Spurgeon, Charles Haddon - Andachten über den Psalter - Psalm 1 - 10

Spurgeon, Charles Haddon - Andachten über den Psalter - Psalm 1 - 10

Ps. 3,8

Bei dem Herrn findet man Hilfe.

Hilfe, Heil, Seligkeit ist Gottes Werk. Er allein ists, der die Seele, die „tot ist durch Übertretung und Sünden,“ zu erquicken vermag, und Er allein auch erhält die Seele in ihrem geistlichen Leben. Er ist beides, „das A und das O, der Anfang und das Ende.“ „Bei dem Herrn findet man Hilfe.“ Wenn ich anhalte am Gebet, so hat mir Gott den Geist des Gebets gegeben; sind mir Gnadengaben geschenkt, so sind es Gottes Gaben; wenn ich aufrichtig wandle und einhergehe in einem gottgefälligen Leben, so geschiehts darum, dass Er mich hält und leitet an seiner Hand. Ich kann auch nicht das Geringste tun, mich zu bewahren, wenn Gott es nicht zuerst in mir wirkt. Alles, was ich habe, all mein Gutes kommt allein von dem Herrn. Worin ich sündige, das ist mein eigen; worin ich aber recht tue, das ist von Gott, völlig und vollständig. Wenn ich einen geistlichen Feind überwunden habe, so hat des Herrn Kraft meinen Arm gestärkt. Lebe ich vor den Menschen ein heiliges Leben? Nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Bin ich geheiligt? Nicht ich selber habe mich rein gemacht; Gottes Heiliger Geist heiligt mich. Bin ich von der Welt entwöhnt? Dann bin ich entwöhnt durch Gottes Züchtigungen, die zu meinem Besten geheiligt wurden. Wachse ich in der Erkenntnis? Der große Lehrer unterweist mich. Alle meine Kleinode sind ein Erzeugnis himmlischer Kunst. In Gott finde ich volle Genüge für alle meine Bedürfnisse; in mir selber aber finde ich nichts als Sünde und Elend. „Der Herr ist mein Hort, meine Hilfe, mein Schutz.“ Lebe ich vom Wort? Dies Wort wäre keine Erquickung für mich, wenn nicht der Herr es mir zur Speise machte und mich damit nährte. Lebe ich von dem Manna, das vom Himmel kommt? Was ist dies Manna anders, als der fleischgewordene Heiland Jesus Christus, dessen Leib ich esse und dessen Blut ich trinke. Empfange ich allezeit neue Kraft und Macht? Woher kommt mir diese Stärkung? Meine Hilfe kommt von des Himmels Höhen: ohne Jesum vermag ich nichts. Gleich wie die Rebe kann keine Frucht bringen von sich selber, sie bleibe denn am Weinstock; also auch ich nicht, ich bleibe denn in Ihm. Was Jona in der Tiefe des Meeres erfuhr, was Davids Hoffnung und Stern war in der Nacht der Anfechtung, das will ich heute lernen im Kämmerlein: „Bei dem Herrn findet man Hilfe.“

Ps. 4,2

Liebe Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden?

Es hat einmal jemand zusammengestellt, was für Ehrenbezeugungen das verblendete Volk Israel seinem langersehnten Messias erwiesen hat. O, es ist ein trauriges Verzeichnis.

- Sie gaben Ihm ein Ehrengefolge, an welchem römische Kriegsknechte, jüdische Priester, Männer und Weiber teilnahmen, und Er trug sein Kreuz. Das ist der Triumphzug, welchen die Welt Dem bereitet, der da kommt, des Menschen furchtbarste Feinde zu überwinden. Höllisches Hohngelächter ist der Begrüßungsjubel, der Ihm entgegentönt, und teuflischer Spott die Lobhymne, die Ihn empfängt. - Sie reichten Ihm einen Ehrentrunk. Statt des goldenen Bechers voll edlen Weins boten sie Ihm den betäubenden Todeskelch niedriger Verbrecher dar; aber Er verweigerte ihn, denn Er wollte die unverhüllte Bitterkeit des Todes in seiner ganzen Schärfe kosten; und als Er später schrie: „Mich dürstet,“ gaben sie Ihm Essig mit Galle vermischt und boten es Ihm zum Munde dar mit einem Schwamm auf einem Rohr. O! welch eine entsetzliche, abscheuliche Ehrenlabung ward hier dem Königssohn zuteil! - Man gab Ihm eine Ehrenwache, die Ihm ihre Ehrfurcht damit bezeugte, dass sie um sein Gewand das Los warf, und seine Kleider als Beute wegnahm. Das war die Leibwache Des, den alle Himmel anbeten: eine Rotte frecher Spieler. - Ein Ehrenthron ward Ihm zuteil am blutigen Kreuz; keine weichere Ruhestätte wollten die aufrührerischen Menschen ihrem rechtmäßigen Herrn gönnen. Das Kreuz war in der Tat der volle Ausdruck dessen, was die Welt gegen Ihn fühlte. „Hier,“ schienen sie zu sagen, „hier, Du Sohn des Allerhöchsten, siehst Du, was Gott selber von uns zu erwarten hätte, wenn wir Ihn erreichen könnten.“ - Sein Ehrentitel war nach den Buchstaben: „König der Juden,“ aber das verblendete Volk verwarf diesen Namen und hieß Ihn in der Tat den „Schächerkönig“; denn sie baten Barabbas los und gaben Jesu den schimpflichsten Platz zwischen den beiden Schächern. So ward seine Ehre von den Menschenkindern in allen Dingen in Schande verkehrt, aber dennoch entzückt seine Herrlichkeit die Augen aller Heiligen und herrlichen Engel von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Ps. 5,8

Herr, leite mich in Deiner Gerechtigkeit, um meiner Feinde willen.

Die Feindschaft der Welt gegen das Volk Christi ist gar bitter. Menschen vergeben einander gern tausend Fehltritte, aber die geringste Beleidigung gegen einen Jünger Jesu verherrlichen und preisen sie. Anstatt uns darüber zu betrüben, wollen wir es uns zur Aufmunterung dienen lassen, und weil so viele über unser Tun und Lassen wachen, so soll es uns ein ganz besonderer Sporn sein, recht sorgfältig in den Wegen Gottes zu wandeln. Wenn wir sorglos dahin leben, so entdeckt es die luchsäugige Welt gar bald, und mit ihren hundert Zungen breitet sie es aus, und die Verleumdung übertreibt und verdreht die Sache mit geschäftigem Eifer. Die Welt frohlockt siegreich: „Seht, so muss es kommen! Ei, wie doch die Christen handeln, sie sind alle Heuchler und alle gleich!“ So widerfährt der Sache Christi großer Nachteil und sein heiliger Name wird hart geschmäht. Das Kreuz Christi ist schon an sich der Welt ein Stein des Anstoßens; hüten wir uns, dass wir diesen Anstoß nicht aus eigner Schuld vergrößern. Es ist „den Juden ein Ärgernis“: erinnern wir uns, dass wir kein Ärgernis geben, wo schon so viel des Argen vorhanden ist. „Den Griechen ist es eine Torheit“: wir wollen nicht mit eigner Torheit Anlass geben zum Spott, mit welchem die Weisheit dieser Welt das Evangelium verhöhnt. Wie sorgfältig sollten wir auf unserer Hut sein! wie strenge unser Gewissen bewahren! In Gegenwart von Widersachern des Kreuzes, welche auch unsre besten Handlungen zum übelsten ausdeuten und uns unlautere Absichten unterschieben, wo die an unsrem Tun nichts zu tadeln finden, können wir nicht vorsichtig genug sein. Die Zionspilger ziehen wie verdächtiges Gesindel durch die Stadt Eitelkeit. Nicht nur stehen wir unter Aufsicht, sondern geheime Kundschafter umgeben uns von allen Seiten. Der Verrat lauert überall auf uns, daheim und draußen. Fallen wir dem Feind in die Hände, so mögen wir eher von einem Wolfe Großmut erwarten, oder Gnade von einem Feinde, als irgend welche Nachsicht mit unsren Schwachheiten von den Menschen, welche ihren Abfall von Gott mit Lästerungen gegen sein Volk zudecken. O Herr, leite uns in Deiner Hut, damit uns unsre Feinde nicht überfallen!

Ps. 6,10

Der Herr hat mein Flehen gehört; der Herr wird mein Gebet annehmen.

Die hier bevorzugte Erfahrung ist die meine. Ich kann mein Siegel dazu setzen, dass Gott wahrhaftig ist. In sehr wunderbare Weise hat Er viele, viele Male die Gebete seines Knechtes erhört. Ja, und Er hört mein jetziges Flehen, und Er wendet nicht sein Ohr von mir ab. Gelobt sei sein Name!

Was denn? Nun, sicherlich ist die Verheißung, die schlummernd in des Psalmisten gläubiger Zuversicht liegt, auch mein. Lasst mich sie mit der Glaubenshand ergreifen: „Der Herr wird mein Gebet annehmen.“ Er wird es annehmen, daran gedenken und es erhören in der Art und zu der Zeit, die seine liebevolle Weisheit als die Beste erkennt. Ich bringe mein armes Gebet in meiner Hand vor den großen König. Er gibt mir Gehör und nimmt meine Bitte gnädig an. Meine Feinde wollen mich nicht anhören, aber mein Herr will es. Sie verlachen meine tränenvollen Gebete, aber mein Herr tut es nicht; Er nimmt mein Gebet in sein Ohr und in sein Herz auf.

Welch Aufnahme ist dies für einen armen Sünder! Wir nehmen Jesus an, und dann nimmt der Herr uns und unsre Gebete an, um seines Sohnes willen. Gelobt sei der teure Name, der unsre Gebete frankiert, so dass sie frei sogar in die goldenen Tore eingehen. Herr, lehre mich beten, weil Du meine Gebete hörst.

Ps. 9,1

Ich danke dem Herrn von ganzem Herzen.

Preis und Dank sollte stets auf die Erhörung unserer Gebete folgen; gleichwie sich der Nebel von der dankbaren Erde in die Höhe erhebt, sobald die Sonne der himmlischen Liebe den Boden erwärmt. Ist dir der Herr gnädig gewesen, und hat Er sein Ohr herabgeneigt zur Stimme deines Flehens? Dann danke Ihm, so lange du lebst. Lass die reife Frucht auf den fruchtbaren Boden zurückfallen, aus welchem sie ihre Nahrung empfangen hat. Verweigere Ihm, der dein Gebet erhört und dir den Wunsch deines Herzens gewährt hat, dein Loblied nicht. Wenn du zu Gottes Gnadenerweisungen schweigst, so machst du dich der Sünde der Undankbarkeit schuldig; es wäre ebenso undankbar, wie die Handlungsweise der neun Aussätzigen, die, nachdem sie von ihrem Aussatz waren geheilt worden, nicht umkehrten, um dem heilenden Herrn zu danken. Wer vergisst, Gott zu loben und dankbar zu preisen, der verschmäht sein eigenes Heil; denn Dank ist ebensowohl wie Gebet eines jener mächtigen Mittel, wodurch das Wachstum unsers geistlichen Lebens gefördert wird. Es trägt dazu bei, dass wir unserer Lasten los werden, unsre Hoffnung stärken, unsern Glauben mehren. Es ist eine wohltätige und stärkende Übung, die den Herzschlag des Gläubigen kräftiger macht, und ihn zu neuer Arbeit im Dienste seines Meisters stählt. Gott für die empfangenen Gnadengaben danken, das ist auch der Weg, wie wir unsern Mitmenschen können zum Segen werden: „Meine Seele soll sich rühmen des Herrn, dass die Elenden hören, und sich freuen.“ Andre, die in gleichen Umständen gewesen sind wie wir, empfangen Trost, wenn wir sagen können: „Preiset mit mir den Herrn, und lasset uns miteinander seinen Namen erhöhen. Da dieser Elende rief, hörte der Herr und half ihm aus allen seinen Nöten.“ Schwache Seelen werden gestärkt, und wankende Heilige werden ermuntert, wenn sie hören, dass wir errettet ganz fröhlich „rühmen können.“ Ihre Furcht und Zweifel werden beschämt, wenn wir einander lehren und ermahnen mit Psalmen und Lobgesängen, und geistlichen lieblichen Liedern, und dem Herrn singen in unsern Herzen; auch sie werden „singen auf den Wegen des Herrn.“ Dank ist die himmlischste aller Christenpflichten. Die Engel bitten nichts, aber sie hören nicht auf zu loben Tag und Nacht; und die Erlösten, gekleidet in weiße Seide, und Palmenzweige in den Händen, singen unermüdlich das neue Lied: „Würdig ist das Lamm.“

Ps. 9,19

Denn Er wird des Armen nicht so ganz vergessen, und die Hoffnung der Elenden wird nicht verloren sein ewiglich.

Armut ist ein hartes Erbteil; aber die, welche auf den Herrn trauen, werden durch den Glauben reich gemacht. Sie wissen, dass sie nicht von Gott vergessen sind; und obwohl es scheinen mag, als wenn sie bei der Verteilung der guten Dinge dieser Erde übersehen wären, so hoffen sie doch auf eine Zeit, wo all dieses ausgeglichen sein wird. Lazarus wird nicht immer unter den Hunden an des reichen Mannes Tür liegen, sondern wird seinen Lohn in Abrahams Schoß haben.

Selbst jetzt gedenkt der Herr seiner armen, aber Ihm teuren Kinder. „Ich bin arm und elend, der Herr aber sorget für mich,“ sagte vor alters einer, und so ist es auch. Die gottesfürchtigen Armen haben große Hoffnungen. Sie hoffen, der Herr werde sie mit allem, was zum Leben und göttlichen Wandel dienet, versehen; sie hoffen, alle Dinge zu ihrem Besten wirken zu sehen; sie hoffen auf eine umso nähere Gemeinschaft mit ihrem Herrn, der nicht hatte, wo Er sein Haupt hinlegen konnte; sie hoffen auf Seine zweite Zukunft und darauf, an seiner Herrlichkeit teilzunehmen. Diese Hoffnung kann nicht verloren sein, denn sie ist aufbehalten in Christo Jesu, der ewiglich lebet; und weil Er lebet, sollen auch sie leben. Der arme Heilige singt manches Lied, welches der reiche Sünder nicht verstehen kann. Deshalb lasst uns, wenn wir karge Kost hienieden haben, an den königlichen Tisch dort droben denken.

Ps. 10,16

Der Herr ist König immer und ewiglich.

Jesus Christus ist kein tyrannischer Forderer des göttlichen Rechts, aber Er ist wirklich und wahrhaftig des Herrn Gesalbter. „Es ist des Vaters Wohlgefallen gewesen, dass in Ihm alle Fülle wohnen sollte.“ Gott hat Ihm alle Gewalt und Macht gegeben. Als des Menschen Sohn ist Er nun das Haupt über Alles in Seiner Gemeine, und er herrscht über Himmel und Erde und Hölle, und hat die Schlüssel des Lebens und des Todes in Seiner Hand. Etlichen Fürsten hat es gefallen, sich den Titel beizulegen: „König durch den Willen des Volks,“ und gewiss ist unser Herr Jesus Christus ein solcher in Seiner Gemeine. Wenn darüber abgestimmt werden müsste, ob Er König sein solle über die Seinen, so würde jede gläubige Seele Ihn krönen. Ach, dass wir Ihn doch herrlicher krönen könnten, als es der Fall ist! Wir wollten keinen Aufwand scheuen und keine Mühe sparen, um Christum zu verherrlichen. Das Leiden für Ihn wäre unsere Freude, Verlust unser Gewinn, wenn wir dadurch Seine Stirne mit glänzendern Kronen schmücken und Ihn in den Augen der Menschen und der Engel noch mehr verherrlichen könnten. Ja, Er soll herrschen. Lang lebe der König! Hosianna Dir, König Jesus! Geht, ihr jungfräulichen Seelen, die ihr euren Herrn liebt, knieet nieder vor Ihm, bestreut Seinen Pfad mit den Lilien eurer Liebe, und den Rosen eures Dankes; bringt herbei das königliche Stirnband und krönet Ihn zum Herrn über Alles.

Unser Herr Jesus ist auch König zu Zion durch das Recht der Eroberung; Er hat mit Sturm eingenommen und gewonnen die Herzen Seines Volks, und hat ihre Feinde erschlagen, die sie in grausamer Knechtschaft gefangen hielten. In dem roten Meere Seines Blutes hat unser Erlöser den Pharao unserer Sünden ersäuft: soll er nun nicht König sein in Jeschurun? Er hat uns frei gemacht von dem ehernen Joch und dem schweren Fluch des Gesetzes: soll der Befreier keine Krone empfangen? Wir sind Sein Erbteil, das Er genommen hat aus der Hand der Amoriter mit Seinem Schwert und Bogen: wer wird Ihm die Frucht Seines Sieges entwenden? Heil Dir, o König Jesus! Wir anerkennen mit Freuden Deine gütige Herrschaft! Regiere in unsern Herzen ewiglich, Du liebenswürdiger Friedefürst! (Goldstrahlen April 27)

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