Spurgeon, Charles Haddon - Das Evangelium des Reiches - Kapitel 8

Spurgeon, Charles Haddon - Das Evangelium des Reiches - Kapitel 8

(Nachdem der König mit Weisheit geredet, wirkt Er mit Macht. V. 1-18.)

1. Da Er aber vom Berge herabging, folgte Ihm viel Volks nach.

Die Neugierde zog die Menge zu Ihm. Unser Herr war beliebt beim Volke, aber Er schätzte die Beliebtheit nie um ihrer selbst willen. Er war zu weise, um hoch von etwas so Wankelmütigem zu denken. Dennoch sind wir froh, große Mengen versammelt zu sehen, die das Wort hören, denn es kann Gutes daraus hervorgehen. Jesus „kam herab“, um die Mange aufzurichten.

2. Und siehe, ein Aussätziger kam, und betete Ihn an und sprach: Herr, so Du willst, kannst Du mich wohl reinigen.

Dieser Vers beginnt mit einem „Siehe.“ Es war nicht wunderbar, dass große Mengen zu Jesu kamen, aber es war zu verwundern, dass ein Aussätziger glaubte, Er könne eine unheilbare Krankheit heilen. Der Aussätzige erwies Christo göttliche Ehre, und wenn Jesus nur ein guter Mensch gewesen wäre und nichts mehr, so hätte Er die Anbetung mit heiligem Unwillen zurückgewiesen. Die, welche Jesum „Herr“ nennen und Ihn nicht anbeten, sind kränker, als der Aussätzige es war. Er hatte einen hohen Glaubensgrad, denn so viel wir wissen, hatte früher noch niemand auf diese Weise an Jesum geglaubt. Der Aussatz erzeugt große Verzweiflung, aber der arme Mensch erhob sich über allen Zweifel, indem er glaubte, dass Jesus selbst ihn heilen könnte, wenn Er es wollte.

Er zweifelte nicht an des Heilandes Willen, wenn er sprach: „Herr, so Du willst.“ Nein, er glaubte vielmehr so an die Macht unseres Herrn, dass er fühlte, Er hätte nur nötig, seinen Willen zu gebrauchen, so würde die Heilung sofort bewirkt werden. Haben wir solchen Glauben? Sind wir überzeugt, dass der bloße Wille Jesu uns heilen würde?

Herr, ich gehe ebenso weit, ja, noch weiter.

3. Und Jesus streckte seine Hand aus, rührte ihn an, und sprach: Ich will’s tun, sei gereinigt! Und alsbald ward er von seinem Aussatz rein.

Jeder andere wäre durch das Berühren eines Aussätzigen verunreinigt worden, aber die heilende Kraft Jesu trieb die Befleckung zurück. Er berührt uns mit dem Finger seiner Menschheit, aber Er wird dadurch nicht verunreinigt. Seine Berührung beweist seine Herablassung, seine Teilnahme, seine Gemeinschaft. Es war kein zufälliges Anrühren. „Jesus streckte seine Hand aus.“ Unser Herr ist zu uns gekommen durch seine eigene Tat und Anstrengung; Er war entschlossen, zu uns in alle unserer Ekelhaftigkeit und Unreinigkeit zu kommen. Nach dem Anrühren kam das Wort: „Ich will.“ Es ist sehr treffend von jemand bemerkt worden, dass Jesus niemals sagt: „Ich will nicht.“ Er will, ob wir wollen oder nicht. „Sei gereinigt“ war das königliche Wort Dessen, der sich seiner Macht bewusst war. Welches Werk, einen Aussätzigen zu reinigen! Doch ist es leicht genug für unseren König, weil Er göttlich ist, sonst würde der Unglaube sehr vernünftig sein.

Mit welchem Vergnügen sprach Jesus! Mit welcher Freude hörte der Aussätzige! Mit welcher Neugier sahen die Umstehenden zu! Sie hatten nicht zu warten; das Wunder folgte dem Worte ohne einen Augenblick Verzug. Er sprach, und es geschah. Dass unser König seinen Thron verlassen, um an der Seite eines Aussätzigen zu stehen, war das größte aller Wunder, und deshalb wundern wir uns nicht, dass andere Wunder daraus entsprangen.

4. Und Jesus sprach zu ihm: Siehe zu, sage es niemand, sondern gehe hin, und zeige dich dem Priester, und opfre die Gabe, die Mose befohlen hat, zu einem Zeugnis über sie.

Unser Herr wollte nicht seinen Ruf vergrößern. Er suchte keine Ehre von Menschen und Er wünschte nicht, die Menge zu vermehren, die selbst jetzt es fast unmöglich für Ihn machte, sein Werk zu tun. Er wollte wirken und suchte keinen Ruhm. Es wäre schwer für den Aussätzigen gewesen, still zu schweigen, aber er hätte es tun sollen, da es geboten wurde. Es ist unsere Sache, zu reden oder zu schweigen, wie unser Herr es fordert.

Das alte Gesetz galt noch, und unser Herr wollte es geehrt haben, so lange es währte, deshalb musste der geheilte Aussätzige zu dem Priester gehen, seine Gabe darbringen und von dem verordneten Beamten ein Gesundheitszeugnis empfangen. Außerdem legte Er damit vor dem Volk ein Zeugnis ab, dass einer unter ihnen sei, der den Aussatz heilen konnte. Der Mann war rein, und doch musste er hingehen, um nach dem Zeremonialgesetz gereinigt zu werden. – Nachdem wir dasjenige haben, was durch eine verordnete Handlung bedeutet wird, sollen wir darum nicht das Zeichen unterlassen, sondern es vielmehr mit Sorgfalt beobachten. Wie vorsichtig war es von unserem Herrn, nicht alte Regeln aufzuheben, ehe die volle Zeit zur Einführung neuer gekommen war!

5-7. Da aber Jesus einging zu Kapernaum, trat ein Hauptmann zu Ihm, der bat Ihn und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause, und ist gichtbrüchig, und hat große Qual. Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen, und ihn gesund machen.

Ein Heide nähert sich unserem König, ein Soldat, einer von Israels Unterdrückern, und unser Herr empfängt ihn mit einem: „Ich will,“ eben wie Er den Aussätzigen empfangen hatte. Dieser römische Offizier kam wegen seines Sklaven. Es ist gut, wenn die Herren sich um ihre Diener kümmern, besonders wenn diese krank sind. Es ist am allerbesten, wenn sie ihrer Diener wegen zu Jesu gehen, wie dieser Hauptmann tat. Der Knecht war im Hause seines Herrn; er hatte ihn nicht fortgeschickt, weil er krank war. Der freundliche Herr beobachtete das Krankenbett seines Dieners und beschreibt teilnehmend, was er gesehen. Er suchte eine Heilung, aber er schreibt dem Herrn nicht vor, wie oder wo Er sie bewirken soll. Er spricht seine Bitte nicht in Worten aus, sondern legt den Fall vor und lässt das Leiden reden. Dass der Jüngling „große Qual“ hat, wird erwähnt, um unseren Herrn zum Mitleid zu bewegen. Es sind nicht immer große Schmerzen mit der Gichtbrüchigkeit verbunden, aber der aufmerksame Hauptmann hatte es hier bemerkt und legt es Jesu vor. Nicht das Verdienst, sondern das Elend müssen wir beim Heiland geltend machen.

Unser Herr bedurfte des Bittens sehr wenig. Er sagte gleich: „Ich will kommen, und ihn gesund machen.“ Herr, sage dies zu uns in betreff derer, für die wir liebevolle Fürbitte tun!

8. 9. Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass Du unter mein Dach gehest, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund. Denn ich bin ein Mensch, der Obrigkeit untertan, und habe unter mir Kriegsknechte; und wenn ich sage zu einem: Gehe hin! so geht er; und zum andern: Komm her! so kommt er; und zu meinem Knecht: Thu’ das! so tut er’s.

Er wollte dem Herrn Jesu nicht die Mühe machen, in sein Haus zu kommen. Er fühlte sich unwürdig, um einen solchen Preis von einem solchen Herrn bedient zu werden. Er beweist, dass ein Wort alles tun werde. Er war selbst der Obrigkeit untertan, und hatte darum die Macht, über andere zu gebieten. Er glaubte, dass der Herr Jesus auch einen Auftrag von der höchsten Macht habe und dass dieses Ihn mit der Herrschaft über alle untergeordneten Kräfte des Weltalls umgürten werde, einer Herrschaft, die Er aus der Entfernung mit einem einzigen Worte ausüben könne. Wenn Kriegsleute kämen und gingen auf eines Hauptmanns Geheiß, wie viel mehr würden Krankheiten weichen auf das Wort des Herrn Jesu. Es war der Beweis eines Nachdenkenden, aber er war gut und folgerichtig. Möchten auch wir Jesum erkennen als unter der Herrschaft und mit der Herrschaft, und uns unter seiner Herrschaft. Möchten auch wir an die Allmacht des göttlichen Wortes glauben und dann hingehen und seine Macht an den Herzen der Menschen erproben! O Du, der Du unser König bist, zeige Deine königliche Macht!

10. Da das Jesus hörte, verwunderte Er sich, und sprach zu denen, die Ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch, solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden.

Jesus verwunderte sich, irgend einen Menschen glauben zu sehen, denn die Menschen sind von Natur ungläubig. Er freut sich, einen Fernstehenden glauben zu sehen; denn ach, die bevorzugten Hörer sind träge zum Glauben. Er verwundert sich, dass ein Soldat, ein Offizier, so viel Glauben hat. Jesus lobte den Hauptmann nicht ins Gesicht, sondern was Er sagte, „sprach Er zu denen, die Ihm nachfolgten.“ Vermeidet es, Neubekehrten zu schmeicheln. Lernt aus dem, was unser Herr sprach, dass Er nach dem Glauben aussieht, dass Er glauben unter den Hörern des Wortes sucht und dass Er ihn gewöhnlich nicht findet; dass derselbe aber, wenn Er ihn findet, so groß sein kann, dass er Ihn in Erstaunen setzt. Großer Glaube wächst oft dort, wo wenig Erdreich ist, und wo alles ihn zu verheißen und zu fördern scheint, fehlt er oft. Großer Glaube ist dem Herrn Jesu sehr lieb, aber Er verwundert sich, wenn Er ihn sieht, denn er ist so selten.

11. 12. Aber ich sage euch: Viele werden kommen vom Morgen und vom Abend, und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich sitzen; aber die Kinder des Reichs werden ausgestoßen in die äußerste Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähnklappern.

Der Himmel wird voll werden. Wenn die, von denen man es erwarten sollte, nicht kommen wollen, so werden die kommen, von denen man es nicht erwartete. Viele unserer Lieben sind schon da, eine Art von Kern, um die wir uns sammeln, wie Israel sich zu „Abraham, Isaak und Jakob“ sammelte. Vom „Morgen und vom Abend“ werden große Mengen kommen, durch die Entfernung nicht abgeschreckt, und diese sollen mit den alten Patriarchen denselben Himmel teilen. Wie traurig, daran zu denken, dass die Nachkommen dieser Patriarchen hinausgestoßen werden sollen, wie ein Auswurf in die ewige Finsternis, wo Heulen und Zähnklappen ist, und wo sie ewig bleiben müssen! Welche gänzliche Umkehr der Dinge! Die Nächsten werden hinausgeworfen und die Fernsten nahe gebracht! Wie oft ist dies der Fall! Der Hauptmann kommt aus dem Lager zu Christo, und der Israelit geht von der Synagoge zur Hülle. Die Hure beugt sich bußfertig zu Jesu Füßen, während der selbstgerechte Pharisäer das Heil verwirft. O, dass dieser Vorfall uns dahin führte, stark im Glauben zu werden und nie die Macht des Mensch gewordenen Sohnes Gottes zu bezweifeln!

13. Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Gehe hin, dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht ward gesund zu derselbigen Stunde.

In dem Worte: „Gehe hin“, sehen wir, dass häufig die Rückkehr zu den täglichen Pflichten und zu unserer gewöhnlichen Gemütsruhe der beste Beweis ist, dass unser Glaube den verheißenen Segen ergriffen hat. Warum sollte der noch verweilen, der alles erlangt hat, was er suchte? ist es nicht besser, wenn er nach Hause geht und sich der Frucht seines erhörten Gebets erfreut? Der Herr gibt oft im Verhältnis zum Glauben. „Dir geschehe, wie du geglaubt hast,“ ist ein Wort, das uns erlaubt, unser eignes Maß zu bringen und die Größe des Segens, den wir wünschen, zu bestimmen. Unser Herr sprach das Wort, wie der Hauptmann es wünschte. Das Ergebnis war unmittelbar und vollständig, nicht nur ward das Leben erhalten, sondern die Gesundheit wieder hergestellt. Manches Mal ist fortgesetztes Gebet nur murmelnder Unglaube; und an unser Geschäft zu gehen, würde heißen, dem Herrn bei seinem Worte nehmen und seine Wahrhaftigkeit ehren.

Herr, gib mir Glauben genug, an mein Geschäft zu gehen, nachdem ich gläubig gebetet habe. In derselbigen Stunde, in der ich Dir glaube, gefalle es Dir, das Wunder zu wirken, das ich suche.

14. Und Jesus kam in Petrus’ Haus, und sah, dass seine Schwiegermutter lag, und hatte das Fieber.

Es war ein Ort, wo Fieber herrschte. Frömmigkeit macht ungesunde Orte nicht gesund. Petrus hatte in Weib: mögen die sogenannten Nachfolger Petri sich an diese Tatsache erinnern. Seine Schwiegermutter bekam das Fieber; Heiligkeit sichert uns nicht die Verschonung von Krankheiten. Diese Schwiegermutter war eine besonders gute Frau, denn es war ihr erlaubt, bei ihrem Schwiegersohne zu wohnen, und er wollte sie gern wieder hergestellt sehen. Der Herr Jesus sah die Kranke, denn sie war nicht in eine Hinterstube gebracht, und Er hielt sich nicht von ansteckender Krankheit fern. Jesus fürchtete kein Fieber.

Unser Herr sieht alle unsere Kranken und darin liegt unsere Hoffnung auf ihre Genesung.

15. Da griff Er ihre Hand an, und das Fieber verließ sie. Und sie stand auf, und diente ihnen.

Unser Herr war von ihren Verwandten gebeten, und deshalb ergriff Er ihre Hand und stellte sie durch eine Berührung wieder her. Das erste Wunder in diesem Kapitel geschah durch eine Berührung, das zweite durch ein Wort, und nun geschieht dieses wieder durch eine Berührung; es ist für Jesum alles gleich. Die Heilung war eine augenblickliche und vollständige. Wir erwarten zu lesen, dass das Fieber große Schwäche zurückließ, aber die Heilungen unseres Herrn sind immer vollkommen. Sie fühlte sich kräftig genug, aufzustehen, energisch genug, zu arbeiten, und wir brauchen kaum hinzuzufügen, dankbar genug, ihrem Arzt und all seinen Freunden zu dienen. Kein Beweis der Genesung von dem Fieber der Sünde ist sicherer, als der heilige Ernst der Genesenen, Werke der Dankbarkeit für Den zu tun, der sie wieder hergestellt hat.

16. Am Abend aber brachten sie viel Besessene zu Ihm; und Er trieb die Geister aus mit Worten, und machte allerlei Kranke gesund.

Unser Herr machte lange Tage; der Untergang der Sonne war nicht der Untergang seiner Macht. Weise Leute brachten ihre Kranken in seine Nähe, sobald der Sabbat zu Ende war. Seine Kraft floss sogleich aus. Er lebte in einem Hospital, und es war ein Hospital für Unheilbare, das viele qualvolle Fälle enthielt, doch kein fall war zu schwer für Ihn. Er verjagte die Teufel, welche von Männern und Frauen Besitz genommen hatten; Er rief sich nicht heraus, sondern „Er trieb sie aus“ mit göttlicher Gewalt. Und was die Krankheiten betrifft, so kam Ihm nichts ungelegen, Er heilte sie alle. Der König kämpfte mit Legionen von Feinden und überwand sie alle leichte. Was waren Dämonen oder Krankheiten für den allmächtigen Herrn? Sein Wort ist noch allmächtig.

17. Auf dass erfüllt würde, das gesagt ist durch den Propheten Jesaias, der da spricht: Er hat unsere Schwachheit auf sich genommen, und unsere Seuche hat Er getragen.

Seine heilenden Taten bewiesen seine lebendige Teilnahme für die Menschen. Als Er Mensch ward, da sah Er die Schwachheiten der Menschen für seine Schwachheiten an. Er betrachtete die menschlichen Krankheiten, als wären es seine eigenen, und zögerte keinen Augenblick, sie hinwegzunehmen. Überdies kostete Ihn die Heilung viel in Bezug auf seinen leiblichen Organismus, der mit der Bürde des menschlichen Wehes beladen war. Die Kraft, die von Ihm ausging, erschöpfte sein eignes System, und so schien die Schwachheit der Menschen zu Ihm zurückzukommen, während seine Stärke sich ihnen mitteilte. Er beugte seinen Rücken unter unsere Bürde und hob sie so ab von den Schultern, die unter ihr auf die Erde hinabgedrückt waren.

O Herr, lass mich nie vergessen, welch ein Bruder Du bist, und wie sehr Deine Hilfe beweist, dass Du wahrhaft unsere Schmerzen teilst!

18. Und da Jesus viel Volks um sich sah, hieß Er hinüber jenseits des Meers fahren.

Er wich der Volksgunst aus. Nachdem der königliche Arzt alle Krankheiten geheilt hatte, suchte Er auf frischem Boden wieder zu beginnen. Er sah, dass die Menge gefährlich wurde und vielleicht zu begeistert, und so schiffte Er sich nach dem ferneren Ufer ein, um vor ihrem vorschnellen Tun sicher zu sein. Zu oft buhlen wir um die Berühmtheit, die unser Herr vermied. Kommt das nicht daher, weil wir von niederen Beweggründen geleitet werden, die keine Macht über Ihn hatten? Wir sollten nicht an dem Ufer bleiben, wo wir Schmeicheleien bekommen, sondern „hinüber jenseits des Meeres fahren,“ um ein frisches Werk zu beginnen. Überdies mag die andere Küste diejenige sein, die unserer am meisten bedarf, und es ist recht, sogar eine Menge zu verlassen, die ihren Anteil an den Vorrechten gehabt hat, um zu einer kleineren Anzahl zu gehen, die noch keine Zeit der gnädigen Heimsuchung gehabt hat.

Herr, befiehlst Du mir, „jenseits des Meeres zu fahren“! Gehe mit mir, und ich fahre sogleich ab.

(Unser König unterscheidet seine wahren Nachfolger. V. 19-22.)

19. 20. Und es trat zu Ihm ein Schriftgelehrter, der sprach zu Ihm: Meister, ich will Dir sagen, wo Du hin gehst. Jesus sagt zu ihm: Die Füchse haben Gruben, und die Vögel unter dem Himmel haben Nester; aber des Menschen Sohn hat nicht, da Er sein Haupt hin lege.

War dieser Schriftgelehrte angezogen durch das, was er von unserem Herrn hörte und sah? Wir glauben dies. In einem plötzlichen Anfall von Begeisterung nennt er Ihn „Meister“. Er war wahrscheinlich um das Ufer herum geeilt, Jesu nach, und erklärt, dass er Ihm stets folgen will, gehe der Meister, wohin Er wolle. Es war eine unbedingte Jüngerschaft, die weder Zeit noch Ort kennt: „Ich will Dir folgen, wo Du hin gehst.“ Seine Nachfolge war eine ungebetene, denn der Herr hatte nicht zu Ihm gesagt: „Folge mir nach.“ Es war die beste Frucht der Natur, aber nicht das Ergebnis der Gnade. Unser König stellt diese laut ausgesprochene Ergebenheit auf die Probe, indem Er dem Neubekehrten sagt, dass Er als Meister so arm sei, dass die Tiere des Feldes und „die Vögel unter dem Himmel“ in betreff der Wohnung besser daran wären, als Er selber. Wenn es dem Führer so schlecht erging, so war die Aussicht für den Nachfolger armselig. Wie groß war die Erniedrigung unseres Herrn und Königs! Er hatte keinen Palast und keinen seidenen Thronhimmel. Er, der unser Haupt war, hatte nicht, da Er sein Haupt hin lege.

Ließ dieser Schriftgelehrte seinen Namen einschreiben in die Liste der armen Schüler eines heimatlosen Lehrers? Wir wissen es nicht. Wie steht es mit uns? Können wir einer pfenniglosen Sache folgen? Können wir eine verachtete Lehre verkünden?

21. Und ein andrer unter seinen Jüngern sprach zu Ihm: Herr, erlaube mir, dass ich hingehe, und zuvor meinen Vater begrabe.

Der Erste war zu rasch, der zweite war zu langsam. Dieser letzte war ein Jünger; Jesus sandte ihn mit einem Auftrag aus, aber er war nicht bereit zu gehen. Er musste zuvor etwas andres tun, und dies bezog sich auf einen toten Angehörigen. Es war ein schwerer Fehler, das Grab vor den Heiland zu stellen. Sein Vater konnte gewiss von einem anderen Familienmitglied begraben werden, aber kein andrer konnte dem Gebot Christi gehorchen, welches dieser Jünger empfangen hatte. Wir haben ein Werk zu unterlassen, was ein andrer tun kann, wenn der Herr uns zu einem besonderen persönlichen Dienst bestimmt. Christus muss zuerst kommen, und der Vater danach. Lebendige Gebote müssen den Pflichten gegen die Toten vorangehen. Soldaten können nicht des Kriegsdienstes enthoben werden wegen häuslicher Pflichten.

22. Aber Jesus sprach zu ihm: Folge du mir, und lass die Toten ihre Toten begraben.

Unser Herr wiederholte seinen Befehl: „Folge du mir.“ Andre konnten die Toten begraben; des Jüngers Sache war es, seinen Geboten zu gehorchen. Unerneuerte Menschen sind tot, und sie sind durchaus fähig, ein so totes Geschäft, wie ein Leichenbegängnis ist, zu besorgen. Viele Angelegenheiten der Politik, Komitee-Versammlungen, soziale Verbesserungen, unschuldige Vergnügungen u. s. w. können sehr passend als ein Begraben der Toten beschrieben werden. Vieles von diesem ist sehr nötige, angemessene und lobenswerte Arbeit, aber doch nur eine Art Werk, das unwiedergeborene Menschen ebensowohl tun können wie die Jünger Jesu. Sie mögen es tun; wenn wir aber berufen sind, das Evangelium zu predigen, so haben wir uns unserem heiligen Berufe ganz hinzugeben. Der höhere Arbeiter soll sich nicht in das verwickeln, was Weltlinge ebensogut tun können, wie er. „Folge mir“ ist eine Vorschrift, deren Ausführung all unsere Kraft beanspruchen wird, aber durch die Gnade wollen wir gehorchen.

(Unser König beherrscht das Meer. V. 23-27.)

23. Und Er trat in das Schiff, und seine Jünger folgten Ihm.

Sie waren wiese, Ihm zu folgen, und sicher, indem sie es taten, aber sie waren deshalb nicht vor Prüfungen geschützt. Mit Jesu in dem Boot ist ein glücklicher Platz, aber Stürme können uns treffen, selbst wenn wir dort sind.

24. Und siehe, da erhob sich ein großes Ungestüm im Meer, also, dass auch das Schifflein mit Wellen bedeckt ward; und Er schlief.

Auf diesem Binnensee fanden oft plötzliche Windstöße und Stürme statt, in denen der Wind so tobte, dass er das Schiff fast aus dem Wasser hervorhob. Dies war ein ungewöhnlich starker Sturm; das Schifflein schien verloren zu sein, denn die Wellen bedeckten es. Es war ein Trost, dass Christus sich in dem Schiff befand und dass seine Gegenwart das Boot ebenso gewiss bedeckte, wie die Wellen es taten. Doch verhindert die Gegenwart unseres Herrn nicht, dass wir von einem „großen Ungestüm“ hin und hergeworfen werden.

25. Und die Jünger traten zu Ihm, und weckten Ihn auf, und sprachen: Herr, hilf uns, wir verderben!

Er war nicht beunruhigt. Sein Vertrauen auf den großen Vater war so fest, dass Er in der Wiege der Tiefe gewiegt, friedlich schlief. Die Winde heulten und die Wasser stürzten sich über Ihn, aber Er schlief weiter. Seine Jünger verursachten Ihm mehr Unruhe als der Sturm. Sie „weckten Ihn auf“ mit ihrem Schreien. Sie waren misstrauisch und bereit, Ihm Gleichgültigkeit vorzuwerfen. Der Kleinglaube betete: „Hilf uns“; die große Furcht rief: „Wir verderben.“ In einem Sturm können die Leute nicht sehr wählerisch in ihren Worten sein, aber sie lernen, sehr ernst und eifrig zu sein. Der Ruf dieser Jünger mag sich für viele eigenen. Hier war Ehrfurcht vor Jesu - „Herr“, eine verständige Bitte - „hilf uns;“ und ein überwältigender Grund dafür – „wir verderben.“

26. Da sagte Er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf, und bedrohte den Wind und das Meer; da ward es ganz stille.

Er sprach zuerst zu den Menschen, denn sie waren am schwierigsten zu behandeln; Wind und Meer konnten nachher bedroht werden. Er legt den Jüngern eine Frag vor. Ach, sie hatten in unwürdiger Weise seine Teilnahme in Frage gestellt. Es ist keine Vernunft in unserem Unglauben. Dieses „Warum?“ ist nicht zu beantworten. Wenn es recht ist, dass wir Glauben haben, so muss es unrecht sein, Furcht zu haben. Der Kleinglaube ist in einer Hinsicht sehr köstlich, aber in einer anderen nicht zu rechtfertigen. Warum „kleinen Glauben“ an einen großen Gott? Es ist gut, dass Glaube da ist, aber es ist schlimm, dass er klein ist.

Seht den Herrn von seinem harten Lager aufstehen. In königlicher Würde richtet Er sich auf. Ein Wort macht alles stille. Wie vorher ein „großes Ungestüm“ war, so wird jetzt eine große Stille; es war nichts klein in der ganzen Sache, ausgenommen der Jünger Glaube. Wenn unser Herr den Wind bedrohte, so bedrohte Er auf die beste Art ihren Unglauben. Er hat eine sehr freundliche Art, uns zurechtzuweisen durch die Größe seiner Gnade gegen uns.

Meine Seele, du weißt, was diese große Stille ist; fortan habe großen Glauben an den großen Friedensstifter. Habe ja diesen großen Glauben, wenn du in einen großen Sturm gerätst.

27. Die Menschen aber verwunderten sich und sprachen: Was ist das für ein Mann, dass Ihm Wind und Meer gehorsam ist?

Es war gut, dass sie sich verwunderten, aber es wäre besser gewesen, wenn sie angebetet hätten. Wäre Christus ein bloßer Mensch gewesen, so würde das Wunderbare an Ihm über alles Verwundern hinaus gewesen sein. Er war göttlich, und deshalb gehorchte die ganze Natur seinem königlichen Worte. Dies ist das Ende der Verwunderung des Verstandes, aber es ist der Anfang der Anbetung des Herzens. Hier enthüllte unser glorreicher König für den Augenblick seine Herrlichkeit und befahl dem ungestümsten der Elemente Gehorsam. Wie oft haben wir schon in unseren eigenen Angelegenheiten ausrufen müssen: „Was ist das für ein Mann!“ Wie großartig hat Er uns durch schreckliche Stürme hindurch gebracht! Wie leicht hat Er die Wogen unserer Seele beruhigt! Gelobt sei sein Name! Noch immer „ist Ihm Wind und Meer gehorsam.“

(Der König treibt Legionen vor sich her. V. 28-34.)

28. Und Er kam jenseits des Meeres in die Gegen der Gergesener. Da liefen Ihm entgegen zwei Besessene, die kamen aus den Totengräbern, und waren sehr grimmig, also, dass niemand dieselbige Straße wandeln konnte.

Kamen sie heraus, um sich Ihm zu widersetzen? Beabsichtigte Satan, Ihn, als Er ans Ufer trat, zurückzutreiben durch diese doppelte Legion von Teufeln? Die Gräber waren Satans Schloss, Er brauchte den Wahnsinn dieser Unglücklichen als seine Kriegswaffe. Sie hatten alle anderen hinweggetrieben: werden sie das Weitergehen des Herrn Jesu hemmen? Sie waren „sehr grimmig;“ werden sie Ihn erschrecken, so dass Er flieht?

29. Und siehe, sie schrien und sprachen: Ach Jesu, Du Sohn Gottes, was haben wir mit Dir zu tun? Bist Du hergekommen, uns zu quälen, ehe denn es Zeit ist?

Dies ist das alte Geschrei: „Kümmere dich um deine eigenen Sachen! Mische dich nicht in unser Gewerbe! Lass uns in Ruhe und gehe anderswo hin!“ Die Teufel mögen nicht gern, dass man sich in ihre Sachen mischt. Aber wenn die Teufel nichts mit Jesu zu tun haben, so hat Er etwas mit ihnen zu tun. Seine Gegenwart ist eine Qual für sie. Sie wissen, dass eine Zeit kommt, wo sie völlig ihre Hölle empfangen sollen, und diese Zeit scheinen sie schon zu fühlen, als der Herr Jesus in ihren einsamen Versteck unter den Gräbern tritt. Die Teufel sprachen hier und zwangen die Lippen der Menschen, so sich selber anzuklagen. Wie sehr gleicht dies dem Flucher, dessen Mund gewohnt ist, einen Fluch auf sich selber herab zu rufen! Die Teufel erkannten Ihn als den „Sohn Gottes“ an, denn selbst sie sind nicht so niedrig, seine Gottheit zu leugnen. Die Teufel bekannten, dass Er nicht unter ihrer Herrschaft war: „Was haben wir mit Dir zu tun?“ Sie drückten auch ihren Schrecken vor seiner allmächtigen Kraft aus, und fürchteten die Qual, die sie verdienten.

30. 31. Es war aber ferne von ihnen eine große Herde Säue an der Weide. Da baten Ihn die Teufel und sprachen: Willst Du uns austreiben, so erlaube uns, in die Herde Säue zu fahren.

Juden hatten kein Recht, Herden von Säuen zu weiden, denn diese waren für sie unrein. Die Teufel begannen zu zittern, ehe Jesus ein Wort gesprochen, und sprachen: „Willst Du uns austreiben?“ Sie können es nicht ertragen, an ihren eigenen Ort zu gehen, und darum bitten sie, in die Säue fahren zu dürfen. Teufel wollen lieber in Schweinen wohnen, als in der Gegenwart Jesu sein. Wenn sie Menschen keinen Schaden tun können, so wollen sie lieber Schweine töten, als gar keinen Schaden tun. Teufel können indes nicht einmal Säuen ein Leid tun ohne Erlaubnis Christi. Denkt an diese Teufel, die in ihrem Stolz Jesum bitten, und Ihn um eine so geringe Gunst bitten, wie die, in eine Herde Säue fahren zu dürfen. Wahrlich, der Sohn Gottes ist König. Das Wimmern einer Legion von Teufeln erkennt seine Herrschaft an.

32. Und Er sprach: Fahret hin! Da fuhren sie aus, und fuhren in die Herde Säue. Und siehe, die ganze Herde Säue stürzte sich von dem Abgang ins Meer, und ersoffen im Wasser.

Unser Herr verschwendet nie Worte an Teufel: „Er sprach: Fahret hin.“ Je weniger wir zu schlechten Menschen sagen, desto besser. Ein Wort ist genug für solche Hunde, wie diese quälenden Geister waren. Die Teufel gingen bald von den Wahnsinnigen in die Säue. Von einem Verrückten zu einem Tier war eine kurze Entfernung für einen schmutzigen Feind. Schweine ziehen den Tod der Teufelei vor, und wenn Menschen nicht schlechter als Schweine wären, so würden sie derselben Meinung sein. Die laufen schnell, die der Teufel treibt. Der Teufel treibt seine Säue auf einen schlechten Markt. Die, welche einen abwärtsführenden Pfad ohne Überlegung verfolgen, werden am Ende ins Verderben stürzen. Die Säue „ersoffen im Wasser“, aber die Teufel werden aufbehalten zum Gericht des ewigen Feuers. Wir brauchen die Höllenmächte nicht zu fürchten, sie fliehen alle wild durcheinander vor unserem Herrn.

33. Und die Hirten flohen, und gingen hin in die Stadt, und sagten das alles, und wie es mit den Besessenen ergangen war.

Wohl mochten die Schweinehirten fliehen! Wenn schlechte Menschen zuletzt umkommen, so wird es ihren gottlosen Pastoren hart ergehen.

Wie lebhaft erzählten sie ihre Geschichte! Kein Punkt ward ausgelassen! Sie „sagten das alles.“ Wahrscheinlich wurden alle Einzelheiten noch etwas übertrieben dargestellt. So wollten sie ihren Verlust der Säue entschuldigen, zu deren Hütern sie bestellt gewesen, und die sie vor ihren Augen hatten umkommen sehen. Ihre Brotherren, die Eigentümer der Herde, müssen den Verlust sehr beklagt haben, aber sie haben auch gezittert, als die die Hand Gottes darin sahen. Welch ein schweres Unglück für die Schweinebesitzer von Gardara! Wer bemitleidet sie, da ihr Geschäft ein ungesetzliches war! Die Geschichte von der Heilung der Besessenen wurde von den Berichterstattern als etwas Untergeordnetes erwähnt, aber in der Tat war es der Mittelpunkt der ganzen Erzählung. Einigen Menschen sind Seelen minder wichtig als Schweine. Die Heilung der zwei Besessenen kam noch zu dem Wunder hinzu und jedem Menschen in der Stadt klangen die Ohren. Doch war die Wirkung auf die Leute nicht so, wie man hätte erwarten sollen.

34. Und siehe, da ging die ganze Stadt heraus Jesu entgegen. Und da sie Ihn sahen, baten sie Ihn, dass Er von ihrer Grenze weichen wollte.

Ein seltener Vorfall, eine Stadt geht Jesu entgegen, und diese Stadt ist einmütig in ihrer Bitte an Ihn. Ach, es war die Einmütigkeit des Bösen! Hier war eine ganze Stadt in einer Betstunde und betete gegen ihren eigenen Segen. Bedenkt es, sie hatten den Herrn da, der die schlimmsten Krankheiten heilte, und baten Ihn doch, von ihnen wegzugehen! Sie wollten von dem einen glorreichen Wesen frei werden, das allein sie segnen konnte. Entsetzlich war ihr Gebet; aber es ward erhört, und Jesus wich von ihrer Grenze. Er will seine Gesellschaft niemandem aufzwingen. Er will ein willkommener Gast sein oder Er will gehen. Welche Gnade, dass unser Herr nicht jedes Gebet dieser Art erhört! Wie würde es den Fluchern ergehen, wenn ihre Verwünschungen erfüllt würden?

O Herr, ich danke Dir, dass Du nicht von mir weggingst, als ich in meinem unwiedergebornen Zustande wünschte, dass Du mich in Ruhe lassen möchtest!

Cookies helfen bei der Bereitstellung von Inhalten. Diese Website verwendet Cookies. Mit der Nutzung der Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies auf Ihrem Computer gespeichert werden. Außerdem bestätigen Sie, dass Sie unsere Datenschutzerklärung gelesen und verstanden haben. Wenn Sie nicht einverstanden sind, verlassen Sie die Website.Weitere Information
autoren/s/spurgeon/d/dedr/spurgeon_das_evangelium_des_reiches_kapitel_8.txt · Zuletzt geändert: von 127.0.0.1
Public Domain Falls nicht anders bezeichnet, ist der Inhalt dieses Wikis unter der folgenden Lizenz veröffentlicht: Public Domain