Spurgeon, Charles Haddon - Dein Erlöser

Spurgeon, Charles Haddon - Dein Erlöser

Jes. 41,14

Warum heißts: „und dein Erlöser?“ Was sollte dieser Zusatz, des Erlösers Name, nach so köstlicher Ermahnung: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob, ihr armer Haufe Israel. Ich helfe dir, spricht der Herr?“ Mit Gottes Hilfe möchte ich euch heute zeigen, warum ein besonderes Heil darin liegt, dass Gott nicht bloß gesagt hat: „Ich helfe dir, spricht der Herr,“ sondern hat hinzugesetzt: „und dein Erlöser, der Heilige in Israel.“

Wollt ihr bemerken, dass es aussieht, als ob es eine Wiederholung drei verschiedener Personen sei. Israel lag darnieder; und Jehova, denn dies ist das erste Wort- (hier sollte das Wort Herr durch Jehova übersetzt sein) - spricht zu seinem armen, versuchten, verzweifelnden Knecht: „Ich helfe dir.“ Wir denken sogleich, wie wir dies hören, es sei ganz im Sinne des Textes, wenn wir voraussetzen, dass Gott der Heiligen Geist, der Heilige in Israel, seine feierliche Zustimmung gibt, und mit Eid und Bund bekräftigt: „Ich helfe dir.“ Sieht das nicht fast aus, wie eine Wiederholung? Genügte es nicht, dass Jehova der Vater erklärte, Er wolle seinem Volk helfen? Warum schlossen sich die andern Personen der heiligen Dreieinigkeit dieser feierlichen Erklärung an? Wir hoffen mit Gottes Hilfe hieraus großen Nutzen zu ziehen, indem wir heute besonders bei dem Worte bleiben: „Dein Erlöser,“ und beachten, wie die Wiederholung jenes Wortes durch unsern Herrn Jesum Christ, unsern Erlöser, der Ermahnung einen besonderen Segen verleiht: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob.“

Dies war erstens zur Erweiterung beigefügt, zweitens zur Versüßung, drittens zur Bekräftigung.

I.

Erstlich, wenn es heißt: „Und dein Erlöser, der Heilige in Israel, so wurde dies beigefügt zur Erweiterung. Es gibt manche Prediger, von denen ihr nie etwas lernt; nicht etwa, weil sie nicht viel Lehrreiches sagten, sondern weil sie den lehrhaften Gedanken nur ein einziges Mal aussprechen und dann sogleich zu einem andern Gedanken übergehen, auch auf dem zweiten Gedanken nicht verweilen, sondern, ohne irgend einen Zusammenhang wieder zu einem dritten schreiten - und so zu sagen bloße Gedankenbrocken hinwerfen, ohne sie den Leuten zu öffnen und zu erklären. Solche Prediger stehen gewöhnlich in dem Rufe, dass ihre Zuhörer wenig Nutzen aus ihrer Predigt ziehen. „Ja,“ sagt der Zuhörer, „es machte keinen Eindruck auf mich, es war wohl Alles recht und gut, aber so viel, dass ich es nicht verdauen kann. Ich konnte nichts behalten.“ Andere Prediger dagegen befolgen eine bessere Weise. Wenn sie einen Gedanken ausgesprochen haben, so suchen sie ihn auszuführen, so dass, wenn ihre Zuhörer nicht fähig waren, den reinen Gedanken aufzufassen, sie doch wenigstens auf einige Punkte desselben aufmerksam werden, wenn es zu dessen Auseinandersetzung kommt. Nun ergänzt und erweitert Gott, der große Verfasser des Buchs der Bücher, Gott, der gewaltige Prediger der Wahrheit, durch seine Propheten eine Tatsache, eine Wahrheit, die Er predigen oder schreiben wollte, so und legt ein solches Gewicht auf die Lehre, dass Er spricht: „Ich will dir helfen, spricht Jehova“; das will sagen Vater, Sohn und Heiliger Geist. „Aber ach,“ spricht Gott, „mein Volk vergisst das, wenn Ich den Gedanken nicht ausführlich darlege; Ich will ihn daher auseinandersetzen, Ich will sie an meine Dreieinigkeit erinnern. Sie verstehen meine Alleinigkeit; Ich will sie daran zu erinnern suchen, dass Drei in Einem sind, ob diese Drei gleich Eins sind“; und Er fügt bei: „Dein Erlöser, der Heilige in Israel.“ Jehova, Erlöser, Heiliger in Israel, drei Personen, zwar wirklich alle mit eingeschlossen in dem Wort Jehova, aber leicht übersehen, wenn sie nicht besonders angeführt worden wären.

Nun, teure Brüder, lasst einen Augenblick eure Gedanken auf der Tatsache ruhen, dass die in dem Verse: „Fürchte dich nicht, Ich helfe dir“ enthaltene Verheißung eine Verheißung von dreien Personen ist. Herr Jehova, dem ewigen Vater, sagen: „Ich helfe dir.“ „Mein sind die Zeiten; ehe die Zeiten zu rollen begannen, da noch keine Welten waren, da noch nichts erschaffen war, bin Ich von Ewigkeit her dein Gott. Ich bin der Gott der Erwählung, der Gott des Gesetzes, der Gott des Bundes; durch meine Macht habe Ich die Berge gegründet, durch meine Weisheit die Grundpfeiler der Erde gesetzt und die Wölbung der Feste des Himmels gebildet; Ich breitete aus den Himmel als einen Teppich (Ps. 104, 2.) und als ein Gezelt, darin man wohnt; Ich, der Herr, habe dir alles gemacht. Ich helfe dir.“ Dann kommt Jehova der Sohn: „Und auch Ich, Ich bin dein Erlöser, der Ewige; mein Name ist Weisheit. Ich war bei Gott, da die Tiefe noch nicht war, da Er die Ströme noch nicht eingedämmt hatte, da war Ich mit Ihm, als der von Ewigkeit mit Ihm war. Ich bin Jesus, der Gott von Alters her; Ich bin Jesus, der Mann der Schmerzen: „Ich bin der Erste und der Letzte, der tot war und ist lebendig geworden.“ (Offenb. 2, 8.) Ich bin der Hohepriester eures Bekenntnisses, der Vertreter vor dem Throne, der Vermittler meines Volkes. Mir ist gegeben alle Gewalt Gottes. Ich helfe dir.“ Armer Wurm, dein Erlöser gelobt, dir zu helfen; mit seinen blutigen Händen bekräftigt Ers, Er wolle dir Hilfe bringen. Und dann kommt der Heilige Geist: „Und Ich,“ spricht der Heilige Geist, „auch Ich bin Gott, - nicht eine Wirkung, sondern eine Person - Ich, immer und ewig, gleich mit Vater und Sohn - Ich, der Ich über dem Chaos schwebte, da die Welt noch gestaltlos und verödet war, und Ich besäte die Erde mit dem Samen des Lebens, da Ich über ihr webete - Ich, der Ich aus dem Tode wiederbrachte euren Herrn Jesum Christum, den Hirten der Schafe - Ich, der Ich der ewige Geist bin, durch dessen Macht der Herr Jesus auferstund von der Knechtschaft des Grabes - Ich, durch den die Seelen lebendig, die Erwählten berufen werden aus der Finsternis zum Licht - Ich, der Ich Macht habe, meine Kinder zu behalten und sie zu bewahren bis ans Ende: Ich will dir helfen.“ Nun, liebe Seele, schaue empor zu diesen Dreien; verlangst und bedarfst du mehr Hilfe, als dir der Dreieinige zu gewähren vermag? Wie! hast du eine größere Kraft nötig, als die Allmacht der ewigen Gottheit? Bedarfst du mehr Weisheit, als im Vater, mehr Liebe, als im Sohne sich entfaltet, und mehr Macht, als sich im Einfluss des Heiligen Geistes offenbart? Bringe dein leeres Gefäß her! Dieser Brunnen wirds gewiss füllen. Eile! nimm deine Bedürfnisse zusammen und bringe sie hieher, deine Leere, deine Schmerzen, deine Sorgen. Sieh, dieser Strom Gottes ist voll für deine Wünsche. Was kannst du noch verlangen? Stehe auf, o Christ, in dieser deiner Macht. Jehova Vater, Jehova Jesus, Jehova Heiliger Geist - die stehen dir bei, dir zu helfen. Das ist das Erste. Es ist eine Erweiterung.

II.

Und nun zweitens ist das Wort „dein Erlöser“ eine Versüßung der Verheißung. Habt ihr nie bemerkt, dass solche Verheißung lieblicher lautet, wenn Jesus darin ist? Alle Verheißungen sind Ja und Amen in Ihm. Wenn aber eine Verheißung den Namen des Erlösers erwähnt, so gibt ihr derselbe einen besonderen Wert. Liebe Brüder, wenn ich den Vergleich wagen darf, so erinnerts mich ungefähr an die prachtvolle Wirkung gewisser Glasmalereien. Es gibt manche Personen, deren Augen so schwach sind, dass das Licht sie blendet, besonders die roten Sonnenstrahlen, und man hat ein Glas erfunden, welches die blendenden Strahlen zurückwirft, und nur jene durchlässt, welche sanft und schwachen Augen zuträglich sind. Der Herr Jesus gleicht solchem Glase. Die Gnade des dreieinigen Gottes, die durch den Menschen Jesus Christus hindurchscheint, bekommt einen Schmelz, ein so sanftes Licht, dass das sterbliche Auge es zu ertragen im Stande ist. Mein Gott, ich könnte nicht aus reinem Born mich erquicken, wenn Du nicht das irdische Gefäß meines Heilandes dazu gestellt hättest; aber durch Ihn erhalte ich lebendiges Wasser aus Deinem heiligen Brunnquell. Himmel! du bist zu strahlend; ich könnte dein blendendes Licht nicht ertragen, wenn ich nicht diesen Schleier hätte, mit dem ich dich verdecke; aber durch denselben erblicke ich, wie durch einen Nebel, den Farbenbogen deiner Herrlichkeit, in ungeschwächter Pracht, aber gleichsam gemildert in seiner Heftigkeit, vor der ich müsste vergehen. Der Heiland scheint seine Herrlichkeit zu mäßigen, sie herabzustimmen um unsers schwachen Wesens willen. Sein Name, in diesen Himmelswein getaucht, nimmt Ihm nicht im geringsten etwas von seinem Glanze und seiner belebenden Kraft; sondern er nimmt demselben jene gewaltige Stärke, die auch eines Engels Stirne betäuben könnte. Er nimmt die Tiefe des Geheimnisses hinweg-, welche den dunkeln, alten Wein des Gottesreichs eher berauschend als belebend macht. Christus Jesus, in den Strom Gottes geworfen, macht alle Wasser süße; und wenn der Gläubige Gott in der Person des Heilandes erblickt, so sieht er den Gott, den er lieben, dem er mit Zuversicht nahen darf. Gewiss habe ich diese Verheißung umso lieber, weil ich meine, den Heiland zu sehen, der seine blutige Hand darauf legt und spricht: „Und dein Erlöser,“ und das blutige Maal auf der Verheißung hinterlässt. Es kommt mir vor, wie wenn der Herr Jesus, da Gott jene Verheißung gegen das Würmlein Jakob aussprach, dazu nicht hätte stillschweigen können. Er hörte den Vater sagen: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob“; und sah den armen Wurm, das Haupt gebeugt, seine Augen voller Tränen, sein Herz pochend vor Furcht und seine Arme vor Angst über die Brust gekreuzt; und als der Vater gesprochen hatte: „Fürchte dich nicht“, ging Er still zu Ihm hin und lispelte Ihm mit sanfterer Stimme als der Vater zu: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob; der Herr, dein Gott sprichts,“ und fügt liebevoll hinzu: „Und dein Erlöser spricht es auch.“ Er sagt: Fürchte dich nicht.“ Der dich liebt, der dich kennt, der empfindet, was du fühlest, der alle Schmerzen ertragen hat, die du nun erduldest - der dein Verwandter und Bruder ist, der spricht also: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob.“ Ach, wie lieblich ists, wie köstlich, auf dieses Wort zu schauen, als auf ein Wort unseres Erlösers.

III.

Und nun zum Dritten. Ich halte dafür, der Zusatz sei zur Bekräftigung beigefügt: „In zweier oder dreier Zeugen Wunde soll bestehen allerlei Sache.“ (2 Kor. 13, 1.) „Blindes Urteil irrt gewiss.“

Es bedarf vieler Zeugen, umso ungläubige Seelen wie wir zum Glauben an die Verheißungen zu bringen. „Nun,“ spricht Gott, „Ich helfe dir.“ Unglaube! Willst du Jehova misstrauen? Kann der „Ich bin, der Ich bin“ lügen? Kann der Gott der Treue und Wahrheit dich hintergehen? O Unglaube! schändlicher Verräter! willst dus wagen, an Ihm zu zweifeln? Ja, und Christus wusste das; und darum kommt Er und spricht: „Und dein Erlöser,“ als zweiter Zeuge; und der Heilige Geist ist der dritte. „Dein Erlöser“ will der zweite Gewährsmann sein, die zweite Bürgschaft für die Wahrhaftigkeit dieser Verheißung. Der Vater will seine Ehre einsetzen, wenn Er sein Wort brechen sollte; und „auch Ich gebe zur Sicherstellung der Erfüllung dieser Verheißung meine Ehre und meine Wahrhaftigkeit zum Pfand. „Dein Erlöser“ verpflichtet sich, dass Er dir helfen wolle, du Würmlein!

Und nun leset die Verheißung mit Rücksicht darauf, dass es heißt: „Dein Erlöser;“ und wenn ihr sie leset, so werdet ihr sehen, wie das Wort „Erlöser“ es alles zu bestätigen scheint. Fanget an: „Ich helfe dir;“ leget den Nachdruck auf das „Ich.“ Wenn ihrs so leset, so versetzt das eurem Unglauben einen Schlag. „Ich helfe dir,“ spricht der Erlöser. „Andere wollen dir nicht helfen; aber Ich habe dich je und je geliebt, darum habe Ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. „Ich helfe dir,“ ob auch die Erde dich verlässt, Ich nehme dich an. zweifelst du an mir? Ich habe dir meine Liebe bewiesen. Betrachte diese Wunde, diesen Speerstich in meiner Seite. Schaue meine Hände: willst du noch zweifeln? „Ich bins.“ So sprach Ich aus den tobenden Wassern und sagte zu den Meinen: „Fürchtet euch nicht; Ich bins.“ Ich sage dir nun, da du auf den Wassern bist: „Fürchte dich nicht. Ich helfe Dir.“ Gewiss, du brauchst nicht zu fürchten, dass Ich dich je vergesse. „Kann auch ein Weib ihres Säuglings vergessen, dass sie sich nicht erbarme über das Kind ihres Leibes? Und ob sie desselben vergäße, so will Ich doch dein nicht vergessen.“ (Jes. 49, 15.) „Sieh, in meine Hände habe Ich dich gezeichnet, deine Mauern sind immerdar vor mir.“ (V. 16.) „Ich helfe Dir.“ Nun, stelle dir vor, der Heiland stehe hier - dieser Mann, dessen Kleider blutrot sind: stellet euch vor, Er stehe, wo ich jetzt stehe und sage zu euch: „Fürchte dich nicht. Ich helfe dir.“ O, mein Herr, ich habe lange Zeit undankbar an Deiner Verheißung gezweifelt; aber mich dünkt, wenn ich Dich in all' Deinem Weh und Ungemach um meinetwillen erblicken könnte, wenn ich Dich könnte sagen hören: „Ich helfe dir,“ so würde ich mich Dir zu Füßen werfen und sagen: „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben.“ (Mark. 9, 24.) Aber, ob Er schon nicht hier ist, um dies sagen zu können, obgleich die Lippen, die dies aussprechen, eines Menschen Lippen sind, so bedenkt, dass Er heute durch meinen Mund spricht, und durch sein Wort, so wahrhaftig, als ob Ers selber spräche. Wenn ein großer Mann durch einen Diener oder durch einen Brief euch die Botschaft übersendet: „Ich erhalte dich,“ so würdet ihr beim Anblick seiner Handschrift, ob ihr auch seine eigene Stimme nicht hört, es aussprechen, sagen: „Es ist genug; ich glaube es; dies ist des Meisters Handschrift, es ist seine eigene Unterschrift, von seiner Hand geschrieben.“ Betrachte die blutige Unterschrift! Sie ist besiegelt mit seinem Kreuz, und ich, sein Bote, bin heute gesandt an mich und euch, und spreche zum eigenen Herzen und zu euch: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott, denn ich werde Ihm noch danken; (Ps. 42, 6.) denn der Erlöser spricht: „Ich helfe dir,“ und wenn Er spricht: „Ich helfe dir,“ wer will noch an Ihm zweifeln? wer darf Ihm misstrauen?

Und nun wollen wir die Verheißung noch einmal lesen und den Nachdruck auf das Wort „helfe“ legen. „Ich helfe dir.“ Zunächst ist hier zu unterscheiden, was in dem Wörtlein miteinander verbunden ist: dass Er nämlich etwas tun will und tun wird, so gewiss, als ob es jetzt schon geschähe; und dann, was Er tun will, nämlich helfen. „Ich helfe dir.“ Wenn Gott spricht: „Ich tue es,“ dann liegt etwas darin, liebe Brüder. Der Wille Gottes hat Welten ins Dasein gerufen; der Wille Gottes löste die Natur aus dem Chaos; der Wille Gottes erhält die Welten, „trägt der Erde mächt'ge Pfeiler,“ und ordnet die Schöpfung. Das ist Gottes: „Ich will.“ Er lässt die Welt leben, man lebt vom „Willen“ Gottes; und wenn Er will, dass du sterbest, so musst du versinken wie die Wasserblase im Strudel, wenn dein Augenblick gekommen ist. Und wenn das „Wollen“ Gottes so mächtig ist, müssen wir dann nicht einen großen Nachdruck darauf legen, wenn es hier heißt: „Ich helfe dir.“ Hier ist von keinem Zweifel die Rede; es heißt nicht: „Ich helfe dir vielleicht;“ nein: „Ich helfe.“ Es heißt nicht: „Vielleicht lasse Ich mich bewegen, dir zu helfen.“ Nein: „Ich helfe dir von freien Stücken.“ „Ich helfe dir.“ Nicht ein Jota von einem Zufall wird hier zugegeben; es geschieht unfehlbar. Nun, liegt darin nicht eine Macht? Ja wahrlich, liebe Brüder, es ist mehr als genug, um eines Menschen Geist zu entzücken, wie sehr er auch betrübt sein mag, wenn Gott der Heilige Geist ein Wort haucht und seinen Wohlgeruch in unsre armen Seelen ergießt. „Fürchte dich nicht; Ich helfe dir.“

Und nun fassen wir auch die Bedeutung des Wortes „helfen“ ins Auge. „Ich helfe dir.“ Das ist mir ein Kleines, dir zu helfen. Erwäge, was Ich schon für dich getan habe. Wie! Ich dir nicht helfen? Ich habe dich ja mit meinem Blut erkauft. Wie! Ich dir nicht helfen? Ich bin ja für dich gestorben, und habe Ich das Größere getan, wie sollte Ich nicht auch das Kleinere tun? Dir helfen, mein Geliebter! Es ist das Allergeringste, was Ich für dich tun will. Ich habe mehr getan, und will noch mehr tun. Ehe der Morgenstern zum ersten Mal erglänzte, habe Ich dich erwählt. „Ich helfe dir.“ Ich setzte das Testament ein um deinetwillen, und erschöpfte alle Weisheit meines ewigen Verstandes, um den Plan der Erlösung zu entwerfen. „Ich helfe dir.“ Ich ward Mensch für dich; Ich verließ meinen Schmuck und verleugnete meinen Purpur, um für dich Mensch zu werden. Habe Ich das getan, so helfe Ich dir auch. Ich gab mein Leben, meine Seele für dich hin; Ich schlief im Grabe, Ich fuhr hinab zur Hölle, und das Alles um deinetwillen. Ich helfe dir. Das kostet mich nichts. Deine Versöhnung hat mich viel gekostet, aber Ich habe Alles und überflüssig. Wenn Ich dir helfe, so gebe Ich dir nur, was Ich dir schon erkauft habe. Es ist nicht etwas Neues, Ich kann es leicht tun. „Dir helfen?“ Deshalb brauchtest du nie Angst zu haben. Wenn du tausendmal mehr Hilfe bedürftest, als du wirklich nötig hast. Ich würde sie dir gewähren; aber du verlangst Geringes im Vergleich mit dem, was Ich dir bieten kann. „Es ist etwas Großes für dich, was du bedarfst, aber für mich ists nichts, es zu gewähren. „Dir helfen?“ Fürchte dich nicht. Wenn am Tor deiner Scheune eine Ente um Hilfe schriee, es würde dich nicht zum Bettler machen, ihr eine Handvoll Waizen zu geben; und du bist nur eine winzige Mücke am Tor meiner Allgenugsamkeit. Alles, was du essen könntest und alles, was du nehmen könntest, und nähmest du in alle Ewigkeiten, es würde meinen überschwänglichen Reichtum nicht mehr mindern, als das Trinken eines Fisches das Meer. Nein; „Ich helfe dir.“ Ich bin für dich gestorben; Ich will dich nicht verlassen.

Und nun nimm noch das letzte Wort: „Ich helfe Dir.“ Lege den Nachdruck hier darauf: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob; Ich helfe Dir. Wenn Ich die Sterne stürzen lasse, so helfe Ich dir; wenn Ich die ganze Natur in Trümmer zerfallen lasse, dennoch helfe Ich dir. Wenn Ich dem Zahn der Zeit erlaube, die starken Pfeiler zu zernagen, auf denen die Erde ruht, dennoch helfe Ich dir. Ich habe einen Bund mit der Erde gemacht: „Forthin, so lange die Erde stehet, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Sommer und Winter, Tag und Nacht;“ (1 Mos. 8, 22.) aber dieser Bund, obgleich wahr, ist nicht so groß, als der Bund, den Ich um deinetwillen gemacht habe. Und wenn Ich meinen Bund mit der Erde halte, so will Ich gewiss und wahrhaftig meinen Bund mit dem Sohne halten. „Fürchte dich nicht. Ich helfe dir.“ Ja, dir! Du sagst: „Ich bin zu unwert der Hilfe.“ Aber Ich helfe dir, zu Ehren meiner Macht. Du sprichst: „Ich bin zu verworfen zur Hilfe.“ Aber Ich helfe dir, um meine Gnade zu offenbaren. Du sprichst: „Ich bin aber für frühere Hilfe undankbar gewesen.“ Ich helfe dir aber, um meine Treue zu offenbaren. Du sprichst: „Ich werde mich aber wieder auflehnen, ich werde wieder abfallen.“ Ich helfe dir, um meine Langmut kund zu tun. Alle Welt wisse: „Ich helfe dir.“

Und nun schaut hin auf meinen Herrn, wie Er am Kreuze blutet und herniederblickt auf euch und mich. Stellt Ihn euch vor, wie seine Stimme brechend Liebe und Erbarmen stöhnt; und hört Ihn. Jetzt aber hat Er zum Schacher gesprochen, und hat zu ihm gesagt: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein.“ Und wie Er dies gesagt hat, erblickt Er euch und mich arm und elend, und spricht: „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob; Ich helfe dir; Ich half dem Schächer - Ich helfe auch dir. Ich verhieß ihm, er sollte mit mir im Paradiese sein; Ich kann dir wohl verheißen, Ich wolle dir helfen. Ich helfe dir. O, Herr! möge Deine Liebe, die Dich so zu sprechen treibt, auch mich treiben, an Dich zu glauben.

Und nun hört Ihn abermals. „Er ist hoch erhaben; Er hat das Gefängnis gefangen geführt, und hat den Menschen Gaben gegeben.“ (Ephes. 4, 8.) Nun siehe, wie Er mitten unter der erhabenen Pracht und Herrlichkeit des Himmels seiner armen Verwandten eingedenk ist; Er schaut hernieder und sieht uns in dieser Welt noch kämpfen mit Sünde, Sorge und Schmerz; Er hört uns, wie wir um die königliche Mitherrschaft flehen; und Er spricht: „Du Würmlein Jakob! ob Ich auch hoch erhaben das Regiment führe, so ist doch meine Liebe gleich groß. „Ich helfe dir.“ Ich bitte den Herrn, Er wolle die Süßigkeit dieses Worts euch ans Herz legen, liebe Brüder, wie auch mir. „Ich helfe dir.“ O gewiss, wenn der Gatte zur Gattin spricht in Stunden der Betrübnis und Sorge, und sie tröstet, so könnt ihr leicht begreifen, wie er sie zu trösten sucht: „Du Weib meiner Jugend! meine Freude, meine Wonne, ich helfe dir!“ Er erzählt ihr von seiner Liebe, von Zeiten, wo er ihr in Trübsal beistund; er erinnert sie an den Tag ihrer Vermählung, und erzählt ihr von ihren gemeinsamen Leiden und Freuden; und er spricht: „Weib, kannst du an mir zweifeln? Nein; ich bin dein Gatte, ich helfe dir!“ Und nun hört, was der Heiland zu seiner Kirche spricht: „Ich habe dich mir verlobt (Hos. 2, 19. 20) vor aller Zeiten Anfang, Ich habe dich in die Gemeinschaft ausgenommen mit meiner anbetungswürdigen Person; und, o liebe Braut, wenn auch mein Palast in Trümmern läge, und der Himmel erbeben sollte, dennoch helfe Ich dir. Dich vergessen? Meine Braut vergessen? Meine Treue brechen? Meinen Bund verlassen? Nein; das geschieht nie. Ich helfe dir.“ Höre, wie die Mutter ihrem Kinde in großer Gefahr zuspricht! „Kind,“ spricht sie, „ich helfe dir;“ und dann erinnert sie das Kind, dass sie seine Mutter ist, dass an ihrer Brust es seine Nahrung fand in den Tagen der Schwachheit; sie stellt ihm vor wie sie es erzogen hat und auf ihren Knien gewiegt, und wie sie allezeit sein Trost und seine Hilfe war. „Kind,“ sagt sie, und das Herz geht ihr dabei über, „liebes Kind, ich helfe dir!“ Das Kind aber zweifelt nicht, und es spricht: „Ja, Mutter, ich weiß, dass du mir helfen willst, ich weiß es gewiss, es braucht mirs Niemand zu sagen; ich wusste, dass du mir helfen willst, denn ich habe so große und viele Beweise deiner Liebe erfahren.“ Und so sollten wir, die wir den Heiland lieben, mit Augen voller Tränen sagen: „O, Du teurer Heiland! Du hattest nicht nötig, uns Deiner Hilfe zu versichern, denn wir glauben es fest. Ach, meine doch nicht, wir zweifelten so sehr an Dir, dass mans uns noch einmal sagen müsste; wir wissen, dass Du uns hilfst, wir sind dessen gewiss; Deine erste Liebe, Deine alte Liebe, die Liebe zu Deinen Verlobten, Deine Liebesbeweise, Dein ewiger Gnadenzug, das Alles verkündigt, dass Du uns nie verlassen kannst. Nein, nein: „Ich helfe dir!“

Und nun, teure Brüder, wollen wir hingehen, und den Leib Christi genießen und sein Blut trinken geistlicher Weise; und ich hoffe, wie wir dieses Brotes und Weines, der Zeichen unseres Herrn, teilhaftig werden, wollen wir auch denken, wir hören jeden Bissen Brot und jeden Tropfen Wein im Namen des Herrn und Meisters sagen: „Ich helfe dir, ich helfe dir.“ Und lasset uns den Satan verscheuchen, indem wir unsre Seelen durch die Macht des Heiligen Geistes stärken lassen, und anziehen den Harnisch Gottes (Eph. 6, 11.). So lasset uns morgen in die Welt treten, zu zeigen, was der Erlöser vermag, wenn seine Verheißung vom Heiligen Geist eingeprägt wird. „Fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob, und du Hause Israel; Ich helfe dir.“ Kommt, löscht heute eure Furcht aus und bezahlet ihr, wie sie euch bezahlt hat. Hängt sie hier ans Blutgerüst. Kommt und werft sie nieder mit dem Geschütz der Verheißungen und vernichtet sie auf ewig. Sie ist eine abtrünnige Aufrührerin; vernichtet sie und überantwortet sie dem äußersten Verderben; wir aber wollen sagen und singen: „Darum fürchten wir uns nicht, wenn gleich die Welt unterginge, und die Berge sänken mitten ins Meer. Wenngleich sein Gewässer wütete und wallete, und von seinem Ungestüm die Berge zitterten.“ (Ps. 46, 3. 4.) „Ich helfe dir,“ spricht dein Erlöser.

Ach, ihr Sünder, ich bedaure euch, wenn ihr diese Verheißung euch nicht angeeignet habt. Wenn ihr nur dies verlöret durch eure Abkehr von Christo, es wäre wahrlich viel verloren. Möge Gott euch berufen und euch beistehen, zu glauben an des Erlösers Blut. Amen.

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