Spurgeon, Charles Haddon - Johannesevangelium (Andachten)

Spurgeon, Charles Haddon - Johannesevangelium (Andachten)

Joh. 1, 14.

„Als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“

Gläubige Seele, du kannst Zeugnis geben, dass Christus der eingeborene Sohn vom Vater ist, wie auch der Erstgeborene von den Toten. Du kannst sagen: „Er ist in meinen Augen göttlich, und wenn Er sonst für alle Welt nur Mensch wäre. Er hat für mich vollbracht, was kein Anderer tun kann außer Gott. Er hat meinen unbeugsamen Willen gebrochen, mein diamantenhartes Herz geschmolzen, er hat eherne Tore gesprengt und eiserne Fesseln zerrissen. Er hat mein Weinen in Lachen verwandelt und meine stumme Verzweiflung in laute Freude; Er hat mein Gefängnis gefangen geführt und mein Herz erfüllet mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. Mögen Andere von Ihm denken, was sie wollen, mir ist Er der Eingeborene vom Vater, und muss es bleiben: Hochgelobt sei Sein Name. Und Er ist voller Gnade. Ach! wenn er nicht gewesen wäre, so wäre ich nie selig geworden. Er zog mich zu sich, wenn ich mich losringen wollte von Seiner Gnade; und als ich endlich ganz zitternd, wie ein verurteilter Verbrecher zu Seinem Gnadenstuhl kam, sprach Er: deine vielen und großen Sünden sind dir alle vergeben; sei getrost! - Und Er ist auch voller Wahrheit. Alle Seine Verheißungen sind Ja und Amen gewesen, und es hat auch nicht an Einem gefehlt. Ich bekenne, dass nie ein Knecht einen solchen Meister hatte, wie ich einen habe; nie hat ein Bruder einen solchen treuen Freund gehabt, wie Er sich gegen mich erzeigte; nie hat eine Braut einen so herrlichen Bräutigam gehabt, wie Christus es für meine Seele war; nie je ein Sünder einen gütigern Heiland, nie je ein Betrübter einen kräftigern Tröster, als Christus es meinem Geiste gewesen ist. Ich will nur Ihn, nur Ihn! Im Leben ist Er mein Leben und im Tode ist Er meines Todes Tod; in Armut ist Christus mein Reichtum; in Krankheit mein Ruhekissen; in Dunkelheit mein heller Stern und in der Herrlichkeit meine Sonne; Er ist das Manna im Lager der Wüste, und Er ist das neue Korn im Lande Kanaan. Der Herr Jesus ist mir ganz Gnade und sein Gericht ganz Wahrheit und kein Trug: von Gnade und Wahrheit ist Er erfüllt, ganz und gar erfüllt.“ Meine Seele, erhebe an diesem Abend aus aller Macht den eingeborenen Sohn. (Goldstrahlen Mai 10)

Joh. 1, 16.

„Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“

Diese Worte zeigen uns, dass in Christo eine Fülle ist. Eine Fülle wesentlicher Göttlichkeit, denn „in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ Eine Fülle vollkommener Menschlichkeit, denn in Ihm hat die Gottheit eine leibliche Gestalt angenommen, und hat sich geoffenbart. Es ist eine Fülle versöhnender Kraft in seinem Blut, denn „das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ Es ist eine Fülle rechtfertigender Gerechtigkeit in seinem Leben, denn „so ist nun keine Verdammung an denen, die in Christo Jesu sind.“ Es ist eine Fülle göttlicher Macht in seinem Leben, denn „Er kann selig machen immerdar, die durch Ihn zu Gott kommen, und lebt immerdar und bittet für sie.“ Es ist eine Fülle des Triumphes in seinem Tode, denn „durch den Tod nahm Er die Macht dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist dem Teufel.“ Es ist eine Fülle der Wirkung in seiner Auferstehung von den Toten, denn durch dieselbe „hat Er uns wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung.“ Es ist eine Fülle von Siegesherrlichkeit in seiner Himmelfahrt, denn „Er ist aufgefahren in die Höhe, und hat das Gefängnis gefangen geführt, und hat den Menschen Gaben gegeben.“ Ja, hier ist eine Fülle alles Segens! eine Fülle von Gnade der Vergebung, von Gnade der Wiedergeburt, von Gnade der Heiligung, von Gnade der Bewahrung, von Gnade der Vollendung. Es ist eine Fülle zu aller und jeder Zeit; eine Fülle des Trostes in Trübsal; eine Fülle der Gnadenführung im Glück; eine Fülle aller göttlichen Kräfte, Weisheit, Macht und Liebe; eine unübersehbare, eine unerschöpfliche Fülle. „Es ist des Vaters Wohlgefallen gewesen, dass in Ihm alle Fülle wohnen sollte.“ O, welch eine Fülle muss das sein, aus welcher alle schöpfen! Wahrlich, das muss eine Fülle sein, wo der Strom immer fließt, wo die Quelle immer sprudelt, so frisch, so reich, so voll als je. Komm, gläubige Seele, und erfülle hier all dein Verlangen; bitte Großes, so wirst du Großes empfangen; bitte viel, denn seine „Fülle“ ist unerschöpflich und ist aufgehäuft an dem Ort, wo jeder Bedürftige sich‘s nehmen kann: in Jesu, Immanuel, Gott mit uns.

„Was ich nur will, das bist Du mir;
Ach, lass mein Herze für und für
Von Deiner Liebe brennen!“

Joh. 1,41.

„Derselbe findet am ersten seinen Bruder Simon.“

Die vorliegende Erzählung liefert uns ein vorzügliches Beispiel davon, wie sich je und je das geistliche Leben äußert, wenn es gesund und kräftig ist. Sobald ein Mensch Christum gefunden hat, fängt er an, auch Andere zu finden. Ich will nie glauben, dass du von dem Honigseim des Evangeliums gekostet hast, wenn du ihn für dich allein essen kannst. Wahre Gnade macht aller geistlichen Selbstsucht ein Ende. Andreas fand am ersten seinen Bruder Simon, und danach Andere. Verwandte haben vor Andern einen gerechten Anspruch darauf, dass wir ihnen unsere Kräfte widmen. Andreas, du hast wohlgetan, dass du mit Simon angefangen hast! Ich weiß nicht, obs nicht manche Christen gibt, die in anderer Leute Häusern christliche Schriften verteilen, während es besser angelegt wäre, wenn sie dem eigenen Hause ihre Aufmerksamkeit zuwendeten; oder Andere sind bei Werken der äußern Mission tätig, und vernachlässigen darob den näheren Beruf der Wirksamkeit im Kreise der Ihrigen. Ob du berufen seiest oder nicht, unter den Leuten eine besonderen Bezirkes das Evangelium zu bezeugen, so bist du jedenfalls berufen, nach deinem eigenen Gesinde, nach deiner Freundschaft und Verwandtschaft zu sehen. Beginne mit deinem Christentum daheim. Manche Handelsleute bringen ihr Bestes auf den Markt, so soll der Christ nicht handeln. All sein Wirken und Reden sei jederzeit gewürzt; aber er sorge, dass die süßesten Früchte des geistlichen Lebens und Zeugnisses seiner Familie zu Gute kommen. Als Andreas seinen Bruder fand, konnte er keine Ahnung haben, welch ein Werkzeug sein Bruder einst werden sollte. Simon Petrus übertraf den Andreas an Tüchtigkeit, soweit wir dies aus der Heiligen Geschichte entnehmen können; und dennoch wurde Andreas das Mittel, dass er zu Jesu kam. Es mag dir wohl an Gaben mangeln, und dennoch kann durch dich Einer zu Christo gezogen werden, der durch Begnadigung und Verdienst weit hervorragt. Ach, lieber Freund, du weißt so wenig von dem, was durch dich kann möglich werden. Du sprichst vielleicht ein einziges Wort zu einem Kinde, aber es schlummert in ihm ein edles Herz, das in künftigen Zeiten der Gemeine Gottes hell vorleuchtet. Dem Andreas waren nur zwei Centner verliehen, aber er fand Petrum. Gehe hin und tue desgleichen. (Goldstrahlen Februar 19)

Joh. 1,50

Du wirst noch Grösseres, denn dies sehen.

Dies ist zu einem kindlich Gläubigen gesprochen, der bereit war, auf einen überzeugenden Beweisgrund hin Jesum als den Sohn Gottes, den König Israels, anzunehmen. Die, welche willig sind, zu sehen, sollen sehen; nur weil wir unsre Augen verschließen, werden wir so traurig blind.

Wir haben schon viel gesehen. Große und unerforschliche Dinge hat der Herr uns gezeigt, wofür wir seinen Namen preisen; aber es sind noch größere Wahrheiten in seinem Worte, größere Tiefen der Erfahrung, größere Höhen der Gemeinschaft, größere Werke im Dienste Gottes, größere Enthüllungen der Macht und der Liebe und der Weisheit. Diese sollen wir noch sehen, wenn wir willig sind, unsrem Herrn zu glauben. Die Fähigkeit, falsche Lehre zu erfinden, ist verderblich, aber das Vermögen, die Wahrheit zu sehen, ist ein Segen. Der Himmel soll uns geöffnet, der Weg dahin soll uns in dem Menschensohn frei gemacht werden, und den Engelverkehr, der zwischen dem oberen und dem unteren Reiche stattfindet, sollen wir klarer wahrnehmen. Lasst uns die Augen für geistliche Dinge offenhalten und erwarten, immer mehr zu sehen! Lasst uns glauben, dass unser Leben nicht in Nichts zusammenschrumpfen wird, sondern dass wir immer mehr wachsen und Größeres und noch Größeres sehen werden, bis wir den großen Gott selber schauen und Er niemals wieder unsren Blicken sich entziehen wird.

Joh. 1,51

Und spricht zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch, von nun an werdet ihr den Himmel offen sehen, und die Engel Gottes hinauf und herab fahren auf des Menschen Sohn.

Ja, für unsren Glauben ist dieser Anblick selbst heute ein deutlicher. Wir sehen den Himmel offen. Jesus hat das Himmelreich allen Gläubigen aufgetan. Wir schauen in den Ort des Geheimnisses und der Herrlichkeit hinein, denn Er hat ihn uns enthüllt. Wir sollen bald hineinkommen, denn Er ist der Weg.

Nun sehen wir die Erklärung der Jakobsleiter. Zwischen Himmel und Erde ist ein heiliger Verkehr; das Gebet steigt hinauf, und die Antwort kommt hernieder durch Jesum, den Mittler. Wir sehen diese Leiter, wenn wir unsren Herrn sehen. Er gleicht einer lichten Treppe, die uns freien Zugang zum Throne des Höchsten gibt. Lasst uns diese benutzen und die Boten unserer Gebete darauf empor senden. Wir werden selber das Leben der Engel leben, wenn wir in Fürbitte hinauf zum Himmel eilen, die Segnungen des Bundes ergreifen, und dann wieder herabkommen, um diese Gaben unter den Menschenkindern auszuteilen.

Diesen köstlichen Anblick, den Jakob nur im Traume hatte, wollen wir in leuchtende Wirklichkeit verwandeln. Heute noch wollen wir jede Stunde die Leiter auf- und absteigen; hinaufklimmen in Gemeinschaft mit Gott, und herabkommen in Arbeit, um unsre Mitmenschen zu erretten. Dies ist Deine Verheißung, o Herr Jesus, lass uns sie fröhlich erfüllt sehen.

Joh. 3, 7.

„Ihr müsst von neuem geboren werden.“

Wiedergeburt; das ist eine Sache, die mit zu den Grundlagen des Heils gehört; und wir sollten eifrig sorgen, dass wir wirklich und wahrhaftig von neuem geboren“ werden; denn es gibt viele, die sich einbilden, sie seien wiedergeboren, die‘s doch nicht sind. Lasst‘s euch nur gesagt sein, dass der Name eines Christen noch lange nicht das Wesen des wahren Christen ausmacht; und dass es nicht den geringsten Wert hat, in einem christlichen Lande von christlichen Eltern geboren zu sein und für einen Bekenner des christlichen Glaubens angesehen zu werden, wenn nicht noch etwas mehr hinzukommt, nämlich die „neue Geburt“ durch die Kraft des Heiligen Geistes. „Von neuem geboren werden“ ist etwas so Geheimnisvolles, dass menschliche Worte es nicht zu beschreiben vermögen. „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht, von wannen er kommt und wohin er fährt. Also ist ein jeglicher, der aus dem Geist geboren ist.“ Nichtsdestoweniger ist es eine Veränderung, welche erkannt und gefühlt wird: erkannt an den Werken der Heiligung und gefühlt durch die innere Gnadenerfahrung. Dies große Werk ist von übernatürlicher Art. Es ist keine Wirkung, die ein Mensch auf sich selbst und aus sich selbst ausübt: eine neue, von oben stammende Tätigkeit macht sich im Menschen geltend und arbeitet an seiner Seele, erneuert das Herz und bewegt den ganzen Menschen. Es ist nicht eine Veränderung meines Namens, sondern eine Erneuerung meines Wesens, so dass ich nicht mehr derselbe Mensch bin, der ich sonst war, sondern ein neuer Mensch in Christo Jesu. Einen Leichnam waschen und einkleiden ist ganz etwas andres, als ihn lebendig machen; jenes kann der Mensch tun, dies allein Gott. Bist du also „von neuem geboren“, so lautet dein Bekenntnis: „O Herr Jesus, Du Ewig-Vater, Du hast mich neu geboren; wenn nicht Dein Geist mir eingehaucht hätte den Odem eines neuen, heiligen und geistlichen Lebens, so wäre ich bis zu dieser Stunde „tot“ geblieben „durch Übertretung und Sünden“. Mein himmlisches Leben stammt allein von Dir, Dir verdanke ich es. „Mein Leben ist verborgen mit Christo in Gott“. So lebe nun nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir.“ Möge uns Gott zur festen Gewissheit in diesem Stücke verhelfen; denn unwiedergeboren sein, heißt unerlöst, unversöhnt sein, ohne Gott und ohne Hoffnung.

Joh. 3,13.

„Des Menschen Sohn.“

Wie bediente sich unser Herr und Meister doch so beharrlich des Namens: „Des Menschen Sohn!“ Wenn es Ihm gefallen hätte, Er hätte sich stets nennen können als Sohn Gottes, Ewig-Vater, Wunderbar, Rat, Friede-Fürst: aber siehe, wie demütig und herablassend ist doch der Herr Jesus! Er zieht es vor, sich des Menschen Sohn zu nennen. Wir wollen hieraus von unserm Heiland Demut lernen; streben wir nicht nach hohen Titeln und rühmlichen Auszeichnungen. Aber es knüpft sich hieran noch ein weit lieblicherer Gedanke. Der Herr Jesus liebte die Menschheit so sehe, dass es Ihm eine süße Freude war, sie zu ehren; und weil es eine hohe Ehre ist, und in der Tat die allergrößte Würde der Menschheit, dass Jesus des Menschen Sohn geworden ist, so pflegt er sich dieses Namens zu bedienen, um gleichsam die Brust der Menschheit mit Sternen und königlichen Ehrenzeichen zu schmücken, und die Liebe Gottes zum Samen Abrahams zu offenbaren. Des Menschen Sohn: wo er nur immer dies Wort gebrauchte, legte sichs gleichsam wie eine Strahlenkrone um das Haupt der Kinder Adams. Und doch tritt uns hier vielleicht noch ein köstlicherer Gedanke entgegen. Jesus Christus nannte sich des Menschen Sohn, um Seine Zusammengehörigkeit mit Seinem Volk und Seine Teilnahme an demselben zu bezeugen. Und dadurch erinnert Er uns daran, dass wir uns Ihm ohne Furcht nahen dürfen. Weil Er Mensch ist, dürfen wir mit all' unsern Sorgen und Kümmernissen zu Ihm kommen, denn Er kennt sie aus eigener Erfahrung; darum, dass Er selbst gelitten hat als „des Menschen Sohn,“ kann uns auch helfen und trösten. Heil Dir, hochgelobter Herr Jesu! Weil Du allezeit den süßen Namen gebrauchst, der bezeugt, dass Du unser Bruder und Verwandter bist, so ist es für uns ein teures Zeichen Deiner Gnade, Deiner Freundlichkeit und Leutseligkeit, Deiner Liebe.

„Du kamst zu uns, ein Mensch wie wir,
Und gabest durch den Engel Dir
Bevor Du wurdest geboren, schon
Den Namen: Jesus! Menschensohn!
Herr, dieses Namens Süßigkeit
Macht mir die ganze Seele weit;
Auf Erden und im Himmel ist
Für mich so süß nichts, wie Du bist.“

(Goldstrahlen März 25)

Joh. 3,16

Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben

Von allen Sternen am Himmel ist der Polarstern dem Seemann der nützlichste. Dieser Spruch ist ein Polarstern, denn er hat mehr Seelen zum Heil geführt, als irgend ein andres Schriftwort. Er ist unter den Verheißungen, was der Große Bär unter den Sternbildern ist.

Mehrere Worte darin leuchten mit einem eigentümlichen Glanz. Hier haben wir Gottes Liebe mit einem Also dabei, das ihre unermessliche Liebe anzeigt. Dann haben wir Gottes Gabe in all ihrer freien Zugänglichkeit und Größe. Ferner auch Gottes Sohn, jene einzigartige und unschätzbare Gabe einer Liebe, die sich nie völlig zeigen konnte, bis des Himmels Eingeborner gesandt ward, um für die Menschen zu leben und zu sterben. Diese drei Punkte sind voller Licht.

Dann ist hier die einfache Forderung des Glaubens, die gnädig auf einen Heilsweg deutet, der für schuldige Menschen passend ist. Diese ist verbunden mit einer umfassenden Bezeichnung - „alle, die an Ihn glauben.“ Viele haben in diesem „alle“ Raum gefunden, die sich durch ein engeres Wort ausgeschlossen gefühlt hätten. Darauf kommt die große Verheißung, dass die, welche an Jesum glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben sollen. Wir glauben an den Herrn Jesum und wir haben das ewige Leben.

Joh. 4, 14.

„Wer aber das Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten.“

Wer an den Herrn Jesus gläubig geworden ist, findet in Ihm alle Genüge für die Gegenwart und Freude die Fülle für alle Ewigkeit. Der Gläubige ist nicht ein Mensch, dessen Tage trübselig sind, weil‘s ihm an Trost mangelt, und dessen Nächte kein Ende nehmen, weil ihnen jeder herzerquickende Gedanke fehlt; denn er findet in seinem Heiland einen solchen Born der Freude, einen solchen Quell des Trostes, dass er stets zufrieden und glücklich ist. Stellt ihr ihn mitten in den verachteten Kehrichtaufen, so trifft er daselbst einen edlen Genossen; treibt ihr ihn hinaus in die öde Wüste, so isst er himmlisches Manna; vertreibt ihr ihn von seiner Freundschaft und aus seinem Hause, so findet er dennoch „einen treuen Freund, der mehr liebt und fester beistehet, denn ein Bruder.“ Lasset alle seine Kürbisse verwelken, so gewährt ihm der Fels der Zeiten schützenden Schatten; untergrabt den Grund aller seiner irdischen Hoffnungen, dennoch bleibt sein Herz unerschüttert, im Vertrauen auf den Herrn. Das Herz ist ein unersättliches Grab, bis der Herr Jesus darin einzieht, und dann wird es zu einem überströmenden Becher. Es ist eine solche Fülle in Christo, dass Er allein des Gläubigen Ein und Alles ist. Der wahrhaft heilig Gesinnte ist so völlig befriedigt von der Allgenugsamkeit Jesu, dass er nimmermehr dürstet, es sei denn allein nach tiefern Zügen aus dem lebendigen Brunnen. Auf solche liebliche Art, teure Seele, sollst du dürsten; es soll kein Durst der Ermattung sein, sondern ein Durst der Liebes-Sehnsucht; es wird dir als etwas Köstliches erscheinen, zu seufzen nach einem volleren Genuss der Liebe zu Jesu. Es hat einmal einer gesagt: „Ich habe oft und viel meinen Eimer im Brunnen gefüllt, nun aber ist mein Durst nach Jesu so unersättlich geworden, dass ich den Brunnen selber an meine Lippen setzen, und nach Herzenslust ohne Aufhören trinken möchte.“ Ist dies jetzt deines Herzens Empfindung, mein lieber gläubiger Christ? Fühlst du, dass all dein Sehnen gestillt wird in Jesu, und dass du jetzt kein andres Verlangen hast, als mehr von Ihm zu erfahren, und innigere Gemeinschaft mit Ihm zu pflegen? Dann komm unaufhörlich zu diesem Brunnen und nimm das Wasser des Lebens umsonst. Jesus wird nie denken, du nehmest zu viel, sondern Er wird dich jederzeit willkommen heißen und sagen: „Trinke, ja, trinke nur immer zu, mein Geliebter und mein Freund.“

Joh. 4, 48.

„Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubet ihr nicht.“

Wundersucht war ein Zeichen des krankhaften Zustandes der menschlichen Gemüter in den Tagen unsers Herrn und Heilandes; die Menschen verschmähten gesunde Speise und waren nur auf Wunder erpicht. Nach dem Evangelium, das sie doch so sehr nötig hatten, trugen sie kein Verlangen; sie verlangten dringend nach Wundern, welche der Herr Jesus nicht immer für gut fand zu verrichten. Viele Menschen in unsern Tagen müssen auch immer Zeichen und Wunder sehen, sonst wollen sie nicht glauben. Etliche haben in ihrem Herzen gesagt: „Ich muss einen tiefen Abscheu vor mir selber empfinden, sonst kann ich nicht an den Herrn Jesum glauben.“ Aber was tut‘s, ob ihr ein solches Gefühl nie erlebt, wie es auch schwerlich geschehen wird? Wollt ihr deshalb Gott zum Trotz in die Hölle fahren, weil Er euch anders behandelt als andre? Es hat einer bei sich selbst gedacht: „Ja, wenn ich einen Traum hätte, oder wenn ich plötzlich einen unerwarteten und außerordentlichen Antrieb in mir fühlte, dann wollte ich glauben.“ So, wähnt ihr unwürdigen Sterblichen, ließe sich mein Herr von euch befehlen? Ihr seid Bettler vor seiner Tür und fleht um Gnade, und ihr habt noch nötig, Vorschriften und Befehle zu erteilen, in welcher Weise Er euch solcher Gnade teilhaftig machen soll? Meinet ihr, Er werde euch hierin zu Willen sein? Mein Meister hat ein freigebiges Gemüt, aber Er hat einen erhabenen, königlichen Geist, Er duldet keine Vorschrift und tut unumschränkt, wie es Ihm wohlgefällt. Sieh, teure Seele, kommt so etwas auch bei dir vor, bist du auch erpicht auf Wunder und Zeichen? Ist denn nicht ein Wunder über alle Wunder: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben?“ Gewiss sind das köstliche Worte: „Wen dürstet, der komme, und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst;“ und die feierliche Verheißung: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen,“ ist weit besser als alle Zeichen und Wunder! Einem wahrhaftigen Heiland sollte man doch glauben. Er ist die Wahrheit selber. Was verlangt ihr denn noch Beweise von der Untrüglichkeit des Wahrhaftigen, der nicht lügen kann?

Joh. 5, 8.

„Jesus spricht zu ihm: Stehe auf, nimm dein Bett und gehe hin.“

Gleich vielen Andern hatte der achtunddreißigjährige Kranke auf ein Wunder gewartet, das geschehen sollte auf ein Zeichen, das sich ereignen würde. Umsonst harrte er am Teiche; kein Engel kam, oder wenn er kam, so wars nicht für ihn; dennoch wartete er geduldig, denn er meinte, er hätte keine andere Hoffnung mehr, und wusste nicht, dass ihm Einer nahe war, dessen Wort ihn in einem einzigen Augenblick heilen konnte. Viele befinden sich in gleichem Falle; sie warten auf eine besondere Bewegung, auf einen ungewöhnlichen Eindruck, oder auf eine himmlische Erscheinung; sie warten vergebens und warten umsonst. Angenommen auch, dass in besonderen Fällen auffallende Zeichen sich ereignen, so sind diese doch selten, und Niemand hat ein Recht, etwas Ähnliches für sich zu erwarten; besonders Keiner, der seine Ohnmacht fühlt, sich dem bewegten Wasser anzuvertrauen, auch wenn eine solche Bewegung einträte. Es ist eine traurige Tatsache, dass viele Tausende auf den Gebrauch von Heilmitteln, religiösen Übungen, Gelübden und Vorsätzen vertrauen, und so undenkliche Zeit gewartet haben umsonst, ganz umsonst. Unterdessen vergessen diese armen Seelen den Heiland an ihrer Seite, der sie heißt zu Ihm aufblicken und die Errettung empfangen. Er hätte sie auf einmal Heilen können, aber sie wollen lieber auf einen Engel und auf ein Wunderzeichen warten. Ihm vertrauen, das ist der sichere Weg zu jedem Segen und Er ist des allergrößten Vertrauens wert; aber im Unglauben ziehen sie die kalten feuchten Hallen am Teich Bethesda dem warmen Busen Seiner Liebe vor. Ach, dass doch der Herr Sein Auge den großen Scharen zuwendete, die auch diesen Abend im gleichen Falle sind; Er wolle ihnen die Geringschätzung verzeihen, mit der sie auf Seine Allmacht blicken, und ihnen mit Seiner liebevoll dringenden Stimme zurufen, dass sie sich erheben vom Lager ihrer Verzweiflung, und in der Kraft des Glaubens ihr Bette nehmen und gehen. O Herr, erhöre in dieser stillen Abendstunde unser Gebet für sie Alle, und gib, dass sie vor dem Anbruch eines neuen Tages sehen und leben. Lieber Christ, findest du hier nichts für dich?

„ Jesus Christ soll allein
Meiner Seele Zuflucht sein.“

(Goldstrahlen Mai 7)

Joh. 5, 13.

„Der aber gesund geworden war, wusste nicht, wer Er war.“

Die Jahre verfließen dem Glücklichen und Gesunden schnell; aber ein achtunddreißig Jahre langes Leiden muss in dem Leben des armen gichtbrüchigen Menschen einen langen, schweren Abschnitt gebildet haben. Wie ihn daher der Herr Jesus mit einem einzigen Worte heilte, als er in der Halle am Teich Bethesda lag, da war er fast außer sich vor Freude und Dankbarkeit für eine solche Veränderung. So ergeht‘s auch dem Sünder, der wochen- und monatelang von Verzweiflung niedergebeugt war und sich müde geseufzt und gesehnt hatte nach Erlösung; er wird die Veränderung gar wohl inne, wenn der Herr Jesus das Allmachtswort spricht und ihm Frieden und Freude schenkt im Glauben. Das Übel, das geheilt wird, ist zu groß, als dass seine Beseitigung sich nicht sogleich müsste bemerklich machen; das neuempfangene Leben ist zu wichtig, als dass es könnte spurlos und wirkungslos in einem Menschen wohnen; die bewirkte Umwandlung ist zu merkwürdig, als dass sie nicht in die Augen fallen müsste. Und dennoch wusste der arme Mensch nicht, wer der Urheber seiner Heilung war; er wusste nichts von der Heiligkeit seiner Person, nichts von den Werken der Liebe und des erlösenden Erbarmens, denen Er alle Zeit und Kraft widmete, nichts von seiner göttlichen Sendung unter die Menschenkinder. Es kann in den Herzen solcher, die die Macht des Blutes Jesus an sich erfahren haben, noch gar viel Unwissenheit über die Person des Heilandes vorhanden sein. Wir dürfen die Menschen ob solcher Unkenntnis nicht rasch verurteilen; sondern wo wir etwas vom seligmachenden Glauben sehen, da müssen wir auch annehmen, dass der Glaube die Erlösung gewirkt habe. Der Heilige Geist wirkt in dem Menschen Reue schon lange, bevor Er sie in einen göttlichen Wandel führt; und wer da glaubt, was er erkennt, wird bald auch klarer erkennen, was er glaubt. Dennoch ist Unwissenheit vom Übel; denn dieser arme Mensch wurde von den Pharisäern sehr in die Enge getrieben. Doch bald folgte auf die Heilung der Krankheit auch die Heilung der Unwissenheit, denn der Herr Jesus besuchte ihn im Tempel; und nach dieser gnädigen Offenbarung hörte man ihn offen bezeugen: „Es sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe.“ Herr, wenn Du mich selig gemacht hast, so mache Dich mir offenbar, auf dass ich Dich verkündigen möge den Menschenkindern!

Joh. 5, 39.

„Suchet in der Schrift.“

Jesus Christus ist das A und das O, der Anfang und das Ende der Heiligen Schrift. Er ist der immer wiederkehrende Gegenstand ihrer heiligen Blätter; von der ersten bis zur letzten Seite zeugt sie von Ihm. Bei der Schöpfungsgeschichte begegnen wir Ihm sogleich als einer der heiligen Personen der Dreieinigkeit; wir sehen einen Strahl von Ihm in der Verheißung des Weibessamens; wir sehen Sein Vorbild in der Arche Noah; wir wandeln mit Abraham, wenn er den Tag der Messias erblickt; wir wohnen in den Hütten Isaaks und Jakobs und sättigen uns an der gnädigen Verheißung; wir hören den ehrwürdigen Israel von Ihm reden; und in den vielen Vorbildern des Gesetzes finden wir den Erlöser reichlich und mannigfaltig abgeschattet. Propheten und Könige, Priester und Prediger, alle sehen nach einem Punkt, sie alle wenden wie die Cherubim ihren Blick dem Gnadenstuhl zu und wünschen hineinzuschauen, und das Geheimnis von der großen Versöhnung Gottes zu lesen. Aber noch weit mehr tritt uns im Neuen Testament unser Herr als der Hauptgegenstand vor die Augen. Hier findet ihr nicht da und dort ein Stückchen edles Metall, oder stellenweise dünne Vergoldung, sondern hier steht ihr auf einem Boden von dichtem Golde; denn der ganze Inhalt des Neuen Testaments ist der gekreuzigte Jesus, und selbst der letzte herrliche Schlusssatz ist mit dem Kleinod des Jesusnamens geschmückt. Wir sollten die Heilige Schrift immer in diesem Sinne lesen; wir sollten das Wort betrachten als einen Spiegel, in welchen Christus vom Himmel herab blickt; und dann sehen wir Sein Antlitz aus diesem Spiegel zurückgestrahlt in unser betrachtendes Auge; dunkel zwar, aber doch noch deutlich genug, um uns damit vorzubereiten auf das selige Schauen von Angesicht zu Angesicht. Dieser zweite Teil der Heiligen Schrift enthält die Worte Jesu Christi an uns, die von Seiner Liebe durchduftet sind. Diese Seiten sind die Kleider unseres Königs, und ihr Geruch ist wie der Geruch von Myrrhen, Aloe und Kezia. Das Wort Gottes ist die königliche Sänfte, in welcher Jesus getragen wird, ihr Boden mitten inne ist lieblich gepflastert, um der Töchter willen zu Jerusalem. Die Heilige Schrift ist das Wickelband des heiligen Kindes Jesus; löse es auf, so findest du deinen Heiland. (Goldstrahlen Juni 10)

Joh. 5, 39

„Sie ist es, die von mir zeuget.“

Das griechische Wort, das hier durch suchen„ wiedergegeben ist, bezeichnet ein aufmerksames, eifriges, begieriges, angestrengtes Suchen, wie wenn Menschen Gold suchen, oder Jäger dem Wild nachspüren. Wir dürfen uns nicht damit begnügen, dass wir ein oder mehrere Kapitel mit flüchtiger Aufmerksamkeit durchlesen, sondern wir müssen mit dem Leuchter des Heiligen Geistes den verborgenen Sinn des Wortes mit allem Fleiß erforschen. Die Heilige Schrift will erforscht sein; Vieles in derselben lernt man nur durch sorgfältige Betrachtung verstehen. Sie enthält Milch für die jetzt geborenen Kindlein, aber auch starke Speise für die Vollkommenen. Die jüdischen Schriftgelehrten sagen, dass jedes Wort, ja jeder Buchstabe einen Berg von Inhalt berge. Der Kirchenvater Tertullian ruft aus: „Ich erstaune über die Fülle des Inhaltes der Schrift!“ Niemand, der im Buch der Bücher bloß blättert, kann daraus Belehrung empfangen: wir müssen graben und bohren, bis wir die verborgenen Schätze finden. Die Türe des Worts öffnet sich nur dem Schlüssel des Fleißes. Die Heiligen Schriften verlangen ein ernstes Forschen. Sie sind die Schriften Gottes und tragen das göttliche Siegel der Echtheit, wer darf sie mit Geringschätzung behandeln? Wer sie verachtet, verachtet Gott, der sie geschrieben hat. Gott verhüte, dass Einer von uns sich von dem teuren göttlichen Wort abwende und es gegen sich Zeugnis ablegen lasse am großen Tag der Rechenschaft. über das Wort Gottes belohnt ein fleißiges Suchen. Gott heißt uns nicht einen Berg von Spreu sichten, um hie und da ein Körnchen Weizen darin zu finden, sondern die Heilige Schrift ist geworfeltes Korn; wir brauchen nur die Vorratskammer aufzutun, so finden wir es. Die Heilige Schrift wächst unter der Betrachtung. Sie ist voll Überraschungen. Unter des Heiligen Geistes Belehrung leuchtet sie dem suchenden Auge mit dem Glanz der Offenbarung entgegen, wie ein weiter Tempel, der mit gewirktem Golde bekleidet, mit Rubinen, Smaragden und allerlei Edelsteinen geschmückt ist. Keine Kaufmannsgüter gleichen an Wert der Schriftwahrheit. Endlich offenbart uns die Schrift den Heiland. „Sie ists, die von Mir zeuget.“ Wer Jesum findet, findet das Leben, den Himmel, Alles. Selig, wer in der Schrift den Heiland findet! (Goldstrahlen Juni 9)

Joh. 6,37

Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.

Gibt es ein Beispiel davon, dass unser Herr einen Kommenden weggestoßen hat? Wenn es ein solches gibt, so möchten wir es wissen; aber es hat keins gegeben, und es wird nie eins gebe. Unter den verlornen Seelen in der Hölle ist keine, die sagen kann: „Ich ging zu Jesus, und Er wies mich ab.“ Es ist nicht möglich, dass du oder ich der erste sein könnte, dem Jesus sein Wort bräche. Lasst uns keinen so dunklen Verdacht hegen.

Gesetzt, wir gingen jetzt zu Jesu in betreff der heutigen Übel. Dessen können wir gewiss sein - Er wird uns nicht das Gehör verweigern und wird uns nicht hinausstoßen. Diejenigen von uns, die oft dagewesen, und die, welche noch nie dahin gegangen - lasst uns zusammen gehen und wir werden sehen, dass Er die Tür seiner Gnade vor keinem von uns verschließen wird.

„Dieser nimmt die Sünder an,“ aber Er weist keinen ab. Wir kommen in Schwachheit und Sünde zu Ihm, mit zitterndem Glauben und wenig Kenntnis und geringer Hoffnung; aber Er stößt uns nicht hinaus. Wir kommen im Gebet, und dies Gebet ein gebrochenes; mit Bekenntnis, und dies Bekenntnis fehlerhaft; mit Lob, und dies Lob viel zu gering für Sein Verdienst; aber dennoch nimmt Er uns an. Wir kommen krank, unrein, schwach und wertlos; aber Er verstößt uns in keinerlei Weise. Lasst uns heute wiederum kommen zu Ihm, der uns niemals hinausstößt.

Joh. 6,37.

„Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir.“

Dieser Ausspruch schließt die Lehre von der Gnadenwahl ein: Es sind Etliche, die der Vater Christo gegeben hat. Er enthält auch die Lehre von der kräftigen Wirkung der göttlichen Berufung: Wer Christo gegeben ist, kommt zu Ihm; wie sehr sie auch wider den Stachel löcken mögen, so werden sie dennoch aus der Finsternis zu Gottes wunderbarem Licht gebracht. Er lehrt uns die unerlässliche Nothwendigkeit des Glaubens; denn auch die, welche Christo gegeben sind, werden nicht anders selig, als dadurch, dass sie zu Jesu kommen.

Ach! welch eine Macht und Majestät liegt in den Worten: „Das kommt zu Mir.“ Der Herr sagt nicht, sie hätten Macht zu kommen, noch sie könnten kommen, wenn es ihnen so gefalle, sondern einfach und bestimmt: „das kommt zu Mir.“ Der Herr Jesus nötigt durch Seine Botschafter, Sein heiliges Wort und Seinen Heiligen Geist die Menschen freundlich und gnädig, hereinzukommen und das hochzeitliche Mahl mit Ihm zu halten; und das bewirkt Er, ohne dem freien Entschluss des Menschen irgend Gewalt anzutun, allein durch die unwiderstehliche Macht Seiner Gnade. Ich kann über eines Andern Willen einen mächtigen Einfluss ausüben, und doch kann dabei des Andern Wille sich vollkommen frei entschließen, weil der Einfluss den Gesetzen des menschlichen Gemüts entsprechend ausgeübt wird. Jehova Jesus weiß, wie unwiderstehliche Beweisgründe, die der Vernunft entgegengehalten werden, wie mächtige Vorstellungen, die auf unsere Gemütsstimmung einwirken, und vor allem wie der geheimnisvolle Einfluss Seines Heiligen Geistes, der alle Kräfte und Fähigkeiten unserer Seele in Tätigkeit setzt, den ganzen Menschen in den Gehorsam gefangen nehmen, so dass er, der einst widerspenstig war, sich Seiner Leitung nun willig hingibt, getrieben von der unumschränkten Macht der Liebe. Woran aber sollen wir die Auserwählten Gottes erkennen? Daran, dass sie willig und freudig den Herrn Jesum Christum annehmen, und mit einfältigem und aufrichtigem Glauben zu Ihm kommen und sich ganz allein an Ihn anklammern, als an ihr Heil und ihr Verlangen. Liebe Seele, bist auch du mit dieser Gesinnung zu Jesu gekommen? (Goldstrahlen Juli 29)

Joh. 6,37.

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“

Es ist der Gültigkeitsdauer dieser Verheißung keine Grenze gesetzt. Es heißt nicht etwa bloß: „Ich will einen Sünder, der das erste Mal zu Mir kommt, nicht hinausstoßen,“ sondern fest und bestimmt: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Im Urtext heißt es: „Den werde ich nicht, gar nicht hinausstoßen“ oder: „den werde Ich nie, nie hinausstoßen.“ Die Stelle will sagen, dass Christus einen Gläubigen das erste Mal nicht hinausstößt, und wie Ers das erste Mal nicht tut, so will Ers bis zuletzt nicht tun.

Wenn aber der Gläubige wieder sündigt, nachdem er gekommen ist, wie dann? „Und ob jemand sündiget, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesum Christum, der gerecht ist.“ Aber denkt einmal, ein Gläubiger weiche wieder ab? „So will ich ihr Abtreten wieder heilen, gerne will ich sie lieben; dann soll Mein Zorn sich ihnen wenden.“ Aber die Gläubigen können der Versuchung unterliegen? „Gott ist getreu, der euch nicht lässt versuchen über euer Vermögen, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende gewinne, dass ihrs könnet ertragen.“ Aber der Gläubige kann in Sünden fallen, wie einst David? „Wohl, aber Er entsündiget mich mit Ysop, dass ich rein werde; Er wäscht mich, dass ich schneeweiß werde;“ „Ich will sie reinigen von aller Missetat.“

„Gott Lob, dass Dein unschätzbar Blut
An unsern Seelen Wunder tut.“

„Ich gebe Meinen Schafen,“ spricht Er, „das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und Niemand wird sie Mir aus Meiner Hand reißen.“ Was sprichst du hierzu, mein armes, schwaches, zitterndes Gemüt? Ist das nicht eine köstliche Gnade, dass wenn du zu Christo kommst, du nicht einen Solchen findest, der dir eine kleine Weile Gutes tut, und dich dann wieder an deine Arbeit gehen heißt; sondern Er nimmt dich auf und macht dich zu Seiner Braut, und du sollst Sein bleiben in alle Ewigkeit. Empfange nicht abermals den knechtischen Geist der Furcht, sondern den Geist der Kindschaft, durch den du ausrufen kannst: „Abba, lieber Vater!“ Ach, welche Gnade ist doch in diesen Worten enthalten: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ (Goldstrahlen Juli 30)

Joh. 6,57

Wie mich gesandt hat der lebendige Vater, und ich lebe durch den Vater, also, wer mich isset, derselbige wird auch leben durch mich.

Wir leben kraft unserer Vereinigung mit dem Sohne Gottes. Als gottmenschlicher Mittler lebt der Herr Jesus durch den Vater, der das Leben in sich selber hat, und in der gleichen Weise leben wir durch den Heiland, der uns lebendig gemacht hat. Er, der die Quelle unsres Lebens ist, ist auch die Erhaltung desselben. Das Leben wird durch Nahrung erhalten. Wir müssen das geistliche Leben durch geistliche Speise nähren, und diese geistliche Speise ist der Herr Jesus. Nicht sein Leben oder Tod oder Amt oder Werk oder Wort allein, sondern Er selber, der all dieses einschließt: von Ihm selber nähren wir uns.

Dies wird uns in dem Abendmahl des Herrn dargestellt, aber wir erfreuen uns dessen tatsächlich, wenn wir über unsren Herrn nachsinnen, an Ihn glauben mit einem zueignenden Glauben, Ihn durch Liebe in uns aufnehmen und Ihn durch die Macht des inneren Lebens mit uns vereinigen. Wir wissen, was es ist, uns von Jesu zu nähren, aber wir können es nicht sagen oder schreiben. Das weiseste ist, es in Ausübung zu bringen, und dies mehr und immer mehr zu tun. Wir werden aufgefordert, reichlich zu essen, und es wird zu unsrem unermesslichen Nutzen sein, dies zu tun., wenn Jesus unsre Speise und unser Trank ist.

Herr, ich danke Dir, dass dies, was eine Notwendigkeit für mein neues Leben ist, auch meine größte Wonne ist. Deshalb nähre ich mich zu dieser Stunde von Dir.

Joh. 6, 67.

„Wollt ihr auch weggehen?“

Viele haben Christum vergessen und seine Nachfolge verlassen; aber was hast du denn für einen Grund, dass du Ihn verlassen willst? Ist‘s etwas Vergangenes, was dich dazu veranlasst? Hat sich dir Jesus nicht als Der erwiesen, der dir alles in allem sein kann und will, der überschwängliche Liebe und Treue an dir bewiesen hat? Er beruft sich heute auf dein eigenes Zeugnis und fragt dich: „Bin ich dir eine Wüste gewesen?“ Bist du je einmal zuschanden geworden, wo deine Seele in aller Einfalt ihr Vertrauen auf den Herrn Jesum gesetzt hat? Hast du nicht bis zu diesem Augenblick erfahren, dass dein Herr dir ein barmherziger und gnädiger Freund gewesen ist? Kannst du dir einen bessern Freund denken, als Ihn? Dann vertausche nicht das Alte, Bewährte gegen etwas Neues, was du nicht kennst. Und wenn du an die Gegenwart denkst, was könnte dich denn da zu einem Wechsel veranlassen? Wenn wir in dieser Welt in schwere Kämpfe geraten, oder wenn wir in die noch schwerern Kämpfe der streitenden Gemeinde mit verflochten werden, so erfahren wir es als etwas höchst Beseligendes, wenn wir unser Haupt an der Brust Jesu dürfen ruhen lassen. Das ist unsre Freude, dass wir heute wissen: wir sind in Ihm selig und errettet; und wenn uns diese Freude so erquickt und beglückt, warumsollten wir uns einfallen lassen, zu ändern? Wer mag Schlacken eintauschen für Gold? Wir wollen die Sonne nicht verwünschen, bevor wir eine bessere Leuchte finden; wir wollen unsern Herrn nicht verlassen, bevor ein herrlicherer und liebevollerer Freund erscheint; und weil dies nimmermehr geschehen kann, so wollen wir Ihn mit unermüdlicher Kraft festhalten und seinen Namen wie ein Siegel auf unsern Arm setzen. Und wenn du in die Zukunft blickst, kannst du irgendein Ereignis vermuten, das dich zu einem Wechsel nötigen, oder das dich veranlassen könnte, der alten Fahne untreu zu werden und einem neuen Herzog zu folgen?

Wir glauben nicht. Und ist das Leben noch so lang: Er ändert sich nicht. Sind wir arm, was können wir Besseres besitzen, als Christum, der uns reich macht? Sind wir krank, was brauchen wir mehr als Christum, der uns erquickt auf unserem Siechbette? Und geht‘s mit uns zum Sterben, heißt es da nicht: „Weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die da ist in Christo Jesu, unserem Herrn!“

Joh. 7, 37.

„Am letzten Tage des Festes, der am herrlichsten war, trat Jesus auf, rief und sprach: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke.“

Unser Herr Jesus war vollkommen in der Geduld, und bis zum letzten Tage des Festes unterredete Er sich mit den Juden und drang in sie; und so dringt Er auch an diesem letzten Tag des Jahres in uns und harrt, ob Er uns könnte Gnade erweisen. Wahrhaft bewunderungswürdig ist die Langmut unsres Herrn und Heilandes, womit er etliche von uns jahraus, jahrein trägt und pflegt, trotz alles unsres Auflehnens, Erzürnens und Widerstrebens wider seinen Heiligen Geist. O Wunder über Wunder, dass wir noch immer im Lande der Gnade sind!

Sein Mitleid offenbarte sich höchst nachdrücklich, denn Jesus rief, was nicht nur andeuten will, dass Er seine Stimme laut erhob, sondern dass er tief bewegt und ergriffen war. Er beschwört uns, dass wir uns sollen versöhnen lassen mit Gott. „Gott vermahnet durch uns,“ spricht der Apostel, „so bitten wir nun an Christi Statt.“ Was sind das doch für ernste, eindringliche Worte! Wie tief muss die Liebe sein, die den Herrn zu Tränen über uns arme Sünder führt, und Ihn treibt, uns zu sich zu ziehen, wie eine Mutter ihre Kindlein an ihren Busen zieht. Gewisslich folgen unsre Herzen gern einem so zärtlichen Ruf.

Es ist reichlich für alle Bedürfnisse gesorgt; es ist für alles gesorgt, was einem Menschen zur Stillung seines Seelendurstes dienlich sein mag. Seinem Gewissen bringt die Versöhnung Frieden; seinem Verständnis gibt das Evangelium die reichste Belehrung; für sein Herz ist die Person Jesu der Gegenstand der edelsten Liebe; seinem ganzen Menschen gewährt die Wahrheit, die in Christo ist, die reinste Erquickung.

„Kommt her! denn alles ist bereit
Zum Hochzeitsmahl der Gnaden,
Die Pforten sind geöffnet weit,
Und allesamt geladen.
Blick‘ auf, du tief gebeugtes Herz,
Du Seele voller Angst und Schmerz,
Du sollst getröstet werden!“

Joh. 10, 9.

„Ich bin die Tür, so jemand durch mich eingeht, der wird selig werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“

Jesus, der große Ich bin, der Ich bin, ist der Eingang zur wahren Gemeinde und der Weg, der zu Gott selber führt. Er schenkt dem Menschen, der durch Ihn zu Gott kommt, ein vierfaches Vorrecht.

1. Er wird selig werden. Der flüchtige Totschläger ging ein durch das Tor der Freistadt, so war er errettet. Noah ging ein zur Tür der Arche und war geborgen. Niemand kann verloren werden, der Jesus zur Glaubenstür seiner Seele erwählt. Der Eingang zum Frieden durch Jesus ist das Unterpfand für den Eingang zum Himmel durch dieselbe Tür. Jesus ist die einzige Tür; und selig ist, wer all seine Hoffnung auf den gekreuzigten Erlöser setzt.

2. Er wird eingehen. Er empfängt das selige Vorrecht, einzutreten in die göttliche Familie, so dass er teil hat am Brot der Kinder des Hauses und alle ihre Ehren und Freuden darf mitgenießen. Er wird wohnen in den trautesten Gemächern, eingehen in den Festsaal der Liebe, sich ergötzen an den Schätzen des Bundes und schöpfen aus den Vorratskammern der Verheißungen. Er wird eingehen zum König der Könige in Kraft des Heiligen Geistes, und das Geheimnis des Herrn wird bei ihm sein.

3. Er wird ausgehen. Dieser Segen bleibt oft unbeachtet. Wir gehen aus in die Welt, zu wirken und zu leiden; aber welch eine Gnade, dass wir das tun dürfen im Namen und in der Kraft Jesu! Wir sind berufen, für die Wahrheit zu zeugen, die Betrübten zu trösten, die Sichern zu warnen, Seelen zu gewinnen und Gott zu verherrlichen, und gleichwie der Engel zu Gideon sprach: „Gehe hin in dieser deiner Kraft,“ so will der Herr auch, dass wir ausgehen als seine Boten in seinem Namen und seiner Kraft.

4. Er wird Weide finden. Wer Jesus kennt, wird nie Mangel leiden. Sein Eingang und sein Ausgang wird ihm gleich gesegnet sein; in der Gemeinschaft mit Gott wird er zunehmen, und gleichwie er andre fruchtbar macht, wird er fruchtbar werden. Hat er Jesus zu seinem Ein und Alles gemacht, so wird ihm in Jesus alles zufallen. Seine Seele wird sein wie ein gewässerter Garten, wie ein Wasserquell.

Joh. 10, 27.

„Und sie folgen mir.“

Wir sollten unserem Herrn und Heiland so ungesäumt folgen, wie Schafe ihrem Hirten, denn Er hat ein Recht, uns zu leiten, wohin es Ihm gefällt. Wir sind nicht unser eigen, wir sind teuer erkauft, darum wollen wir die Rechte des versöhnenden Blutes an uns ins Auge fassen. Der Krieger folgt seinem Führer, der Knecht gehorcht seinem Herrn, um wie viel mehr haben wir unsrem Heiland zu folgen, dessen teuer erworbenes Eigentum wir sind! Wir sind unsrem Christenbekenntnisse nicht treu, wenn wir das Gebot unsres Führers und Herzogs in Frage stellen. Ergebung ist unsre Pflicht, Eigenwille unsre Torheit. Oft könnte der Herr zu uns sprechen wie zu Petrus: „Was geht es dich an? Folge du mir nach.“ Wohin uns auch der Herr führt, so geht Er uns stets voran. Wenn wir nicht wissen, wohin wir gehen, so wissen wir dafür, mit wem wir gehen. Wenn wir einen solchen Begleiter bei uns haben, wer will dann die Gefahren des Weges noch fürchten? Die Reise mag lange währen, aber seine ewigen Arme tragen uns bis ans Ende. Die Gegenwart Jesu ist die Versicherung des ewigen Heils; weil Er lebt, sollen auch wir leben. Wir sollten Christo einfältig und gläubig nachfolgen, weil die Wege, auf denen Er uns leitet, uns zur Herrlichkeit und Unsterblichkeit führen. Zwar mögen diese Pfade nicht sanft sein; vielleicht sind sie mit scharfen, spitzigen Feuersteinen der Trübsal bedeckt; aber sie führen zu der „Stadt, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist.“ „Die Wege des Herrn sind eitel Güte und Wahrheit denen, die seinen Bund und Zeugnis halten.“ Wir wollen volles Vertrauen zu unsrem Führer fassen, dieweil wir wissen, dass im Glück oder Unglück, in Krankheit oder in Gesundheit, in Achtung oder in Schmach sein Ziel erreicht wird, und dieses Ziel ist das reine, ungetrübte Heil, das jedem Erben der Gnade zuteil wird. Wir gehen gern mit Christo den rauen Abhang des Berges hinauf; und wenn uns Regen und Schnee entgegen wehen, so erquickt uns seine teure Liebe weit mehr, als die, die zu Hause sitzen und ihre Hände am Feuer der Weltlust wärmen. Zur Höhe Amana, zu den Wohnungen der Löwen, zu den Bergen der Leoparden wollen wir unsrem Freunde nachfolgen. Herr Jesu, ziehe uns Dir nach, so folgen wir.

Joh. 10,28.

„Und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen.“

Die Christen sollten es nie leicht nehmen mit dem Unglauben, sei‘s in Reden oder in Gedanken. Denn wenn ein Kind Gottes kein Vertrauen hat zu Gottes Liebe, zu seiner Wahrheit, seiner Treue, so muss Ihm das sehr missfallen. Wie sollen wir Ihn denn nun betrüben mit unsern Zweifeln an seiner bewahrenden Gnade? Lieber Christ! Es läuft gegen alle Verheißung des teuren Gottesworts, dass du je könntest vergessen, oder dem Verderben überlassen werden. Wenn das möglich wäre, wie könnte Er noch treu sein, der doch gesagt hat: „Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie desselben vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen.“ Was hätte denn die Verheißung noch für einen Wert: „Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer?“ Wie stände es mit der Wahrhaftigkeit der Worte Christi: „Ich gebe meinen Schafen das ewige Leben; und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen. Der Vater, der sie mir gegeben hat, ist größer, denn alles; und niemand kann sie aus meines Vaters Hand reißen?“ Wie stünde es mit der Lehre von der rechtfertigenden Gnade? Wenn ein einziges Kind Gottes könnte verloren gehen, so hätte sie allen Grund und Boden verloren. Wo bliebe die Wahrhaftigkeit Gottes, seine Ehre, seine Macht, seine Gnade, sein Bund, sein Eid, wenn irgendeines von denen, die ihre Hoffnung auf Christi Blut bauen und auf Ihn ihr ganzes Vertrauen setzen, trotzdem könnte verworfen werden? O, verbannt diese ungläubige Furcht, die Gott so sehr verunehrt. Stehe auf, erhebe dich aus dem Staube, und kleide dich in das herrliche Gewand seiner Gerechtigkeit! Bedenke, wie sündhaft es ist, an seinem Wort zu zweifeln, worin Er dir verheißen hat, du werdest nimmermehr umkommen. O, dass doch das ewige Leben, das in dir wohnt, sich kund machte in glaubensvoller Freudigkeit!

„Ew‘ges Leben willst Du geben
Mir zum sel‘gen Gnadenlohn,
Fürst der Ehren! Mein Begehren
Steht nach Dir, o Gottes Sohn!“

Joh. 10,28

Und ich gebe ihnen das ewige Leben; und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen.

Wir glauben an die ewige Sicherheit der Heiligen. Zuerst, weil sie Christi sind, und Er niemals die Schafe verlieren wird, die Er mit seinem Blut erkauft und von seinem Vater empfangen hat.

Ferner, weil Er ihnen das ewige Leben gibt, und wenn es ewig ist, nun, dann ist es ewig, und es kann kein Ende haben, wenn nicht auch Hölle, Himmel und Gott ein Ende haben können. Wenn das geistliche Leben aussterben kann, so ist es augenscheinlich nicht ewiges Leben, sondern zeitliches Leben. Aber der Herr spricht von ewigem Leben, und das schließt die Möglichkeit eines Endes aus.

Beachtet weiter, dass der Herr ausdrücklich sagt: „Sie werden nimmermehr umkommen.“ So lange Worte einen Sinn haben, sichert dies die Gläubigen vor dem Umkommen. Der hartnäckigste Unglaube kann nicht diesen Sinn aus diesen Worten herausdrängen.

Dann, um die Sache vollständig zu machen, erklärt Er, dass die Seinen in seiner Hand sind und fordert alle ihre Feinde heraus, sie aus derselben zu reißen. Gewiss, es ist etwas Unmögliches, selbst für den Fürsten der Hölle. Wir müssen sicher in dem Griff eines allmächtigen Heilandes sein.

Unsre Sache sei es, fleischliche Furcht sowohl wie fleischliches Vertrauen fahren zu lassen und friedlich in der Hand des Erlösers zu ruhen.

Joh. 11, 4

„Die Krankheit ist nicht zum Tode.“

Aus den Worten unseres Herrn vernehmen wir, dass jeder Krankheit ein Ziel gesetzt ist. Hier ist ein „zum“, in welchem ihr letztes Ziel zusammengefasst ist, und über welches hinaus sie nicht gehen kann. Lazarus musste wohl durch den Tod hindurch geben, aber Tod war nicht Ziel und Zweck seiner Krankheit. In jeder Krankheit spricht der Herr zu den Wogen des Leidens: „Bis hierher sollst du kommen, und nicht weiter.“ Sein vorgesetztes Ziel ist nicht die Zerstörung, sondern die Bewährung Seines Volkes. Die göttliche Weisheit hängt an der Türe des Trübsalsofens ihren Thermometer auf und überwacht die Gluth.

1) Es ist ermutigend, dass die Grenze genau bestimmt ist. Der Gott der Vorsehung hat bei allen unsern Krankheiten eine Grenze gesetzt für Zeit, Art, Größe, Dauer und Wirkung unserer Leiden; jeder Krampfanfall ist zum voraus bestimmt, jede schlaflose Stunde festgelegt, jeder Rückfall vorbedacht, jede geistige Niedergeschlagenheit zuvor versehen, und jede heiligende Wirkung von Ewigkeit her im ewigen Vorsatz verordnet. Nichts Großes und nichts Geringes entgeht der Hand Dessen, der auch die Haare auf eurem Haupte zählt.

2) Die Grenze ist weislich abgewogen nach unsern Kräften, nach dem vorbestimmten Zweck und nach der beabsichtigten Gnadenwirkung. Die Heimsuchung kommt nicht aufs Geratewohl, die Gewalt jedes Rutenschlages ist aufs genaueste abgemessen. Derjenige, der sich nicht irrte, da Er die Wolken wog, und die Weite des Himmelsraumes maß, lässt sich keinen Missgriff zu Schulden kommen, wenn er die Mittel auswählt, die zur Heilung unserer Seelen nötig sind. Wir dürfen nie zu viel leiden, noch werden wir zu spät erlöst.

3) Die Grenze ist mit liebevoller Rücksicht bestimmt. Das Messer des himmlischen Wundarztes schneidet nicht tiefer, alle unumgänglich nötig ist. „Denn Er nicht von Herzen die Menschen plagt und betrübt.“ Ein Mutterherz ruft: „Schone meines Kindes!“ aber wo wäre eine Mutter so barmherzig wie unser gnädiger Gott? Wenn wir bedenken, wie unbändig wir sind, so ists zu verwundern, dass wir nicht schärfer gezüchtigt werden. Es ist ein trostreicher Gedanke, dass Der, der die Grenzen unserer Erde festgestellt hat, auch festgestellt hat die Grenzen unserer Leiden. (Goldstrahlen August 17)

Joh. 11,26

Und wer da lebet, und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst Du das?

Ja, Herr, wir glauben es; wir werden nimmermehr sterben. Unsre Seele mag von unsrem Leibe getrennt werden, und dies ist eine Art von Tod; aber unsre Seele soll nie von Gott getrennt werden, was der wahre Tod ist - der Tod, welcher der Sünde gedroht war - die Todesstrafe, welche die schlimmste ist, die verhängt werden kann. Wir glauben dieses ganz gewiss, denn wer mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu, unsrem Herrn, ist? Wir sind Glieder des Leibes Christi; wird Christus Teile seines Leibes verlieren? Wir sind mit Christo vermählt; kann Er seiner Braut beraubt und verwitwet werden? Es ist nicht möglich. Es ist ein Leben in uns, das nicht fähig ist, von Gott geschieden zu werden: ja, und der Heilige Geist wohnt in uns, und wie könnten wir dann sterben? Jesus selber ist unser Leben, und deshalb gibt es für uns kein Sterben, denn Er kann nicht wiederum sterben. In Ihm sterben wir der Sünde einmal, und das Todesurteil kann nicht zum zweitenmal vollzogen werden. Nun leben wir und leben auf immer. Der Lohn der Gerechtigkeit ist das ewige Leben und wir haben nichts Geringeres, als die Gerechtigkeit Gottes und können deshalb den höchsten Lohn beanspruchen.

Lebend und glaubend, glauben wir, dass wir leben und uns freuen werden. Deshalb eilen wir vorwärts in der vollen Gewissheit, dass unser Leben in unsrem lebendigen Haupt sicher ist.

Joh. 12, 2.

„Lazarus aber war deren einer, die mit Ihm zu Tische saßen.“

Lazarus ist zu beneiden. Es ist gut, wenn man eine Martha ist und dienen darf, aber es ist besser, ein Lazarus zu sein, und mit Jesu zu Tische zu sitzen. Alles hat seine Zeit, und alles ist recht zu seiner Zeit, aber kein Baum im Garten trägt so köstliche Trauben, wie der Rebstock der Gemeinschaft Jesu. Bei Jesu zu sitzen, seine Worte zu hören, seine Taten zu sehen, und von seinem Lächeln beglückt zu werden, das waren solche Genüsse, die den Lazarus mit Engelsseligkeit erfüllen mussten. Wenn es unser köstliches Teil geworden ist, mit unsrem Freunde das Abendmahl zu halten in seinem Festsaal, so möchten wir nicht einen einzigen Seufzer hingeben für alle Königreiche der Welt. Wir müssen tun wie Lazarus. Es wäre sonderbar gewesen, wenn Lazarus nicht mit Jesu zu Tische gesessen hätte, denn er war tot gewesen, und der Herr Jesus hatte ihn auferweckt. Wenn der Auferstandene abwesend geblieben wäre, während der Herr, der ihm das Leben wieder gegeben hatte, sein Haus besuchte, so wäre dies wahrlich recht undankbar gewesen. Auch wir waren einst tot, und wir stanken schon, wie Lazarus, im Grabe unserer Sünden; Jesus erweckte uns, und durch sein Leben haben wir das Leben; können wir‘s noch ertragen, ferne von Ihm zu leben? Verschmähen wir, seiner zu gedenken an seinem Tische, wo Er sich herablässt, mit seinen Brüdern das Abendmahl zu halten? Ach, das wäre grausam! Es ziemt sich wohl, Leid zu tragen und zu tun, was Er uns heißt, denn sein geringster Wunsch sollte uns Gesetz sein. Ohne beständigen Umgang mit dem zu leben, von dem die Juden sagten: „Sieh, wie hat Er ihn so lieb gehabt,“ wäre dem Lazarus sehr übel angestanden; und dürfte es etwa bei uns entschuldigt werden, die Jesus geliebt hat mit einer ewigen Liebe? Wäre Lazarus kalt geblieben gegen Den, der über seine leblose Leiche Tränen vergoss, wahrlich, das wäre eine unentschuldbare Rohheit gewesen. Wie viel mehr sind wir Ihm verpflichtet, um derentwillen Er nicht nur seine Tränen, sondern sein teures Blut vergossen hat? Kommt, liebe Brüder, wir wollen unserem himmlischen Bräutigam entgegengehen und um seinen Geist bitten, damit wir Ihm nahe stehen und von nun an mit Ihm zu Tische sitzen.

Joh. 12,21.

„Wir wollten Jesum gern sehen.“

Das beständige Verlangen des Weltkindes geht dahin: „Wer wird uns sehen lassen das Gute?“ Es sucht Befriedigung in irdischem Wohlergeben, in Genüssen und Reichtümern. Aber der erweckte Sünder weiß nur von einem einzigen Gut: „Ach, dass ich wüsste, wo ich Ihn finden kann!“ Wenn er wahrhaft erweckt ist und seine Sündenschuld fühlt, und wenn ihr ihm auch nun alles Gold Indiens vor die Füße schüttet, so spricht er doch: „Weg damit! Ihn muss ich finden!“ Es ist eine selige Sache, wenn ein Mensch all' sein Wünschen und Begehren auf Eins gerichtet bat, und nur nach diesem Einen Nothwendigen Verlangen trägt. Wenn er fünfzig verschiedene Wünsche hat, so gleicht sein Herz einem Sumpf stehenden Wassers, das sich zu einem Morast ausbreitet und schädliche Dünste und Krankheiten erzeugt; wenn aber alle seine Wünsche sich in einer einzigen Richtung vereinigen, so wird sein Herz zu einem Strome reinen Wassers, der in sanftem Laufe dahinwogt und die Gefilde befruchtet. Selig ist, wer nur ein einziges Verlangen hat, wenn dies eine Verlangen auf Christum zielt, und wäre es bis dahin auch noch nicht erfüllt. Wenn der Herr Jesus die Sehnsucht einer Seele geworden ist, so ists ein seliges Zeichen, dass der Geist Gottes in derselben tätig ist. Ein solcher Mensch begnügt sich nicht mit den Heilmitteln allein. Er spricht: „Ich brauche Christum; ich muss Ihn haben; die Gnadenmittel nützen mir nichts; Ihn selber bedarf ich; diese braucht ihr mir nicht anzubieten; ihr zeigt mir das leere Gefäß, während ich vor Durst verschmachte; gebt mir Wasser, sonst muss ich sterben. Jesus ist mein Verlangen; Ihn möchte ich sehen!“

Steht es so mit dir, liebe Seele? ist dies deine jetzige Stimmung? Dann bist du nicht ferne vom Himmelreich. Hegst du nur einen Wunsch in deinem Herzen, den einzigen Wunsch, dass du möchtest abgewaschen werden von allen deinen Sünden im Blut Jesu? Kannst du in Wahrheit sagen: „Ich gäbe alles drum, wenn ich ein Christ wäre; ich gäbe all mein Vermögen und alle meine Hoffnung hin, wenn ich nur fühlte, dass ich teilhabe an Christo?“ Dann lass alle deine Furcht fahren, sei getrost, der Herr hat dich lieb; du trittst hervor ins helle Licht der Sonne, und freuest dich der Freiheit, damit uns Christus befreit hat. (Goldstrahlen April 17)

Joh. 12,26

Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen will, den wird mein Vater ehren.

Der höchste Dienst ist Nachahmung. Wenn ich Christi Diener sein will, muss ich sein Nachfolger sein. Zu tun., wie Jesus tat, ist der sicherste Weg, seinem Namen Ehre zu bringen. Lasst mich daran jeden Tag gedenken.

Wenn ich Jesu nachahme, so werde ich seine Gesellschaft haben; wenn ich Ihm gleich bin, werde ich bei Ihm sein. Seiner Zeit will Er mich hinaufnehmen, um droben bei ihm zu wohnen, wenn ich mittlerweile gestrebt habe, Ihm hienieden zu folgen. Nach seinem Leiden kam unser Herr zu seinem Thron, und ebenso sollen wir, nachdem wir eine Zeitlang mit Ihm hienieden gelitten haben, in die Herrlichkeit eingehen. Der Ausgang seines Lebens soll der Ausgang des unsern sein: wenn wir mit Ihm in seiner Erniedrigung sind, sollen wir auch mit Ihm in seiner Herrlichkeit sein. Komm, meine Seele, fasse Mut, und setze deinen Fuß nieder in die blutbezeichneten Fußstapfen, die dein Herr dir hinterlassen hat.

Lass mich nicht verfehlen zu beachten, dass der Vater diejenigen ehren will, die seinem Sohne folgen. Wenn Er mich Jesus treu sieht, will Er mir Zeichen der Huld und Ehre verleihen um seines Sohnes willen. Keine Ehre kann dieser gleichen. Fürsten und Kaiser erteilen bloße Schatten der Ehre; die wahre Herrlichkeit kommt von dem Vater. Darum, meine Seele, hänge du an deinem Herrn Jesus inniger denn je.

Joh. 12,32

Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen.

Kommt, ihr Arbeiter, fasset Mut. Ihr fürchtet, dass ihr keine Hörer herbeiziehen könnt. Versucht es mit der Predigt von einem gekreuzigten, auferstandenen und gen Himmel gefahrenen Heiland; denn die „zieht“ mehr, als irgend etwas andres, was sich je unter den Menschen kund gegeben hat. Was zog euch zu Christus, als Christus? Was zieht euch jetzt zu Ihm, als seine eigne, teure Persönlichkeit? Wenn ihr durch irgend etwas andres zur Religion gezogen worden seid, so werdet ihr bald wieder davon weggezogen werden; aber Jesus hat euch gehalten und wird euch bis ans Ende halten. Warum wollt ihr denn an seiner Macht zweifeln, andre zu ziehen? Geht mit dem Namen Jesus zu den Halsstarrigen, und seht, ob der sie nicht ziehen wird.

Kein Art von Menschen ist über diese ziehende Macht hinaus. Alte und Junge, Reiche und Arme, Unwissende und Gelehrte, Tiefgesunkene oder Liebenswürdige - alle Menschen sollen die Anziehungskraft fühlen. Jesus ist der eine Magnet. Lasst uns nicht an einen andren denken. Musik wird nicht zu Jesus ziehen und ebensowenig Beredsamkeit, Logik, Zeremoniell oder Lärm. Jesus selber muss die Menschen zu sich selber ziehen; und Jesus ist durchaus im Stande zu diesem Werke in allen Fällen. Lasst euch nicht verführen durch die Quacksalbereien der Gegenwart, sondern arbeitet als Arbeiter für den Herrn in seiner eignen Weise und zieht mit des Herrn eignen Seilen. Zieht zu Christus und zieht durch Christus, denn alsdann wird Christus durch euch ziehen.

Joh. 12,46

Ich bin gekommen in die Welt ein Licht, auf dass, wer an mich glaubt, nicht in der Finsternis bleibe.

Diese Welt ist dunkel wie die Mitternacht; Jesus ist gekommen, damit wir durch den Glauben Licht haben und nicht länger in der Dunkelheit sitzen, welche die übrige Menschheit bedeckt.

Wer ist ein sehr weiter Ausdruck, er meint dich und mich. Wenn wir auf Jesum vertrauen, werden wir nicht mehr in dem dunklen Schatten des Todes sitzen, sondern in das warme Licht eines Tages eingehen, der niemals enden wird. Warum kommen wir nicht sogleich hinaus an das Licht?

Eine Wolke mag zuweilen über uns hängen, aber wir werden nicht in der Finsternis bleiben, wenn wir an Jesum glauben. Er ist gekommen, uns helles Tageslicht zu geben. Soll Er vergeblich gekommen sein? Wenn wir Glauben haben, so haben wir das Vorrecht des Sonnenlichtes: lasst uns dessen genießen. Aus der Nacht des natürlichen Verderbens, der Unwissenheit, des Zweifels, der Verzweiflung, der Sünde, des Schreckens uns zu befreien, dazu ist Jesus gekommen; und alle Gläubigen sollen wissen, dass Er nicht vergeblich kommt, eben wie die Sonne nicht aufgeht, ohne Wärme und Licht zu verbreiten.

Schüttle deine Niedergeschlagenheit ab, lieber Bruder! Bleibe nicht im Finstern, sondern bleibe im Licht! In Jesu ist deine Hoffnung, deine Freude, dein Himmel. Blicke auf Ihn auf Ihn allein; und du wirst dich freuen, wie die Vögel beim Sonnenaufgang sich freuen und wie die Engel vor dem Throne sich freuen.

Joh. 13,1

Wie Er hatte geliebt die Seinen, die in der Welt waren, so liebte Er sie bis ans Ende.

Diese Tatsache ist dem Wesen nach eine Verheißung; denn was unser Herr war, ist Er noch, und was Er denen war, mit denen Er auf Erden lebte, wird Er allen, die Er liebt, sein, so lange der Mond währet.

„Wie Er hatte geliebt“: hier war das Wunder! Dass Er überhaupt je Menschen liebte, ist zum Erstaunen. Was war in seinen armen Jüngern, weshalb Er sie liebte? Was ist in mir?

Aber wenn Er einmal begonnen hat, zu lieben, so ist es seine Natur, damit fortzufahren. Liebe macht die Heiligen zu „den Seinen“ - was für ein köstlicher Titel! Er erkaufte sie mit Blut, und sie wurden sein Schatz. Da sie die Seinen sind, will Er sie nicht verlieren. Da sie von Ihm geliebt sind, will Er nicht aufhören, sie zu lieben.

Der Spruch ist gut, so wie er hier lautet: „bis ans Ende,“ selbst bis zum Tode regierte in seinem heiligen Busen die herrschende Leidenschaft; die Liebe zu den Seinen. Es kann aber auch heißen: „bis aufs äußerste.“ Er konnte sie nicht mehr lieben: „Er gab sich selbst für sie.“ Manche übersetzen: „bis zur Vollkommenheit.“ Wahrlich, Er liebte sie mit einer vollkommenen Liebe, in welcher kein Flecken noch Fehler war, keine Unweisheit, keine Untreue und keine Zurückhaltung.

So ist die Liebe Jesu zu einem jeden der Seinen. Lasst uns unsrem Hochgeliebten ein Lied singen.

Joh. 13, 5.

„Er hob an, den Jüngern die Füße zu waschen.“

Der Herr Jesus liebt die Seinen so sehr, dass Er noch immer täglich vieles an ihnen tut, das dem Waschen besudelter Füße entspricht. Er nimmt ihre armseligsten Werke an; Er fühlt ihre tiefsten Leiden; Er hört ihren leisesten Wunsch, und Er vergibt ihnen alle ihre Missetaten und Sünden. Er ist ebensogut auch ihr Diener, als ihr Freund und Meister. Nicht nur vollbringt Er herrliche Taten um ihretwillen, trägt das Stirnband um sein Haupt und auf seiner Brust das juwelenstrahlende hohepriesterliche Brustschildlein und steht als ihr Fürsprecher vor dem Throne, sondern voller Demut und Geduld geht Er unter den Seinen umher mit Waschbecken und Schurz. Dies tut Er, wenn Er uns Tag für Tag von unsern fortwährenden Schwachheiten und Sünden reinigt. Als du gestern deine Knie beugtest, bekanntest du traurig, dass in deinem Betragen vieles deinem Christenbekenntnisse widerspreche; und heute musst du wieder von neuem darüber seufzen, dass du abermals in dieselbe Torheit und Sünde gefallen bist, von welcher dich seine besondere Gnade schon längst frei gemacht hatte; und dennoch will der Herr Jesus große Geduld mit dir haben. Er hört dein Sündenbekenntnis und spricht: „Ich will es tun; sei gereinigt!“ Er besprengt dich abermals mit seinem Blut der Versöhnung und spricht zu deinem Gewissen: „Friede sei mit dir!“ und reinigt dich von aller Befleckung. Es ist eine große Tat der ewigen Liebe, wenn Christus ein für allemal dem Sünder vergibt und ihn in seine Gemeinschaft aufnimmt; aber was ist doch das für eine herablassende Geduld und Gnade, wenn der Heiland mit großer Langmut die so oft wiederkehrenden Torheiten seines eigensinnigen Jüngers trägt; wenn Er täglich und stündlich die gehäuften Übertretungen und Verirrungen seines schwachen und doch geliebten Kindes abwäscht. Eine Flut der Empörung auszutrocknen, das ist etwas Wunderbares; aber das beständige Tropfen immer neuer Sünden zu ertragen, sie zu dulden mit einer ununterbrochenen Versuchung seiner Geduld, das ist wahrlich göttlich. Während wir Trost und Frieden finden in unsers Herrn täglicher Reinigung, zielt ihr mächtiger Einfluss auf uns dahin, dass wir sollen wachsen in der Wachsamkeit und unser Verlangen nach der Heiligung lebendig machen.

Joh. 14,13

Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, auf dass der Vater geehret werde in dem Sohne.

Nicht jeder Gläubige hat gelernt, in Jesu Namen zu beten. Bitten, nicht nur um seinetwillen, sondern in seinem Namen, wie von Ihm dazu ermächtigt, das ist ein Gebet höherer Ordnung. Wir würden nicht wagen, um gewisse Dinge in diesem heiligen Namen zu bitten, denn das würde eine elende Entweihung sein; aber wenn die Bitte so klar eine rechte ist, dass wir wagen können, den Namen Jesu hinzuzufügen, dann muss sie gewährt werden.

Das Gebet wird umso gewisser Erfolg haben, weil der Vater dadurch in dem Sohne geehrt wird. Es verherrlicht seine Wahrheit, seine Treue, seine Macht, seine Gnade. Die Erhörung des in Jesu Namen dargebrachten Gebetes enthält des Vaters Liebe zu Ihm und die Ehre, die Er Ihm gegeben hat. Die Ehre Jesu und des Vaters sind so miteinander verbunden, dass die Gnade, welche die eine erhöht, auch die andre erhöht. Der Strom erlangt durch die Fülle der Quelle Ruhm und die Quelle wird geehrt durch den Strom, der aus ihr fließt. Wenn die Erhörung unserer Gebete unsrem Herrn Unehre brächte, so würden wir nicht beten; aber da Er hierdurch geehrt wird, so wollen wir ohne Unterlass beten in jenem teuren Namen, an dem Gott und sein Volk gemeinsam ihre Freude haben.

Joh. 14,14

Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun.

Welch eine umfassende Verheißung! Was! Ob groß oder klein, alle meine Bedürfnisse sind enthalten in diesem Wort „Was“. Komm, meine Seele, fühle dich frei vor dem Gnadenthron und höre deinen Herrn zu dir sprechen: „Tue deinen Mund weit auf, lass mich ihn füllen.“

Welch eine weise Verheißung! Wir sollen immer im Namen Jesu bitten. Während dies uns ermutigt, ehrt es Ihn. Das ist ein beständiger Rechtsgrund. Zuweilen ist jeder andre Rechtsgrund verdunkelt, besonders der, den wir von unsrem eignen Verhältnis zu Gott oder unserer Erfahrung seiner Gnade hernehmen; aber zu solchen Zeiten ist der Name Jesus so mächtig am Throne wie je, und wir können ihn mit voller Zuversicht geltend machen.

Welch eine lehrreiche Verheißung! Ich darf nicht um etwas bitten, wozu ich nicht Christi Hand und Siegel setzen kann. Ich darf nicht wagen, meines Herrn Namen bei einer selbstsüchtigen oder eigenwilligen Bitte zu gebrauchen. Ich muss meines Herrn Namen nur bei Gebeten brauchen, die Er selber beten würde, wenn Er in meinem Falle wäre. Es ist ein hohes Vorrecht, ermächtigt zu sein, im Namen Jesu zu bitten, als wenn Jesus selber bäte; aber unsre Liebe zu Ihm wird uns nie erlauben, diesen Namen auf etwas zu setzen, worauf Er ihn nicht gesetzt haben würde.

Bitte ich um das, was Jesus billigt? Darf ich sein Siegel auf mein Gebet drücken? Dann habe ich das, was ich bei dem Vater nachsuche.

Joh. 14,16.

„Er soll euch einen andern Tröster geben, dass Er bei euch bleibe ewiglich.“

Der große Vater offenbarte sich den Gläubigen der Vorzeit vor der Menschwerdung Seines Sohnes und gab sich Abraham und Jakob zu erkennen als Gott der Allmächtige. Danach kam Jesus, und der ewig hochgelobte Sohn in eigener Person war die Augenweide Seines Volkes. Bei der Himmelfahrt Christi wurde der Heilige Geist das Haupt der neuen Bundesgemeine und Seine Macht offenbarte sich aufs Herrlichste am Pfingsttage und danach. Er bleibt zu dieser Stunde noch der gegenwärtige Immanuel: „Gott mit uns,“ der in und unter Seinem Volk wohnt, es belebt, leitet und mitten unter ihm waltet. Anerkennen wir Seine Allgegenwart und Sein Walten, wie wir sollten? Wir können Sein Wirken nicht nachweisen, Er ist unumschränkt in allem Seinem Thun, aber ist es uns auch ein rechtes Anliegen, Seinen Beistand zu erlangen, oder sind wir wachsam genug, dass wir Ihn nicht erzürnen und Er uns Seine Hilfe entzieht? Ohne Ihn können wir nichts tun, aber durch Seine allmächtige Kraft ist das Außerordentlichste möglich: Alles hängt davon ab, wie Er Seine Macht offenbart oder verbirgt. Schauen wir jederzeit zu Ihm auf mit der demütigen Überzeugung, dass unser inwendiges Leben und die sichtbare Äußerung unserer Gesinnung im äußern Gottesdienst von Ihm ganz und gar abhängig sei? Gehen wir nicht allzu oft eigenmächtig unsere Wege, ohne auf Seine Berufung zu warten, und, hanteln, ohne Seine Hilfe zu suchen? Ach, demütigen wir uns doch heute Abend recht sehr ob unserer Gleichgültigkeit und Nachlässigkeit, und flehen wir, dass der himmlische Tau über uns triefen möge, und dass wir mögen gesalbt werden mit heiligem Oel, und die Flamme der himmlischen Liebe unser Inwendiges erwärme. Der Heilige Geist ist kein vergängliches Geschenk, Er bleibt bei den Heiligen. Wir brauchen ihn nur mit Ernst zu suchen, so wird er von uns gefunden. Er duldet nichts Ungöttliches neben sich, ohne beständig dawider zu kämpfen, aber Er hat Mitleid mit uns: wo Er uns verlässt, weil wir Ihn erzürnt haben, da kehrt Er gnädig zurück. Herablassend und voll zärtlicher Liebe wird Er unser nicht müde, sondern harrt, dass Er sich uns möge gnädig erweisen. (Goldstrahlen Februar 12)

Joh. 14,18

Ich will euch nicht Waisen lassen; ich komme zu euch.

Er verließ uns, und dennoch sind wir nicht Waisen gelassen. Er ist unser Trost, und Er ist gegangen; aber wir sind nicht trostlos. Unser Trost ist, dass Er zu uns kommen wird, und das ist genug, uns während seiner langen Abwesenheit aufrecht zu halten. Jesus ist schon auf dem Weg, Er spricht: „Ich komme bald,“ Er naht sich uns eiligst. Er spricht: „Ich komme,“ und niemand kann sein Kommen hindern oder es um eine Viertelstunde zurückhalten. Er sagt ausdrücklich: „Ich komme zu euch;“ und das wird Er. Sein Kommen ist besonders zu und für uns, die Seinen. Dies soll unser Trost sein, jetzt so lange wir Leid tragen, dass der Bräutigam noch nicht erscheint.

Wenn wir das freudige Gefühl Seiner Gegenwart verlieren, so trauern wir, aber wir dürfen nicht traurig sein wie die, die keine Hoffnung haben. Unser Herr hat sich im Augenblick des Zorns ein wenig vor uns verborgen, aber Er wird mit voller Huld zu uns zurückkehren. Er verlässt uns in einem Sinne, aber nur in einem. Wenn Er sich uns entzieht, so lässt Er uns ein Pfand zurück, dass Er wiederkehren will. O Herr, komme bald! Es ist kein Leben in diesem irdischen Dasein, wenn Du nicht da bist. Wir seufzen nach der Rückkehr Deines freundlichen Lächelns. Wann willst du zu uns kommen? Wir sind gewiss, dass Du erscheinen willst; aber sei Du gleich einem Reh oder einem jungen Hirsch. Verziehe nicht, o unser Gott!

Joh. 14,19

Weil ich lebe, sollt ihr auch leben.

Jesus hat das Leben derer, die an Ihn glauben, so gewiss gemacht wie Sein eigenes. So wahr das Haupt lebt, sollen die Glieder auch leben. Wenn Jesus nicht von den Toten erstanden ist, dann sind wir tot in unsren Sünden; aber da Er erstanden ist, so sind alle Gläubigen in Ihm erstanden. Sein Tod hat unsre Übertretungen hinweggetan und die Bande gelöst, die uns unter dem Todesurteil hielten. Seine Auferstehung beweist unsre Rechtfertigung: wir sind freigesprochen, und die Barmherzigkeit spricht: „So hat der Herr auch deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben.“

Jesus hat das Leben der Seinen so ewig gemacht wie Sein eigenes. Wie können sie sterben, so lange Er lebt, da sie eins mit Ihm sind? Weil Er nicht mehr stirbt und der Tod keine Herrschaft mehr über Ihn hat, so sollen sie nicht wieder zurückkehren zu den Gräbern ihrer alten Sünden, sondern mit dem Herrn in einem neuen Leben wandeln. O Gläubiger, wenn du unter großer Versuchung fürchtest, dass du eines dieser Tage durch die Hand des Feindes fallen wirst, so lass dies dich beruhigen. Du sollst niemals dein geistliches Leben verlieren, denn es ist mit Christo in Gott verborgen. Du zweifelst nicht an der Unsterblichkeit deines Herrn; deshalb denke nicht, dass Er dich sterben lassen wird, da du eins mit Ihm bist. Der Beweisgrund für dein Leben ist Sein Leben, und um dieses kannst du keine Furcht haben, deshalb ruhe in deinem lebendigen Herrn.

Joh. 14, 21.

„Und werde mich ihm offenbaren.“

Der Herr Jesus schenkt den Seinen zuweilen ganz besondere Offenbarungen über seine Person. Auch wenn die Heilige Schrift dies nicht ausdrücklich erklärte, so würden es viele Heilige bezeugen müssen aus eigener Erfahrung. Sie haben von ihrem Herrn und Heiland Jesus Christus, ganz besondere Gnadenbezeugungen empfangen, wie weder bloßes Lesen noch Hören sie zu gewähren imstande ist. In den Lebensbeschreibungen vorzüglicher Kinder Gottes findet man viele Beispiele angeführt, wie es dem Herrn Jesu gefallen habe, in ganz besonders vertraulicher Weise mit ihren Herzen zu reden und ihnen die Wunder seines Wesens zu offenbaren; ja, ihre Seelen sind in eine so überschwängliche Glückseligkeit eingetaucht worden, dass sie gemeint haben, sie seien im Himmel, obgleich sie nicht darin waren, sondern vielmehr nur seiner Schwelle ganz nahe kamen. Denn wenn der Herr Jesus sich seinem Volk offenbart, so ist es ein Himmel auf Erden, ein aufblühendes Paradies, ein Anfang der ewigen Seligkeit. Besondere Offenbarungen Christi üben einen heilsamen Einfluss aus auf die Herzen der Gläubigen. Sie wirken zunächst Demut. Wenn jemand sagt: „Ich habe die und jene himmlische Erscheinung gesehen, es ist etwas Besonderes an mir,“ so hat er noch nie irgendeine Gemeinschaft mit seinem Herrn und Heiland gehabt; denn Gott „sieht auf das Niedrige, und kennt den Stolzen von ferne.“ Er braucht nicht in ihre Nähe zu kommen, um sie zu durchschauen, und gibt ihnen seine Liebe nimmer zu schmecken. Eine andre Wirkung ist Glückseligkeit; denn die Gegenwart Gottes gibt ewige Freude die Fülle. Heiligung ist weiter eine selige Folge dieser Offenbarung. Ein Mensch, der nichts von Heiligung weiß, hat nie etwas von einer Offenbarung Gottes an sich erfahren. Manche Menschen reden viel von ihrem Glauben und ihrer Seligkeit; aber all ihr Gerede verdient nicht den geringsten Glauben, wenn ihrem Worten nicht auch ihre Werke entsprechen. „Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten.“ Er schenkt seine Gunst den Gottlosen nicht, sintemal „Gott nicht verwirft die Frommen, und erhält nicht die Hand der Boshaftigen.“ So übt denn die Nähe Jesu eine dreifache Wirkung aus: Demut, Glückseligkeit und Heiligung. Die schenke dir Gott, lieber Christ!

Joh. 14,26

Der Tröster, der Heilige Geist

Unsere Zeit ist vorzüglich die Zeit, wo der Heilige Geist an uns wirkt, wo der Herr Jesus uns nicht so sichtbar mit seiner persönlichen Gegenwart erquickt, wie er es nach und nach tun will, sondern durch die Zuwendung und beständige Nähe seines Heiligen Geistes, der jederzeit der Tröster seiner Gemeinde ist. Das ist sein Amt: die Herzen der Kinder Gottes zu trösten. Er überführt uns unserer Sünde; er erleuchtet und unterweist uns; aber dennoch besteht der wesentliche Teil seiner Arbeit darin, dass er die Herzen der Wiedergeborenen fröhlich macht, die Schwachen stärkt und alle Niedergeschlagenen erhebt. Er bewirkt dies dadurch, dass er ihnen den Herrn Jesus offenbart. Der Heilige Geist richtet uns auf, aber Christus ist die Hilfe. Um ein Bild zu gebrauchen: der Heilige Geist ist der Arzt, aber Jesus das Heilmittel. Er heilt die Wunde, aber er tut es damit, dass er uns die heilige Salbe des Namens und der Gnade Christi auflegt. Er nimmt es nicht von dem Seinen, sondern von dem, das Christi ist. Wenn wir dem Heiligen Geist den Namen „Tröster“ geben, dann überträgt unser Herz auf unseren Herrn und Heiland den Namen: „Er ist unser Trost!“ Wenn dem Christen für sein Bedürfnis eine so reichliche Hilfe gewährt wird, warumsollte er noch traurig und niedergeschlagen sein? Der Heilige Geist hat gnadenvoll zugesagt, dass er dein Tröster sein will; meinst du nun, du schwache und zaghafte, gläubige Seele, dass er seine heilige Pflicht versäumen werde? Wie darfst du voraussetzen, dass er etwas unternommen habe, was er nicht vollenden könne oder möge? Wenn es seine besondere Aufgabe ist, dich zu stärken und zu trösten, meinst du, er habe vergessen, was er sich vorgenommen hat, oder fürchtest du, dass es ihm mit der liebevollen Fürsorge, die er für dich trägt, misslingen werde? Ach, denke doch nicht so unwürdig von dem liebevollen, gütigen Heiligen Geist, dessen Name heißt: „Der Tröster“. Es ist ihm eine Wonne, die Trauernden mit Freudenöl zu salben, und den niedergebeugten, mühseligen Seelen das Feierkleid der Freude herzureichen. Vertraue auf ihn, so wird er dich gewisslich trösten, bis dass das Haus der Trauer auf immer verschlossen wird und die ewige Hochzeitsfreude beginnt.

Joh. 15,2

Einen jeglichen Reben an mir, der nicht Frucht bringt, wird Er wegnehmen, und einen jeglichen, der da Frucht bringt, wird Er reinigen, dass er mehr Frucht bringe. bringe.

Dies ist eine köstliche Verheißung für einen, der für das Fruchtbringen lebt. Zuerst scheint sie ein scharfes Aussehen zu haben. Muss der fruchtbare Rebe gereinigt werden? Muss das Messer selbst die besten und nützlichsten beschneiden? Ohne Zweifel ist es so, denn sehr viel von dem reinigenden Werk geschieht durch Leiden der einen oder andren Art. Nicht die Bösen, sondern die Guten sind es, welche die Verheißung der Trübsal in diesem Leben haben. Aber der Zweck gewährt mehr als Ersatz für die schmerzhaften Mittel. Wenn wir unsrem Herrn mehr Frucht bringen können, so wollen wir uns gern das Reinigen und den Verlust der Blätter gefallen lassen.

Doch wird zuweilen das Reinigen durch das Wort bewirkt, auch ohne Leiden, und dies nimmt alles hinweg, was in dem Ton der Verheißung streng schien. Wir sollen durch das Wort frömmer und nützlicher gemacht werden. Der Herr, der uns in einigem Maße fruchtbar gemacht hat, wird an uns arbeiten, bis wir einen weit höheren Grad der Fruchtbarkeit erreichen. Ist dies nicht eine große Freude? Gewiss, es ist mehr Trost in einer Verheißung der Fruchtbarkeit, als wenn uns Reichtum, Gesundheit und Ehre versprochen wäre.

Herr Jesus, erfülle rasch Dein gnädiges Wort an mir, und lass mich reichlich Frucht bringen zu Deinem Preise

Joh. 15, 4.

„Bleibet in mir.“

Der Umgang mit dem Heiland ist das sicherste Heilmittel gegen alle Übel. Sei es der Wermut des Leidens, sei es der Ekel und Überdruß der Weltlust, so vertreibt die innige Gemeinschaft mit dem Herrn Jesu alle Bitterkeit bei dem Einen, und die krankhafte Übersättigung bei dem Andern. Bleibe in der Nähe deines Erlösers, lieber Christ, so ist es ganz gleichgültig, ob du auf den Hochgefilden der Ehre oder in den Tälern der Erniedrigung wandelst. Bist du deinem Herrn Jesu nahe, so bist du bedeckt von den Fittigen Gottes, und dich tragen und heben Seine ewigen Arme. Lass dich nichts von diesem geheiligten Verkehr abhalten, denn darin liegt das auserwählte Vorrecht einer Seele, die dem Theuer - Geliebten vertrauet ist. Begnüge dich nicht damit, dass du von Zeit zu Zeit einmal sein Antlitz suchst, sondern schließe dich Ihm gänzlich an und bleibe in Seiner Nähe, denn nur in Seiner Gegenwart genießest du Trost und Zuversicht. Der Herr Jesus darf uns nicht ein Freund bleiben, der uns hie und da besucht, sondern wir müssen stets mit Ihm gehen auf allen unsern Wegen. Du hast einen schweren Weg vor dir: Sieh zu, lieber Himmelspilger, dass du ihn nicht ohne deinen Führer unternimmst. Du musst durch den glühenden Feuerofen gehen: gehe nicht hinein, ehe du nicht, wie Sadrach, Mesach und Abed-Nego, den Sohn Gottes als Gefährten bei dir hast. Du musst das Jericho deines Sündenelendes einnehmen: unternimm den Kampf nicht, bis dass du, wie einst Josua, den Fürsten über das Heer des Herrn gesehen hast, mit dem bloßen Schwert in der Hand. Du musst dem Esau deiner mannigfaltigen Versuchungen entgegengehen: begegne ihm nicht, es sei denn, du Habest an der Furth Jabok mit dem Engel Gottes gerungen und obgelegen. In jeder Lage, bei jeder Gelegenheit hast du deinen Jesus nötig, zumeist aber, wenn die ehernen Tore des Todes sich dir einst öffnen. Halte dich fest an dem Bräutigam deiner Seele, lehne dein Haupt an Seine Brust, begehre erquickt zu werden mit dem gewürzten Wein Seiner Granatäpfel, so wird Er dich zuletzt erfinden untadelig, ohne Runzel oder Flecken oder des etwas. Hast du hienieden in Ihm gelebt, so wirst du bei Ihm bleiben ewiglich.

„Weil Du bist mein, und ich bin Dein,
Hoff' ich Dein Erbe dort zu sein.“

(Goldstrahlen März 6)

Joh. 15, 4.

„Die Rebe kann keine Frucht bringen von sich selber.“

Wie hast du‘s angefangen, dass du Frucht brachtest? Du bist zum Herrn Jesu gekommen und hast dich auf seine vollkommene Gerechtigkeit verlassen. O, was hast du da für herrliche Früchte getragen! Erinnerst du dich noch an diese schönen Tage deiner ersten Liebe? Damals hat dein Weinstock in Wahrheit geblüht, die jungen Trauben sind zum Vorschein gekommen, die Granatäpfelbäume haben ausgeschlagen und Augen gewonnen, und die Gewürzgärtlein haben ihren süßen Geruch gegeben. Bist du seitdem matt geworden in deinem Eifer? O, wenn das wäre, so beschwöre ich dich, gedenke der Zeit der ersten Liebe, und tue die ersten Werke. Halte dich vor allem an das, wovon du aus Erfahrung weißt, dass es dich zu Christo hingezogen hat, weil von Ihm alle deine Früchte ausgehen. Jegliche Übung der Gottseligkeit, die dich zu Jesu führt, trägt dazu bei, dass du Frucht trägst. Die Sonne ist ohne Zweifel die hauptsächlichste Ursache der Fruchtbarkeit unter den Bäumen des Obstgartens; und noch in weit höherm Maße ist es der Herr Jesus unter den Bäumen des Gartens seiner Gnade. Wann bist du am unfruchtbarsten gewesen? War‘s nicht damals, wo du fern von deinem Herrn und Heiland Jesus Christus dahinlebtest, wo du lässig warst im Gebet, wo du vom einfältigen Glauben an das Blut deines Erlösers abwichest, wo deine Tugenden dich aufblähten, statt dass du dafür deinem Herrn die Ehre gabst; wo du sprachst: „Mein Berg stehet fest, ich werde nimmermehr daniederliegen;“ und hast vergessen, worin deine Kraft ruht - damals hast du aufgehört, Frucht zu bringen; ist es nicht also? Viele von uns haben durch furchtbare Demütigungen unserer Seelen vor dem Herrn erfahren und gelernt, dass wir nichts haben, was wir nicht von Christo hätten, und nichts, wenn wir nicht vor allem Christum selber haben; und wenn wir gesehen haben, wie äußerst öde und tot alle kreatürliche Kraft ist, so haben wir in unsern Ängsten geschrien: „Bei Ihm allein wird alle meine Frucht gefunden, denn ich kann nie je eine gute Frucht bringen!“ Die Erfahrung vergangener Tage hat uns gelehrt, dass, je einfältiger wir in allen Dingen auf die Gnade Gottes in Christo abstellen, und auf den Heiligen Geist warten, umso mehr werden wir unserem Gott Frucht bringen. O, erwartet alle eure Frucht, wie all euer Leben vom Heiland, und vertrauet ganz und allein auf Ihn!

Joh. 15,7

So ihr in mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

Notwendigerweise müssen wir in Christo Jesu sein, um Ihm zu leben, und wir müssen in Ihm bleiben, um die Gabe dieser Verheißung von Ihm beanspruchen zu können. In Jesu bleiben, das heißt, Ihn niemals um einer andren Liebe oder eines andren Gegenstandes willen verlassen, sondern in einer lebendigen, liebevollen, bewussten, willigen Verbindung mit Ihm bleiben. Der Zweig ist nicht nur stets dem Stamme nahe, sondern empfängt beständig Leben und Fruchtbarkeit von demselben. Alle wahren Gläubigen bleiben in diesem Sinne in Christo; aber es gibt noch einen höheren Sinn, und diesen müssen wir kennen, ehe wir unbeschränkte Macht am Throne erhalten können. Das „Bitten, was ihr wollt“ ist für Henoche, die mit Gott wandeln, für solche, die wie Johannes an des Herrn Brust liegen, für die, deren Verbindung mit Christo zu einer fortwährenden Gemeinschaft mit Ihm führt.

Das Herz muss in der Liebe bleiben, die Seele muss im Glauben gewurzelt sein, die Hoffnung muss mit dem Wort verkittet sein, der ganze Mensch muss mit dem Herrn verbunden sein, sonst wäre es gefährlich, uns Macht im Gebet anzuvertrauen. Die carte blanche kann nur einem gegeben werden, dessen eigentliches Leben ist: „Doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ O ihr, die ihr eure Gemeinschaft unterbrecht, was für Macht verliert ihr! Wenn ihr mächtig in eurem Flehen sein wollt, so muss der Herr selber in euch bleiben und ihr in Ihm.

Joh. 15,7

So ihr in mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

Beachtet wohl, dass wir Jesum sprechen hören müssen, wenn wir erwarten, dass Er uns sprechen hören soll. Wenn wir kein Ohr für Christum haben, so wird Er kein Ohr für uns haben. In dem Maße, wie wir hören, sollen wir gehört werden.

Überdies muss das Gehörte in uns eingehen, in uns leben und muss in unsrem Inneren bleiben als eine Kraft und als eine Macht. Wir müssen die Wahrheit aufnehmen, die Jesus lehrte, die Vorschriften, die Er gab, und die Regungen seines Geistes in uns; sonst werden wir keine Macht am Gnadenstuhl haben.

Gesetzt, dass wir unsres Herrn Worte aufnehmen und dass sie in uns bleiben, welch ein schrankenloses Feld des Vorrechtes ist uns geöffnet! Wir sollen unsren Willen im Gebet haben, weil wir unsren Willen dem Befehl des Herrn schon übergeben haben. So werden Eliase eingeübt, die Schlüssel des Himmels zu handhaben und die Wolken zu verschließen oder zu lösen. Ein solcher Mann ist tausend gewöhnliche Christen wert. Wünschen wir in Demut, Fürbitter für die Kirche und die Welt zu sein und wie Luther von dem Herrn haben zu können, was wir wollen? Dann müssen wir unser Ohr neigen zu der Stimme des Hochgeliebten, seine Worte aufbewahren und ihnen sorgfältig gehorchen. Wer wirksam beten will, der muss „fleißig hören“.

Joh. 15,7

So ihr in mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

Notwendigerweise müssen wir in Christo Jesu sein, um Ihm zu leben, und wir müssen in Ihm bleiben, um die Gabe dieser Verheißung von Ihm beanspruchen zu können. In Jesu bleiben, das heißt, Ihn niemals um einer andren Liebe oder eines andren Gegenstandes willen verlassen, sondern in einer lebendigen, liebevollen, bewussten, willigen Verbindung mit Ihm bleiben. Der Zweig ist nicht nur stets dem Stamme nahe, sondern empfängt beständig Leben und Fruchtbarkeit von demselben. Alle wahren Gläubigen bleiben in diesem Sinne in Christo; aber es gibt noch einen höheren Sinn, und diesen müssen wir kennen, ehe wir unbeschränkte Macht am Throne erhalten können. Das “Bitten, was ihr wollt” ist für Henoche 1), die mit Gott wandeln, für solche, die wie Johannes an des Herrn Brust liegen, für die, deren Verbindung mit Christo zu einer fortwährenden Gemeinschaft mit Ihm führt.

Das Herz muss in der Liebe bleiben, die Seele muss im Glauben gewurzelt sein, die Hoffnung muss mit dem Wort verkittet sein, der ganze Mensch muss mit dem Herrn verbunden sein, sonst wäre es gefährlich, uns Macht im Gebet anzuvertrauen. Die carte blanche kann nur einem gegeben werden, dessen eigentliches Leben ist: “Doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.” 0 ihr, die ihr eure Gemeinschaft unterbrecht, was für Macht verliert ihr! Wenn ihr mächtig in eurem Flehen sein wollt, so muss der Herr selber in euch bleiben und ihr in Ihm.

Joh. 15, 9.

„Gleichwie mich mein Vater liebt, also liebe ich euch auch.“

Gleichwie der Vater den Sohn liebt, so liebt Jesus auch die Seinen. Was ist das für eine göttliche Art! Er liebt Ihn ohne Anfang, und so liebt der Herr Jesus, das Haupt, Seine Glieder. „Ich habe dich je und je geliebt.“ Du kannst die Spuren jeder menschlichen Liebe bis zu ihrem Anfang zurück verfolgen; du kannst leicht finden, wann deine Liebe zu Christo ihren Ursprung genommen hat; aber Seine Liebe zu uns ist ein Strom, dessen Quelle in der Ewigkeit verborgen liegt. Gott der Vater liebt den Herrn Jesum unwandelbar. Lieber Christ, nimm dir das zum Trost, dass keine Veränderung und kein Wechsel der Liebe ist in Jesu Christo, gegen die, die in Ihm bleiben. Gestern warst du auf Tabors Höhe, und du sprachst: „Er liebt mich;“ heute bist du im Tal der Niedergeschlagenheit, aber dennoch liebt Er dich noch als der Gleiche. Auf dem kleinen Berge und im Lande am Jordan und Hermonim hörtest du Seine Stimme, die so lieblich zu dir redete mit dem Hauch der Liebe gleich Turteltauben; und siehe, jetzt auf dem Meere, ja mitten im Meere, wo alle Seine Fluten und Wogen über dich ergehen, ist Sein Herz treu gegen dich, denn du bist wie vordem Seine Liebe. Der Vater liebt den Sohn ohne Ende, und so liebt der Sohn auch die Seinen.

Erlöster, du brauchst nicht zu fürchten, dass du den silbernen Faden verlierst, denn Seine Liebe zu dir hört nimmer auf. Lebe der getrosten Zuversicht, dass auch hinaus bis zum Grabe Christus mit dir geht, und dass Er aus des Grabes Tiefe dich wieder hinaufgeleitet zu den himmlischen Höhen. Der Vater aber liebt den Sohn auch ohne Maß und Ziel, und gleiche unermessliche Liebe strömt vom Sohne aus auf Seine Auserwählten. Das ganze Herz Christi ist Seinem Volk geweiht. Er „hat uns geliebt und sich selbst dargegeben für uns.“ Er ist die Liebe, die alle Erkenntnis übertrifft. O, wir haben wahrlich einen unwandelbaren Heiland, einen köstlichen Heiland, einen Heiland, der über alle Maßen liebt, ohne Wandel, ohne Anfang und ohne Ende, gleichwie der Vater Ihn liebt! Welch eine Erquickung liegt darin für die, welche es erfassen können! Möge Gott der Heilige Geist uns von diesem Liebesmahl das Fett und das Mart zu genießen geben! (Goldstrahlen März 18)

Joh. 15, 19.

„Ich habe euch von der Welt erwählt.“

In diesen Worten liegt erwählende Gnade und heiligende Bewahrung ausgedrückt; denn ihrer etliche werden hiernach zum ganz besonderen Gegenstand der göttlichen Liebe und Zuneigung erkoren. Fürchte dich nicht, lieber Christ, den prüfenden Blick auf diese erhabene Lehre von der Gnadenwahl zu lenken. Wenn dein Gemüt schwer beladen und gedrückt ist, so wirst du erfahren, dass dir diese Wahrheit zur lieblichsten Herzensstärkung gereicht. Wer an der Lehre von der freien Gnade zweifelt oder sie in den Schatten stellen kann, beraubt sich selbst der herrlichsten Trauben von Eskol; er bringt sich um das fette Mahl, das Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darinnen keine Hefen sind. Keine Salbe in Gilead kommt ihr gleich. Wenn der Honig am Stab Jonatans schon beim bloßen Kosten die Augen hell machte, so ist dies Honig, der dein Herz fest machen kann und erleuchten zur Liebe, und es kann die Geheimnisse des Reiches Gottes lehren. Iss, und fürchte nicht, du werdest dich überessen; nähre dich mit diesem köstlichen Leckerbissen, und fürchte nicht, er werde eine allzu leckere Nahrung sein. Speise von des Königs Tische widerstrebet keinem seiner Höflinge. Trachte danach und lass dir‘s angelegen sein, dass du deine Geisteskräfte entwickeln mögest, damit du mehr und mehr die ewige, unvergängliche, heiligende Liebe Gottes erfassen und begreifen könnest. Wenn du die Höhen der Gnadenwahl einmal erstiegen hast, so verweile auch auf dem Schwesterberge: dem Bund der Gnade. Bundesverheißungen sind die Befestigungen der gewaltigen Burg, hinter welcher wir verschanzt sind; Bundesverheißungen mit der sicheren Bürgschaft unseres Erlösers und Heilandes Jesu Christi sind die stillen Ruhestätten zitternder Seelen.

Wenn Jesus sich verpflichtet hat, mich einzubringen zur Herrlichkeit, und wenn der Vater verheißen hat, dass Er mich dem Sohn schenken wolle als Anteil an dem unendlichen Lohn für seine Seelenleiden, dann, liebe Seele, bist du wohlgeborgen, so lange bis Gott untreu wird, so lange bis Jesus aufhören wird, der Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein. Als David vor der Bundeslade her tanzte, sagte er zu Michal, seine Erwählung mache ihn so fröhlich. Komm, meine Seele, tanze vor dem Gott der Gnade, und jauchze vor Freude deines Herzens.

Joh. 16,13

Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten.

Die Wahrheit ist gleich einer weiten Höhle, in die wir hineinzugehen wünschen, aber wir sind nicht im Stande, sie allein zu durchwandern. Am Eingang ist sie klar und hell; aber wenn wir weiter gehen und ihre innersten Räume durchforschen wollen, müssen wir einen Führer haben, sonst verirren wir uns. Der Heilige Geist, der alle Wahrheit vollkommen kennt, ist der verordnete Führer aller wahren Gläubigen, und Er führt sie, je nach ihrer Fähigkeit dies zu ertragen, von einer Kammer in die andre, so dass sie die „tiefen Dinge Gottes“ (1. Kor. 2,10) sehen und sein Geheimnis ihnen klar gemacht wird.

Was für eine Verheißung ist dies für den demütig forschenden Geist! Wir wünschen die Wahrheit zu kennen und in sie einzudringen. Wir sind uns unserer Geneigtheit zum Irregehen bewusst und fühlen die dringende Notwendigkeit eines Führers. Wir freuen uns, dass der Heilige Geist gekommen ist und unter uns bleibt. Er lässt sich herab, unser Führer zu sein, und wir nehmen froh seine Führerschaft an. „Alle Wahrheit“ wünschen wir zu lernen, um nicht einseitig und aus dem Gleichgewicht zu sein. Wir möchten nicht gern über irgend einen Teil der Offenbarung in Unwissenheit bleiben, aus Furcht, dass wir dadurch eines Segens verlustig gehen oder Sünde auf uns laden könnten. Der Geist Gottes ist gekommen, auf dass Er uns in alle Wahrheit leite: lasst uns mit gehorsamem Herzen auf seine Worte merken und seiner Führung folgen.

Joh. 16,14

Derselbige wird mich verklären; denn von dem Meinen wird Er es empfangen und euch zeigen.

Der Heilige Geist selber kann den Herrn Jesus nicht besser verklären, als indem Er uns das zeigt, was Christus ist. Jesus ist sich selbst die Beste Empfehlung. Er kann nicht anders geschmückt werden, als mit seinem eignen Golde.

Der Tröster zeigt uns das, was Er von unsrem Herrn Jesus empfangen hat. Wir sehen niemals etwas richtig, bis Er es offenbart. Er hat eine Weise, unser Verständnis zu öffnen und die Schrift zu öffnen, und durch dieses beides stellt Er uns unsren Herrn dar. Es liegt viel Kunst in der Darstellung einer Sache, und diese Kunst ist im höchsten Grade dem Geist der Wahrheit eigen. Er zeigt uns die Dinge selbst. Dies ist ein großes Vorrecht, wie diejenigen wissen, welche sich der heiligen Vision erfreut haben.

Lasst uns die Erleuchtung des Geistes suchen; nicht um unsre Neugierde zu befriedigen, nicht einmal um uns persönlich Trost zu bringen, sondern um den Herrn Jesus zu verklären. Niedrige Vorstellungen verunehren unsren teuren Herrn. O, dass wir so lebhafte Eindrücke von seiner Person, seinem Werk und seiner Herrlichkeit empfingen, dass wir mit Herz und Seele jauchzten zu seinem Preise! Wo ein durch des Heiligen Geistes Lehren bereichertes Herz ist, da wird ein über alle Worte hinaus verklärter Heiland sein. Komm, Heiliger Geist, himmlisches Licht, und zeige uns Jesus, unsren Herrn.

Joh. 16, 15.

„Er wird es von dem Meinen nehmen und euch verkündigen.“

Es gibt Zeiten, wo alle Verheißungen und Lehren der Bibel für uns tot sind, bis die Hand der Gnade sie uns zu eigen macht. Wir sind voll Durst, aber zu matt, um bis zur Wasserquelle zu kriechen. Wenn ein Krieger in der Schlacht verwundet wird, so nützt es ihm wenig, wenn er weiß, dass im Lazarett liebende Hände sind, welche die Wunde verbinden, und lindernde Mittel, welche die Schmerzen stillen, die er jetzt leidet; was er bedarf, ist, dass man ihn dorthin bringe, damit ihm solche Sorgfalt und Linderung zuteil werden könne. So verhält es sich mit unsren Seelen; und dies unser Bedürfnis zu stillen, ist Einer vorhanden, der Geist der Wahrheit, der Jesu Gnade nimmt und sie uns als heilenden Balsam auflegt. Meinet nicht, Christus habe seine Freuden auf himmelhohen Bergen aufgepflanzt, damit wir uns abmühen, sie dort oben zu holen, sondern Er kommt damit zu uns und gießt seinen Frieden aus in unsre Herzen. O lieber Christ, wenn du heute Abend unter schwerer Traurigkeit erseufzest, so fasse zu Herzen, dass dein Vater dir keine Verheißungen gibt und dir dann überlässt, sie aus seinem Worte zu schöpfen, wie du das Wasser im Eimer aus dem Brunnen schöpfest; sondern die Verheißungen, die Er in seinem Buch aufgezeichnet hat, schreibt Er auch auf dein Herz. Er offenbart seine Liebe zu dir und zerstreut durch seinen Heiligen Geist alle deine Sorgen und Ängste. Wisse, du Trauernder, dass es Gottes seligstes Vorrecht ist, jede Träne von den Augen der Seinen abzuwischen. Der barmherzige Samariter sprach nicht: „Hier hast du Wein und Öl;“ er goss dem Verwundeten den Wein und das Öl selber ein. So schenkt dir der Herr Jesus nicht nur den süßen Wein seiner Verheißung, sondern hält dir den goldenen Becher an die Lippen und flößt die Lebensstärkung deinem Munde ein. Der arme, kranke, müde Pilger wird nicht nur zum Wandel gestärkt, sondern auf Adlers Flügeln getragen. Herrliches Evangelium! welches den Hilfsbedürftigen alles schenkt, welches zu uns kommt, wenn wir nicht zu ihm zu kommen vermögen, und uns Gnade bringt, ehe wir nur um Gnade bitten! Es ist so viel Herrlichkeit im Darreichen wie in der Gabe selber. Seliges Volk des Herrn!

Joh. 16,20

Eure Traurigkeit soll in Freude verkehrt werden.

Ihre besondere Traurigkeit war die über den Tod und die Abwesenheit ihres Herrn, und sie ward in Freude verkehrt, als Er von den Toten auferstand, und sich in ihrer Mitte zeigte. Alle Schmerzen der Heiligen sollen so verwandelt werden; selbst die schlimmsten derselben, die aussehen, als müssten sie auf immer Quellen der Bitterkeit bleiben.

Also je mehr Schmerz, desto mehr Freude. Wenn wir Lasten des Schmerzes haben, wird des Herrn Macht sie in Tonnen der Freude verwandeln. Je bitterer das Leid, desto süßer der Vergnügen: wenn das Pendel weit zur Linken schwingt, wird es nachher umso weiter zur Rechten gehen. Die Erinnerung an den Kummer wird das Gefühl der Wonne noch erhöhen: wir werden die eine im Gegensatz zu dem andren stellen, und der Glanz des Diamanten wird durch die schwarze Folie hinter ihm noch klarer ins Auge fallen.

Komm, mein Herz, sei getrost! In einer kleinen Weile werde ich so fröhlich sein, wie ich jetzt trübe bin. Jesus sagt mir, dass durch eine himmlische Alchemie meine Traurigkeit in Freude verwandelt werden soll. Ich sehe nicht, wie es geschehen kann, aber ich glaube es, und ich beginne im Vorgefühl davon zu singen. Diese Niedergeschlagenheit des Geistes ist nicht auf lange, ich werde bald unter den Seligen sein, welche den Herrn Tag und Nacht loben, und da werde ich von der Gnade singen, die mich aus großer Trübsal befreit hat.

Joh. 16,22

Ich will euch wiedersehen und euer Herz soll sich freuen.

Gewiss, Er wird zum zweitenmal kommen, und dann, wenn Er uns sieht und wir Ihn sehen, so wird in Wahrheit Freude da sein. O, dass diese frohe Wiederkehr da wäre!

Aber diese Verheißung wird täglich in einem andren Sinne erfüllt. Unser gnadenvoller Herr hat viele „wieder“ in seinem Handeln mit uns. Er gab uns Vergebung, und Er sieht uns wieder und wiederholt das freisprechende Wort, wenn neue Sünden uns Schmerz verursachen. Er hat uns geoffenbart, dass wir vor Gott angenommen sind, und wenn unser Glaube an diese Segnung ein wenig trübe wird, so kommt Er wieder und wieder zu uns und spricht: „Friede sei mit euch!“ und unsre Herzen sind froh.

Geliebte, alle unsre früheren Gnadenerweisungen sind Zeichen von zukünftigen. Wenn Jesus bei uns gewesen ist, will Er uns wieder sehen. Blickt auf seine frühere Gunst nicht als etwas Totes und Begrabenes, über das zu trauern ist; sondern betrachtet sie als einen gesäten Samen, der wachsen wird und sein Haupt aus dem Staub emporheben und rufen: „Ich will euch wieder sehen“. Sind die Zeiten dunkel, weil Jesus nicht mit uns ist, wie Er es zu sein pflegte? Lasst uns Mut fassen; denn Er wird nicht lange fort sein. Seine Füße sind gleich denen eines Rehes oder jungen Hirsches, und sie werden Ihn bald wieder zu uns bringen. Deshalb lasst uns beginnen, fröhlich zu sein, da Er zu uns eben jetzt spricht: „Ich will euch wiedersehen.“

Joh. 16, 32.

„Es kommt die Stunde, dass ihr zerstreut werdet, ein jeglicher in das Seine, und mich allein lasset.“

Nur wenige Jünger waren Zeugen des Leidens in Gethsemane. Die Mehrzahl derselben war noch nicht gefördert genug in der Gnadenerkenntnis, um teilhaben zu dürfen an dem Anblick der Geheimnisse, die sich offenbarten an der Stätte, da Er „mit dem Tode rang;“ ein jeder von ihnen war mit der Passahfeier im eigenen Hause beschäftigt, und so vergegenwärtigen sie uns die vielen, die nach dem Buchstaben leben, aber noch unmündig sind in Beziehung auf den Geist des Evangeliums. Nur Zwölfen, nein, nur Elfen war gestattet worden, mit in den Garten Gethsemane zu gehen und zu „besehen dies große Gesicht.“

Von den Elfen mussten acht in einiger Entfernung zurückbleiben; sie waren wohl Genossen der Gemeinschaft, aber nicht in so vertraulichem Grade, wie es innig geliebten Menschen sonst zuteil wird. Nur drei Bevorzugte durften dem Vorhang des geheimnisvollen Leidens unsers Herrn nahen; und auch sie mussten davor stehen bleiben bei einem Steinwurf weit. Er musste die Kelter allein treten, und niemand durfte bei Ihm sein. Petrus und die beiden Söhne Zebedäi vertreten die vorzüglichen, bewährten Heiligen, die den Namen „Väter“ verdienen; sie kennen die Wut großer Wellen und können vielleicht die ungeheuren Sturmfluten des Heilandsleidens ermessen. Wenigen auserwählten Geistern wird zum Besten andrer und zur Stärkung für künftige Zeiten ein besonderer furchtbarer Kampf verordnet, um ins innere Heiligtum eintreten und das Flehen des leidenden Hohenpriesters vernehmen zu können: sie dürfen erkennen die Gemeinschaft seiner Leiden, dass sie seinem Tode ähnlich werden. Aber auch diese können nicht hindurchdringen in das Allerheiligste seiner Schmerzen. „Deine unerkannten Leiden,“ lautet eine merkwürdige Stelle der griechischen Liturgie: es gab noch einen innersten Raum in der Trübsalswohnung unsers Meisters, der jedem menschlichen Blick und Zutritt verschlossen blieb. Dort wird Jesus „einsam gelassen.“ Hier war Jesus mehr als je eine „unaussprechliche Gabe!“ Es heißt so schön in einem unserer Lieder:

„Herr, stärke mich,
Dein Leiden zu bedenken,
Mich in das Meer der Liebe zu versenken,
Das Dich bewog,
von aller Schuld des Bösen
Uns zu erlösen.“

Joh. 16,33

In der Welt habt ihr Trübsal, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Meines Herrn Worte über die Trübsal sind wahr. Ich habe meinen Anteil daran ohne allen Zweifel. Der Dreschflegel ist nicht aufgehangen, und ich kann nicht hoffen, dass er beiseite gelegt wird, so lange ich auf der Dreschtenne liege. Wie kann ich erwarten, in des Feindes Lande daheim zu sein, fröhlich in der Verbannung oder behaglich in der Wüste? Hier ist nicht meine Ruhe. Hier ist der Ort des Schmelzofens, der Schmiede und des Hammers. Meine Erfahrung stimmt mit den Worten meines Herrn überein.

Ich beachte, wie Er mich „getrost sein“ heißt. Ach, ich bin viel zu geneigt, niedergeschlagen zu sein. Mein Mut sinkt bald, wenn ich schwer geprüft werde. Aber ich muss diesem Gefühl nicht nachgeben. Wenn mein Herr mich getrost sein heißt, so darf ich nicht wagen, niedergedrückt zu sein.

Was ist der Grund, den Er zu meiner Ermutigung gebraucht? Nun, es ist sein eigner Sieg. Er sagt: „ich habe die Welt überwunden.“ Sein Kampf war viel schwerer als der meine. Ich habe noch nicht bis aufs Blut widerstanden. Warum verzweifle ich daran, zu überwinden? Sieh, meine Seele, der Feind ist schon einmal überwunden worden! Ich streite mit einem geschlagenen Feind. O Welt, Jesus hat dich schon besiegt, und in mir wird Er dich durch Seine Gnade wiederum überwinden. Deshalb bin ich getrost und singe meinem siegreichen Herrn ein Lied.

Joh. 16, 33.

„In der Welt habt ihr Angst.“

Fragst du nach dem Grund dieser göttlichen Anordnung, lieber Leser? Schau über dich hinauf zu deinem himmlischen Vater und siehe, wie rein und heilig Er ist. Weißt du, dass du eines Tages Ihm gleich sein wirst? Wirst du ohne Mühe seinem Ebenbilde gleich werden können? Wirst du nicht müssen durchläutert werden im Ofen der Trübsal, damit du gereiniget werdest? Wird es dir etwas Leichtes sein, aus deinem Verderben los zu kommen und vollkommen gemacht zu werden, gleichwie dein Vater im Himmel vollkommen ist? Und dann, lieber Christ, wende deinen Blick unter dich. Weißt du, was für Feinde dir auflauern? Du warst einst ein Knecht und Untertan Satans; und kein König lässt gern seine Untertanen fahren. Meinst du, der Satan werde dich unangefochten lassen? Nein, er wird sich jederzeit an dich machen, denn er „geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge.“ Darum mache dich auf Trübsal gefasst, lieber Christ, wenn du unter dich blickst. Und weiter schau um dich. Wo bist du? Du stehst in Feindesland als ein Fremdling und Flüchtling. Die Welt ist nicht dein Freund. Wenn sie es wäre, denn wärest du Gottes Freund nicht; denn wer der Welt Freund ist, ist Gottes Feind. Zähle darauf, dass du überall Feinden begegnest. Wenn du schläfst, so wisse, dass du auf dem Schlachtfelde ruhst; wenn du umhergehst, so nimm dich bei jedem Gebüsch vor einem Hinterhalt in Acht. Gleichwie die Moskitos, wie man sagt, die Fremden heftiger belästigen als die Einheimischen, so werden auch die Trübsale dieser Welt dir am härtesten zusetzen. Endlich schaue in dich, in dein eigenes Herz, und siehe zu, was du da findest. Sünde und Selbstsucht wohnen noch immer darin. Ach! wenn du keinen Satan hättest, der dich versucht, keine Feinde, die dich anlaufen, und keine Welt, die dich lockt, so fändest du in dir selber Böses genug, was dir Kummer und Kreuz bereitet, denn „das Herz ist ein trotziges und verzagtes Ding, wer kann es ergründen?“ So mache dich denn auf Trübsal gefasst, aber verzweifle nicht darüber, denn Gott ist mit dir, um dir zu helfen und dich zu stärken. Er hat gesagt: „Ich bin bei dir in der Not, ich will dich herausreißen und zu Ehren machen.“

„Hab‘ Geduld, bis die Huld
Deines Vaters eilet
Und das Herz dir heilet.“

Joh. 17, 15.

„Ich bitte nicht, dass Du sie von der Welt nehmest.“

Es ist ein seliges und liebliches Ereignis, das allen Gläubigen bevorsteht zu der Zeit, da es Gott wohlgefällig ist, dass wir heimgehn dürfen, um bei Jesu zu sein. Nach etlichen wenigen Jahren werden die Streiter des Herrn, die hienieden kämpfen „den guten Kampf des Glaubens,“ den Streit überwunden haben und werden eingegangen sein zu ihres Herrn Freude. Aber obgleich Christus will, dass die Seinen einst bei Ihm seien, wo Er ist, so bittet Er doch nicht, dass sie plötzlich von der Welt in den Himmel möchten genommen werden. Er wünscht, dass sie hienieden bleiben. Und wie oft sendet dennoch der müde Pilger die Bitte hinauf zum Gnadenthron: „O, hätte ich Flügel wie Tauben, dass ich flöge und irgendwo bliebe!“ aber Christus, unser Herr, bittet nicht also; Er hinterlässt uns und befiehlt uns in seines Vaters Hände, bis wir gleich Garben reifen Korns eingesammelt werden in die Scheunen unsres Meisters. Der Herr Jesus bittet für uns nicht um eine Erlösung durch einen baldigen Tod, denn es ist nötig, im Fleisch bleiben, um andrer willen, ob es uns auch nicht zum größeren Segen dient. Er bittet, dass uns der Vater bewahre vor dem Übel, aber nimmermehr bittet Er für uns, dass wir eingehen dürfen zum Erbteil der ewigen Herrlichkeit, ehe wir zum vollen Alter herangewachsen sind. Christen wünschen oft zu sterben, wenn sie von irgendeiner Trübsal heimgesucht werden. Fragt sie warum, so antworten sie: „Weil wir möchten bei dem Herrn sein.“ Wir fürchten aber, es sei ihnen nicht sowohl darum zu tun, bei dem Herrn zu sein, als ihrer Trübsale los zu werden; sonst würden sie das gleiche Verlangen nach dem Tode auch zu andern Zeiten hegen, wo sie nicht dem Druck der Drangsale seufzen. Sie möchten gern heimgehen, nicht sowohl um der Nähe des Heilands willen, als um der Ruhe genießen zu können. Nun ist es aber recht und gut, wenn wir Lust haben, so abzuscheiden, wie der Apostel Paulus, dieweil bei Christo zu sein viel besser wäre; aber das Verlangen, der Trübsal zu entfliehen, ist ein selbstsüchtiger Wunsch. Vielmehr sei euer Sehnen und Sorgen, dass ihr möget Gott verherrlichen durch euer Leben, solange es Ihm gefällt, und wäre es auch mitten unter Mühe und Kampf und Leiden, und überlasset es Ihm, zu sagen: „Es ist genug.“ Wenn die rechte Stunde kommt, wird Er euch schon heimholen.

Joh. 17, 17.

„Heilige sie in Deiner Wahrheit.“

Mit dem Augenblick der Wiedergeburt beginnt auch die Heiligung. Der Geist Gottes haucht dem Menschen jenes neue Leben ein, durch welches er eine „neue Kreatur“ in Christo Jesu wird. Dies Werk, das mit der Neugeburt anfängt, wird in zwiefacher Weise fortgeführt, durch die Selbstverleugnung, in welcher die Lüste des Fleisches gedämpft und unterdrückt werden; und durch die Lebendigmachung, wodurch das Leben, das Gott in uns gepflanzt hat, zu einem Brunnen lebendigen Wassers wird, das in das ewige Leben quillet. Beides vollzieht sich täglich in dem, was man „Standhaftigkeit“ nennt, wodurch der Christ bewahrt und gefördert wird in einem Stande der Gnade und erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum geschehen zur Ehre und zum Lobe Gottes; und es gipfelt sich und kommt zur Vollkommenheit in „Herrlichkeit“, wenn die Seele, nachdem sie völlig durchläutert ist, aufgenommen wird in den Himmel, um zu wohnen mit allen heiligen Wesen zur Rechten der Majestät in der Höhe. Aber während der Geist Gottes auf solche Art der Urheber der Heiligung ist, tritt noch eine wahrnehmbare wirksame Macht hinzu, die nicht darf außer acht gelassen werden. „Heilige sie,“ spricht der Herr Jesus, „in Deiner Wahrheit: Dein Wort ist die Wahrheit.“ Die Stellen Heiliger Schrift, welche zeigen, dass das Werkzeug zu unserer Heiligung das Wort Gottes ist, sind sehr zahlreich. Der Geist Gottes bringt unserem Gemüt die Vorschriften und Lehren der Wahrheit nahe und macht sie kräftig und wirksam in ihm. Sie werden mit dem Ohr vernommen und empfangen im Herzen, und wirken in uns beides, das Wollen und das Vollbringen, nach Gottes Wohlgefallen. Die Wahrheit ist, was uns heiliget, und wenn wir die Wahrheit nicht hören oder lesen, so können wir nicht in der Heiligung wachsen.

Wir können nur dann in einem gesunden Leben wandeln und wachsen, wenn wir zunehmen in der gesunden Erkenntnis der Wahrheit. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“ Sage nicht von irgendeinem Irrtum, es habe nichts auf sich, es handle sich bloß um Ansichten und Meinungen. Niemand duldet einen Irrtum im Urteil, ohne früher oder später auch einen Irrtum in der Tat zu gestatten. Bleibe streng bei der Wahrheit, denn wenn du das tust, wird dich der Geist Gottes heiligen. Herr, heilige auch mich in Deiner Wahrheit, Dein Wort ist die Wahrheit!

Joh. 17, 22.

„Und ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die Du mir gegeben hast.“

Schaue an die außerordentliche Freigebigkeit des Herrn Jesu, denn Er hat uns sein Alles geschenkt. Wenngleich schon der bloße Zins alles dessen, was Er besitzt, eine ganze Welt von Engeln über alle Vorstellung reich gemacht hätte, so gab Er sich doch nicht zufrieden, bis dass Er all sein Eigentum uns zu eigen gegeben hatte. Es wäre schon eine überaus wundervolle Freundlichkeit gewesen, wenn Er uns gestattet hätte, die Brosamen seiner Güte unter dem Tische seiner Gnade aufzulesen und zu essen; aber was Er tut, will Er nicht nur halb tun; Er setzt uns zu sich an seine Freudentafel, und teilt sein Mahl mit uns. Hätte Er uns eine kleine Zehrung von seinem königlichen Einkommen gewährt, so hätten wir Ursache genug gehabt, Ihm unsre Liebe auf ewig zu schenken; aber nein, Er will haben, dass seine Braut so reich sei wie Er und begehrt keine Herrlichkeit und keine Hoheit zu besitzen, die sie nicht mit Ihm teilt. Er hat sich nicht mit etwas Geringerem begnügen wollen, als damit, dass wir seine Miterben sein sollen, und hat uns ein gleiches Erbteil zu eigen geschenkt. Er hat alle seine Schätze ausgeschüttet in die Schatzkammer der Brautgemeinde, und hält alle Dinge gemein mit seinen Erlösten. Es ist kein Gemach in seinem Hause, dessen Schlüssel Er den Seinen vorenthielte. Er gewährt ihnen volle Freiheit, alles, was Er hat, sich zum Eigentum zu nehmen; Er hat es gern, wenn sie mit seinen Schätzen frei schalten und walten, und für sich behalten, so viel sie nur zu tragen vermögen. Die unendliche Fülle seiner Allgenugsamkeit steht dem Gläubigen so frei zur Verfügung, wie die Luft, die er atmet. Christus hält den Becher seiner Liebe und Gnade dem Frommen an die Lippen und heißt ihn trinken ohne Aufhören; denn wenn er den Becher leeren könnte, so wäre er ein willkommener Gast; aber auch so, wo er ihn nie und nimmer zu erschöpfen vermag, soll er nur forttrinken in alle Ewigkeit, denn alles gehört ihm. Was können Erde und Himmel für einen stärkern Beweis der Gemeinschaft geben?

„Ein Tröpflein von den Reben
Der süßen Ewigkeit
Kann mehr Erquickung geben,
Als alle Herrlichkeit der Zeit.“

Joh. 17, 23.

„Ich in ihnen.“

Wenn die Vereinigung so innig ist, die zwischen unsern Seelen und der Person unsers Herrn und Heilandes stattfindet, wie tief und breit da der Strom unsers Umgangs mit Ihm fließen! Es ist kein dünnes Rohr, durch das die fadenschmale Strömung sich hindurchschlängelt, sondern es ist eine Wasserstraße von erstaunlicher Breite und Tiefe, längs deren herrlichem Bette eine meeresgleiche Flut lebendigen Wassers ihre Wogen hinabwälzt. Sieh, Er hat vor uns gegeben eine offne Tür, so wollen wir nicht verziehen, dadurch einzugehen. Diese Stadt der Gemeinschaft hat viele Perlentore, und jedes Tor ist weit aufgetan, damit wir sollen eingehen, eines willkommenen, herrlichen Empfanges sicher. Wäre nur ein enges Sprachgitter vorhanden, durch welches wir mit dem Herrn Jesus verkehren könnten, so müssten wir‘s dennoch für einen großen Vorzug achten, wenn wir ein Wort der Liebe und Gemeinschaft durch die schmale Öffnung werfen dürften; wie groß ist darum die Gnade, dass uns ein so weiter Zugang geöffnet ist! Wäre der Herr Jesus weit von uns entfernt, und trennten uns stürmische Meere von Ihm, so würden wir das sehnliche Verlangen hegen, Ihm einen Boten zusenden zu können, der Ihm unsre Liebesgrüße überbrächte, und uns Nachricht brächte aus seines Vaters Hause; aber siehe seine Freundlichkeit; Er hat seine Wohnung dicht vor unserer Tür aufgeschlagen, ja, vielmehr, Er macht Wohnung bei uns, und richtet sich ein Heiligtum zu in unsern armen, demütigen Herzen, damit Er solchermaßen in beständigem Verkehr mit uns bleibe. Ach, wie töricht müssten wir doch sein, wenn wir nicht im unablässigen Umgang mit Ihm blieben! Wenn der Weg weit und gefahrvoll und mühselig ist, dann brauchen wir uns nicht zu verwundern, wenn Freunde einander nur selten besuchen; wenn sie aber bei einander wohnen, wird dann wohl Jonatan seinen David vergessen? Wenn ein Mann über Land ist, so mag sein Weib seinen Umgang und seine Unterhaltung manchen langen Tag entbehren; aber sie könnte es nicht aushalten, von ihm getrennt zu bleiben, wenn sie wüsste, er sei im Hause anwesend. Nun, gläubige Seele, sitzest du nicht bei Ihm an seinem Gastmahl? Suche deinen Herrn, denn Er ist dir nahe; umarme Ihn, denn Er ist dein Bruder. Lass Ihn nicht, denn Er ist dein Mann, und drücke Ihn an dein Herz, denn Er ist dein Fleisch und Blut.

Joh. 17, 24.

„Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die Du mir gegeben hast.“

Tod, warum rührst du den Baum an, unter dessen weitschattenden Zweigen der Müde Ruhe findet? Warum raubst du die Trefflichsten von dieser Erde, an welchen wir unsere höchste Wonne haben? Wenn du deine Axt gebrauchen willst, so versuche sie an den Bäumen, die keine Frucht geben, so wirst du dir Dank verdienen. Warum aber schlägst du die herrlichen Cedern auf Libanon? Du, halt inne mit deinen Schlägen und verschone die Gerechten! Aber nein, es darf nicht sein; der Tod trifft mit unwiderstehlicher Kraft die holdseligsten unter unsern Freunden; die Großmütigsten, die Gottesfürchtigsten, die Geheiligtsten, die Gesalbtesten müssen sterben. Und warum? Weil der Herr Jesus in Seinem hohenpriesterlichen Gebet gefleht hat: „Vater, Ich will, dass, wo ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast.“ Das ists, was sie auf Adlers Flügeln gen Himmel trägt. Immer und immer wieder steigt ein Kind des Glaubens von dieser Erde zum Paradies empor; es ist eine Erhörung des Gebets unsers Heilandes. Ein trefflicher, alter Gottesmann sagt: „Manchmal arbeiten Jesus und die Seinen einander im Gebet entgegen. Ihr beugt euere Knie im Gebet und sprecht: Vater, ich will, dass, wo ich bin, Deine Heiligen bei mir seien; Christus spricht: Vater, Ich will, dass, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast.“ So streitet die Absicht des Jüngers mit derjenigen seines Herrn. Die Seele kann nicht an beiden Orten zugleich sein; der Geliebte kann nicht zugleich bei Christo und auch bei euch sein. Nun, welche von beiden Bitten wird wohl den Sieg davon tragen? Wenn du wählen dürftest; wenn der König von Seinem Throne herabstiege und sagte: „Hier sind zwei Bittsteller, deren Anliegen einander zuwider laufen, welchem soll ich seine Bitte gewähren?“ O, ich bin gewiss, wenn es dich auch einen schweren Kampf kostete, so würdest du doch von deinen Knien aufstehen und sagen: „Herr Jesu, nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!“ Du würdest deine Bitte um das Leben deines Geliebten dahingeben, wenn du die Gewissheit hättest, dass Christi Gebet es anders will: „Vater, Ich will, dass, wo Ich bin, auch die bei Mir seien, die Du Mir gegeben hast.“ Herr, so nimm sie hin zu Dir! (Goldstrahlen März 22)

Joh. 18, 8.

„Jesus antwortete: Suchet ihr denn mich, so lasset diese gehen.“

Habe acht, meine Seele, auf die Fürsorge, die der Herr Jesus sogar in dieser Stunde der Versuchung den Schafen seiner Hand bewies! Die waltende Liebe des Leidenden ist stark bis in den Tod. Er ergibt sich dem Feinde, aber Er legt sein Allmachtswort ein, damit seine Jünger freigelassen werden. Für sich selber „tut Er seinen Mund nicht auf, wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummet vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut;“ aber für seine Jünger redet Er mit mächtiger Kraft. Das ist Liebe, standhafte, selbstverleugnende, treue Liebe! Aber liegt darin nicht noch viel mehr, als ein Blick auf die Oberfläche offenbart? Liegt nicht das innerste Wesen und die Seele des Erlösungswerkes in diesen Worten? Der gute Hirte lässet sein Leben für die Schafe und fordert, dass sie deshalb frei ausgehen. Die Bürgschaft ist anerkannt und angenommen, darum verlangt die Gerechtigkeit, dass die, für die Er einsteht, ihrer Wege gehen dürfen. Mitten aus der ägyptischen Knechtschaft ertönt dies mächtige Wort: „Lasset diese gehen.“ Die Erlösten sollen aus der Sklaverei der Sünde und des Satans entrinnen. In jeder Kerkerzelle des Abgrunds der Verzweiflung widerhallt das Wort: „Lasset diese gehen,“ und Zaghaft und Furchtsam werden frei. Satan vernimmt die wohl bekannte Stimme, und hebt den Fuß vom Nacken der Gefallenen; und der Tod hört sie, und das Grab öffnet seine ehernen Pforten, und lässt die Toten auferstehen. Ihr Weg ist ein Weg der Vervollkommnung, der Heiligung, des Sieges und der Herrlichkeit, und niemand darf sie aufhalten. Kein Löwe wird sich auf ihrem Wege lagern, noch wird irgendein wildes Tier ihn betreten. „Die Hindin, die frühe gejagt wird,“ hat die grausamen Jäger auf ihre Fährte gelockt; und nun dürfen die furchtsamsten Rehe und Hindinnen des Feldes in völliger Ruhe weiden unter den Rosen seiner Liebe. Die Gewitterwolke ist losgebrochen über dem Kreuz auf Golgatha, und die Zionspilger werden nimmermehr getroffen von den Blitzen des göttlichen Zorns. Komm, mein Herz, freue dich der Freiheit, welche dein Erlöser dir erworben hat, und lobpreise seinen Namen einen Tag um den andern.

Joh. 19, 5.

„Seht, welch ein Mensch!“

Wenn es irgend einen Ort gibt, wo unser Herr Jesus aufs völligste als der Trost und die Freude Seines Volkes dasteht, so ists da, wo er am tiefsten in den Abgrund der Schmerzen versenkt ward. Kommet hieher, begnadigte Seelen, und schauet den Menschen im Garten Gethsemane; betrachtet Sein Herz, das vor Liebe so geschwellt wird, dass Er sie nicht mehr zurückhalten kann, das so von Schmerzen erfüllt ist, dass sie sich einen Ausweg bahnen müssen. Sieh Seinen blutigen Schweiß; er dringt auf jeder Pore Seines Leibes und fällt auf den Boden. Sieh den Menschen an, sie treiben Ihm die Nägel durch Hände und Füße. Schauet empor, ihr reuevollen Sünder, und sehet das Jammerbild eures leidenden Herrn. Bemerkt ihr, wie auf Seiner Dornenkrone die Rubintropfen stehen und das Diadem des Königs der Schmerzen mit unschätzbaren Juwelen schmücken? Seht, welch ein Mensch, wenn nun alle Seine Gebeine sich zertrennet haben, und Er ausgeschüttet ist wie Wasser und gelegt wird in des Todes Staub; Gott hat Ihn verlassen und die Hölle hat Ihn umgeben. Schauet doch und sehet, ob irgend ein Schmerz sei, wie Sein Schmerz, der Ihn getroffen hat? Und Alle, die ihr vorübergeht, kommet und betrachtet diesen Anblick des Leidens, so einzig, so unerhört, ein Wunder vor Menschen und Engeln, ein unvergleichliches Wunderzeichen. Schauet an den Mann der Schmerzen, der Seinesgleichen nicht hat noch kennt in Seinen Todesleiden. Staunt Ihn an, ihr Trauernden, denn wenn in einem gekreuzigten Heiland euch kein Trost mehr erwächst, so gibt es keine Freuden mehr, weder im Himmel noch auf Erden. Wenn in dem Lösegeld Seines Blutes keine Hoffnung mehr blüht, dann, ihr himmlischen Harfen, lebt keine Hoffnung mehr und keine Freude in euren Tönen, und zur Rechten Gottes wird man keine Wonne mehr finden in Ewigkeit. Wir müssen nur öfter und länger unter dem Kreuze stehen bleiben, wenn wir von unsern Zweifeln und Ängsten weniger gepeinigt sein wollen. Wir brauchen nur in Seine Wunden zu blicken, so heilen die unsern. Wenn wir fröhlich und getrost leben wollen, so können wir dies nur durch die Betrachtung Seines Todes; wollen wir zur Herrlichkeit erhoben werden, so können wir dies nur, wenn wir Seine Erniedrigung und Sein Leiden betrachten. (Goldstrahlen Juli 22)

Joh. 19, 16.

„Sie nahmen aber Jesum und führten Ihn hin.“

Die ganze Nacht hatte Er Ängste und Schmerzen ausgestanden, den frühen Morgen hatte Er im Palast des Kaiphas zugebracht, man hatte Ihn von Kaiphas zu Pilatus geschleppt, von Pilatus zu Herodes, und von Herodes wieder zurück vor Pilatus; nun waren seine wenigen Kräfte fast erschöpft, und doch wurde Ihm weder Ruhe noch Erholung gegönnt. Sie lechzten nach seinem Blut, und darum führten sie Ihn hinaus zum Tode, und luden Ihm das Kreuz noch auf. O Schmerzensweg! Wohl mögen Salems Töchter weinen. Meine Seele, weine auch du.

Was lernen wir hier, wenn wir unsern teuren Heiland so hinwegführen sehen? Erkennen wir darin nicht jene Wahrheit, die uns im Bilde des „ledigen Bockes“ abgeschattet wird? Brachte nicht der Hohepriester den ledigen Bock und legte die Hände auf sein Haupt, und bekannte die Sünden des Volkes, auf dass so die Sünden möchten auf den Bock gelegt und vom Volk hinweggenommen werden? Dann wurde der Bock durch einen bestellten Mann in die Wüste geführt, und Er trug hinweg die Sünden des Volkes, so dass sie nicht mehr konnten gefunden werden, wenn man sie suchte. So sehen wir den Herrn Jesum vor die Priester und Ältesten geführt werden, und sie sprachen das Schuldig über Ihn aus; Gott selbst rechnet Ihm unsre Sünden zu: „Der Herr warf unser aller Sünde auf Ihn;“ „Er ist für uns zur Sünde gemacht,“ Er vertritt uns in unserer Schuld, Er trägt unsre Sünde unter der Gestalt des Kreuzes auf seinen Schultern; wir sehen den großen „Bock der Erledigung“ hinweggeführt durch die bestellten Diener der Gerechtigkeit. Geliebte, habt ihr die gewisse Zuversicht, dass Er eure Sünde getragen hat? Wenn ihr das Kreuz auf seinen Schultern erblickt, erkennt ihr darin eure Sünde? Es gibt einen Weg, wie ihr gewiss werden könnt, ob Er eure Sünde getragen hat oder nicht. Habt ihr Ihm die Hand aufs Haupt gelegt und Ihm eure Sünde bekannt und auf Ihn vertraut? Dann lastet eure Sünde nicht auf euch; sie ist ganz und gar durch die köstliche Zurechnung auf Christum übertragen, und Er trägt sie auf seinen Schultern. Lasst dies Bild nicht in eurer Seele erblassen, bis dass ihr euch eurer Erlösung freuet, und betet den liebenden Erlöser an, der eure Missetat getragen hat.

Joh. 21, 12.

„Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl.“

Mit diesen Worten wird der Gläubige eingeladen zur heiligen Nähe Jesu: „Kommt und haltet das Mahl,“ das heißt doch, an seinem Tisch sitzen, sein Mahl mit Ihm teilen; ja, manchmal heißt dies so viel, als wir sollen uns neben Ihn setzen und unser Haupt an des Heilandes Busen lehnen. Wir werden in seinen „Weinkeller“ eingeladen, in seinen Festsaal, wo das Panier der versöhnenden Liebe über uns weht. „Kommt und haltet das Mahl;“ das Wort gibt uns einen Anblick unserer Vereinigung mit Jesu, weil Er selber die einzige Speise ist, die wir genießen können, wenn wir das Mahl mit Jesu halten. O, welch eine selige Vereinigung! Es ist eine Tiefe darin, die kein Verstand ergründen kann, dass wir also mit Jesu essen sollen. „Wer mein Fleisch isset und trinkt mein Blut, der bleibet in mir und ich in ihm.“ Es ist ebenso eine Einladung, die Gemeinschaft mit den Heiligen zu genießen. Christen können über allerlei Punkte verschiedener Meinung sein, aber sie haben alle denselben geistlichen Hunger; und wenn wir auch nicht alle dasselbe fühlen können, so können wir alle dasselbe Brot des Lebens genießen, das vom Himmel kommt. An der Tafel der Gemeinschaft Jesu haben wir einen Kelch und ein Brot. Wenn der Liebeskelch herumgereicht wird, so umfassen wir alle einander mit herzlicher Liebe, und bitten um diese Liebe. Kommt näher zu Jesu, so werdet ihr euch je länger je inniger im Geiste mit all denen verbunden fühlen, die dasselbe himmlische Manna genießen wie wir. Ebenso sehen wir hier die Quelle aller Stärkung. Auf Christum sehen, heißt leben; aber die Kraft zu seinem Dienst empfangen wir, wenn wir „kommen und das Mahl halten“ mit Ihm. Wir leiden unter mancherlei unnötigen Schwachheiten, weil wir diese Forderung unsres Meisters vernachlässigen. Keiner von uns braucht sich auf schmale Kost einzuschränken; wir sollten im Gegenteil gedeihen von Mark und Fett des Evangeliums, auf dass wir dadurch Kräfte empfangen, und jegliche Fähigkeit zum Dienste des Herrn aufs höchste in uns entwickeln. Wenn ihr also die Nähe Christi wollt zur Wahrheit machen, und die Vereinigung mit Ihm völlig genießen, wenn ihr wollt die Seinen lieben und vom Herrn Jesus Stärkung empfangen, so „kommt und haltet das Mahl“ mit Ihm, durch den Glauben.

1)
Henoch “wandelte” mit Gott, s. 1. Mose 5,22
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