwe, Du sollst mich leiten!

Bald wird das Ende kommen; ein paar Jahre mehr, und ich muss aus dieser Welt gehen zum Vater. Mein Herr wird meinem Bett nahe sein. Er wird mich an des Himmels Pforte empfangen: Er wird mich willkommen heißen im Land der Herrlichkeit. Ich werde kein Fremder im Himmel sein: mein eigner Gott und Vater wird mich in seine endlose Seligkeit aufnehmen.

Ehre sei Ihm, der mich hier leiten will und mich dereinst annehmen. Amen.

Ps. 74,16

„Und die Nacht ist Dein.“

Ja, Herr, Du entsagst Deiner Herrschaft nicht, wenn die Sonne untergeht, noch verlässt Du die Welt in diesen langen Winternächten, um sie dem Bösen zur Beute zu überlassen. Deine Augen wachen über uns wie die Sterne, und Deine Arme umschlingen uns wie der Sternengürtel des Tierkreises den Himmel. Der Tau des jungen Morgens und alle Einflüsse des Monds sind in Deiner Hand, und die Schrecknisse und Unheimlichkeiten der Nacht stehen gleichfalls bei Dir. Das ist mir köstlich, solches zu wissen, wenn ich die Mitternacht durchwache oder von Bangigkeiten hin- und hergeworfen werde auf meinem Lager. Der Mond reift ebenso köstliche Früchte wie die Sonne: möge mich der Herr nach seiner Gnade beider lassen teilhaftig werden. Die Nacht der Trübsal steht ganz unter der Obhut und Regierung des Herrn der Liebe, wie die hellen Sommertage mit ihrer Segensfülle. Jesus ist im Sturme. Seine Liebe hüllt sich in die Nacht wie in einen Mantel, aber dem Glaubensauge ist das dunkle Kleid kaum eine Verhüllung. Von der ersten Nachtwache bis zum Tagesanbruch behütet der Hüter Israels seine Heiligen und waltet und wacht ob den Schatten und Nebeln der Mitternacht über das Heil seiner Kinder. Wir glauben an keine geheimnisvollen höheren Mächte, die, sei es im Guten, sei es im Bösen, mit unserm Gott um die Herrschaft streiten, sondern wir vernehmen die Stimme Jehovahs, die da spricht: „Der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis: Ich bin der Herr, der solches alles tut.“ Düstere Zeiten geistlicher Gleichgültigkeit und öffentlichen Sittenverfalls stehen gleichfalls unter dem Auge göttlicher Vorsehung. Wenn die Altäre der Wahrheit entweiht werden, und man die Wege Gottes verlässt, trauern die Knechte des Herrn tief bekümmert; aber sie dürfen nicht verzweifeln, denn die dunkelsten Zeiten beherrscht der Herr, und wenn Ers befiehlt, nehmen sie ein Ende. Was uns eine Niederlage scheint, ist in seinen Augen stets ein Sieg.

„Vater, Dein Name werd' von uns gepriesen;
Dein Reich zukomme, Dein Will' werd' bewiesen;
Frist unser Leben,
Wollst die Sünd' vergeben;
Erlös' uns! Amen.“

Ps. 74,17

„Sommer und Winter machst Du.“

Meine Seele, beginne den Christmonat mit deinem Gott. Die kalten Schneeflocken und die schneidenden Winde bringen es dir in Erinnerung, dass Er seinen Bund hält Tag und Nacht, und sie gewähren dir die Versicherung, dass Er auch den herrlichen Bund wird halten, den Er mit dir gemacht hat in Jesu Christo, deinem Heiland. Er, der treu an seinem Worte hält mitten unter allem Wechsel der Zeiten und Tage dieser armen, sündenbefleckten Welt, wird sich nicht untreu erfinden lassen in seinem Walten, um seines teuer geliebten Sohnes willen. „Du, Gott der Huld in Ewigkeit, Der Du verwandelst Jahr und Zeit, Füll' uns mit Licht und Gnade!“ Winter in der Seele ist in keinem Falle eine angenehme Jahreszeit, und wenn er gerade jetzt bei dir eingekehrt ist, so muss er dir recht empfindlich sein: aber doch ist ein Trost dabei, nämlich, der Herr ists, der den Winter herbeiruft. Er sendet die schneidenden Stürme der Leiden, um die Knospen unserer Ungeduld zurückzuhalten; „Er streuet Reif, wie Asche“ über die einst so grünen Fluren unserer Freude; „Er wirft seine Schlossen, wie Bissen,“ dass die Wellen der Wonne im Strom unsres Lebens festfrieren. Das tut Er alles; Er ist der große Winter-König und herrscht in dem Reich der Kälte, und darum darfst du nicht murren. Verluste, Trübsale, Schwermut, Krankheit, Mangel und tausend andre Übel werden vom Herrn gesandt, und kommen um weiser Absichten willen über uns. Fröste töten schädliche Insekten, und wehren der Ausbreitung verheerender Seuchen; sie brechen die Schollen auf und lockern den Boden. Ach, dass doch jeder Trübsals-Winter auch solche gesegnete Folgen für uns hätte. O, wie schätzen wir doch jetzt die Wohltat des Feuers erst recht! Wie wohltuend ist sein gesprächiges Prasseln, seine lebenerweckende Glut! Wir wollen unsern Herrn auch also schätzen, der die beständige Quelle des Trostes und der Wärme in unsern Herzen ist zu jeder Zeit der Not. Wir wollen zu Ihm gehen und bei Ihm Freude und Friede für uns suchen im Glauben. Wir wollen uns in die warmen Kleider seiner Verheißungen hüllen und an die Arbeit gehen, die diese kalte Zeit uns auferlegt, denn es stünde schlimm mit uns, wollten wir uns des Pflügens weigern, wie der Faule, der die Kälte scheut; er wird müssen betteln gehen im Sommer, und darben.

Ps. 76,3

„Daselbst zerbricht Er die Pfeile des Bogens, Schild, Schwert und Streit.“

Unsere Erlösers Siegesruf: Es ist vollbracht!“ war der Todesstreich aller Feinde Seines Volkes, das Zerbrechen der „Pfeile des Bogens, Schild, Schwert und Streit.“ Sieh, der Held von Golgatha braucht Sein Kreuz als Amboss und Seine Schmerzen als den Hammer, womit Er die Bündel der vergifteten „Pfeile des Bogens“, die Menge unserer Sünden, nacheinander zu Staub zermalmt; Er zertritt jede Anschuldigung und vernichtet jede Anklage. Was führt der gewaltige Zerbrecher für mächtige Streiche mit Seinem Hammer, der weit schwerer wiegt, als die sagenhafte Waffe des altdeutschen Donnergottes Tor! Wie zersplittern die teuflischen Pfeile, wie zerbrechen die höllischen Schilde gleich eines Töpfers Gefäßen! Sieh, aus der Scheide von höllischer Arbeit zieht Er das furchtbare Schwert satanischer Macht! Er zerbricht es auf Seinem Knie, wie ein Mensch die dürren Reiser eines Reisigbündels zerbricht, und wirft es ins Feuer. Liebe Seele, keine Sünde eines Gläubigen kann nunmehr noch ein Pfeil sein, der ihn tötlich verwunden darf, keine Verdammnis kann noch ein Schwert sein, das ihn töten darf, denn die Strafe unserer Sünden hat Christus getragen; Er hat eine völlige Versöhnung zu Stande gebracht für alle unsere Missetaten, als unser hochgelobter Bürge und Stellvertreter. Wer will anklagen? Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferwecket ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Jesus hat die Zeughäuser der Hölle leer gemacht, Er hat alle feurigen Pfeile ausgelöscht. Er hat allen Zorneswaffen die Spitze abgebrochen; der Boden ist besät mit den Splittern und Bruchstücken der Waffen des höllischen Heeres; sie werden uns nur noch gezeigt, um uns an die früheren Gefahren und an unsere große Erlösung zu erinnern. Die Sünde hat kein Recht mehr über uns; Jesus hat ihrer Herrschaft ein Ende gemacht und sie auf ewig vernichtet. Du arger Feind, dein Verstören hat nun ein Ende. „Rühmet alle wunderbaren Taten des Herrn, ihr, die ihr Seinen Namen nennet; schweiget nicht, weder wenn die Sonne aufgeht, noch wenn sie untergeht. Gelobt und haltet dem Herrn, eurem Gott, alle, die ihr um Ihn her seid.“ Lobe den Herrn, meine Seele. (Goldstrahlen Juni 11)

Ps. 76,11

Wenn Menschen wider Dich wüten, so legest Du Ehre ein; und wenn sie noch mehr wüten, so bist Du auch noch gerüstet.

Gottlose Menschen werden immer wüten. Ihren Zorn müssen wir tragen als das Merkmal unserer Berufung, das Zeichen unserer Absonderung von ihnen; wären wir von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb. Unser Trost ist, dass das Wüten der Menschen Gott zur Ehre gereichen soll. Als die Gottlosen in ihrer Wut den Sohn Gottes kreuzigten, erfüllten sie ohne ihr Wissen den göttlichen Ratschlag, und in tausend Fällen tut der Eigenwille der Ungöttlichen das Gleiche. Sie dünken sich frei, aber wie Verbrecher in Ketten führen sie unbewussterweise die Ratschlüsse des Allmächtigen aus.

Die Anschläge der Gottlosen werden so gelenkt, dass sie zu ihrer Niederlage dienen. Sie handeln in selbstmörderischer Weise und vereiteln ihre eignen Pläne. Nichts wird aus ihrer Wut kommen, was uns wirklichen Schaden tun kann. Als sie die Märtyrer verbrannten, erregte der Rauch, der von ihren Scheiterhaufen aufstieg, den Menschen mehr Widerwillen gegen das Papsttum als irgend etwas andres.

Mittlerweile hat der Herr einen Maulkorb und eine Kette für Bären. Er hält die grimmste Wut des Feindes zurück. Er ist wie ein Müller, der die Masse des Wassers in dem Strom zurückhält, und das, was er fließen lässt, zum Drehen seines Rades gebraucht. Lasst uns nicht seufzen, sondern singen. Alles ist gut, wie stark auch der Wind weht.

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