Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 125

Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 125

Ein Lied im höheren Chor. - Die auf den Herrn hoffen, die werden nicht fallen, sondern ewig bleiben wie der Berg Zion. - Um Jerusalem her sind Berge, und der Herr ist um sein Volk her von nun an bis in Ewigkeit. - Denn der Gottlosen Zepter wird nicht bleiben über dem Häuflein der Gerechten, auf dass die Gerechten ihre Hand nicht ausstrecken zur Ungerechtigkeit. - Herr, tue wohl den guten und frommen Herzen! - Die aber abweichen auf ihre krummen Wege, wird der Herr wegtreiben mit den Übeltätern. Friede sei über Israel!

Überschrift

„Ein Stufenlied„ (Elberfelder Übersetzung). Ein weiterer Schritt zur Höhe ist getan, eine weitere Station der Pilgerschaft ist erreicht. In unserem Psalm ist ein Fortschritt erkennbar; denn die volle Gewissheit im Blick auf die Zukunft ist eine höhere Stufe des Glaubens als der bloße Rückblick auf frühere Erfahrungen der Hilfe Gottes. Der Glaube dankt dem Herrn für alle Errettungen in vergangenen Jahren; und nun erhebt er sich zur Freude über die gegenwärtige und zukünftige Sicherheit der Gläubigen. Wer dem Herrn vertraut, hat ewige Sicherheit. Wir können uns vorstellen, mit welcher Freude die Pilger dieses Lied gesungen haben, als sie um die Stadtmauern Jerusalems zogen. Wahrscheinlich stammen alle Pilgerlieder von ein und demselben Dichter. Es ist deshalb anzunehmen, dass David auch diesen Psalm geschrieben hat.

Einteilung

Das Lied vom heiligen Vertrauen (Verse 1—2); eine Verheißung (Vers 3); ein Gebet (Vers 4); eine Warnung (Vers 5).

Auslegung

V. 1 „Die auf den Herrn hoffen, werden ewig bleiben wie der Berg Zion.“ Die Betonung liegt auf dem Gegenstand des Vertrauens: „Auf den Herrn“ Welch ein Vorrecht ist es, sich auf den Herrn verlassen zu können! Wie neigt sich der Herr herab, damit er die Zuversicht seines Volkes werden kann. Es ist leerer Wahn, wenn man auf irgend etwas anderes vertraut. Je stärker ein falsches Vertrauen ist, desto bitterer wird die Enttäuschung sein. Wer sein Vertrauen auf den lebendigen Gott setzt, beweist damit seinen gesunden Menschenverstand; er hat es nicht nötig, sich dafür zu rechtfertigen. Der Erfolg wird bestätigen, dass solches Vertrauen zu Recht besteht. Es gibt keinen Grund, weshalb wir dem Herrn nicht vertrauen sollten; vielmehr sprechen alle nur möglichen Gründe dafür. Aber abgesehen davon wird der Ausgang zeigen, wie weise es ist, dem Herrn zu vertrauen. Der Glaube hat nicht gelegentliche und zufällige Erfolge zu verzeichnen; der Segen kommt zu allen, die ihr Vertrauen in den Herrn setzen. Sie stehen so fest und sicher wie der Berg Zion, auf dem die Bundeslade stand und wo David wohnte. Es war unmöglich, den Berg Zion umzustoßen. Schon der bloße Gedanke an ein solches Unterfangen ist lächerlich .„Die werden nicht fallen, sondern ewig bleiben wie der Berg Zion.„ Zion war ein Bild der Beständigkeit; ein Berg, der ewig steht, der nicht schwankt oder umstürzt. So bewahrt der Gläubige, der dem Herrn vertraut, unerschütterliche Ruhe und Festigkeit. Das hat seinen Grund in der festen Hoffnung und in dem unerschütterlichen Vertrauen, das niemals enttäuscht wird. Wie der Herr als König für immer regiert, so lebt sein Volk in vollkommenem und immerwährendem Frieden. Zion kann nicht beseitigt werden; der Berg Gottes steht fest. Ebenso kann das Volk Gottes weder durch äußere Gewalt noch durch innere Anfechtungen erschüttert werden. Der lebendige Glaube an Gott ist eine festigende, stabilisierende Kraft. Gott, der durch seine Kraft die Berge geschaffen hat, befestigt durch diese Kraft auch die Herzen aller Menschen, die ihm vertrauen. Wir können sicher sein, dass kein Gläubiger jemals umkommt, weder im Leben noch im Sterben, weder in der Zeit noch in der Ewigkeit. Wir vertrauen dem ewigen Gott, und deshalb besteht unsere Sicherheit in Ewigkeit.

V. 2 „Um Jerusalem her sind Berge, und der Herr ist um sein Volk her von nun an bis in Ewigkeit.“ Zion ist das Bild für die Beständigkeit der Gläubigen; nun werden die umliegenden Berge zu Sinnbildern für die Gegenwart des Herrn, die uns umgibt. Die Berge rings um die heilige Stadt sind wie Wachtposten, die die Tore der Stadt bewachen. Sie bilden keine festgeschlossene Ringmauer, denn Gott macht die Stadt nicht zu einem Gefängnis. Aber er richtet seine Vorsehung und Fürsorge so ein, dass seine Heiligen sicher wohnen können wie hinter den stärksten Festungsmauern. Diese beiden Verse zeigen uns eine doppelte Sicherheit: zuerst das feste Fundament, dann den sicheren Schutz. Wir sind selbst wie ein fester Berg und werden von gewaltigen Bergen bewacht. Das ist keine Poesie, sondern es entspricht der Wirklichkeit. Es handelt sich auch nicht um ein zeitlich begrenztes Vorrecht, sondern um eine ewige Sicherheit. Lasst uns auch darauf achten, dass es hier nicht heißt: Die Macht oder Weisheit des Herrn beschützt die Gläubigen, sondern: Der Herr selbst ist um sein Volk her. Er mit seiner Person ist der Schutz der Gläubigen; Gott selbst behütet sie. Außerdem wird uns gesagt, dass das Volk des Herrn aus Menschen besteht, die ihm vertrauen. Wo Glaube ist, ist Gnade; wer dem Herrn vertraut, ist von ihm erwählt. Diese beiden Verse zusammen zeigen uns die ewige Sicherheit der Heiligen: Sie bleiben dort, wo Gott sie hingestellt hat, und Gott schützt sie für immer vor allem Übel. Man kann sich keine größere Sicherheit vorstellen.

V. 3 „Denn der Gottlosen Zepter wird nicht bleiben über dem Häuflein der Gerechten.„ (Elberfelder Übersetzung: „Denn die Rute der Gesetzlosigkeit wird auf dem Lose der Gerechten nicht ruhen“) Das Volk Gottes darf nicht erwarten, von allen Prüfungen verschont zu bleiben, weil der Herr der Schutz ist. Die Gläubigen bekommen die Macht und Verfolgungswut der Gottlosen zu spüren. Isaak wurde von Ismael verspottet. Assyrien schwang sein Zepter über Zion. Die Gottlosen sind häufig im Besitz der Macht und schwingen die Geißel. Sie fällt hart auf die Gläubigen nieder, so dass sie unter den Schlägen ihrer Bedrücker aufschreien. Die Rute Ägyptens lag schwer auf Israel; aber die Zeit kam, wo sie zerbrochen wurde. Gott hat den Leiden seiner Erwählten eine Grenze gesetzt. Die Gottlosen können wohl mal ihre Rute über die Gerechten schwingen, aber sie können es nicht für immer tun. Die Gerechten haben ein Los, das ihnen niemand nehmen kann; Gott hat sie in seiner Gnade zu Erben eingesetzt. Die Rute der Gottlosen kann darauf fallen, aber sie kann nicht darauf liegenbleiben. Die Heiligen leben für immer, und die Nöte hören auf. Alle Gerechten, die in den Händen der Bösen sind, finden in diesem Wort Trost und Hilfe für ihr Gebet. „Auf dass die Gerechten ihre Hand nicht ausstrecken zur Ungerechtigkeit.“ Schwere Unterdrückung kann die ruhigsten Menschen zu übereilten Taten hinreißen, sich selbst zu befreien und Rache zu üben. Wenn die Folter zu lange dauert, kann auch der Tapferste und geduldig Leidende zuletzt schwach werden. Deshalb setzt der Herr eine Grenze für die Tyrannei der Bösen. So durfte ein Israelit, der bestraft werden musste, nach gesetzlicher Regelung nicht mehr als 39 Schläge erhalten. Wir wissen, dass der Herr den Leiden der Unschuldigen eine Grenze setzen wird. Er wird es nicht zulassen, dass sie zum Äußersten getrieben werden. Er wird der Herrschaft der Verfolger besonders zeitlich eine Grenze setzen, denn lange Dauer steigert den Druck der Unterdrückung und macht sie unerträglich. Der Herr Jesus Christus selbst hat von der Verfolgung gesagt: „Wenn diese Tage nicht verkürzt würden, so würde kein Mensch selig; aber um der Auserwählten willen werden die Tage verkürzt„ (Matth. 24, 22). Die Gläubigen stehen in der Gefahr, in schweren und notvollen Zeiten zu sündigen. Aber der Herr will nicht, dass sie dem Druck der Zeitumstände nachgeben, um dem Leiden zu entgehen. Die Verfolger versuchen die Gläubigen mit Gewalt und bösem Einfluss vom rechten Weg abzubringen. Daraus dürfen die Frommen sich aber keine Entschuldigung zurechtzimmern, wenn sie sich dem bösen Zwang fügen. Sie sollen mit ganzer Kraft dem Bösen widerstehen, bis es Gott gefällt, der Gewalttätigkeit aller Verfolger ein Ende zu machen und seinen Kindern Ruhe zu geben. Der Herr verspricht hier, zu gegebener Zeit zu helfen.

V. 4 „Herr, tue wohl den guten und frommen Herzen!“ (Elberfelder Übersetzung: „Tue Gutes, Herr, den Guten und denen, die aufrichtig sind in ihren Herzen!„) Um gut zu sein, muss man im Herzen gut sein. Wer dem Herrn vertraut, der ist gut, denn Glaube ist die Wurzel der Gerechtigkeit und das Kennzeichen der Aufrichtigkeit. Der Glaube an Gott ist gut. Sein Einfluss macht den ganzen Menschen gut und aufrichtig. Solchen Menschen will Gott Gutes tun. Das Gebet in diesem Vers ist eine Verheißung; denn was wir nach dem Willen Gottes bitten, will er uns auch geben. Der Herr will alles Übel von seinem Volk wegnehmen und es dafür mit allem Guten beschenken. Wenn die Rute der Bösen weggenommen ist, wird sein Stecken und Stab uns trösten. Mittlerweile sollen wir für alle guten und aufrichtigen Menschen beten, dass es ihnen wohlgehe. Gott segne sie und tue ihnen viel Gutes! Wir wünschen Gutes denen, die Gutes tun.

V. 5 „Die aber abweichen auf ihre krummen Wege, wird der Herr wegtreiben mit den Übeltätern.“ Es gibt immer zwei Arten von Menschen: die Aufrichtigen und die Menschen der krummen Wege. Aber es gibt auch solche, die von einer Gruppe zur anderen überwechseln. Sie bekehren sich nicht von den gewundenen Lügenpfaden zur geraden Straße der Wahrheit, sondern fassen den unheilvollen Entschluss, die Straße der Gerechtigkeit und Heiligkeit mit den Abwegen der Gottlosigkeit zu vertauschen. Solche Abtrünnige gab es zu allen Zeiten. David kannte viele von ihnen. Einen Saul, einen Ahitophel und viele andere konnte er nie vergessen. Wie traurig ist es, wenn Menschen von dem rechten Weg abweichen! Beachten wir die Entwicklung solcher Leute: Zuerst halten sie Ausschau nach krummen Wegen; dann treffen sie ihre Wahl und machen diese krummen Wege zu „ihren„ Wegen; und schließlich weichen sie auf diese Wege ab. Sie beabsichtigen gar nicht, ins Verderben zurückzugehen; sie wollten nur einen Umweg machen und dann wieder auf die rechte Straße zurückkehren. Der gerade Weg wird schwierig; deshalb machen sie einen Umweg. Sie wollen ja wieder auf den richtigen Weg einschwenken, wenn auch nicht hundertprozentig. Solche Leute sind nicht aufrichtig; sie sind nicht gut, und sie vertrauen dem Herrn nicht. Deshalb wird der Herr anders mit ihnen verfahren als mit seinem Volk. Wenn der Tag des Gerichtes kommt, werden diese Heuchler dasselbe Schicksal erleiden wie die Gottlosen. Eines Tages wird alle Sünde aus dem Universum verbannt werden, genauso wie man Verbrecher, die hingerichtet werden, aus der Stadt hinausführt. Dann werden sich diese heimlichen Verräter genauso ausgestoßen finden wie die offenen Empörer. Die göttliche Wahrheit wird ihre verborgenen Sünden auf- decken. Viele werden überrascht sein, wenn sie mit denen auf gleiche Stufe gestellt werden, die Öffentlich Böses getan haben. „Friede sei über Israel!“ Die Hinrichtung der Betrüger wird dem wahren Israel Ruhe und Frieden geben. Wenn Gott die Treulosen schlägt, wird nicht ein Hieb die Treuen treffen. Die Erwählten des Herrn sollen Frieden haben. Wie Jakob hat Israel mit Gott gerungen und gesiegt; es braucht sich vor keinem Menschen mehr zu fürchten. Der Kampf ist vorbei, der Segen des Friedens ist über Israel ausgesprochen. Wer Frieden mit Gott hat, hat überall und für immer Frieden. Verbinden wir den ersten und den letzten Vers dieses Psalms: Israel vertraut dem Herrn — und Israel hat Frieden.

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