Spurgeon, Charles Haddon - Markusevangelium (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Markusevangelium (Andachten)

Markus 1,17

Und Jesus sprach zu ihnen: Folget mir nach, ich will euch zu Menschenfischern machen.

Nur dadurch, dass wir Jesus nachfolgen, können wir den Wunsch unsres Herzens erlangen und unsren Mitmenschen wirklich nützlich sein. O, wie sehnen wir uns, Fischer für Jesum zu sein, die Erfolg haben! Wir würden unser Leben opfern, um Seelen zu gewinnen. Aber wir werden versucht, Methoden anzuwenden, die Jesus nie angewandt haben würde. Sollen wir dieser Einflüsterung des Feindes nachgeben? Wenn das, so mögen wir das Wasser umherspritzen, aber wir werden nie Fische fangen. Wir müssen Jesu nachfolgen, wenn es uns gelingen soll. Sensationelle Methoden, Abendunterhaltungen und dergleichen - heißt das Jesus nachfolgen? Können wir uns vorstellen, dass der Herr Jesus Hörer durch solche Mittel angezogen, wie sie jetzt gewöhnlich gebraucht werden? Was ist das Ergebnis solcher Auskunftsmittel? Das Ergebnis ist nichts, was Jesus am letzten großen Tage in Rechnung bringen wird.

Wir müssen bei unsrem Predigen bleiben, wie unser Meister es tat, denn durch dieses Mittel werden Seelen errettet. Wir müssen unsres Herrn Lehre predigen und ein volles und freies Evangelium verkünden; denn dies ist das Netz, in dem Seelen gefangen werden. Wir müssen mit seiner Sanftmut, Kühnheit und Liebe predigen; denn dies ist das Geheimnis des Erfolgs bei Menschenherzen. Wir müssen mit göttlicher Salbung arbeiten und uns auf den Heiligen Geist verlassen. So, indem wir Jesu nachfolgen, nicht Ihm voranlaufen, oder zur Seite abweichen, sollen wir Menschenfischer werden.

Markus 1,18.

Alsobald verließen sie ihre Netze, und folgten Ihm nach.

Als Simon und Andreas den Ruf Jesu vernahmen, folgten sie demselben alsobald willig und ohne Bedenklichkeiten. Wenn wir stets pünktlich und mit entschiedenem Eifer sogleich in Ausführung brächten, was wir hören, oder wenn wir die erste passende Gelegenheit richtig benützten, so müssten unfehlbar die Gnadenmittel, von denen wir Gebrauch machen, und die trefflichen Bücher, die wir lesen, uns im Leben aus Gott außerordentlich fördern. Der verliert sein Brot nicht mehr, der sich daran gemacht hat, es sogleich ganz zu essen, und dem kann man den Segen der Lehre nicht mehr rauben, der sein Leben und seinen Wandel danach eingerichtet hat. Viele Leser und Hörer des Worte werden von demselben so bewegt, dass sie den Entschluss fassen, sich zu bessern; aber ach! der Vorsatz ist eine Blüthe, die den Samen nicht aufgenommen hat, und darum treibt sie keine Frucht; erst warten sie, dann schwanken sie, endlich vergessen sie, und gleichen so den Knospen, die in der Nacht der Reif umzieht, und, wenn sie am Tage die Sonne bescheint, nur wieder auftauen, um in der nächsten Nacht ganz zu erfrieren. Das verhängnisvolle Morgen ist blutrot vom Mord der besten Entschlüsse; es ist das Schlachtaus der neugeborenen Kindlein. Darum bitten wir ernstlich, dass die lieben Leser nicht nur lesen, sondern auch tun möchten, was ihnen das Wort Gottes durch diese Zeilen ans Herz legt. Das Thun der Wahrheit ist das Beste Lesen derselben. Wenn dir, liebe Seele, beim Lesen dieser Blätter irgend eine Pflicht aufs Gewissen fallen sollte, so eile und erfülle sie, ehe die heilige Glut von deiner Seele gewichen ist, und verlass deine Netze und Alles, was du hast, lieber, als dass du dem Ruf deines Meisters ungehorsam erfunden werdest. Gib dem Teufel keinen Spielraum durch deine Gleichgültigkeit. Rasch, weil Eifer und Gelegenheit so glücklich zusammentreffen! Lass dich nicht in deinen eigenen Netzen fangen, sondern zerreiße die Stricke der Weltlust und eile dahin, wo dir die Herrlichkeit winkt. Glücklich der, dessen Worte solche Leser finden, die sogleich tun, was sie vernehmen; möchte seine Ernte hundertfältig sein, und seinem Herrn viel Ehre eintragen! Das wäre ein köstlicher Lohn; o Herr, lass ihn Deinem Knechte zu Teil werden! (Goldstrahlen Juni 20)

Markus 1,30

Und die Schwiegermutter Simons lag und hatte das Fieber, und alsobald sagten sie Ihm von ihr.„

Gar lieblich mutet uns dieser flüchtige Einblick in das Hauswesen des apostolischen Fischers an. Wir sehen hier sogleich, dass Familienfreuden und Familiensorgen kein Hindernis in der treuen Pflichterfüllung evangelischer Wirksamkeit sind; nein, dass sie vielmehr den Verkündiger der göttlichen Heilsbotschaft besser zu unterrichten vermögen, als irgendeine andere menschliche Schule und Erziehung, weil sie reichlich Gelegenheit bieten, Zeuge zu sein von dem Gnadenwerk des Herrn am eigenen Fleisch und Gebein. Aberglaube und Unglaube, selbstgemachte Heiligkeit und zügellose Ungebundenheit mögen die Ehe verwerfen und verdammen, trotzdem stimmen wahres Christentum und liebliches Familienleben vortrefflich zusammen. Petri Haus war ohne Zweifel eine geringe Fischerhütte, aber der Herr der Herrlichkeit betrat sie, wohnte darin und vollbrachte daselbst ein Wunder. Wenn heute unser Büchlein in irgendeiner armseligen Hütte gelesen werden sollte, so mögen ihre Bewohner aus unserer Schriftstelle sich aufmuntern lassen, die Gesellschaft des Königs Jesu zu suchen. Gott wohnt häufiger in ärmlichen Hütten als in prächtigen Palästen. Der Herr Jesus betrachtet euer irdisches Heimwesen und harrt, wie und wo Er euch Gnade erweisen könne. Krankheit war in Simons Haus eingekehrt, ein Fieber tödlicher Art hatte seine Schwieger aufs Krankenlager gestreckt, und sobald Jesus kam, erzählten sie Ihm von der schweren Heimsuchung, und Er eilte ans Krankenbett. Ist irgendein Kranker in eurem Hause? Dann ist der Herr Jesus der allerbeste Arzt, geht sogleich zu Ihm und sagt Ihm alles. Legt Ihm sogleich alle Umstände offen dar. Es betrifft eines der Seinen und darum ist es Ihm nicht gleichgültig. Beachtet, wie der Heiland das kranke Weib alsbald heilte; niemand kann heilen wie Er. Wir dürfen freilich nicht darauf rechnen, dass der Herr sogleich alle Krankheit von unsern Lieben hinwegnimmt, aber das wissen wir, dass gläubiges Gebet für den Kranken viel eher Heilung bewirken kann, als alle menschliche Kunst und Wissenschaft; und wo auch das Gebet nicht wirkt, was wir hoffen, da wollen wir uns demütig beugen unter den Willen Des, der über Leben und Tod Herr ist. Das liebende Herz Jesu harrt und hört auf unser Seufzen; so wollen wir uns denn in seinen Willen getrost ergeben.

Markus 1,41

„Ich will es tun; sei gereinigt.“

Uranfängliche Finsternis umhüllte die Erde, als des Allmächtigen Wort erschallte: „Es werde Licht;“ und es wurde Licht. Und das Wort des Herrn Jesu ist nicht weniger mächtig und majestätisch, als jenes uralte Wort der allwaltenden Gottheit. Die Erlösung hat gleich der Schöpfung ihr gewaltiges Wort der schrankenlosen Macht. Jesus spricht, so geschieht‘s. Der Aussatz wich keinem menschlichen Heilmittel, aber er entfloh alsobald auf des Herrn: „Ich will es tun.“ Die Krankheit ließ keinerlei Anzeichen bemerken, die der Hoffnung auf Wiederherstellung Raum geben konnten, die Natur trug nichts zur Heilung bei, sondern das alleinige Heilandswort bewirkte die Reinigung, und zwar sogleich und dauernd. Der Sünder ist in einem noch viel elenderen Zustande als der Aussätzige; aber er soll tun wie dieser und zu Jesu gehen, und „Ihn bitten und vor Ihm knieen.“ Er soll den kleinen Glauben, den er hat, gebrauchen, und käme er auch nicht weiter als zu den Worten: „Herr, willst Du, so kannst Du mich wohl reinigen;“ und dann braucht er gar nicht zu zweifeln, dass sein Flehen werde Erhörung finden. Der Herr Jesus heilt alle, die zu Ihm kommen, und verwirft niemand. Wenn wir die Erzählung lesen, der unsre heutige Schriftstelle angehört, so ist es demütiger Beachtung wert, dass der Herr Jesus den Aussätzigen anrührte. Dieser Unreine hatte die Vorschriften des Gesetzes gebrochen und hatte sich ins Haus eingedrängt; aber Jesus, weit entfernt, ihn darüber zu strafen, brach selber das Gesetz, um ihm zu helfen. Er wechselte mit dem Aussätzigen seine Stellung, denn während Er diesen reinigte, machte Er sich durch die Berührung selbst einer levitischen Verunreinigung schuldig. Und gerade so ist der Herr Jesus, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, dass wir würden in Ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. O, dass doch jeder arme Sünder zu Jesu käme, und glaubte an die Kraft seines stellvertretenden Werkes, so würde er bald die Wirkung seiner barmherzigen Berührung an sich verspüren. Dieselbe Hand, die die Brote vermehrte, die den sinkenden Petrus hielt, die schwerbetrübte Heilige aufrichtet, die den Gläubigen krönt, dieselbe Hand berührt auch jeden versinkenden Sünder und macht ihn in einem einzigen Augenblick rein. Die Liebe Jesu ist die Quelle alles Heils. Er liebt, Er lockt, Er labt uns; Er rührt uns an, so leben wir.

Markus 2,4

„Und da sie nicht konnten bei Ihm kommen vor dem Volk, deckten sie das Dach auf, da Er war, und gruben es auf, und ließen das Bett hernieder, da der Gichtbrüchige innen lag.“

Der Glaube ist erfinderisch. Das Haus war voll, die Menge versperrte den Zugang zur Tür, aber der Glaube erfand einen Weg, wie man dennoch zum Herrn gelangen, und den gichtbrüchigen Menschen zu Ihm bringen könne. Wenn wir die Sünder nicht mit den gewöhnlichen Mitteln dahin bringen können, wo der Heiland ist, so müssen wir außerordentliche Mittel anwenden. Wo der Fall dringend ist, da dürfen wir uns nicht von Gefahren und Unannehmlichkeiten abwendig machen lassen. Der Herr Jesus war dort, um zu heilen, und mochte nun auch vorfallen, was da wollte, der Glaube wagte alles, damit ihre arme gichtbrüchige Last möchte Vergebung der Sünden empfangen. O, dass wir doch einen kühnern Glauben hätten! dass ein mutigeres Heilandsvertrauen unter uns verbreitet wäre! Wollen wir nicht heute solchen Glauben für uns suchen, liebe Seelen; und nicht für uns allein, sondern auch für unsre Mitpilger, und wollen wir nicht heute suchen, irgendeine Liebestat zu vollbringen, um Seelen zu retten und den Herrn zu verherrlichen?

Die Welt macht unausgesetzt neue Erfindungen; der Erfindungsgeist kommt allen Wünschen des irdischen Dichtens und Trachtens zu Hilfe; kann der Glaube nicht auch erfinden und durch irgendein neues Mittel die Verworfenen erreichen, die rings um uns her liegen? Es war die Gegenwart Jesu, welche den Mut, der alle Schwierigkeiten siegreich überwindet, in den vier Trägern des Gichtbrüchigen wirkte: ist denn nicht der Herr jetzt auch unter uns? Haben wir heute früh sein Angesicht gesucht und erblickt? Haben wir seine heilende Macht an unsern Seelen erfahren? Wenn dem also ist, dann hinein durch Türen, Fenster, Dächer! Brechet alles auf, was euch hindert, und schaffet, dass ihr arme, elende Seelen zu Jesu bringt. Alle Mittel sind gut und anständig, wo Glaube und Liebe es in Wahrheit darauf abgesehen haben, Seelen zu gewinnen. Wenn der leibliche Hunger kann durch Mauern brechen, so kann der Hunger nach Seelen in seinem Ziel nicht aufgehalten werden. O Herr, mache uns geschickt, neue Mittel zu erfinden, wie wir Deine armen sündenkranken Menschen erreichen können, und gib uns Mut, sie über alle entgegenstehenden Hindernisse hinweg und zu Dir zu bringen.

Markus 3,13

„Und Er ging auf einen Berg, und rief zu sich, welche Er wollte; und die gingen hin zu Ihm.“

Jesus wählte hier nach seiner unumschränkten Macht kraft seines göttlichen Hoheitsrechts. Ungeduldige Geister mögen wallen und wüten, dass sie nicht der höchsten Gunst gewürdigt werden; aber du, teure Seele, freuest dich darüber, dass der Herr Jesus beruft, welche Er will. Wenn Er mich nur zum Türhüter in seinem Hause annimmt, so will ich Ihm entzückt danken und Ihn lobpreisen für seine Gnade, dass Er mir nur gestattet, irgendetwas in seinem Dienste auszurichten. Die Berufung der Knechte Christi ist von oben. Der Herr Jesus steht auf dem Berge, weit erhaben über die Welt in Heiligkeit, Ernst, Liebe und Macht. Diejenigen, welche Er beruft, müssen den Berg zu Ihm hinaufsteigen, sie müssen trachten, sich bis zu Ihm zu erheben dadurch, dass sie in beständigem Umgang mit Ihm leben. Sie sind vielleicht nicht imstande, sich zu hohen Titeln und Ehrenstellen emporzuschwingen, oder durch glänzende Gelehrsamkeit sich auszuzeichnen, aber wie Moses müssen sie auf den Berg Gottes steigen und im vertraulichen Umgang mit dem unsichtbaren Gott stehen, sonst sind sie nie dazu angetan, das Evangelium des Friedens zu bezeugen und zu verkündigen. Jesus ging in die Einsamkeit, um sich in der innigen Gemeinschaft mit dem Vater zu erquicken; und wir müssen in dieselbe göttliche Gemeinschaft kommen, wenn wir sollen unsern Nebenmenschen zum Segen werden. Kein Wunder, dass die Apostel in der Kraft des Geistes vom Berge hernieder kamen, wo sie Jesu Nähe ungestört hatten genießen dürfen. Lasset uns heute danach trachten, den Berg der Gemeinschaft zu ersteigen, damit wir daselbst tüchtig gemacht werden zu der Lebensaufgabe, die uns zuteil geworden ist. Wir wollen kein Menschenantlitz sehen, bis wir das Angesicht Jesu gefunden haben. Die Zeit, die wir Ihm widmen, trägt reichliche Zinsen. Wir können Teufel austreiben und Wunder verrichten, wenn wir herniedergehen in die Welt, gegürtet mit der Kraft Gottes, die Christus allein uns reichen kann. Es nützt nicht, in den göttlichen Kampf zu gehen, bevor wir mit göttlichen Waffen ausgerüstet sind. Wir müssen Jesum sehen; das ist die Hauptsache. Wir wollen vor dem Gnadenthron verweilen, bis dass Er sich uns offenbart, wie Er sich der Welt nicht offenbart, und wir wollen voll Zuversicht sagen können: „Wir waren mit Ihm auf dem heiligen Berge.“

Markus 4,36

„Und es waren mehr Schiffe bei Ihm.“

Jesus war der Lord Groß-Admiral zur See in jener Nacht, und seine Gegenwart bewahrte die ganze Reisegesellschaft. Es ist gut mit Jesu fahren, und wär‘s auch in einem kleinen Schiffe. Wenn wir in Gesellschaft unsers Heilands aufs Wasser gehen, dürfen wir gar nicht auf gute Witterung zählen, denn heftige Stürme können das Fahrzeug erschüttern, das den Herrn selber trägt, und wir dürfen gar nicht erwarten, dass die Wellen rings um unser Boot weniger wild schäumen und toben. Wenn wir mit Jesu gehen, müssen wir uns darein fügen, dass wir fahren wie Er selber fährt; und wenn die Wogen für Ihn gewaltig sind, so sind sie auch gewaltig für uns. Durch Sturm und Brandung nur kommen wir ans Land, und Er ist uns vorausgegangen.

Als der Sturm über Galiläas dunkeln See hinfuhr, da erbleichten alle Gesichter und aller Herzen ängstigten sich und zagten vor einem Schiffbruch. Als jede Menschenhilfe umsonst war, da erhob sich der schlummernde Heiland und verwandelte mit einem einzigen Wort das Wüten des Ungewitters in die lautlose Ruhe der Windstille; da waren die Schifflein ruhig, die begleitenden wie das, worin der Herr fuhr. Jesus ist der Stern des Meeres; und wenngleich das Meer ängstigt, so bringt es doch auch Freuden, sobald Jesus bei uns ist. Mögen unsre Herzen Jesum zu ihrem Anker machen, zu ihrem Steuer, zu ihrem Leuchtturm, zu ihrem Rettungsboot und zu ihrem Hafen. Seine Gemeinde ist das Admiralsschiff; achten wir auf ihre Bewegungen, und erfreuen wir ihren Führer mit unserem Gehorsam; Er selbst ist der große Vereinigungspunkt; bleiben wir allezeit unter seiner Obhut, achten wir auf seine Zeichen, steuern wir unser Schifflein nach seiner Vorschrift, und fürchten wir uns nicht, so lange Er uns sichtbar bleibt. Nicht ein einziges Schiff aus seinem Gefolge wird Schiffbruch leiden; der große Seeheld will jede Bark wohlbewahrt in den himmlischen Hafen bringen. Durch den Glauben wollen wir jetzt den Anker aufziehen, und heute mit unserem Herrn in ein Meer der Trübsal schiffen. Wind und Wellen werden unser nicht schonen, aber sie müssen Ihm alle gehorchen; und was für eine Windsbraut sich auch von außen gegen uns erheben mag, so erfährt doch der Glaube im Innern eine selige Ruhe. Er ist stets in der Mitte der sturmgepeitschten Gefährten; freuen wir uns über Ihn. Sein Schiff hat den Himmel erreicht, unsre Barken folgen Ihm.

Markus 8,38

„Wenn Er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.“

Wenn wir den Herrn Jesum in Seiner Schmach und Erniedrigung nicht verlassen haben, dann werden wir auch Teil haben mit Ihm an dem Lichte des Glanzes, der Ihn umgeben wird, wenn Er wieder erscheint in Seiner Herrlichkeit. Bist du, geliebte Seele, bei Christo Jesu? Knüpft dich eine lebendige Gemeinschaft an Ihn? dann bist du heute bei Ihm in Seiner Erniedrigung; du hast Sein Kreuz auf dich genommen und bist mit Ihm hinausgegangen vor das Lager und hast Seine Schmach getragen; darum wirst du ohne Zweifel auch bei Ihm sein, wenn das Kreuz mit der Krone vertauscht wird. Aber gib diesen Abend ein Urteil über dich ab; denn wenn du nicht bei Ihm bist in der Wiedergeburt, so wirst du auch nicht bei Ihm sein in Seiner Herrlichkeit. Wenn du zurückschrickst vor der trüben Seite Seiner Gemeinschaft, so kannst du den Glanz nicht begreifen, die selige Zeit, wo der König kommen wird, und alle Seine Heiligen Engel mit Ihm. Wie? Sind Engel mit Ihm? Und doch hat Er keine Engel auf- und angenommen: Er hat angenommen den Samen Abrahams. Sind die heiligen Engel mit Ihm? Komm, liebe Seele; wenn du wirklich Sein geliebtes Kind bist, so kannst du nicht ferne von Ihm sein. Wenn Seine Freunde und Seine Nächsten berufen werden, Seine Herrlichkeit zu schauen, was meinst du denn, das dir geschehen wird, wenn du doch Ihm vertrauet bist? Wirst du müssen ferne stehen bleiben? Und ob es gleich der Tag des Gerichts ist, so kannst du dennoch nicht ferne von Seinem Herzen bleiben, welches nicht nur Engel zu Seinen Freunden, sondern dich zu Seiner geliebten Braut erwählt hat. Hat Er nicht zu dir gesprochen, liebe Seele: „Ich will Mich mit dir vertrauen in Gerechtigkeit und Gericht, in Gnade und Barmherzigkeit“? Wenn die Engel, die doch nur Freunde und Nachbarn sind, bei Ihm sein werden, wie viel gewisser und unfehlbarer muss es geschehen, dass Seine Geliebte Meine-Lust-an-ihr, auf welcher all' Sein Wohlgefallen ruht, bei Ihm sein und zu Seiner Rechten sitzen wird. Hier ist ein Morgenstern der Hoffnung für dich, ein Stern von so überaus herrlichem Glanze, dass er auch die dunkelste und trübste Erfahrung Deiner Seele aufzuheitern vermag. (Goldstrahlen März 26)

Markus 9,15

„Und alsobald, da alles Volk Ihn sah, entsetzten sie sich, liefen zu und grüßten Ihn.“

Wie groß ist doch der Unterschied zwischen Mose und Jesu! Als der Prophet des Berges Horeb vierzig Tage lang auf dem Berge verzogen hatte, erfuhr er gleichsam eine Verklärung, so dass sein Angesicht mit blendendein Lichte erglänzte, und er legte eine Decke auf sein Angesicht, denn das Volk fürchtete sich, ihm zu nahen. Ganz anders unser Herr und Heiland. Er war verklärt worden mit einer Herrlichkeit, größer als der Glanz Mosis, und doch heißt es nicht von Ihm, dass das Volk von dem Glanz Seines Antlitzes geblendet ward, vielmehr entsetzten sie sich, liefen zu Ihm zu, und grüßten Ihn. Die Herrlichkeit des Gesetzes stößt zurück, aber die Herrlichkeit des Herrn der Gnade übt eine große Anziehungskraft aus. Obgleich Jesus heilig und gerecht ist, so ist doch mit Seiner Reinheit eine solche Wahrheit und Gnade verschmolzen, dass die Sünder zu Ihm eilen, erstaunt über Seine Güte, gefesselt von Seiner Liebe; sie grüßen Ihn, werden Seine Jünger, nehmen Ihn zu ihrem Herrn und Meister an. Lieber Freund, es mag wohl der Fall sein, dass du gerade jetzt von dem strahlenden Glanz des Gesetzes Gottes geblendet bist. Du fühlst, welche Anforderungen er an dein Gewissen stellt, aber du bist nicht im Stande, ihm zu genügen. Nicht, dass du dem Gesetz deshalb die Schuld zuschreibst, im Gegenteil, es zwingt dir die höchste Achtung ab, dennoch wirst du davon durchaus nicht zu Gott gezogen; du wirst vielmehr in deinem Herzen nur noch mehr verhärtet, und neigst dich zur Verzweiflung. Ach, armes Herz, wende deine Augen von Mose ab, und richte den Blick auf Jesum, der mit milderm Glanze vor dir steht. Betrachte Seine triefenden Wunden und Sein dornengekröntes Haupt! Er ist der Sohn Gottes, und darin ist Er größer als Moses; aber Er ist der Herr der liebe, und hierin ist Er lieblicher als der Gesetzgeber. Er trug den Zorn Gottes und offenbarte in Seinem Tode Gottes Gerechtigkeit besser, als der donnernde und blitzende Sinai; nun aber ist die Gerechtigkeit zugerechnet, und hinfort ist sie eine feurige Mauer um die, welche an Jesum glauben. Sünder, siehe den blutenden Jesus an, und wenn du die gewinnende Macht Seiner Liebe, empfindest, dann fliehe in Seine Arme, so wirst du errettet und selig. (Goldstrahlen August 26)

Markus 9,23

„Jesus aber sprach zu ihm: Wenn du könntest glauben.“

Es hatte ein Mensch einen mondsüchtigen Sohn, welcher von einem sprachlosen Geist geplagt wurde. Der Vater, der Zeuge gewesen war, wie sich die Jünger umsonst angestrengt hatten, sein Kind zu heilen, besaß wenig oder keinen Glauben an Christum, und als man ihm daher sagte, er solle seinen Knaben zu Jesu bringen, sprach er zu diesem: „Kannst Du aber was, so erbarme Dich unser, und hilf uns.“ Es war freilich ein „Wenn“ in der Lage der Dinge, aber der arme leidende Vater hatte dieses „Wenn“ am unrechten Ort angebracht; und darum brachte es der Herr Jesus in die richtige Ordnung, nicht durch das Verlangen, dass es der Vater zurücknehmen solle, sondern durch die freundliche und liebevolle Andeutung: „Wahrlich, nicht an meiner Macht, noch an meiner Bereitwilligkeit zu helfen fehlt‘s hier, sondern ganz anderswo.“ „Wenn du könntest glauben; alle Dinge sind möglich dem, der da glaubet.“ Des Mannes Vertrauen wurde gestärkt; er bat demütig um Kräftigung seines Glaubens, und sogleich sprach der Herr Jesus das erlösende Wort, durch welches der Teufel ausgetrieben und demselben jede Rückkehr abgeschnitten wurde. Hier haben wir etwas Wichtiges zu lernen. Wir sehen oft, wie dieser Mensch, dass uns irgendwo ein „Wenn“ im Wege steht, aber wir kommen beständig in Verlegenheit, weil wir das Hindernis am unrechten Ort suchen. Wenn Jesus mir helfen kann; wenn Er mir Gnade schenken kann, die Versuchung zu überwinden; wenn Er mir vergeben kann; wenn Er mir das Gelingen gibt? Nein, sondern wenn du glauben kannst, so kann und will Er. Du hast dein „Wenn“ unrichtig angewendet. Wenn du aufrichtig vertrauen kannst, so sollen dir alle Dinge möglich sein, gleichwie Christo alle Dinge möglich sind. Der Glaube steht in Gottes Macht und ist in Gottes Majestät gekleidet; er trägt den königlichen Schmuck und reitet auf dem königlichen Pferde, denn der Glaube ist die Tugend, die der König gern ehren möchte. Er umgürtet sich mit der herrlichen Kraft des allwaltenden Geistes, und vermag durch die Allmacht Gottes alles zu tun und zu leiden. Alle Dinge ohne Ausnahme sind möglich dem, der da glaubet. Meine Seele, kannst du auch jetzt deinem Herrn vertrauen?

Markus 9,23

„Alle Dinge sind möglich, dem, der da glaubet.“

Manche Bekenner des Christentums werden immer von Furcht und Zweifeln geplagt, denn törichter Weise meinen sie, das gehöre notwendig zum innern Leben des Gläubigen. Das ist ein Irrtum, denn „alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt;“ und es ist möglich, dass wir zu einem so hochgelegenen Gipfel unseres Glaubenslebens emporgelangen, dass Furcht und Zweifel hier nur wie ein verirrter Vogel durch unsere Seele schwirren, aber keine bleibende Statt darin finden. Wenn ihr von den erhabenen und lieblichen Erquickungen leset, welche besonders begnadigte Heilige im Umgange mit dem Heilande genießen durften, so seufzt und murrt ihr im Kämmerlein eures Herzens: „Ach, das erlange ich nie!“ O Freund, klimme mutig empor! Wenn du nur Glauben hast, so wirst du schon noch die sonnige Zinne des Tempels erreichen, denn „alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Ihr hört von großen Taten, welche heilige Menschen aus Liebe zu Jesu vollbracht haben; ihr hört von ihrer Seligkeit in Ihm, wie sehr sie Ihm ähnlich geworden sind, wie sie um Seinetwillen große Verfolgungen erduldet haben; und ihr sprecht: „Ach, was bin doch ich dagegen ein Wurm; so weit komme ich nie.“ Aber was irgend je ein Heiliger gewesen ist, kannst auch du werden. Es gibt keine Höhe der Gnade, keine geistliche Gabe, keine Gewissheit der Kindschaft, kein Wunder des Wirkens, das dir nicht offen stünde, wenn du nur glauben kannst. Ziehe deinen Sack aus, und reinige dich von deiner Asche, und erhebe dich zur wahren Würde deiner Bestimmung; du bist klein in Israel, weil du es sein willst, nicht weil es nicht anders sein könnte. Es ist nicht schicklich für dich, dass du im Staube gräbst, du Kind des großen Königs. Erhebe dich! Der goldene Thron der gewissen Gnaden Davids erwartet dich! Die Krone der Gemeinschaft mit Jesu liegt bereit, deine Stirne zu umspannen. Kleide dich in Scharlach und feines Leinen, und lebe täglich herrlich und in Freuden; denn wenn du Glauben hast, so magst du dich nähren mit fetten Nieren und Weizen; dein Land wird mit Milch und Honig fließen, und deine Seele wird sich sättigen mit Mark und Fett. Sammle goldene Garben der Gnade, denn sie harren dein auf den Gefilden des Glaubens. „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubet.“ (Goldstrahlen August 8)

Markus 9,23

Jesus aber sprach zu ihm: Wenn du könntest glauben. Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubet.

Unser Unglaube ist das größte Hindernis auf unsrem Wege; in der Tat, es gibt keine andre Schwierigkeit bei unsrem geistlichen Fortschreiten und Wohlergehen. Der Herr kann alles tun; aber wenn Er es zur Regel macht, dass uns nach unsrem Glauben geschehen soll, so bindet unser Unglaube die Hände seiner Allmacht.

Ja, die Bündnisse des Bösen sollen gesprengt werden, wenn wir nur glauben können. Die verachtete Wahrheit soll ihr Haupt erheben, wenn wir nur Zuversicht auf den Gott der Wahrheit haben wollen. Wir können unsre Last des Leides tragen oder ohne Schaden durch die Wellen der Trübsal gehen, wenn wir unsre Lenden mit dem Gürtel des Friedens gürten, dem Gürtel, der durch die Hände des Vertrauens umgeschnallt wird.

Warum können wir nicht glauben? Ist alles möglich, ausgenommen das Glauben an Gott? Er ist doch immer wahrhaft, warum glauben wir Ihm nicht? Er ist immer seinem Worte treu, warum können wir Ihm nicht vertrauen? Wenn unser Herzenszustand der rechte ist, so kostet der Glaube keine Anstrengung; es ist dann für uns ebenso natürlich, uns auf Gott zu verlassen, wie für ein Kind, seinem Vater zu vertrauen.

Das Schlimmste ist, dass wir Gott in betreff aller andren Dinge glauben können, ausgenommen des gegenwärtigen, drückenden Leidens. Dies ist Torheit. Komm, meine Seele, schüttle solche Sündigkeit ab, und vertraue deinem Gott die Last, die Arbeit und Sehnsucht dieses gegenwärtigen Leides an. Dies getan, ist alles getan.

Markus 10,21

„Folge mir nach, und nimm das Kreuz auf dich.“

Es steht nicht bei dir, dein eigenes Kreuz zu machen, obgleich der Unglaube es darin zur höchsten Meisterschaft bringt, Kreuze zuwege zu zimmern; auch ist dir nicht gestattet, dir dein Kreuz selber auszuwählen, obgleich der Eigenwille gern Herr und Meister wäre; sondern dein Kreuz wird dir bestimmt und bereitet von der göttlichen Liebe, und du musst es dankbar aus ihrer Hand annehmen. Du musst das Kreuz auf dich nehmen als deine dir zugeteilte Würde und Bürde, und darfst dich nicht mit spröden Vernunftgründen daran aufhalten. Diesen Abend heißt dich dein Herr Jesus, deine Schulter unter Sein sanftes Joch beugen. Schlage nicht in deinem Trotz dawider aus, noch tritt es im Mutwillen mit Füßen; lass dich nicht bis zur Verzweiflung davon niederdrücken, noch fliehe in törichter Furcht aus Seinem Bereiche; sondern nimm es auf dich als ein wahrhafter Nachfolger Christi. Der Herr Jesus war ein Kreuzträger; Er zeigt den Weg auf dem Pfade der Schmerzen. Wahrlich, einen bessern Führer könntest du nicht finden! Und wenn Er ein Kreuz trägt, wie möchtest du dich nach einer edleren Last sehnen? Der Weg des Kreuzes ist der Weg der Seligkeit; fürchte dich nicht, auf Seinen dornigen Pfaden zu wandeln.

Liebe Seele, das Kreuz ist nicht aus Federn gemacht, noch mit Sammt überzogen, es ist schwer und drückt hart auf ungehorsame Schultern; aber“ es ist kein eisernes Kreuz, es ist ein hölzernes Kreuz, und ein Mensch vermag es zu ertragen, denn auch der Mann der Schmerzen hat seine Last gefühlt. Nimm dein Kreuz auf dich, und in der Kraft des Heiligen Geistes wirst du es bald so lieb gewinnen, dass du wie Moses die Schmach Christi nicht um alle Schätze Ägyptens hingeben möchtest. Bedenke, dass der Herr Jesus es getragen hat, und dann wird es dir süß schmecken; bedenke, dass ihm bald die Krone nachfolgt, so wird der Gedanke an den verheißenen Schmuck der Herrlichkeit dir die gegenwärtige Last der Trübsal mächtig erleichtern. Der Herr stehe dir bei, dass du deinen Geist in Demut unter den göttlichen Willen beugen kannst, bevor du diesen Abend einschläfst, damit, wenn du morgen mit der Sonne erwachst, du dich erheben kannst zu deinem täglichen Kreuz mit geheiligtem und demütigem Geist, und als ein Jünger dem Gekreuzigten nachfolgst. (Goldstrahlen Februar 23)

Markus 11,22

„Habt Glauben an Gott.“

Glaube ist der Fuß, mit welchem die Seele auf der Straße der Gebote einherschreitet. Die Liebe kann die Füße zum raschern Gang antreiben; der Glaube aber ist der Fuß, der die Seele trägt. Der Glaube ist das Öl, durch welches die Räder heiliger Andacht und ernster Frömmigkeit leichter im Gang erhalten werden; und ohne Glauben stürzen die Räder vom Wagen, und wir schleppen schwer am Geschirr. Durch den Glauben vermag ich alles; aber ohne Glauben habe ich weder Lust noch Kraft, irgendetwas im Dienste des Herrn auszurichten. Willst du den Menschen finden, der Gott am besten dient, so musst du nach dem Menschen schauen, der den meisten Glauben hat. Ein kleiner Glaube macht den Menschen auch selig; aber ein kleiner Glaube kann für Gott nichts Großes ausrichten. Der gute Meister Kleinglaube hätte den „Apollyon“ nicht überwunden; das musste „Christ“ unternehmen. Der gute Kleinglaube hätte den „Riesen Verzweiflung“ nicht zu töten vermocht; es erforderte den Arm eines „Mut-Herz“, um dies Ungeheuer niederzukämpfen. Ein kleiner Glaube kommt ohne allen Zweifel auch in den Himmel, aber er muss sich oft in eine Nussschale flüchten und verliert oft fast allen seinen Schmuck. Meister Kleinglaube spricht: „Es ist ein rauer Pfad, voll stachlichter Dornen und voller Gefahren; ich fürchte mich, ihn unter die Füße zu nehmen“; aber der Held Starkglaube erinnert an die Verheißung: „Eisen und Erz sei an deinen Schuhen; dein Alter sei wie deine Jugend“; und so wagt er‘s kühn. Der Kleinglaube steht verzweifelnd da und vermengt seine Tränen mit der Flut; aber der starke Glaube singt: „So du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht sollen ersäufen;“ und schreitet sogleich durch die Wogen der Tiefe. Willst du fröhlich und selig sein? Willst du dich freuen über deine Frömmigkeit? Willst du eine Gottesfurcht voller Liebe und Wonne, und nicht eine solche, die im düsteren Grau des Grams einhergeht: dann „habe Glauben an Gott.“ Liebst du das Dunkel, und gefällst du dir im Jammer und Elend, dann begnüge dich mit einem kleinen Glauben; liebst du aber den Sonnenschein, und möchtest du gern Lieder der Freude anstimmen, dann pflege eifrig diese Beste aller Gaben: „Starken Glauben.“ „Glaube ist allmächtig, Wirket Gottes-Kräfte, Lob und Preis ist sein Geschäfte.“

Markus 14,14

„Der Meister lässt dir sagen: Wo ist das Gastaus, darinnen ich das Osterlamm esse mit meinen Jüngern?“

Zur Zeit des Osterfestes war Jerusalem eine große Herberge; jeder Hausvater hatte seine Freunde eingeladen; aber den Heiland hatte niemand eingeladen, und Er hatte nicht, da Er sein Haupt hinlegte. Durch seine übernatürliche Gabe verschaffte Er sich einen Obersaal, wo Er das Fest halten konnte. Und so geschieht‘s bis zur heutigen Stunde: Jesus findet bei den Menschenkindern keine Aufnahme, wenn Er sich nicht durch seine übernatürliche Macht und Gnade neue Herzen schafft. Alle Türen sind für den Fürsten der Finsternis weit genug geöffnet, aber Jesus muss sich einen Weg bereiten oder draußen übernachten. Durch die geheimnisvolle Macht, die unser Herr ausübte, geschah es, dass des Hauses Eigentümer nichts einwendete, sondern sogleich freudig und herzlich seinen Saal öffnete. Wer und was er war, wissen wir nicht, aber er nahm bereitwillig die Ehre an, die ihm der Heiland erzeigen wollte. Ganz ebenso zeigt sich‘s noch heute, wer des Heilandes Auserwählte sind, und wer nicht; denn manche, zu denen das Evangelium kommt, wehren sich dagegen und wollen es nicht aufnehmen; wo es aber die Menschen aufnehmen und willkommen heißen, da haben wir einen deutlichen Fingerzeig, dass hier in den Seelen etwas vorgeht, und dass Gott sie zum ewigen Leben berufen und erwählt hat. Bist du bereit, lieber Freund, Christum aufzunehmen? Dann steht dir nichts im Wege; Christus will dein Gast sein; Er wirkt mit seiner Kraft in dir und macht dich gehorsam seinem Wort. Welch eine Ehre, dass wir den Sohn Gottes beherbergen dürfen! Aller Himmel Himmel mögen Ihn nicht begreifen, und doch lässt Er sich herab, in deinem Herzen Wohnung zu machen. Wir sind nicht wert, dass Er unter unser Dach komme; aber welch eine unaussprechlich selige Gunst ist es, wenn Er bei uns einkehren mag! Dann richtet Er ein Abendmahl zu und heißt uns mit Ihm essen an seiner königlichen Tafel von seinen köstlichen Gerichten; wir sitzen bei einem Festmahl, wo wir unsterbliche Speise genießen, und wo alle, die an diesem Mahl teilhaben, Unsterblichkeit empfangen. Gesegnet ist unter allen Kindern Adams der, welcher den Engel des Herrn beherbergt.

Markus 14,72

„Da gedachte Petrus an das Wort, und er hob an zu weinen.“

Es haben manche geglaubt, dass, so lange Petrus lebte, der Strom seiner Tränen jedes Mal wieder zu fließen begann, wenn er an seine Verleugnung des Herrn gedachte. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies der Fall war; denn seine Sünde war sehr groß, und die Gnade bewirkte in ihm später eine völlige Umwandlung. Dies ist eine allgemeine Erfahrung in der ganzen Familie der erlösten Kinder Gottes, je nach dem Grade, in welchem der Geist Gottes das steinerne Herz, das von Natur vorhanden ist, weggenommen und durch ein fleischernes Herz ersetzt hat. Wir erinnern uns, wie Petrus, an unser prahlerisches Versprechen: „Wenn sie auch alle sich an Dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.“ Wenn wir daran denken, was wir einst zu werden versprachen, und was dagegen aus uns geworden ist, so möchten wir ganze Regenströme von Tränen der Bekümmernis vergießen. Petrus dachte an die Verleugnung seines Herrn, an den Ort, wo dies geschah, an den geringfügigen Anlass zu dieser hässlichen Sünde, an die Schwüre und Beteuerungen, mit denen er seinen Verrat zu bekräftigen suchte, und an die entsetzliche Herzenshärtigkeit, die ihn wiederholt zu solchem Tun antrieb. Wenn wir an unsre Sünden und ihre überaus große Sündigkeit erinnert werden, wie können wir noch starr und stumpf bleiben? Wollen wir nicht unser Haus zu einem Bußhause machen und zu dem Herrn schreien, Er wolle uns aufs neue seiner vergebenden Liebe versichern? Mögen wir nie nach der Sünde hinüberschielen, sonst wird gar bald unsre Zunge in den höllischen Flammen verdorren. Petrus gedachte auch des liebevollen Blickes seines Meisters. Der Herr folgte dem Warnungsruf des krähenden Hahns mit einem mahnenden Blick des Kummers, des Mitleids und der Liebe nach. Dieser Blick verschwand nie wieder aus Petri Gedächtnis, so lange er lebte. Er war beredter als zehntausend Predigten, denen das Zeugnis des Geistes fehlt. Der reuige Jünger musste gewiss auch weinen, wenn er an des Heilandes volle Vergebung dachte, die ihn wieder völlig in den früheren Gnadenstand versetzte. Der Gedanke, dass wir einen so liebevollen und gütigen Herrn tief verletzt haben, ist mehr als Grund genug für uns zu steten Tränen. Herr, zerschlage unsre Felsenherzen und mache, dass die Bäche fließen!

Markus 15,23

„Und sie gaben Ihm Myrrhen mit Wein zu trinken; und Er nahm‘s nicht zu sich.“

In der Tatsache, dass der Heiland den mit Myrrhen vermengten Wein von Seinem Munde abwehrte, liegt eine goldene Wahrheit geborgen. Im Anfange der Zeiten stand der Sohn Gottes auf den Höhen des Himmels und blickte hinab auf unsere Erde; und Er ermaß die lange Stufenleiter bis hinunter zu den tiefsten Tiefen menschlichen Elendes; Er überrechnete die Summe aller Kämpfe und Leiden, welche die Versöhnung erfordern werde, und minderte kein Jota daran. Er setzte feierlich fest, wenn er ein vollgültiges Versöhnungsopfer darbringen wolle, so müsse er die ganze Bahn durchlaufen, von der erhabensten Höhe bis zur erniedrigendsten Tiefe, vom Throne der höchsten Herrlichkeit bis zum Kreuz der bittersten Schmerzen. Dieser Kelch mit Myrrhenwein mit seiner betäubenden Wirkung hätte Ihn ein wenig innerhalb der Grenze des äußersten Elendes zurückgehalten, und darum verschmähte Er ihn. Er wollte nicht hinter dem zurückstehen, was Er Alles für Sein Volk zu erdulden unternommen hatte. Ach, wie Viele unter uns haben sich nicht in ihren Leiden nach Erleichterung gesehnt, die uns doch verderblich geworden wäre. Lieber Freund, hast du noch nie mit eigenwilliger und trotziger Heftigkeit um Befreiung von harter Arbeit oder schweren Prüfungen gebetet? Die Vorsehung hat mit einem Schlage die Lust deiner Augen von dir gerissen. Höre nun, lieber Christ, wenn man zu dir gesagt hätte: „Wenn du es wünschtest, soll dieser dein Geliebter leben, aber Gottes Ehre leidet darunter,“ hättest du der Versuchung widerstehen und sprechen können: „Dein Wille geschehe?“ O, wie selig ists, wenn man sagen kann: „Mein Herr, wenn ich auch sonst nichts würde zu tragen haben, wenn es aber Dir zur Ehre gereicht, dass ich leide, und wenn der Verlust aller meiner irdischen Gnadengeschenke Dich verherrlicht, so lass es also geschehen. Ich verschmähe alles Wohlergehen, wenn dies zu Deiner Ehre beitragen kann.“ Ach, dass wir doch hierin mehr in den Fußstapfen unseres Herrn wandelten und gerne Trübsal erduldeten um Seinetwillen; dass wir doch willig und schnell die Gedanken an uns und unser Wohl fahren ließen, sobald es nicht verträglich wäre mit der Vollbringung des Werkes, das Er uns aufgetragen hat! (Goldstrahlen August 18)

Markus 16,7

Er geht vor euch hin in Galiläa; da werdet ihr Ihn sehen, wie Er euch gesagt hat.

An dem Ort, den Er zur Zusammenkunft mit seinen Jüngern bestimmt hatte, wollte Er zur rechten Zeit sein. Er hält sein Versprechen. Wenn Er verheißt, uns am Gnadenstuhl zu begegnen oder beim öffentlichen Gottesdienst oder bei den von Ihm eingesetzten Handlungen, können wir uns darauf verlassen, dass Er da sein wird. Wir mögen sündlicherweise von dem bestimmten Ort der Zusammenkunft wegbleiben, aber Er tut dies niemals. Er spricht: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“ Er sagt nicht: „Da will ich sein“, sondern: „Ich bin schon da.“

Jesus ist immer der Erste in der Gemeinschaft: „Er geht vor euch hin.“ Sein Herz ist mit den Seinen, Er hat Freude an ihnen, Er zögert nie, ihnen zu begegnen. In aller Gemeinschaft geht Er vor uns hin.

Aber Er offenbart sich denen, die nach Ihm kommen: „Da werdet ihr Ihn sehen.“ Freudiger Anblick! Uns liegt nichts daran, die größten der bloßen Menschen zu sehen, aber Ihn zu sehen, das heißt, voll Freuden und Frieden werden. Und wir wollen Ihn sehen, denn Er verheißt, zu denen zu kommen, welche an Ihn glauben, und sich ihnen zu offenbaren. Seid versichert, dass es so sein wird, denn Er tut alles nach seinem Wort der Verheißung: „Wie Er euch gesagt hat.“ Ergreift diese letzten Worte, und seid gewiss, dass bis ans Ende Er für euch tun wird, „wie Er euch gesagt hat“.

Markus 16,9

„Er erschien am ersten der Maria Magdalena.“

Der Herr Jesus „erschien am ersten der Maria Magdalena,“ wahrscheinlich nicht bloß um ihrer großen Liebe und ihres ernstlichen Suchens willen, sondern weil sie, nach der Andeutung der Heiligen Schrift, ein ganz besonderes Denkmal der erlösenden Macht Christi war. Daraus lerne, dass die Größe unserer Sündenschuld vor unserer Bekehrung uns nicht zu der Vorstellung drängen darf, als ob wir nicht mit der höchster Innigkeit Seines Umgangs könnten ganz besonders begnadigt werden. Sie gehörte zu denen, die Alles verlassen hatten, um beständig bei dem Herrn sein zu können. Er war ihr Erstes und Höchstes. Viele, die sich zu Christo hielten, nahmen Sein Kreuz nicht auf sich; sie aber tats. Sie gab all' ihr Vermögen hin, um Ihm zu dienen. Wenn wir Christum recht genießen wollen, so müssen wir Ihm dienen. Sagt mir, wer die sind, die am meisten unter dem Panier Seiner Liebe ruhen, und in vollsten Zügen aus dem Becher Seiner Gemeinschaft trinken? Ich weiß gewiss, dass es die sind, welche dem blutenden Herzen ihres teuren Herrn am meisten schenken, am besten dienen und am nächsten bleiben. Aber seht nun, wie sich Christus dieser Trauernden naht, mit dem einen Wort: „Maria.“ Es brauchte nur ein einziges Wort aus Seinem Munde, so erkannte sie Ihn augenblicklich, und ihr Herz antwortet gleichfalls mit einem einzigen Wort, denn ihr Herz war zu voll, um mehr hervorzubringen. Dies Wort war natürlich für diesen Augenblick das geeignetste; es drückt Gehorsam aus. Sie sprach: „Meister.“ Es gibt keinen Gemütszustand, in welchem dies Bekenntnis der Zugehörigkeit zu kalt wäre. Nein, wenn unser Geist am meisten vom himmlischen Feuer erglüht, müssen wir sagen: „Ich bin Dein Knecht, Du hast meine Bande zerrissen.“ Wenn du „Meister“ sagen kannst, wenn du fühlst, dass Sein Wille auch der deine ist, dann stehst du an heiliger, seliger Stätte. Erst muss Er „Maria“ zu dir gesprochen haben, sonst kannst du nicht „Rabbuni“ antworten. Aus dem Allen siehst du nun, wie Christus diejenigen ehrt, die Ihn ehren, wie die Liebe unsern Freund zu uns neigt, wie es nur eines Wortes von Ihm bedarf, um unser Weinen in Freude zu verwandeln, um unsere Herzen mit dem Sonnenschein Seiner Nähe zu beglücken. (Goldstrahlen Juli 15)

Markus 16,9

„Er erschien am ersten der Maria Magdalena, von welcher Er sieben Teufel ausgetrieben hatte.“

Maria von Magdala war die Beute einer furchtbaren Heimsuchung. Sie war besessen, nicht nur von einem einzigen Teufel, sondern von sieben. Diese entsetzlichen Inwohner verursachten dem armen Leibe, in welchem sie ihren Wohnsitz aufgeschlagen hatten, große Leiden und schreckliche Schmach. Ihr Zustand war hoffnungslos und unerträglich. Sie konnte sich nicht helfen, noch sich von irgend einer menschlichen Macht helfen lassen. Aber Jesus sprach das Allmachtswort aus, durch welches Maria Magdalena ein Siegesdenkmal der heilenden Kraft Jesu ward. Alle sieben böse Geister verließen sie, flohen von ihr, um nie wieder zurückzukehren, denn sie wurden ausgetrieben von dem Herrn aller Dinge. Welche selige Erlösung! Welche glückliche Veränderung! Vom Wahnsinnesschrei zum Wonnelied, von der Verzweiflung zum Frieden, von der Hölle zum Himmel! Alsogleich ward sie eine beständige Jüngerin und Nachfolgerin Jesu, achtete auf jedes Seiner Worte, folgte Ihm auf allen mühsamen Pfaden, nahm Teil an Seinem arbeitsvollen Leben, und vor allem ward sie Seine großherzige Gehilfin, zunächst mit jener Menge der von Ihm geheilten und mit Dank gegen Ihn erfüllten Frauen, die Ihm Handreichung taten von dem Ihren. Als Jesus ans Kreuz erhöht ward, teilte Maria auch Seine Schmach: erst folgte sie von ferne und nachher stellte sie sich mit unter Sein Kreuz. Sie konnte nicht mit Jesu am Kreuze sterben, aber sie blieb Ihm möglichst nahe, und als Sein lieber Leichnam herabgenommen ward, schaute sie zu, wie und wohin Er gelegt ward. Sie war voll treuen und wachsamen Glaubens, zuletzt an der Stätte, wo Jesus entschlief, zuerst am Grabe, wo Er auferstand. Ihre heilige Treue machte sie zu einer begnadigten Auferstehungszeugin ihres geliebten Rabbuni, der sie liebevoll bei ihrem Namen nannte, und sie zu Seiner Verkündigerin froher Botschaft an Petrus und Seine furchtsamen Jünger erkor. So fand die Gnade sie als Besessene, und machte sie zur hochbegnadigten Jüngerin, trieb die Teufel von ihr aus, und ließ sie Engel schauen, befreite sie vom Satan und vereinigte sich auf immer mit dem Herrn Jesu. Ach, dass ich doch auch solch ein Wunder der Gnade würde! (Goldstrahlen August 9)

Markus 16,16

„Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden.“

Der Reiseprediger Macdonald fragte die Bewohner der Insel St. Kilda, wie ein Mensch könnte selig werden. Ein alter Mann erwiderte: „Wir werden selig, wenn wir Buße tun und unsern Sünden absagen und zu Gott umkehren.“ „Ja,“ sprach eine Frau im mittlerem Alter, „und das mit aufrichtigem Herzen.“ „Freilich,“ fügte ein dritter hinzu, „durch das Gebet;“ „und,“ ergänzte ein vierter, „es muss das Gebet des Herzens sein.“ „Wir müssen überdies Fleiß tun,“ sprach ein fünfter, „die Gebote zu halten.“ Als so ein jeglicher seine Ansicht geäußert hatte, meinten sie alle, sie hätten ein sehr schönes Glaubensbekenntnis abgelegt, und sahen auf den Prediger und wollten seinen Beifall hören; aber sie hatten sein tiefstes Mitleid erregt. Der fleischliche Sinn sucht sich immer einen Weg zu bahnen, in welchem die Selbstsucht wachsen und wuchern kann, aber des Herrn Weg ist ganz der entgegengesetzte. Glauben und getauft werden sind nichts Verdienstliches, womit man sich rühmen könnte, sie sind etwas so Einfaches, dass alles Rühmen dabei ein Ende hat, und die freie Gnade allein die Palme erringt. Vielleicht bist du noch nicht selig, lieber Freund? Woran fehlt es? Meinst du vielleicht, der Heilsweg, wie er in unserer Schriftstelle gezeichnet ist, sei unsicher? Wie ist das möglich, wenn Gott sein eigenes Wort für seine Untrüglichkeit verpfändet hat? Meinst du, er sei zu leicht? Warum hältst du dich denn nicht daran? Weil er so leicht ist, haben diejenigen keine Entschuldigung, die ihn vernachlässigen. Glauben heißt: einfältig vertrauen, sich Christo hingeben und sich auf Ihn verlassen. Getauft werden heißt: sich dem Befehl unterziehen, den auch Christus am Jordan erfüllte, welchem sich die Bekehrten am Pfingstfeste unterwarfen, welchem der Kerkermeister Gehorsam leistete noch in derselben Nacht, da er bekehrt wurde. Das äußerliche Zeichen errettet nicht, aber es hält uns den Tod, das Begräbnis und die Auferstehung mit Christo vor und darf so wenig missachtet werden, als das Abendmahl des Herrn. Lieber Freund, glaubst du an den Herrn Jesum? Dann gib deiner Furcht den Abschied, du wirst selig. Bist du noch ungläubig, dann bedenke, dass es nur eine Tür gibt, und wenn du nicht willst dadurch eingehen, so wirst du umkommen in deinen Sünden.

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