Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 87

Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 87

- Ein Psalmlied der Kinder Korah. Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen. - Der Herr liebt die Tore Zions über alle Wohnungen Jakobs. - Herrliche Dinge werden in dir gepredigt, du Stadt Gottes. (Sela) - Ich will predigen lassen Rahab und Babel, dass sie mich kennen sollen. Sieh, die Philister und Tyrer samt den Mohren werden daselbst geboren. - Man wird zu Zion sagen, dass allerlei Leute darinnen geboren werden und dass er, der Höchste, sie baue. - Der Herr wird zahlen, wenn er aufschreibt die Völker: „Diese sind daselbst geboren.„ (Sela) - Und die Sänger wie die im Reigen werden alle in dir singen, eins ums andere.

Überschrift

„Von den Söhnen Korahs, ein Psalm, ein Lied“ (Elberfelder Übersetzung). Ein heiliges Lied und ein patriotisches Gedicht. In einer Theokratie verschmelzen nationale und religiöse Werte zu einer Einheit. Je mehr ein Volk vom Christentum durchdrungen wird, desto mehr werden seine Volkslieder von frommen Empfindungen durchsetzt. Wenn wir unsere Länder nach diesem Maßstab beurteilen, liegen wir darin noch weit zurück.

Dieses Lied wurde entweder von den Söhnen Korahs komponiert oder ihnen gewidmet. Als Türhüter im Hause Gottes konnten sie diese herrliche Dichtung im Tempel als Psalm und außerhalb des Tempels als Lied verwenden. Inhalt: Das Lied besingt den Ruhm Zions und Jerusalems. Es redet von der Güte Gottes, die diese Stadt auf den Bergen genießt. Wir hören von den Weissagungen, die Jerusalem berühmt machten, und von der Ehre, Bürger dieser Stadt zu sein. Manche Ausleger sind der Meinung, dass das Lied anlässlich der Gründung Zions verfasst wurde. Aber die Erwähnung Babels weist auf eine spätere Zeit. Wahrscheinlich wurde der Psalm geschrieben, als Jerusalem und der Tempel längst erbaut waren und schon eine glänzende Geschichte hinter sich hatten. Eins der großen Wunder Gottes in der späteren Geschichte Jerusalems war die Rettung der Stadt vor Sanherib, während andere Städte Israels und Judas seiner Grausamkeit zum Opfer fielen. In der Regierungszeit Hiskias wurde Babylonien mächtig; damals kamen die Gesandten von weit her zu Hiskia, um ihm zu seiner Genesung zu gratulieren. Auch Tyrus war damals berühmter als zur Zeit Davids.

Auslegung

V. 1 „Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen“ Der Psalm beginnt unvermittelt, ohne jede Einleitung. Das Herz des Dichters war übervoll; er musste sich freireden. Ausbrüche wilder Leidenschaften sind vom Übel, aber die spontanen Äußerungen heiliger Freude sind köstlich. Gott wollte seinen irdischen Tempel auf den Bergen gründen. Er hätte sich auch einen anderen Platz aussuchen können, aber er wollte eben Zion zu seiner Wohnstätte machen. Seine Erwählung verleiht den Bergen Heiligkeit. Durch seinen Beschluss werden sie zum Dienst für den Herrn ausgesondert. Das Fundament der Gemeinde, die das mystische Jerusalem ist, ruht auf den ewigen und unveränderlichen Ratschlüssen Gottes. Die Gemeinde verdankt ihr Dasein Gottes Willen. Er selbst trifft alle Anordnungen für ihre Berufung, Errettung, Erhaltung und Vollendung. Gott verleiht der Gemeinde Beständigkeit, so wie die Berge rund um Jerusalem die natürliche Befestigung der Stadt bilden. Der Herr hat seine Gemeinde nicht auf den Sand menschlicher Klugheit gebaut, auch nicht auf den Sumpf menschlicher Macht, sondern auf seine eigene Macht und Gottheit. Damit verbürgt er sich für die Erhaltung seiner geliebten Gemeinde, denn sie ist sein größtes und wichtigstes Werk. Was für ein nachdenkenswertes Thema: Die Gründung der Gemeinde Gottes vor aller Zeit, von Ewigkeit her, durch die ewigen Ratschlüsse Gottes! Der unvermittelte Anfang des ersten Verses zeigt an, dass der Schreiber lange darüber nachgedacht hat, bis er schließlich staunend und anbetend zu diesem Ausbruch der Freude kommt. Rom steht auf sieben Hügeln, und viele Dichter haben es besungen; aber viel herrlicher ist Zion, gegründet auf den ewigen Bergen Gottes. Solange man schreibt und redet, soll das Lob Zions erklingen und nicht verstummen!

V. 2 „Der Herr liebt die Tore Zions über alle Wohnungen Jakobs.„ Die Tore bedeuten hier die Stadt selbst. Gott liebt sein erwähltes Volk, die Nachkommen Jakobs, über alles, aber die Stätte der Anbetung ist ihm noch wertvoller. Kein anderer Vergleich könnte die Bedeutung Jerusalems stärker herausstellen. Gott liebt Jakob am meisten — und Zion am allermeisten. Die geistliche Bedeutung dieser Worte ist klar. Gott hat Freude an den Gebeten und Lobgesängen der Gläubigen und ihrer Familien, aber er richtet sein besonderes Augenmerk auf die Versammlungen der Gläubigen. Gott hat besondere Freude an der gemeinsamen Anbetung der Gemeinde. In den Augen des Herrn waren die großen Festversammlungen der Gläubigen besonders herrlich, die sich an den Tempeltoren versammelten. Das gilt auch heute für die Gemeinde Jesu Christi. Es sollte jeden einzelnen Gläubigen bewegen, sich mit der Gemeinde Gottes zusammenzuschließen. Wo der Herr seine Liebe am meisten offenbart, sollte auch der Gläubige am liebsten sein! Unsere Wohnungen sind uns sehr lieb; aber wir sollen sie nicht den Versammlungen der Gemeinde vorziehen.

V. 3 „Herrliche Dinge werden in dir gepredigt, du Stadt Gottes.“ (Elberfelder Übersetzung: „Herrliches ist von dir geredet, du Stadt Gottes“) Das ist wahr! Die Geschichte dieser Stadt, die die Geschichte der gesamten Nation vertritt, ist voll von herrlichen Ereignissen. Als Offenbarungsstätte des wahren Gottes und als Stätte seiner Anbetung war Jerusalem besonders berühmt. Herrliche Dinge wurden auf ihren Straßen verkündigt, und herrliche Dinge konnte man im Tempel sehen. Herrliche Dinge wurden Jerusalem für die Zukunft verheißen. Aber das gilt noch mehr für die Gemeinde. Sie ist gegründet auf die Gnade, und ihre Zinnen strahlen vor Herrlichkeit. Es ist keine Prahlerei, wenn man sie rühmt. Die Gemeinde besitzt einen Glanz, dem nichts auf Erden zu vergleichen ist. Wie herrliche Dinge die Gläubigen auch über die Gemeinde sagen — sie können niemals über das hinausgehen, was die Propheten verheißen, die Engel besungen haben und was Gott selbst be- zeugt hat. Glücklich die Menschen, die von diesen Dingen erzählen und singen können! Mögen sich viele finden, die das tun; zu Hause, auf den Straßen und überall dort, wo sich Menschen versammeln. Höre nie mit dem Lobgesang auf, du Braut Christi, Gemeinde des Herrn! Gott hat dir den wunderbaren Namen gegeben: „Meine Lust an ihr„ (Jes. 6z, 4). Weil der Herr dich erwählt hat und sich herablässt, in dir zu wohnen, kann niemand dir ebenbürtig werden. Du bist die Krone der Schönheit, das Auge der Welt, die herrliche Perle, die Königin aller Städte auf Erden, die wahre „Ewige Stadt“, der Mittelpunkt der Welt, die Mutter von uns allen. Die kommenden Jahre werden deine Schönheit allen Menschen in allen Völkern offenbaren, und der Tag deiner Herrlichkeit wird unbeschreiblich herrlich sein.

„Sela„. Der Dichter muss eine Pause machen. Er hat eine herrliche Zukunft vor sich: Die ganze Welt ist bekehrt, und die unversöhnlichsten Feinde sind in Freunde verwandelt.

V. 4 „Ich will predigen lassen Rahab und Babel, dass sie mich kennen sollen.“ (Elberfelder Übersetzung: „Erwähnen will ich Rahabs und Babels bei denen, die mich kennen“) Der Dichter greift ein weiteres herrliches Thema auf. Die alten Feinde Zions sind wiedergeboren und zu Freunden geworden. Sie beten im Tempel Gottes an. Rahab, Ägypten, das früher Israel unterdrückte, wird zum Brudervolk. Babylonien, wo Israel die zweite große Gefangenschaft durchmachte, soll ebenfalls gemeinsam mit Israel anbeten. „Sieh, die Philister und Tyrer samt den Mohren.„ Auch sie müssen sich vor dem Herrn beugen. Philistäa wird seinem uralten Hass absagen, Tyrus wird sich nicht mehr vom gewinnsüchtigen Handelsgeist beherrschen lassen, und das ferne Äthiopien ist nicht zu weit entfernt, um nicht auch das Heil des Herrn empfangen zu können. „Werden daselbst geboren.“ Das heißt: Diese Völker empfangen ihre Wiedergeburt in Zion, sie werden in die Gemeinde Gottes hineingeboren.

V. 5 „Man wird zu Zion sagen, dass allerlei Leute darinnen geboren werden.„ (Elberfelder Übersetzung: „Und von Zion wird gesagt werden: Der und der ist darin geboren.“) Nicht nur Völker, sondern auch einzelne, Mann für Mann. Die Bürger des neuen Jerusalems werden gezählt und ihre Namen öffentlich bekanntgegeben. Mann für Mann wird der Herr sie zählen, weil jeder einzelne in seinen Augen wertvoll ist. Der einzelne soll sich nicht in der Masse verlieren. Was für eine herrliche Geburtsurkunde wird hier ausgegeben! Es wird bescheinigt, dass man in Zion geboren ist. Die zweimal Geborenen sind das königliche Priestertum, der wahre Adel, die herrschende Rasse der Menschen. Die Gemeinde kennt berühmte Namen von Propheten, Aposteln, Märtyrern, Bekennern, Reformatoren und Missionaren. Sie können den Vergleich mit anderen berühmten Namen in der Welt aushalten, ja, sie übertreffen sie sogar in vieler Beziehung. Zion hat wahrlich keinen Grund, sich ihrer Söhne zu schämen. „Und dass er, der Höchste, sie baue.„ Der Herr erweist sich selbst als der Erbauer und Befestiger der Gemeinde, indem die Zahl der Gläubigen durch Wiedergeburt immer mehr zunimmt. Der Herr allein darf den Titel des „Defensor Fidei“ tragen („Beschützer des Glaubens„, ein Titel der englischen Könige). Er ist der einzige und allgenügsame Beschützer der wahren Gemeinde. Wir brauchen für das Erbteil des Herrn nichts zu fürchten; er ist stark genug, um sein Besitztum zu verteidigen. Der Höchste ist höher als alle unsere Feinde, und die gute Sache wird den Sieg davontragen.

V. 6 „Der Herr wird zählen, wenn er aufschreibt die Völker: Diese sind daselbst geboren.“ Bei der großen Zählung, die der Herr selbst vornimmt, wird er alle Menschen aus allen Völkern zählen. Er wird genau aufzeichnen, ob sie aus Babylonien, Tyrus oder aus anderen Ländern stammen. Es kommt dann darauf an, im Leben und im Tod zu der Schar der Erwählten gezählt zu werden. Das Verzeichnis des Herrn wird anders aussehen als unsere Gemeindelisten. Er wird viele zählen, die wir nicht zu den Erwählten rechneten, und viele wird er auslassen, die wir dazugezählt haben. Seine Eintragungen sind unfehlbar. Lasst uns deshalb um die Wiedergeburt und um das Kindesrecht bitten, damit wir einen Platz unter den Bürgern des Himmels erhalten! Früher hielten es Könige und Fürsten für eine große Ehre, namentlich in dem goldenen Buch der Republik Venedig aufgeführt zu sein; viele zahlten für dieses Vorrecht hohe Summen. Aber das Buch des Lebens verleiht allen, die dort eingetragen sind, eine viel höhere Würde.

V. 7 Wie in einer Vision schaut der Psalmist die Bürger Zions bei einem heiligen Fest. Sie ziehen mit Gesang und Musik in einer feierlichen Prozession umher. „Und die Sänger wie die im Reigen werden alle in dir singen, eins ums andere.„ (Elberfelder Übersetzung: „Und Singende und den Reigen Tanzende werden sagen: Alle meine Quellen sind in dir!“) Wo Gott ist, muss auch Freude sein. Wenn die Gemeinde sich durch zahlreiche Bekehrungen vergrößert, wird auch die Freude immer größer. Sänger und Tänzer, Psalmisten und Flötenspieler vereinigen sich in einem fröhlichen Festzug zum Tempel. Ihre Freude kommt nicht aus dem Becher des Bacchus, sondern aus der heiligen Quelle, aus der alles Gute fließt: „Alle meine Quellen sind in dir!„ Der Dichter will damit sagen, dass er alle Inspiration, allen Trost, alle Kraft und Freude, alles Leben und Licht allein vom Herrn erwartet und empfängt. Die Gemeinden haben diese Fülle nicht in sich selber. Wir können es uns nicht leisten, alles von der Gemeinde zu erwarten. Der Herr aber, der die Gemeinde gegründet hat, ist die ewige Quelle. Aus ihm strömt die unendliche Fülle, die jeden Mangel bei uns behebt. Wenn wir alles von ihm erwarten, werden wir nie enttäuscht. Alle Erfahrungen, die wir machen, wollen uns zum Herrn zurückführen, und wir bekennen: „Alle meine Quellen sind in dir.“ Die Quellen meines Glaubens und meiner Begabung; die Quellen meines Lebens und meiner Freude; die Quellen meiner Tatkraft und meines Wandels; die Quellen meiner Hoffnung und Erwartung — alles finde ich nur in dir, mein Herr. Ohne deinen Geist wäre ich ein ausgetrockneter Brunnen; ich könnte weder mir selbst noch anderen zum Segen sein. Herr, ich bin gewiss, dass ich zu diesen Wiedergeborenen gehöre, die ihre ganze Lebenskraft in dir finden. Ich spüre, dass ich ohne dich nicht leben kann. Deshalb will ich mit deiner ganzen Gemeinde fröhlich dein Lob singen!

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