Spurgeon, Charles Haddon - Nicht mehr da, nicht mehr da auf ewig.

Spurgeon, Charles Haddon - Nicht mehr da, nicht mehr da auf ewig.

Gehalten am 28. Mai 1876.

Und da dein Knecht hier und da zu tun hatte, war der nicht mehr da.„
1. Kön. 20, 40.

Das Gleichnis, das der Prophet dem Ahab vorführte, war einfach und natürlich. Ein Soldat ward in der Hitze des Gefechts von einem Offizier beauftragt, einen wichtigen Gefangenen zu bewachen. „Bewahre diesen Mann,“ sprach er, „wo man sein wird missen, so soll deine Seele anstatt seiner Seele sein, oder sollst einen Zentner Silber bezahlen.“ Des Soldaten Hauptgeschäft war von diesem Augenblick an, nach seinem Gefangenen zu sehen; er hatte den Befehl dazu von seinem Vorgesetzten erhalten, und seine erste und letzte Aufgabe war, darauf zu achten, dass sein Gefangener in Sicherheit sei. Indes, er hatte andere Dinge zu tun, für sich, seine Familie und dergleichen und indem er seine Gedanken darauf wandte, vergaß er seinen Auftrag und der Gefangene ergriff sehr natürlich die Gelegenheit, um zu entwischen, deshalb ruft nun der Soldat aus: „Während ich hier und da zu tun hatte, war der nicht mehr da.“ Der nachlässige Wächter hatte keine Ursache, erstaunt zu sein, dass dies der Fall war, aber er war nicht bereit, die Strafe zu tragen, und kam deshalb vor den König, zu bitten, dass ihm seine Nachlässigkeit verziehen werden möge. Der König erwiderte sogleich: „Du hast deine Sache dargelegt und sie entschieden; deine Fahrlässigkeit hat uns den Gefangenen gekostet und du kennst die Strafe.“ Diese Geschichte ward ursprünglich erzählt, um das Gewissen des Königs Ahab zu treffen, der Ben Hadad, den König von Syrien, hatte entrinnen lassen, als die göttliche Fügung den grausamen Monarchen in seine Hände gegeben, damit er sein Urteil empfange. Ahab ist nicht mehr, aber dieses Schriftwort gleicht darum nicht einer geplatzten Bombe, es ist noch immer Kraft und Wahrheit darin. Seine Lehre ist auch auf uns anwendbar. Ahab ist gegangen, Rechenschaft abzulegen, und die Hunde haben sein Blut geleckt; wir können den schuldigen Monarchen vergessen und unsere eigenen Ohren und Herzen neigen, um zu hören, was das Gleichnis für Beziehung auf uns hat. Wir haben auch einen Auftrag bekommen: haben wir ihn vernachlässigt? Uns waren Zeit und Gelegenheiten anvertraut: sind sie vorübergegangen? Lasst uns forschen und sehen, ob es so ist oder nicht. Als der widerspenstige König diese Warnung empfangen, zog er in sein Haus voll Unmuts und zornig, und es mag sein, dass das Thema dieses Morgens Vielen nichts weniger als angenehm ist, doch wird es für ihre Seelen gut sein, wenn die Bürde der Reue schwer auf ihnen lasten wird und sie zornig auf sich selber werden. O, dass der Geist Gottes Jedem von uns ins Herz reden möchte und uns retten von einer Lebensweise, die uns tausend bittere Vorwürfe kosten mag.

I.

Und zuerst lasst uns an die Verpflichtung denken, die der Text uns vorhält, damit wir feierlich anerkennen, dass wir unter einer noch höheren Verpflichtung sind. Dieser Mann, der im Krieg diente, war verbunden, den Befehlen seines Vorgesetzten zu gehorchen; dieser Vorgesetzte übergab ihm einen Gefangenen und sagte: „Verwahre diesen Mann“, und von dem Augenblick an war er unter einer Verpflichtung, von der nichts ihn befreien konnte. Es ist ein Gesetz der Disziplin in der Armee, dass ein Mann tun muss, was ihm von seinem Oberen befohlen wird, und deshalb war dieses Mannes Hauptaufgabe, seinen Gefangenen sicher zu bewahren, bis er ihn dem Gefangenwärter überliefern konnte. Liebe Freunde, ihr und ich, wir sind unter persönlicher Verpflichtung von dem Augenblick an, wo wir in ein zurechnungsfähiges Alter eintreten, und diese Verpflichtung ist Gott zu dienen, zu ehren und zu verherrlichen. Jeder Mensch ist verpflichtet, seinem Schöpfer zu dienen und zu seiner Ehre zu leben. dass dieses ganz billig ist, das ist klar wie die Sonne am Himmel, wenn wir nur ein wenig nachdenken wollen. Ach, es ist ein Gegenstand, über den einige Menschen nie nachgedacht haben und sich auch nicht darum kümmern, es zu tun. An sich selber haben sie nicht eben wenig gedacht; ihre Pflicht gegen den Nächsten haben sie einigermaßen erwogen; aber ihre Verpflichtung gegen Gott scheint ihnen nicht einmal in den Sinn gekommen zu sein; sie vergessen Gott, und leben tatsächlich, als ob es keinen gäbe oder als wenn sie nicht verbunden wären, ihm zu dienen. Die Sprache, welche ihr Tun redet, ist gleich der des Pharao: „Wer ist der Herr, dass ich seiner Stimme gehorchen sollte?“ Sie würden gegen ihren Nächsten nicht ungerecht sein, aber sie üben beständig Ungerechtigkeit aus gegen ihren Schöpfer. Der Prophet fragt: Will ein Mensch Gott berauben?“ Aber, ach, das Leben von Tausenden ist eine lange Beraubung des Allmächtigen, Eine immerwährende Verachtung der Rechte, die auf die ewige Gerechtigkeit gegründet sind.

Dass wir verbunden sind, Gott zu dienen, ist klar, weil wir unser Wesen von ihm haben. Wir hätten niemals existiert, wenn seine Macht nicht gewesen wäre; wir würden in diesem Augenblick aufhören, zu existieren, wenn seine Macht nicht unser Dasein erhielte. Gewiss, dieses Dasein, das von Gott seinen Ursprung hat, sollte zu seiner Ehre angewandt werden. Das Leben, was stündlich von ihm abhängt, sollte zu seinem Ruhm gebraucht werden. Kinder sind ihren Eltern Gehorsam schuldig, und eine größere Schuld haben die Geschöpfe gegen den Schöpfer; diese Schuld ist ein geweihtes Leben, eine Schuld, die immer fällig ist, da das Leben täglich erhalten wird durch neue Erweisungen göttlicher Macht.

Es war dieses der Zweck, zu dem der Allmächtige uns gemacht hat, und zu nichts Geringerem, als dass wir Gott verherrlichen und uns auf ewig seiner freuen sollten. Wenn ein Mensch ein Gefäß oder ein Werkzeug verfertigt, so ist es, damit es dem Zweck entspreche, für den er es bestimmt hat, und wenn es diesem Zweck nicht entspricht, so wirft er es fort. Wer wird eine Kuh oder ein Pferd halten, wenn er keinen Nutzen davon hat? Und wenn ein Hund dich nie als seinen Herrn anerkennt, wer unter euch würde ihn lange sein Eigentum nennen? Gott hat uns gemacht, dass wir ihn verherrlichen sollen, und wenn wir ihn nicht ehren, so verfehlen wir Zweck und Ziel unseres Daseins. Mir ists gleich, was ihr tut oder was ihr seid; wenn ihr Eigentümer von zwanzig Grafschaften seid und Gott nicht liebt, so ist eure Seele arm und herabgewürdigt; ob Menschen euch auf eine Ehrensäule hoch in die Luft setzen und euch einen Helden nennen, doch wenn ihr nicht für Gott gelebt habt, so habt ihr vergeblich gelebt. Wie der Weinstock, der keine Trauben trägt, unnütz ist, so ist es ein Mensch, der Gott nicht ehrt. Wie ein Pfeil, der sein Ziel nicht erreicht, wie ein Feigenbaum, der keine Feigen trägt, wie eine Lampe, die raucht, aber kein Licht gewährt, wie eine Wolke ohne Regen und ein Brunnen ohne Wasser, so ist ein Mensch, der nicht dem Herrn gedient hat. Sein Leben ist ein vergeudetes gewesen - ein Leben, dem die Blume und die Herrlichkeit des Daseins mangelt. Nennt es überhaupt nicht Leben, sondern schreibt es nieder als belebten Tod.

Zum Dienst Gottes rufen tausend Stimmen uns Alle auf. Ich weiß nicht, wo wir wandeln können, ohne diese eindringlichen Rufe zu hören. Hebt eure Augen zum mitternächtlichen Himmel auf, und jeder Stern ruft aus: „Wir scheinen zu Jehovas Preise; was tust du?“ Richtet eure Augen auf die Felder, die mit lebendigen Edelsteinen besät sind, denn jedes Blümlein flüstert: „Ich blühe zu des großen Schöpfers Preise; was tust du?“ Horcht auf die Vögel, deren harmonische Chöre das Lob des Herrn singen, sie fragen euch: „Habt ihr keine Musik für den Herrn?“ Selbst der Staub, der vom Wind getragen wird, bewegt sich nach seinen Gesetzen und fragt uns, warum wir ungehorsam sind. Alles um uns her, über uns, unter uns, das Erhabene wie das Geringste, sagt uns, wenn wir nur hören wollen: „Wir sind alle die Diener des Höchsten; warum stehst du nicht in seinen Vorhöfen? Die Verpflichtung des Menschen, seinem Schöpfer zu dienen, ist sogar größer, als die aller andern Geschöpfe um ihn her, denn er ist des Schöpfers Meisterwerk, in dem die göttliche Kraft in ihrer Vollkommenheit gesehen wird: sein Leib ward wunderbar bereitet von den Fingern unendlicher Weisheit und seine Seele gehört zu der erhabensten Art der erschaffenen Dinge und ist den Engeln verwandt; wenn irgend ein geschaffenes Wesen dem Herrn dienen sollte, durch den es lebt, so ist der Mensch dieses Geschöpf. Überdies sollte der Mensch, da er der Erste in der Reihe der sichtbaren Wesen ist und die Herrschaft über alle Werke der Hände Gottes hat, vorangehen in Ergebenheit für den großen König. Ihm beugt der arbeitsame Ochse den willigen Nacken; für ihn gibt das Pferd die wilde Freiheit der Ebene auf; ihm liefert das Schaf seine Wolle zur Bedeckung und sein Fleisch zur Nahrung; für ihn tauchen die Fische aus dem Strom auf und die Vögel fallen im Flug: er hat die Herrschaft über alle Fische des Meeres und alle Vögel der Luft, und regiert als Gottes Statthalter über die tierische Schöpfung; all dieses, und doch vergisst dieses hochgestellte Wesen den Herrscher, der ihm seine Autorität geliehen hat, und versagt seinem Lehnsherrn die schuldige Untertanenpflicht. Brüder, es sollte nicht so sein: die Empörung eines so hoch begünstigten Wesens ist eine schreiende Undankbarkeit.

Ein gewichtiger Grund für unsere Verpflichtung, Gott zu verherrlichen, findet sich in der Tatsache, dass die Menschen in diesem Dienst ihre höchste Ehre und ihre wahre Glückseligkeit finden. Gewissen Wesen zu dienen, ist herabwürdigend; das Werkzeug des Teufels zu sein, heißt Schande und Kummer über sich bringen, aber dem Herrn dienen, ist ehrenvoller, als den Hermelin des Fürsten tragen, und was die Glückseligkeit anlangt, so finden die Engel ihren Himmel darin und die erlösten Geister ihre Seligkeit, während Diejenigen auf Erden, die am völligsten den Willen Gottes tun, sich als die glücklichsten der Menschen bekennen. Es ist eines Seraphs Ehre, Gott die Ehre zu geben, und darin müssen wir die unsere finden. Freunde, ihr und ich, wir sind so erschaffen, dass es niemals richtig mit uns steht, wenn wir nicht in der Spur des Gehorsams gegen die große erste Ursache aller Dinge einhergehen; dies ist die Kreisbahn, in der wir uns sicher bewegen können; alles Andere ist Chaos und führt zum Elend. Verirrt euch von dem Weg der Ehre Gottes und ihr strauchelt zwischen den dunklen Bergen und verliert euch in dem verschlungenen Gestrüpp und den stechenden Dornen. Wenn es also des Menschen Gesundheit, Glück und Ehre ist, Gott zu dienen, gewiss, dann ist dies auch seine Pflicht, und es ist die Höhe der Torheit, sie zu vernachlässigen.

Lasst dies auch niemals unserm Gedächtnis entschwinden, dass ein Tag kommt, an dem wir Alle Rechenschaft von unserm Leben geben müssen, und die Rechenschaft wird sich auf diese Nachfrage gründen: Wie haben wir Gott gedient und geehrt? An jenem furchtbaren Tag, vor dessen erschrecklichem Glanz der Pomp der Königreiche erbleichen wird, wird die Eine große Frage sein: „Wie hast du gelebt mit Beziehung auf Gott?“ Gedenkt an unseres Herrn eigene Beschreibung des Gerichts. Er macht die ihm selber geleisteten Dienste zum Prüf- und Probierstein: „Ich bin hungrig gewesen und ihr habt mich gespeist; ich bin durstig gewesen und ihr habt mich getränkt.“ Was ihr ihm tatet oder was ihr ihm nicht tatet, das wird die Angel sein, auf der das Gericht sich wendet. Wahr, eure Handlungen gegen eure Mitmenschen werden in die Rechenschaft mit aufgenommen, denn das Kleiden der Nackenden und das Tränken der Durstigen wird als Beweis der Dienste genannt, die dem Herrn erzeigt sind, aber diese Werke waren um seinetwillen getan und ein Teil und Stück des Dienstes, der ihm gebührt. Wenn nichts um des Herrn willen getan wird, wenn dem Herrn keine Ehrfurcht erzeigt wird, wenn des Herrn Liebe nicht erwidert wird, dann kann kein anderer Urteilsspruch gefällt werden, als dieser: „Den unnützen Knecht werft in die äußerste Finsternis hinaus, da wird sein Heulen und Zähneklappen.“

Ich würde diesen Punkt nun verlassen, aber mich däucht, ich höre die Frage: „Sollen wir denn unser Geschäft aufgeben, unseren Laden schließen, unsere Familie verlassen, uns in die Einsamkeit begeben und unsere Zeit mit Gebet und Andacht zubringen?“ Ich sagte das nicht; ich habe solche Torheit nicht einmal angedeutet. Ich habe gesagt, dass ihr unter der Verpflichtung seid, Gott zu dienen, gewiss, das bedeutet nicht, dass ihr diesen Dienst vermeiden sollt? Als der Herr den Jonas hieß, ihm in Ninive zu dienen, war es nicht offene Empörung, dass er nach Tarsis fliehen wollte? Gewiss, dies war nicht der Weg, um das Gebot zu erfüllen. In eurem eigenen Beruf, wo Gott euch hingestellt hat, sollt ihr ihn verherrlichen. Es heißt nicht, in der Schlacht kämpfen, wenn man davon läuft, den Streit meidet und die Leiden, die daraus entstehen; doch das ist es, worauf es hinausläuft, wenn ein Mann oder ein Weib ins Kloster geht. Die Pflicht wird umgangen unter dem Vorwand, sie leichter zu erfüllen, und Gottes Ehre wird geopfert unter dem Vorgeben, sie zu fördern. Machte er Männer, damit sie in Zellen eingemauert werden sollten, oder Weiber, um sie in religiösen Gefängnissen lebendig zu begraben? Es ist ein schlechter Gebrauch, den man von einem vernunftbegabten Wesen macht, und reine Verschwendung der Einkünfte des Schöpfers. Ihr könnt nicht die Schlacht gewinnen, wenn ihr das Feld verlasst. Bleibt stehen, wo euer Feldherr euch hinstellt; kämpft in seiner Kraft und haltet aus, bis der Sieg euch krönt. Es gibt eine Art, Gott zu verherrlichen in deiner jetzigen Stellung, welche sie auch sein mag. Ein Kaufmann oder ein Arbeitsmann, eine Herrin oder ein Kindermädchen, ein König oder ein Armer, Jeder hat ein Werk zu tun. Wir sind alle, oder sollten es sein, Diener in dem Einen großen Hause, tun dies und das, wie der Hausherr befiehlt, und verherrlichen alle Gott in der Art, wie seine Gnade uns dazu befähigt. Unser Dienst für Gott liegt nicht außerhalb des täglichen Lebensweges, sondern auf demselben: seht denn zu, dass ihr fleißig darin seid.

„Aber sollen wir nicht unseren Mitmenschen dienen?“ Wer sagte, dass ihr es nicht solltet? Es gibt zwei Gesetzestafeln; die erste enthält die Vorschriften gegen Gott, die zweite die Gebote mit Rücksicht auf Menschen; aber sie sind beide Gottes Gesetz. Wer seinen Mitmenschen Gutes tut um Gottes willen, der dient Gott; in der Tat, dies ist eine der edelsten Weisen, in der Menschen Gott dienen, wenn sie das Gute ihrer Mitmenschen befördern, dass Gott dadurch geehrt werden möge. Aber doch ist der Mensch nicht unser Meister, sondern unser Mitknecht. Der Herr hat ein ungeteiltes Recht auf uns, auf jede Bewegung unseres Körpers, jede Fähigkeit unseres Geistes und jedes Vermögen unserer ganzen Natur; denn „er hat uns gemacht und nicht wir selbst, zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide“.

II.

Zweitens, unser Text enthält ein Bekenntnis: „Der war nicht mehr da.“ Der Mann hatte die Verpflichtung, auf seinen Gefangenen Acht zu geben, aber er musste bekennen, dass er nicht mehr da sei. Mich verlangt ernstlich, mit euren Gewissen zu verhandeln, wie ich mit meinem eigenen verhandeln will, während ich nachfrage, wie Viele unter uns bekennen müssen, dass sie ihre Verpflichtungen gegen Gott nicht erfüllt haben? Ach, es kann von mancher Gelegenheit, Gott zu verherrlichen, gesagt werden: „Sie ist nicht mehr da.“

Zuerst, wir haben viele Gelegenheiten, Gott zu dienen, verloren, die in den verschiedenen Lebensperioden sich darbieten. Wir sind Kinder gewesen, und wenn das kleine Kind Jesu sein „Hosianna“ bringt, so ist sein frühes Lob ihm sehr süß. Ah, ihr Knaben, hier unten, und all ihr Kinder um mich her, ich hoffe, ihr werdet nicht zu sagen haben: „Meine Kindheit ist nicht mehr da; ich kann Jesum jetzt nicht mit der Stimme eines Mädchens oder der Zunge eines Knaben preisen, denn meine Kindheit ist in Ungehorsam und Torheit dahingegangen. O, wie lieblich wäre ich in Christi Augen gewesen, wenn ich ihm als Kind gedient hätte, aber es ist jetzt zu spät, die Knospe ist verwelkt, der frühe Tau vertrocknet und mein Morgenopfer nicht dargebracht.“ Und du, junger Mann, es ist ein Großes, Gott in deiner Jugend zu dienen. Es ist ein Feuer und eine Kraft und eine Elastizität des Lebens in unsern ersten Mannesjahren, die wir verlieren, wenn wir die Mitte des Lebens erreichen; und Jesus ist es wert, uns in unserer besten Zeit zu haben. Es ist etwas Herrliches, unsere glänzendsten Tage Jesu zu geben; aber ich weiß, es sind Einige hier, die schon auf ihre erste Manneszeit als vergeudet und verschwunden zu blicken haben; verschwunden auf ewig. Dann kommen wir zu einer andern Periode, wo wir Familienhäupter werden, mit Kindern um uns her; da sind goldene Gelegenheiten. Die jungen Bäume können gebogen werden, die biegsamen Zweige können nach dieser oder jener Seite gebogen werden, so lange sie jung sind, aber sie entwachsen bald unserer Pflege. Ah, Männer und Frauen, die ihr ohne Gott gelebt habt die ganze Zeit, wo ihr Kinder unter eurem Dach gehabt, und nun sind sie Alle aufgewachsen ohne Gottesfurcht, mit welchem Schmerz müsst ihr bekennen, dass die Gelegenheiten nicht mehr in eurem Bereich sind! Ihr könnt jetzt eure Kinder nicht mehr beeinflussen; die Gelegenheit ist verschwunden ohne Wiederkehr. Ihr könnt nicht mehr zu eurem Sohn sprechen, wie ihr es vermocht hättet, als ihr den blondlockigen Knaben auf den Schoß nehmen, ihn küssen und ihm von Jesus erzählen konntet. Eure Tochter ist jetzt selbst Mutter, und ihr könnt nicht mit ihr sprechen, wie ihr es gekonnt, als sie ein Kind im Hause war. Jene Tage der Unterweisung und der Überredung sind nicht mehr da. Vielleicht rede ich zu Einigen hier, die einst in einem Geschäft waren und beträchtlichen Einfluss auf eine große Zahl Arbeiter und Anderer hatten, aber sie haben sich nun von dem tätigen Leben zurückgezogen, denn die Schwachheiten des Alters sind über sie gekommen. Es ist eine traurige Tatsache, dass sie beim Rückblick sagen müssen: „Tausend günstige Gelegenheiten, Gutes zu tun, sind nicht mehr da; ich bin aus jener Lage und Stellung heraus, die mir so viele Mittel, Anderen zu nützen, bot, und nun traure ich, dass ich sie nicht ergriffen habe.“ Ach, mein lieber Freund, es ist traurig für dich, wenn du so weit zurück zu blicken hast und zu gestehen, dass dein Pfund in der Erde vergraben war und keine Zinsen für Jesum getragen hat.

Eine andere Art von Bedauern mag aus dem Wechsel der Umstände entspringen. Ein Mann hatte einst beträchtlichen Reichtum, aber eine Schicksalswendung hat ihn arm gemacht. Es ist eine trübe Sache, wenn er zu bekennen hat: „Ich brauchte mein Vermögen nicht für Gott, als ich es hatte. Ich war ein untreuer Haushalter und verschwendete meines Herrn Güter, und nun traut er mir nicht länger, mein Besitz ist nicht mehr da.“ Ein Anderer mag bedeutende Geistesfähigkeiten besessen haben, aber wegen Krankheit oder abnehmender Kraft mag er nicht mehr im Stande sein, zu tun, was er einst tat. Es ist betrübend, wenn er zu sagen hat: „O, dass ich für Christum gesprochen, als ich noch sprechen konnte; O, dass ich mein Gehirn für ihn gebraucht, so lange mein Denken noch klar und meine Auffassung rasch war; aber jetzt, ach, ist meine Fähigkeit nicht mehr da.“ Einen Wechsel zu beklagen und euch zu erinnern, dass ihr versäumtet, die Gelegenheit zu nützen, muss sehr schmerzlich sein, und doch ist es das Los sehr Vieler. Der ist wahrhaft arm, der einst reich war und nicht seinen Reichtum für Gott brauchte, und der ist wahrhaft gefallen, der, als er hoch stand, seine Stellung nicht zu seines Schöpfers Preis benutzte.

Bedenkt auch, liebe Freunde. - ich muss jeden Einzelnen bitten, es auf sich anzuwenden - die Zeit, die nicht in Christi Dienst verwendet war, ist nicht mehr da. Wenn ihr nicht für Gott gelebt habt, wie viele Jahre sind nun für Einige von euch dahingegangen! Ich bitte euch, die Jahre zu zählen, die dahin gerollt sind. Euer Licht ist tief herabgebrannt und noch ist euer Werk nicht begonnen! Die Zeit geht und die Ewigkeit kommt heran; wollt ihr nie aufwachen?

Wie die Zeit dahingegangen ist, so sind auch viele Personen dahingegangen, denen ihr hättet nützen können. Tausende sind dahingeschwunden während unserer kurzen Spanne Lebens. Habt ihr nicht zu sagen gehabt: „Ich hätte zu Dem und Dem sprechen sollen, der in meinem Dienst stand, aber er starb ohne Hoffnung, ehe ich ihn gewarnt hatte, und er ist hingegangen, wo kein Wort von mir ihn je erreichen kann?“ O, wie Viele sind dahingegangen, seit ich zuerst zu dieser Zahl zu reden begann, und wenn ich mich der Untreue im Predigen des Wortes anklagen müsste, wie würde ich bei jedem Begräbnis Reue empfinden und bei jedem Grab sagen: „Da liegt Einer, von dem ich keine annehmbare Rechenschaft ablegen kann am jüngsten Tag, denn ich bin untreu gewesen und habe die Wahrheit ihm vorenthalten.“ Ich danke Gott, dass ich diese Bürde nicht auf meinem Herzen habe. Lasst es nicht so mit irgend Einem von euch sein.

Zuweilen bezieht sich indes das Bekenntnis von Dingen, die nicht mehr da sind, auf edle Gedanken und Entschlüsse. Ihr hattet große Entwürfe, und wenn sie nur in Handlungen verkörpert worden wären, so wäre etwas Gutes herausgekommen; aber wo sind diese Gedanken nun? Wurden sie nicht bei ihrer Geburt erstickt? Ihr fasstet den Entschluss, große Dinge zu tun, der Plan war vollständig geordnet, und euer ganzes Herz sehnte sich, ihn auszuführen, aber Aufschub kühlte den guten Vorsatz ab, bis er vor Kälte starb und nun in Vergessenheit begraben liegt. Ihr träumtet gut, aber dabei blieb es. Was die wirkliche Arbeit für den Herrn anlangte, da hattet ihr andere Dinge im Kopf und ginget denen nach. Ihr ließt die Zeit für Tätigkeit vorübergehen, und so zerflossen eure vortrefflichen Gedanken und Entschlüsse in dünne Luft und sind nicht mehr da.

Ja, und es mögen Einige hier sein, denen ein großer Reichtum von Gelegenheiten entschwunden ist. Sie sind mit großen Mitteln und reichem Vermögen gesegnet gewesen, und wenn sie diese Jahr auf Jahr für Jesum angewandt hätten, so wären manche sich hinschleppende Anstalten belebt worden und manche heilige Unternehmung, die aus Mangel an Mitteln aufgeschoben werden musste, hätte herrlich fortgehen können. Sie hätten die Mittel zur Kriegsführung in der Form von Geld gewähren können, aber sie haben kärglich beigesteuert zum Schatz des Herrn und das Werk bleibt gering und fristet kümmerlich sein Dasein. Ihr Gold und Silber gehörte, ihrem Glaubensbekenntnis nach, Christo an, aber sie haben es für sich behalten. Welche Rechnung wollen sie hiervon ablegen? Gewiss, ich kanns nicht sagen. Lasst sie selber zusehen.

Andere haben Geistesgaben besessen; sie waren Männer von klarem Denken und fließender Rede und sie hätten bei manchem Werk den Anführer machen können, aber sie sind im Nachtrab geblieben und haben in Gleichgültigkeit gelebt. Wie wollen sie dies verantworten? Ich möchte um die ganze Welt nicht in ihrer Stelle sein. O, mein Gott, wenn ich ein Haar auf meinem Haupt hätte, das ich dir nicht geweiht hätte, so könnte ich nicht wagen, zu leben, aus Furcht, dass ich als ein Verräter an dir im Herzen erfunden würde. Doch gibt es Hunderte, und ich darf sie nicht richten, ihr Herr wird sie am jüngsten Tag richten, die sich Christen nennen, deren Hingabe nicht tiefer geht, als dass ihr dieselbe mit dem Nagel eures Fingers abschaben könntet. Reibt einen Russen ab, sagt man, so findet ihr einen Tartaren; so gibt es manche Namenchristen, bei denen nur ein wenig Bürsten nötig tut, so findet ihr das nicht geweihte Selbst darunter; sie haben sich nicht in der Tat und Wahrheit Gott hingegeben. Es tut mir in der Seele weh, daran zu denken, dass ich Leute angetroffen habe, deren Eigentum sich sogar auf Millionen belaufen hat, die mir einen ernsten Händedruck gegeben, mir für das Evangelium gedankt, das ich gepredigt, die tiefste Teilnahme für des Herrn Werk ausgedrückt und doch gewusst haben, was diesem Werk not tat und nichts gegeben, um es fortzuführen, und sogar in die Ewigkeit gegangen sind, ohne etwas von ihren Gütern für die Sache zu hinterlassen, die sie zu lieben behaupteten. Die Geringfügigkeit der Gaben einiger religiöser reicher Männer macht mich stutzig, mehr als ich sagen kann, und ich bin außer Stande, sie zu begreifen. Sind sie Heuchler? Oder missverstehen sie ihre Stellung? Er, der große Wunder tut, weiß selig zu machen; aber ich gedenke auch daran, dass er, der die Wurfschaufel in seiner Hand hat und seine Tenne völlig rein fegen wird, zu richten weiß zwischen heuchlerischem Bekenntnis und wirklicher Hingabe an seinen Dienst. Jener unfruchtbare Feigenbaum, von dem wir vorhin lasen, und jener Knecht, der sein Pfund im Schweißtuch verbarg, diese Gleichnisse bedeuten etwas und sie bedeuten viel für die unter euch, denen viele Pfunde anvertraut sind und die beinahe nichts in ihres Meisters Dienste tun.

Das Schlimmste von Allem ist, Brüder, was wird der Aufschrei eines Menschen sein, wenn es mit ihm zum Sterben geht und wenn er sterbend auf sein ganzes Leben zurückblickt und sagt: „Ich hatte hier und da zu tun und ich tat nichts für Christum; mein Leben ist hin?“ Und dann schaut er in die trübe Zukunft, und wenn er dort keinen Glanz sieht, so schreit er: „Wehe mir, meine Seele ist verloren! Ich versuchte, die Welt zu gewinnen, und ich habe meine Seele verloren. Alles, was ich mit so viel Mühe und Anstrengung tat, erweist sich nun als bloße Spielerei, denn meine Seele ist auf ewig verloren und Alles ist auf ewig verloren. Wollte Gott, ich wäre nie geboren, denn was für eine fürchterliche Sache, geboren zu sein, gelebt zu haben und doch das Ziel, für das ich geschaffen war, verfehlt zu haben.“ Möge dieses furchtbare Verderben von Seele, Leben und Allem niemals Einen von euch treffen, und doch, es kann sein.

III.

Drittens, wir haben vor uns die Entschuldigung, die gemacht ward: „Da dein Knecht hier und da zu tun hatte, war der nicht mehr da.“ Die Entschuldigung ist: „Ich hatte so viel zu tun“, was, zu allererst, gar keine Entschuldigung ist, denn einem Soldaten liegt es nicht ob, eine andere Obliegenheit zu haben, als die, welche sein Feldherr ihm anweist. Seine alleinige Pflicht war, seinen Gefangenen zu bewachen, und das Eine große Geschäft jedes Menschen hienieden ist, Gott zu verherrlichen. „Aber haben wir keine weltlichen Geschäfte?“ sagt ihr. Ich habe euch schon gesagt, dass ihr Gott in eurem täglichen Geschäft und durch dasselbe verherrlichen sollt. Ihr braucht keine Elle Kattun und kein Pfund Zucker weniger zu verkaufen darum, weil ihr Gottes Ehre sucht; ihr werdet wahrscheinlich nicht fünf Minuten weniger in eurem weltlichen Geschäft zuzubringen brauchen, um Gott zu dienen. Weiht alles, was ihr tut, indem ihr es für ihn tut, und dann tut so viel ihr wollt. Es mag ein Unterschied sein in der Art, wie ihr es tut, derselbe wird hervortreten, wenn diese Art nicht ist, wie sie sein sollte; aber ihr könnt Gott in und durch euren gewöhnlichen Beruf dienen. Religion ist der Arbeit nicht entgegen, sondern heiligt sie. So ist es keine Entschuldigung für Ungöttlichkeit, dass man etwas zu tun hat.

Als der Mann sagte, er hätte „hier und da zu tun“ gehabt, schnitt er die einzige Entschuldigung ab, die er hätte haben können, weil er zeigte, dass er Fähigkeiten besäße. Würde er gesagt haben: „Ich war krank und konnte mich nicht rühren; ich hatte einen Arm verloren und konnte den Gefangenen nicht halten; ich litt an einem Krampfanfall und war bewusstlos,“ dann wäre einige Entschuldigung da gewesen; aber, nein, er „hatte hier und da zu tun“, und wenn er eine Sache tun konnte, so hätte er auch eine andere tun können. Wenn er für das Eine Fähigkeit genug hatte, warum richtete er diese Fähigkeit nicht auf das, was seine Pflicht erforderte?

Dann, außerdem, was er getan, war augenscheinlich nach eigenem Gefallen getan. Er hatte „hier und da zu tun.“ Wer hieß ihn, „hier und da etwas zu tun?“ Er machte sich an eine Arbeit, die ihm nicht angewiesen war. Wohl denn, da diente er sich selber, anstatt seinem Meister, und raubte dem Herrn seine Zeit und Fähigkeit, um sie für sich zu verwenden; er machte sich zu seinem eigenen König und warf den Gehorsam gegen seinen Herrn ab.

Doch sagt er, dass er „zu tun“ hatte. Nun lasst uns sehen, was er vollbracht hat. Hier ist ein Mann, der sein ganzes Leben etwas zu tun gehabt hat, und was hat er getan? Getan? Er hat viel Geld gemacht. Das ist etwas, nicht wahr? Er hat einen großen Vorrat gesammelt für sich selbst. Da er nicht dem Herrn gedient hat, sondern nur gelebt, um Geld zu machen, so hat er augenscheinlich das Geld höher gestellt als Gott, und ist deshalb ein Götzendiener gewesen, der weniger an seinen Schöpfer, als an seine eigene Tasche gedacht hat. Er hat den Herrn verachtet und seinen eigenen Gewinn vorgezogen. Das ist klar, und was ist dies anders, als Empörung gegen den Höchsten? Was für ein armselig Ding ist es, Geld aufzuhäufen! Wenn du tot bist, was kann dein Reichtum für dich tun? Ja, die Leichenpferde werden mehr Federn an ihren Köpfen haben1) und es werden mehr Männer in schäbigem Schwarz da sein, die von dem leeren Totenwagen absteigen und im Wirtshaus trinken auf dem Rückweg von deinem Begräbnis. Ohne Zweifel, es werden mehr Narrenspossen getrieben werden, als wenn du ein Dorfbewohner wärst und ehrbar auf den Schultern der Männer zu Grabe getragen würdest; und es wird mehr Zank unter deinen Erben sein und vielleicht ein längerer Prozess über deinen Nachlass und mehr Profit für die Advokaten, als wenn du weniger von der gelben Erde aufgehäuft hättest. Die Leute sagen: „Er hat ein ungeheures Vermögen hinterlassen“ das ist in vielen Fällen das Ende des Ganzen, aber was ist das? Ist der Tote besser daran, weil er ein Millionär gewesen ist? Geld recht anzuwenden, ist ein Vergnügen, aber zu sterben und es alles ungebraucht zurückzulassen, ist äußerstes Elend. Es aufzuhäufen, damit Andere es verschwenden, ist armselig Werk; ich möchte ebenso gerne Steine am Wege klopfen. Des Teufels Rechen zu sein, damit ein Anderer seine Forke sei, ist kümmerlicher Ehrgeiz. Und doch ist dies die Lebensgeschichte vieler Menschen; sie haben hier und da zu tun zu eigennützigen Zwecken, und die Hoffnung, Gott zu dienen, ist nicht mehr da.

Ich höre Jemand von euch sagen: „Mein verstorbener Freund strebte nicht nach Reichtum, er suchte die Liebe und Achtung seiner Mitbürger und trachtete nach Ehre.“ Ja, aber wenn er nicht dem Herrn diente, so ist es klar, dass er die Ehre bei Menschen lieber hatte, als die Ehre bei Gott; und was für Gutes kann das ihm bringen, nun er in dem kalten Grab liegt? Es war ein Bericht über ihn in der „Times“ und viele Leute sagten: „Wieder ist ein bedeutender Mann dahingegangen;“ aber was ist das? Was ist die Ehre, wenn ein Mann starr und steif im Leichengewand da liegt?

Hier ist ein Anderer, der sagt: „Aber ich habe für die Wissenschaft gelebt, ich habe nach Kenntnissen gesucht, wie nach verborgenen Schätzen.“ Aber, mein lieber Freund, wenn du nicht für Gott gelebt hast, so hast du jede Kenntnis des Habens wert gehalten, ausgenommen die Kenntnis des Allerhöchsten. Du hast die verschiedenen Gattungen der Fliegen und Käfer geordnet und klassifiziert, oder die Blumen des Feldes und die Sterne des Firmaments in wissenschaftliche Ordnung gebracht; ich verachte dein Wissen nicht, im Gegenteil, ich schätze es, aber wie kommt es, dass du, seinen höchsten Zweig vernachlässigst? Es ist weise, nach Wissenschaft jeder Art zu streben, aber nicht so, dass man Gott zu dienen darüber versäumt. Der Naturforscher kann leicht Gott dienen in seinen Forschungen und Entdeckungen, jede Wissenschaft kann zur Ehre Gottes gebraucht werden; aber wenn man nach Wissenschaft strebt und nicht Gottes Ehre darin sucht, so ist das so beleidigend, als wenn ein Mensch sagte: „Großer Gott, deine Geschöpfe wünsche ich zu verstehen, aber ob ich dich selber kenne und ehre, das gilt mir gleich.“ Ist das nicht ein schweres Vergehen? Was hat der Mensch, der seinen Gott vergessen hat, getan? Wohl, einige Menschen können nicht halb so gute Rechenschaft geben, wie die, welche ich schon erwähnt habe. Getan? Wie? Einige haben nur gelebt, um nach Vergnügungen zu haschen und die Zeit totzuschlagen. Nur zu Viele in dieser üppigen Stadt sind bloße Kleidergestelle für Schneider und Modehändler, oder soll ich sie patentierte Feinschmecker nennen, die täglich einen großen Vorrat von gutem Essen und Trinken zu sich nehmen usw. Ihre Eine Frage am Morgen ist: „Wie sollen wir uns heute amüsieren?“ Eine Ratte lebt ein besseres Leben als der reiche Rentier in der Stadt, der nichts zu tun hat, wenigstens verzehrt sie nicht so viel, und da sie kein Gewissen hat, hat sie nicht so viel zu verantworten. Dieses Geschöpf, 6 Fuß hoch in seinen Stiefeln, hat nicht den sechsten Teil von etwas Gutem, das zu seiner Empfehlung diente. Seine Seele scheint ihn von keinem andern Nutzen, als nur wie Salz zu wirken, das seinen Körper vor Verwesung schützt. Es ist eine furchtbare Sache, ein Mann zu sein und doch kein Mann. Es gibt viele Solche. Was das betrifft, wozu sie gut sind, da könntet ihr bessere Männer aus braunem Papier schneiden, sie sind ganz Schein und Schaustellung. Ach, dies ist wahr, von Frauen ebenso wohl wie von Männern, denn die Schrift spricht: „Welche aber in Wollüsten lebet, die ist lebendig tot.“

Aber was tun Einige? Ach, sie sind sogar schlimmer, als die armen Narren, die ich eben beschrieben habe, denn ihr Vergnügen finden sie in Lastern; sie haben zu tun, indem sie ihren schlechten Leidenschaften frönen und die Ewigkeit allein wird enthüllen, wie manche Seele verdorben und wie manches Leben zerstört worden ist durch ihre Gottlosigkeit. Sie sind darum doch feine Herren, wie ihr wisst, und da sie reichlich Geld haben, können sie heiraten, wessen Tochter sie wollen. Es ist eine Schande, dass es so ist. Ach, welch ein elendes Ding wird es für sie sein, ein verfaultes Leben geführt zu haben und nichts getan, als schändlichen Neigungen gefrönt auf Rosten der Seelen Anderer.

Einige, die sich für eine bessere Sorte halten, haben gelebt, um Andere zu kritisieren, um die Art zu tadeln, wie ernste Männer Gott dienen, zu sagen, wie die Dinge getan werden sollten, obgleich sie niemals selber etwas tun, die Irrtümer der Tugendhaften und viel Wirkenden zu zeigen und Pläne und Projekte zu entwerfen, die sie nie ausführen. In die Zukunft zu schauen und zu sehen, was geschehen wird, und in die Vergangenheit und zu sehen, was hätte geschehen sollen und schöne Theorien zu spinnen und ich weiß nicht was - wozu kann all' Dieses gut sein? Und doch ist mit solchen Dingen manches Leben zersplittert worden, mühsam vergeudet im Plänen, wie man gar Nichts täte. O, möge das nie euer Los sein, hier und da zu tun zu haben und so das Leben auslecken zu lassen, ohne dass eine seiner Arbeiten getan wird.

O, könnte ich mit einer Stimme sprechen, die jedes Herz erreichte. Mir tat halb das Lächeln leid, welches ich eben vorhin verursachte, aber ich bewirkte es nur, damit es mir hilft, ernstere Gedanken in eurer Seele anzuregen. Brüder, ist es nicht traurig, das vernachlässigt zu haben, was ersichtlich das Hauptgeschäft des Lebens ist? Wenn ich Gottes Geschöpf bin, so muss ich bestimmt sein, Gott zu dienen, und wenn ich ihm nicht gedient habe, so habe ich, selbst als Geschöpf, nicht getan, wozu ich bestimmt war; aber wenn ich mich einen Christen nenne, so nimmt die Sache eine ernsthaftere Gestalt an. Habe ich bekannt, mit Jesu Blut erkauft zu sein, und nicht mein eigen zu sein, und habe ich gelebt, als wenn ich mein eigen wäre? Ich bekenne, mit dem Geist Gottes erfüllt zu sein durch meine Wiedergeburt, - habe ich als ein Wiedergeborener gelebt? Wenn ich auf mein Glaubensbekenntnis hin getauft bin, so habe ich mich hingegeben, um in dem Wasser begraben zu werden und damit bekannt, dass ich der Welt gestorben sei - bin ich der Welt gestorben? Ich sagte, dass ich in einem neuen Leben wandeln wollte wie Einer, der von den Toten auferweckt ist - habe ich so gelebt? O, ihr Bekenner Christi, seid ihr eurem Bekenntnis treu gewesen oder ist dies Bekenntnis nur eine Lüge gewesen? Gewissen, antworte mir, ich beschwöre dich! O, Geist Gottes, erwecke das Gewissen eines jeden hier Gegenwärtigen, so dass keiner durch den Betrug der Sünde verhärtet werde. Gott zu dienen, ist das Einzige, wofür es der Mühe wert ist, zu leben, und wenn wir auf dem Krankenbett liegen und in die Zukunft zu blicken beginnen, dann sehen wir, dass es so ist. Es macht einen guten Menschen begierig, Gott zu dienen, wenn er denkt, dass sein Leben bald vorüber sein wird. Er verdammt sich selbst für jede vergeudete Stunde und beklagt, dass nicht jede seiner Fähigkeiten aufs Äußerste angestrengt ist in dem Dienst dessen, der ihn mit seinem Blut kaufte. Ich hörte noch nie ein Bedauern von Sterbenden, dass sie zu viel für Christum getan, oder zu ernstlich für ihn gelebt, oder zu viele Seelen gewonnen, oder zu viel von ihrem Vermögen für Gottes Sache gegeben, sondern das Bedauern ist all auf der entgegengesetzten Seite, Gott bewahre uns davor um seiner Barmherzigkeit willen.

IV.

Viertens, die unabänderliche Tatsache bleibt stehen: „Während ich hier und da zu tun hatte, war der nicht mehr da.“ Konntest du ihn nicht wieder ergreifen? Nein, er ist nicht mehr da. Gibt es keine Art, die geschehene Nachlässigkeit wieder gut zu machen? Kein Wiedereinfangen des Vermissten? Nein, er ist nicht mehr da, ganz fort. Ich wollte, ihr alle bedächtet heute Morgen, dass wenn irgend ein Teil des Lebens nicht im Dienste Gottes zugebracht ist, so ist er nicht mehr da. Die vergangene Zeit ist nicht mehr da. Ihr könnt sie nie wieder zurück haben, nicht einmal den letzten Augenblick, der eben entschwunden ist. Geh, sammle den Morgentau, der in der Sonne verdunstet ist; geh, sammle die Wolken, die gestern ihren Regen ausströmten; geh, sammle die Sonnenstrahlen, die im letzten Sommer auf die Erde fielen; aber wenn du diese Aufgabe vollbringen könntest, hoffe selbst dann nicht, die Zeit wieder zu erhalten, die vergangen ist. Sie ist nicht mehr da; die Allmacht selber kann sie euch nicht wieder geben.

Mit der Zeit, bedenkt, ist euer Leben dahin gegangen und ihr könnt es nicht wieder leben. Wir sind bisweilen töricht genug gewesen, zu sagen: „O, könnte ich mein Leben noch einmal leben!“ Warum das sagen? Ihr könnt es nicht wieder leben; es ist nicht mehr da. Was immer die allmächtige Gnade tun mag, sie kann euer vergangenes Leben nicht ändern; es wird in Ewigkeit das sein, wozu ihr es gemacht habt. Als die Augenblicke wie heißes Wachs waren, setztet ihr euer Siegel darauf, und das Siegel ist auf immer da. Was euer Leben gewesen ist, das berichtet die Wahrheit auf ewig; die Ewigkeit hindurch wird es euch nicht möglich sein, die Beschaffenheit eines einzigen Augenblickes zu ändern, den ihr verlebt habt. Ihr könnt das Vergangene nicht umändern, ob ihr auch für immer seufztet: „O, dass ich diese Gelegenheit benutzt hätte! O, dass ich verstanden hätte, mich selbst zu verleugnen! O, dass ich reichlich Werke getan, um Christum zu verherrlichen.“ Ihr könnt keine Handlung ungetan machen, kein Wort ungesagt, keine Vernachlässigung ungeschehen.

Bedenkt auch, dass künftiger Fleiß nicht fähig sein wird, versäumte Zeit einzubringen. Ihr könnt euren nächsten Gefangenen halten, aber ihr könnt nicht die wieder bekommen, die euch entflohen sind. Junger Mann, du bist noch nicht 25 Jahre alt, und es ist eine lange Zeit vor dir. Brauche sie, brauche sie gut; aber du kannst die Jahre zwischen fünfzehn und fünf und zwanzig nicht wieder bekommen. Sie sind nicht mehr da, und wenn sie übel angewandt sind, so sind sie auf ewig vergangen. Ein Mann von sechzig kann noch etwas tun, aber wie ists mit den vielen vergeudeten Jahren, die schon vergangen sind? Luther war über dreißig als er sein Lebenswerk begann, aber selbst er konnte seine Jahre des Aberglaubens und unwiedergeborenen Lebens nicht zurück erhalten. Die Zeit fliegt vorüber; brauche sie jetzt. Zaudere nicht, denn du kannst keine Feder aus dem Flügel der Zeit pflücken, um sie auch zaudern zu machen. Sie fliegt, und wenn du sie gebrauchen willst, gebrauche sie jetzt. Erhebe dich und schlafe nicht länger. Wenn du in der Tat denn Gott treu sein willst, und dem Christus, der dich mit seinem kostbaren Blut erkauft hat, so brauche deine Kraft nun in der vollsten nur möglichen Ausdehnung zur Ehre deines Herrn und Meisters.

Wie sollen wir schließen? Diese Predigt fegt wie ein rauer Nordwind durch unser Aller Innerstes. Was sollen wir tun? Ich will euch angeben, was zu tun ist. Lasst uns Alle zu Jesu fliehen, der die Schuld der Vergangenheit vergeben kann. Kann irgend ein Mann oder eine Frau hier sagen: „Ich habe nichts zu gestehen; keine Nachlässigkeit kann mir Schuld gegeben werden?“ Ich muss frei erklären, dass ich Keiner von diesen bin. Ich habe über Vieles Leid zu tragen. Freunde, ich will der erste Leidtragende sein und will vorangehen zum Kreuz. Dort lasst uns über uns selber trauern vor unserm Heiland. Sein kostbares Blut kann uns rein machen. Wir wollen darauf blicken; wir wollen auf sein Verdienst trauen. Wir sind rein, wenn wir an ihn glauben. Jene seine Gerechtigkeit kann uns bedecken ohne irgend einen Makel; lasst uns sie anziehen und „angenommen werden in dem Geliebten.“

Wenn dieses getan ist, was dann? Lasst uns wieder zu Christo kommen und ihn bitten, uns von der Lethargie des Ungehorsams zu heilen, die uns so lange gefesselt gehalten. Unserer Einige haben unsern Gott vergessen, haben gelebt, als wenn wir keine Verpflichtungen gegen ihn hätten, und selbst Die unter uns, die durch seinen heiligen Geist lebendig gemacht sind, haben ihm nicht gedient, wie wir es hätten sollen. Herr, Lass dein teures Blut uns jetzt heilen, dass wir nur an Gott und seine Ehre denken mögen und hinfort Ihm allein leben.

Noch Eins, lasst uns zu Christo kommen, damit wir neue Triebfedern fühlen und neue Eingebungen erhalten mögen. Habt ihr nie von Menschen gehört, die eine große Umwandlung erfahren? Ihnen ist etwas begegnet, das ihrer Natur eine lebenslange Wendung gegeben, so dass sie neue Menschen sind. Ihr kanntet sie eines Tages sehr gut, aber als ihr sie das nächste Mal traft, erkanntet ihr sie kaum wieder; sie waren so verändert und so ganz von Einem Gegenstand eingenommen, von dem sie sogleich mit euch zu reden begannen. Ihr hieltet sie für sonderbar, aber ich wünschte, wir wären Alle auf solche Art sonderbar. Ich wünschte, dass mein Herr Jesus Christus Jedem von euch heute Nachmittag begegnete und sich ihm offenbarte. Ich bitte nicht, dass ihr ihn mit euren leiblichen Augen sehen möchtet, aber ich wünsche, eure geistlichen Augen würden geöffnet, so dass ihr ihn sähet und dass er euch seine Hände und seine Füße und seine Seite zeigte und zu euch spräche: „Ich habe dich je und je geliebt und ich habe mich selbst für dich gegeben. Sieh, ich lege diese meine durchbohrten Hände auf dich. Du bist mein und deshalb bitte ich dich, lebe wie Einer, der von den Toten erstanden ist. Von nun an, so gewiss mein Vater mich in die Welt gesandt hat, so sende ich euch.“ Möge dies einem Jeden von uns begegnen, dann werden wir ein neues Leben führen und dies Leben wird so sehr zu Gottes Ehre sein, dass die Menschen sehen werden, dass wir mit Jesu gewesen sind, in einer neuen und fremdartigen Weise und von ihm gelernt haben. Gott segne euch zu diesem Ende, um Christi willen. Amen.

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Es war englische Sitte, dass die Pferde vor dem Leichenwagen schwarze Federn am Kopf tragen.
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