Spurgeon, Charles Haddon - Das Evangelium des Reiches - Kapitel 14

Spurgeon, Charles Haddon - Das Evangelium des Reiches - Kapitel 14

((Des Königs Herold wird getötet. V. 1-12.)

1.2. Zu der Zeit kam das Gerücht von Jesu vor den Vierfürsten Herodes. Und er sprach zu seinen Knechten: Dieser ist Johannes der Täufer; er ist von den Toten auferstanden, darum tut er solche Taten.

Als das ganze Land erregt war, „zu der Zeit kam das Gerücht von Jesu vor den Vierfürsten Herodes.“ Da, aber nicht eher, erreichte das Gerücht von Jesu diesen elenden Fürsten, der zu sehr sich selbst und den Lüsten ergeben war, um viel von geistlichen Dingen zu hören. Der Bauer hörte von Jesu eher als der Fürst. Das Wort Gottes mag in den Palast hineinkommen, aber es bahnt sich seinen Weg langsam. Herodes sprach zu seinen Knechten über diesen berühmten Mann, denn er war so erschrocken, dass er seine Furcht nicht verhehlen konnte. Ein schuldiges Gewissen wird von einer Missetat verfolgt. „Johannes“ war in des Tyrannen Gedächtnis geschrieben, und nun, da er erschreckt wird durch ein Gerücht von geschehenen Wundern, ruft er aus: „Dieser ist Johannes der Täufer; er ist von den Toten auferstanden.“ Herodes war seinem Bekenntnis nach ein Sadduzäer, aber sein Unglaube zerbröckelte im Staub vor seinem Schrecken. Für den Johannes wenigstens, glaubt er, gibt es eine Auferstehung. Großer Aberglaube liegt oft unter einer Oberfläche von ausgesprochenem Unglauben verborgen. Herodes Antipas hatte ein Viertel von seines Vaters Königreich und weniger als ein Viertel von seiner Fähigkeit, aber in selbstsüchtiger Grausamkeit war er ein echter Sprössling des alten Wolfes. Er hatte Gewissen genug, um zu erschrecken, aber nicht genug, um sich zu ändern. Bemerkt, wie er an die Macht eines auferstandenen Menschen glaubte: „Darum tut Er solche Taten.“ Wenn von bloßem Hörensagen Herodes solche Macht unserem Herrn auf Erden beilegte, sollen wir nicht an die allmächtige Kraft unseres auferstandenen Herrn auf dem Thron der Herrlichkeit glauben?

3. 4. Denn Herodes hatte Johannes gegriffen, gebunden und in das Gefängnis gelegt von wegen der Herodias, seines Bruders Philippus Weib. Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: Es ist nicht recht, dass du sie habest.

Natürlich war es nicht recht von ihm, seines Bruders Philippus Weib zu nehmen, während Philippus noch am Leben war und während sein eigenes Weib auch noch lebte. Während er in Rom Philippus’ Gast war, wurde er von Herodias bestrickt, und das schuldige Paar, welches außerdem, dass beide schon verheiratet waren, auch noch für eine rechtmäßige Heirat zu nahe verwandt war, kam nach Galiläa als Mann und Weib zurück. Es war mutig von dem Täufer gesprochen, als er kurz sagte: „Es ist nicht recht, dass du sie habest,“ aber das Wort kam ihm teuer zu stehen. Herodes Antipas konnte wohl die Tat vollbringen, aber er konnte nicht ertragen zu hören, dass er eine ungesetzliche Handlung begangen habe. Johannes beschönigte nicht und ließ die Sache auch nicht ruhen. Was war ihm ein König, wenn dieser König wagte, das Gesetz Gottes mit Füßen zu treten? Er sprach geradezu, und Herodes wusste, dass er es tat. Herodes hatte Johannes ergriffen, weil das Wort des Johannes ihn ergriffen hatte.

Die Macht einer schlechten Liebe tritt hervor in den Worten: „von wegen der Herodias.“ Dieses grimmige Weib konnte keine Rüge ihrer Liederlichkeit ertragen. Sie war eine wahre Isebel in ihrem Stolz und ihrer Grausamkeit, und Herodes war wie eine Puppe in ihren Händen.

5. Und er hätte ihn gern getötet, fürchtete sich aber vor dem Volk; denn sie hielten ihn für einen Propheten.

Weder er noch seine Buhlerin konnte solche Geradheit vertragen, und deshalb würde er die tadelnde Zunge für immer zum Schweigen gebracht haben, wäre er nicht durch eine heilsame Furcht vor dem Volk zurückgehalten. Herodes war der Absicht nach schon ein Mörder, aber die Furcht hemmte seine grausame Hand. Das Volk hatte große Achtung vor Johannes als einem Knecht Gottes, und der Tyrann wagte es nicht, den Zorn des Volkes auf sich zu ziehen. Welche Sklaven der Furcht können schlechte Fürsten werden! Es ist gut, dass es so ist, denn auf diese Weise wird ihrer Tyrannei eine zeitweilige Beschränkung auferlegt. Ach! dies dauert oft nicht lange, denn sie durchbrechen bald die Schranken und riskieren den Zorn des Volkes wegen eines Günstlings.

6. Da aber Herodes seinen Jahrestag beging, da tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen. Das gefiel Herodes wohl.

Es ist kein Unrecht darin, Geburtstage zu feiern, aber es ist ein großes Unrecht in liederlichen Tänzen oder in anderen Belustigungen, die Böses anregen. Salome war eine echte „Tochter der Herodias.“ Sie vergaß ihren Rang und tanzte vor dem Hof nach der geilen Mode der Zeit, um einem wahrscheinlich betrunkenen Monarchen gefällig zu sein. Sie „gefiel dem Herodes.“ dem Buhlen ihrer Mutter, und wir können leicht vermuten, welche Art von Tanz ihm gefiel.

In unseren Tagen ermutigen die Mütter zu oft ihre Töchter, sich in einer kaum anständigen Art zu kleiden und führen sie zu Tänzen, die in sittlicher Beziehung nicht zu empfehlen sind. Nichts Gutes kann hieraus entstehen. Es mag dem Herodes gefallen, aber es missfällt Gott. Im vorliegenden Fall führte das Tanzen zu einem grausamen Verbrechen, und es steht zu fürchten, dass in vielen Fällen grobe Unsittlichkeiten aus Tänzen, die zur Unreinheit verlocken, entsprungen sind.

7. Darum verhieß er ihr mit einem Eid, er wollte ihr geben, was sie fordern würde.

Eine törichte Verheißung und ein gottloser Eid. Menschen von Herodes’ Art sind immer freigebig mit Eiden. Die Menschen sollten wissen, was sie tun, wenn sie etwas versprechen, und nie ihre Unterschrift unter ein weißes Blatt setzen, das ein anderer ausfüllen kann, denn sie können so ihr alles hinweg zeichnen. Außerdem konnte eine bloße Reihe von unzüchtigen Stellungen nie eine so große Belohnung verdienen. Herodes war sicher ebenso sehr ein Narr wie ein Schurke. Hatten Wein und Lüste sein Herz ganz in Beschlag genommen?

8. Und als sie zuvor von ihrer Mutter zugerichtet war, sprach sie: Gib mir her auf einer Schüssel das Haupt Johannes des Täufers.

Die ganze Sache war zwischen dieser schamlosen Mutter und ihrer Tochter geplant, die beide Herodes’ schwache Seiten kannten und ihn zu nehmen wussten. Die Mutter ließ ihre Tochter tanzen und legte ihr dann die Bitte in den Mund; sie hatte die Natur ihrer Mutter und führte bereitwillig die Anweisungen dieses bösen Weibes aus. Ohne Zweifel war Herodias erzürnter als Herodes über das, was der Täufer zu sagen gewagt hatte, denn es ist gewöhnlich der Fall, dass das Weib am meisten über den Tadel solcher Sünde in Zorn gerät. Traurig, dass vom edlen makkabäischen Blut ein solches weibliches Ungeheuer entsprungen war! Sie musste das Haupt Johannes des Täufers auf einer Schüssel haben. Die Erwähnung der Einzelheiten zeigt das Kaltblütige dieser Forderung. Als wäre es ein Leberbissen für ihren Gaumen, musste des Propheten Haupt auf einer Schüssel serviert werden.

9. Und der König ward traurig; doch um des Eides willen und derer, die mit ihm zu Tisch saßen, befahl er, es ihr zu geben.

Schöne Trauer! Man sagt, ein Krokodil vergießt Tränen über die, welche es verschlingt. „Der König“ war bange vor den Folgen. Armer König! Er mag den Todeskampf seines Gewissens gefühlt haben, denn Herodes hatte eine Art Ehrfurcht vor Johannes, doch konnte sein Kummer nicht sehr tief sein, denn er war schon willens gewesen, ihn zu töten. Der König fürchtete, dass seine Hofleute und Kameraden beim Trinkgelage ihn für schwach halten und vielleicht über ihn spotten würden, als sei er zu religiös, einen Propheten anzutasten. Solche Furcht, für schwach gehalten zu werden, bewies, dass er in der Tat schwach war. Dazu kam die Furcht, dass Herodias nicht glauben würde, dass er so viel von ihr hielte, wie er behauptet hatte, und wie konnte er ihren leidenschaftlichen Schmerz ertragen? Außerdem war er „ein Mann von Ehre,“ und um des Eides willen konnte er nicht zurückweichen. Mit dem Bedauern, das ein Wolf fühlt, weil er das Lamm fressen muss, gab er Befehl, den Johannes zu morden und sein Haupt dem jungen Mädchen zu geben. Voreilige Versprechungen, selbst Eide, sind keine Entschuldigung für Unrechttun. Das Versprechen war an sich null und nichtig, denn kein Mensch hat ein Recht zu versprechen, Unrecht zu tun. Gottlose Eide sollten bereut und nicht gehalten werden. Dieser grausame Tyrann aber befahl den Mord, und erfüllte so sein entsetzliches Versprechen.

10. Und schickte hin, und enthauptete Johannes im Gefängnis.

Herodes schickte hin, und enthauptete Johannes. Mit einem Wort wird ein kostbares Leben geendet. Wie leicht nehmen Tyrannen es mit dem Mord! Kein Wunder ward getan zur Befreiung des Johannes. Warum auch? Es war gut für den Täufer, hinzugehen und seinen Lohn zu empfangen, denn sein Werk war getan. Er sollte nicht in Einsamkeit dahin schmachten, sondern vertauschte sein Gefängnis mit dem Paradies durch einen raschen Schwertstreich. Es war ein gemeiner Mord, aber für den Täufer war es eine glückliche Befreiung. Er war nicht länger in der Macht des Herodes oder der Herodias; er empfing seine Krone im Himmel, obwohl er sein Haupt auf Erden verloren hatte.

Von Herodes wird gesagt, dass er „Johannes enthauptete;“ denn was er zu tun befohlen hatte, wird auf seine Rechnung gesetzt, und in seinem Gewissen wusste er dies. Wir tun selbst, was wir durch andere tun lassen. Menschen mögen durch Stellvertreter sündigen, aber sie werden in Person schuldig sein.

11. Und sein Haupt ward hergetragen in einer Schüssel, und dem Mägdlein gegeben; und sie brachte es ihrer Mutter.

Welches Geschenk für eine junge Dame! Es ward dem Mägdlein gegeben! Das Mädchen schämt sich nicht, die zierliche Schüssel aufzuheben und sie zu der teuflischen Mutter zu tragen, damit sie ihre Bosheit weiden möge an dem Anblick des Hauptes ihres gewissenhaften Tadlers. Welche Mutter und Tochter! Zwei schlechte Weiber können unendlich viel Unheil anrichten. Welches Schicksal für ein solches Haupt! Klagte es selbst von der Schüssel die schändliche Ehebrecherin ihres Verbrechens an?

12. Da kamen seine Jünger, und nahmen seinen Leib und begruben ihn; und kamen und verkündigten das Jesus.

Die Nachfolger des frommes Mannes verließen ihren ermordeten Führer nicht: seine Jünger kamen. Der verstümmelte Leichnam ward ihnen übergeben. Sie nahmen ehrfurchtsvoll den Leib und begruben ihn. Sie waren immer noch seine Jünger, und sein Tod war nicht der Tod ihres Glaubens. Sie erwiesen demjenigen, dem sie nachgefolgt waren, die einzige Freundlichkeit, die in ihrer Macht stand. Sie betrachteten den Leichnam, an dem das Haupt fehlte, als das letzte Überbleibsel des Johannes, und versammelten sich um ihn und gaben ihm ein ehrenvolles Begräbnis. Aber der Evangelist sagt nicht, dass sie den Johannes begruben, sondern „sie nahmen seinen Leib und begruben ihn,“ nicht ihn selber. Den wirklichen Johannes konnte kein Mensch begraben, und Herodes fand bald, dass er, wiewohl er gestorben, dennoch redete.

Was blieb den Jüngern Johannis übrig, als zu ihres Führers Freund und Meister zu gehen, Ihm alle Umstände zu erzählen und weitere Befehle zu erwarten? Johannes hatte sie gut gelehrt, da sie sogleich zu Jesu gingen, als ihr Lehrer tot war.

Wenn wir in großer Not sind, so wird es weise sein, unser Bestes zu tun, und zu gleicher Zeit dem Herrn die ganze Sache vorzulegen, damit Er uns weiter leite in dem, was zu tun ist. Welche Erleichterung, es Jesu zu sagen! Es war schmerzlich für Ihn, die Erzählung zu hören, aber Er gab diesen Trauernden gewiss Trost, und Er wird auch uns Trost senden.

(Unser König gibt ein großes Fest. V. 13-22.)

13. Da das Jesus hörte, wich Er von dannen auf einem Schiff in eine Wüste allein. Und da das Volk das hörte, folgte es ihm nach zu Fuß aus den Städten.

Unser Herr konnte ein so trauriges Ereignis, wie den Tod seines Vorläufers, nicht ohne eine besondere Andacht vorüber gehen lassen; vielleicht hielt Er es auch für weise, gerade zu dieser Zeit außerhalb des Gebietes des Herodes zu sein. Wenn ein solcher Tiger einmal Blut geschmeckt hat, so dürstet er leicht nach mehr. Überdies hatte Er sowohl wie die kleine Schar, die Ihn begleitete, Ruhe nötig und unser Herr war kein harter Fronvogt, der seine Diener übertrieben arbeiten lässt. Sobald Jesus daher von dem Tod Johannis hörte, ging Er mit seinen Nachfolgern an eine Stelle außerhalb Herodes’ Gebiet, „in eine Wüste allein.“ Er ging auf ein Schiff, damit das Meer zwischen Ihm und der Volksmenge wäre. Es war schwer für Ihn, in die Zurückgezogenheit zu gelangen, aber Er brauchte verständige Mittel dazu. Er kannte die dringende Notwendigkeit des Alleinseins und Er strebte danach. Der umsichtige Gebrauch der Einsamkeit muss noch von vielen Arbeitern gelernt werden.

Die Menge wollte Ihm nicht gestatten, in Ruhe zu sein. Sie war neugierig, besorgt und hilfsbedürftig, und darum war sie bald zu Fuß hinter Ihm her. während Er über den See segelte, eilte sie dem Ufer entlang. Es ist ein glückliches Zeichen, wenn Eifer da ist, das Wort Gottes zu hören. Der Herr sende uns mehr davon in diesen Tagen religiöser Gleichgültigkeit.

14. Und Jesus ging hervor und sah das große Volk; und es jammerte Ihn derselbigen, und heilte ihre Kranken.

Als Er das Boot verließ und hervorging, fand unser Herr eine Gemeinde auf Ihn wartend. In dem tiefsten Sinn sah Er das Volk, und der Anblick lag schwer auf Ihn. Er war nicht zornig über die große Menge und zeigte keine Enttäuschung, dass seine Hoffnung auf Ruhe vereitelt war, sondern es jammerte Ihn derselbigen. Das Wort im Original ist sehr ausdrucksvoll: sein ganzes Wesen war in seiner tiefsten Tiefe erregt, und deshalb ging Er sogleich daran, Wunder der Barmherzigkeit unter ihnen zu wirken. Sie kamen ungebeten, Er empfing sie freundlich, Er segnete sie gnädig und speiste sie zuletzt freigebig. Er war wie ein Hirsch, der vor den Jägern flieht, aber sie hatten Ihn übereilt und Er gab sich ihnen hin. Denen, welche seiner am meisten bedurften, half Er zuerst: Er „heilte ihre Kranken!“ Herr, heile Du mich, denn ich bin krank an der Seele, wenn nicht am Körper!

15. Am Abend aber traten seine Jünger zu Ihm und sprachen: Dies ist eine Wüste, und die Nacht fällt daher; lass das Volk von Dir, dass sie hin in die Märkte gehen und sich Speise kaufen.

Die Jünger hatten das Mitleid der Menschen, welche die Not sehen, aber ihr menschliches Denken sah nur einen armseligen Weg, aus ihr herauszukommen, nämlich die Schwierigkeit zu umgehen durch Wegsenden des Volks. Der kürzeste Weg aus einer Verlegenheit heraus ist gewöhnlich eine sehr armselige Sache. Bis auf diesen Tag kommen viele Christen nicht weiter als dahin, die Massen sich selbst zu überlassen oder irgend welchen unbekannten Einflüssen, die kommen mögen. Eins war weise von den Jüngern, nämlich dass sie die Sache Jesu vorlegten. „Am Abend traten seine Jünger zu Ihm.“ Sie stellten die Unfruchtbarkeit des Ortes dar, die späte Zeit, das viele Volk, die große Bedürftigkeit. Sie waren sehr bekannt mit allen entmutigenden Dingen. Die vorgeschlagene Handlungsweise war der eine schwache Punkt in der Darstellung. Unsre Pläne sind meistens elende Sachen. Es ist fast ein Wunder, dass wir wagen, sie darzulegen. Vergessen wir, dass unser Herr Jesus unsere jämmerlichen Vorschläge hört?

Beachtet der Jünger Wort: „Die Nacht fällt daher.“ Wir halten gewöhnlich die Zeiten für ungünstig zu großen Unternehmungen. Und was den Ort betrifft, der ist hoffnungslos: „Dies ist eine Wüste.“ Was kann hier getan werden? Der Vorschlag der Jünger war von einer Art, wie sie häufig genug ist. „Lasst die Leute nicht hier vor unsrer Nase sterben; reißt die Diebesherberge in der nächsten Straße nieder; reinigt die Nachbarschaft von den schlechten Häusern.“ „Lass das Volk von Dir.“ oder noch besser, zeigt dem Volk die Würde der Selbsthilfe! Redet zu ihnen von Sparsamkeit und Auswanderung. Treibt sie an, hin in die Märkte zu gehen und sich Speise zu kaufen. Dies ist ein beliebtes Geheimmittel unsrer Tage bei denen, die ihre eigenen Brote und Fische sparen wollen. Unser Herr hat edlere Gedanken als diese; Er will seine königliche Freigebigkeit dem hungrigen Haufen zeigen.

16. Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht not, dass sie hingehen; gebt ihr ihnen zu essen.

Herrliches Wort! „Es ist nicht not, dass sie hingehen.“ Wir sind im Stande, wenn Er mit uns ist, allem Mangel abzuhelfen, der entstehen mag; wir brauchen nie die Menge hinwegzusenden, um sie dem Staat oder dem Kirchspiel oder Mietlingen zu überlassen. Wenn wir nur ans Werk gehen, so werden wir finden, dass der Herr uns für jeden Notfall ausrüstet. „Gebt ihr ihnen zu essen.“ Ihr redet davon, dass sie für sich kaufen sollen, aber sie sind mittellos und können nichts kaufen. Alles muss umsonst sein, sonst werden sie verhungern. Ihr seid die Leute dazu, sie umsonst zu speisen. Geht daran und beginnt sogleich.

17. Sie sprachen: Wir haben hier nichts denn fünf Brote und zwei Fische.

Seht, wie sie ihre Vorräte überzählen und berichten: „Wir haben nichts denn fünf Brote.“ Mit welchem trübseligen „nichts, denn“ zeigen sie, wie mager die Speisekammer ist! Jene zwei Sardellen lassen den Vorrat als lächerlich erscheinen. Es ist gut für uns, wenn wir erkennen, wie sehr arm wir sind und wie unfähig, die Bedürfnisse des Volks um uns her zu befriedigen. Es dient zu unserem Besten, wenn wir dies unserem Herrn in Worten bekennen müssen.

Wahrlich, der, welcher diese Auslegung schreibt, hat oft gefühlt, als wenn er weder Brot noch Fisch hätte, und doch ist er seid mehr als vierzig Jahren bei den großen Festen des Königs ein Aufwärter mit vollen Händen gewesen.

18. Und Er sprach: Bringt mir sie hier.

Er will, dass wir hingehen, was wir haben, wir sollen nichts zurückbehalten. Wir müssen alles Jesu übergeben: „Bringt mir sie her.“ Er wird annahmen, was wir bringen, dies liegt in dem Befehl, es zu bringen. Er wird machen, dass das wenige weit reicht. Das, was zu Jesu gebracht wird, erreicht die Bedürftigen auf dem sichersten Weg. Der kürzeste Weg, Vorrat für verschmachtende Seelen zu erlangen, ist, ihrethalben zu Jesu zu gehen.

19. Und Er hieß das Volk sich lagern auf das Gras, und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf gen Himmel, und dankte, und brach’s, und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk.

Er hatte sowohl Teppich wie Sitze für seine Gäste bereitet, indem Er Gras wachsen ließ in seinem offenen Festsaal. Auf das Geheiß des großen Wirtes lagerte sich alles Volk. „Er hieß“, und sie gehorchten. Ein Beweis der eigentümlichen Macht der Persönlichkeit unseres Herrn, selbst in einfachen Dingen sich Gehorsam zu verschaffen. Man hätte denken können, dass sie erwidert hätten: „Was nützt es, sich hier zu lagern? Wie soll hier in der Wüste ein Tisch bereitet werden?“ Aber unseres Herrn Gegenwart brachte den Unglauben in ehrfurchtsvolles Schweigen und Gehorchen. Der König der Menschen findet augenblicklichen Gehorsam, wenn Er in der Fülle seiner Majestät gebietet. „In des Königs Wort ist Gewalt.“

Nun alles in Ordnung ist, nimmt der göttliche Herr den geringen Vorrat in seine gesegneten Hände. Durch ein einfaches Zeichen lehrt Er das Volk, von wo die gnädige Versorgung zu erwarten ist; denn Er „sah auf gen Himmel.“ Nicht ohne Dank begann das einfache Mahl: „Er dankte.“ Gottes Segen muss gesucht werden, selbst wenn Jesus da ist, denn Er will nicht ohne den Vater handeln. Unser Herr Jesus tat alles in der Bereitung des Mahles, Er dankte, Er brach, Er gab es seinen Jüngern. Alles ist von Ihm. Die Jünger kommen und nehmen ihre untergeordnete Stellung ein, nachdem Er seine göttliche Schöpferkraft entfaltet hatte. Sie sind die Aufwärter. Sie dienen und verteilen, denn sie können nicht mehr tun, und sind froh, das zu tun. Eilig, aber doch mit Ordnung, verteilen sie die Speise unter die Menge; staunend und anbetend, während sie es tun. Es war Brot und eine schmackhafte Zugabe dabei, gute und angenehme Nahrung; genügend, aber nicht üppig. Manche wollen den Armen nur das kahlste Notwendige geben, nur Brot. Unser Herr fügt Fisch hinzu. Welch ein Fest war dies! Christus als Gastgeber; Apostel als Aufwärter, Tausende als Gäste und Wunder zur Versorgung! Welch weit herrlicheres Fest ist das, was das Evangelium den hungrigen Seelen bereitet! Welches Vorrecht, von dem Sohn Gottes gespeist zu werden!

20. Und sie aßen alle, und wurden satt; und hoben auf, was übrig blieb von Brocken, zwölf Körbe voll.

Niemand wurde versäumt, niemandem wurde es verweigert, niemand war zu ermattet, niemand hörte auf, ehe er gesättigt war, niemand brauchte etwas anderes, niemand fand, dass sie Speise ihm nicht bekam, denn in der Tat, sie waren alle hungrig, „und sie aßen alle.“ Niemand schränkte sich ein oder ward eingeschränkt; alle „wurden satt.“ Unser Wohltäter ist einer, der sättigt und sättigende Speise verschafft. Nach dem Mahl waren zwölf große Körbe nötig, um die Brocken aufzunehmen. Es war unmöglich, den Vorrat zu erschöpfen. Die Körbe waren voll, und die Leute satt. Es war mehr Vorrat nach der Speisung da, als vorher. Durch das Speisen anderer vermehrt sich unser Vorrat. Das, was übrig war, war ebensowohl gesegnet als das, was gegessen war, und deshalb war es gute Speise für die Jünger. Sie gaben einfaches Brot und Fische, und sie empfingen mehr der Menge nach, und einen Segen, der den Wert erhöhte. Diejenigen, welche auf Christi Geheiß anderen dienen, sollen eine gute Portion selber haben. Denen, welche anderer Mund füllen, sollen ihre eigenen Körbe gefüllt werden. Jeder ist befriedigt, wenn Jesus das Fest gibt.

21. Die aber gegessen hatten, derer waren bei fünf tausend Mann, ohne Weiber und Kinder.

„Weiber und Kinder“ sind gewöhnlich zahlreicher bei einer Predigt als Männer, aber da die Leute zu Fuß gekommen, war vielleicht das stärkere Geschlecht bei dieser Gelegenheit überwiegend, wie es das gemeiniglich ist, wo es Speise gibt. Von manchem großen Mahl sind Weiber und Kinder ausgeschlossen, aber in Christo Jesu ist keine Ausschließung um des Geschlechtes oder der Jugend willen.

Fünf tausend Mann ist keine kleine Mittagsgesellschaft. Denkt, an fünf tausend mit fünf Broten gespeist! Ein Brot für tausend! Lasst uns niemals fürchten, dass unsere dem Herrn geweihten Vorräte nicht ausreichen werden, oder dass wir nicht Talent oder Fähigkeit genug haben, wenn es dem Herrn gefällt, uns zu gebrauchen. Unser König wird noch alle Völker mit dem Evangelium speisen, das heute so gering geschätzt wird. Amen! So sei es!

22. Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, dass sie in das Schiff traten, und vor Ihm herüber fuhren, bis Er das Volk von sich ließe.

Alsbald ist ein Geschäftswort; Jesus verliert keine Zeit. Nicht sobald ist das Mahl vorüber, als Er die Gäste in ihre Häuser sendet. Als sie gut gespeist sind, heißt Er sie den Heimweg rasch antreten. Er, der das Volk sich lagern ließ, konnte es auch von sich lassen, aber es musste weggesandt werden, denn es ging ungern.

Über das Meer muss Jesus wieder, ehe Er Zurückgezogenheit finden kann. Wie schwer wird es Ihm, ein wenig Ruhe zu finden! Ehe Er wieder übers Meer geht, vollbringt Er eine andere Tat der Selbstverleugnung, denn Er kann nicht gehen, ehe Er die Menge sich zerstreuen sieht. Er nimmt dies selbst in die Hand und gibt den Jüngern die Gelegenheit, in Frieden wegzugehen. Wie der Kapitän der Letzte ist, der das Schiff verlässt, so ist der Herr der Letzte, der das Arbeitsfeld verlässt. Die Jünger wären lieber in seiner Gesellschaft geblieben und hätten den Dank des Volkes entgegen genommen, aber Er trieb sie, dass sie in das Schiff traten. Er konnte zu dieser Zeit niemand dahin bringen, von Ihm wegzugehen, ohne zu senden und zu treiben. Dieser Magnet hatte große Anziehungskraft. Er versprach augenscheinlich seinen Jüngern, dass Er ihnen folgen wolle, denn die Worte lauten: „vor Ihm herüber fuhren.“ Wie Er folgen wollte, sagte Er nicht, aber Er konnte immer ein Mittel finden, seine Versprechungen zu halten. Wie rücksichtsvoll von Ihm, unter der Menge zu warten, während die Jünger in Frieden wegfuhren. Er nimmt stets das schwere Ende der Last auf sich.

(Der König beherrscht Wind und Wellen. V. 23-36.)

23. Und da Er das Volk von sich gelassen hatte, stieg Er auf einen Berg allein, dass Er betete. Und am Abend war Er allein daselbst.

Nun, da die Menge gegangen ist, kann Er Ruhe haben, und Er findet sie im Gebet. Er stieg auf einen Berg allein. An einem Ort, wo Er laut sprechen und nicht behorcht oder gestört werden konnte, verkehrte Er mit dem Vater allein. Dies war seine Erquickung und seine Wonne. Er verblieb darin, bis die dichtesten Schatten der Nacht sich zusammengezogen und der Tag vorüber war. „Allein“, und doch nicht allein, sog Er neue Kraft ein, während Er mit dem Vater verkehrte. Er muss dieses dem berichtenden Evangelisten enthüllt haben, und sicherlich in der Absicht, dass wir von seinem Beispiel lernen sollten.

Wir dürfen nicht immer in Gesellschaft anderer sein, da sogar unser Herr fühlte, dass Er allein sein müsse.

24. Und das Schiff war schon mitten auf dem Meer, und litt Not von den Wellen; denn der Wind war ihnen zuwider.

Während Jesus allein war, waren sie in dem Schiff in demselben Zustand, aber nicht mit derselben geistlichen Übung beschäftigt. Als sie zuerst das Ufer verließen, ging die Fahrt gut in der Abendkühle, aber ein Sturm kam rasch auf, als die Nacht den Himmel bedeckte. Auf dem Galiläischen Meer braust der Wind hervor aus den Vertiefungen zwischen den Bergen und bringt kleine Boote in schwere Gefahr, indem er sie zuweilen fast aus dem Wasser heraushebt und dann wieder unter die Wellen taucht. Dieser tiefe See war besonders gefährlich für kleine Fahrzeuge. Sie waren weit vom Lande, denn sie waren „mitten auf dem Meer“, von jedem Ufer gleich weit entfernt. Der See war wütend und ihr Schiff „litt Not von den Wellen.“ Der Orkan war furchtbar. „Der Wind war ihnen zuwider“ und wollte sie nicht an irgend einen Ort, den sie suchten, kommen lassen. Es war ein Wirbelwind und sie wurden von ihm umher getrieben, konnten ihn aber nicht benutzen, um ein Ufer zu erreichen. Wie sehr glich ihre Lage der unseren, wenn wir in großer Not sind! Wir werden umher geworfen und können nichts tun; der Sturm ist zu furchtbar, als dass wir ihm Widerstand leisten oder auch nur lebendig bleiben könnten, während wir vor ihm dahin getrieben werden.

Eine erfreuliche Tatsache ist es, dass Jesus am Ufer betet, während wir auf dem Meer kämpfen. Es ist auch tröstlich, zu wissen, dass wir da sind, wohin Er uns trieb zu gehen (siehe V. 22), und Er hat uns versprochen, zu uns zu kommen, deshalb muss alles sicher sein, ob der Sturm auch schrecklich wütet.

25. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.

Jesus wird sicher kommen. Die Nacht dauert an und die Finsternis wird dichter. Die vierte Nachtwache ist nahe, aber wo ist Er? Der Glaube sagt: „Er muss kommen.“ Wenn Er auch bis zum Anbruch des Tages wegbleibt, so muss Er doch kommen. Der Unglaube fragt: „Wie kann Er kommen?“ O, Er wird für sich selber antworten, Er kann seinen eigenen Weg bahnen. „Jesus kam zu ihnen und ging auf dem Meer.“ Er kommt trotz des Windes, und auf einer Welle. Fürchtet nie, dass Er die vom Sturm umhergeworfene Bark nicht erreichen werde; seine Liebe wird den Weg finden. Ob es ein einziger Jünger oder die Gemeinde im großen und ganzen ist, Jesus wird zu der von Ihm gewählten Stunde erscheinen, und seine Zeit ist sicherlich die geeignetste.

26. Und da Ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und sprachen: Es ist ein Gespenst! und schrien vor Furcht.

Ja, die Jünger sahen Ihn, sahen Jesum, ihren Herrn, und schöpften keinen Trost aus dem Anblick. Das Auge der armen menschlichen Natur ist ein blindes Ding im Vergleich mit dem Auge eines geistlichen Glaubens. Sie sahen, aber sie wussten nicht, was sie sahen. Was konnte es anders sein als ein Gespenst? Wie konnte ein wirklicher Mensch auf diesen schäumenden Wogen wandeln? Wie konnte er gegen einen solchen Orkan standhalten? Sie waren mit ihrer Weisheit schon zu Ende, und die Erscheinung machte ihrem Mut ein Ende. Uns scheint, als hörten wir ihren Schreckensschrei. „Sie schrien vor Furcht.“ Wir lesen nicht, dass sie vorher unruhig waren. Sie waren alte Seeleute und hatten keinen Schrecken vor den Naturmächten; aber ein Geist – ach, das war zu grausig. Es war jetzt zum schlimmsten mit ihnen gekommen, und doch, wenn sie es gewusst hätten, standen sie dicht vor ihrem Besten. Es ist bemerkenswert, dass ihre Furcht um so größer war, je näher Jesus ihnen war. Mangel an Unterscheidung macht die Seele blind für ihre reichsten Tröstungen. Herr, sei nahe und lass mich Dich kennen! Lass mich nicht mit Jakob zu sprechen haben: „Gewisslich ist der Herr an diesem Ort, und ich wusste es nicht!“

27. Aber alsbald redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin es; fürchtet euch nicht!

Er ließ sie nicht in banger Erwartung: „alsbald redete Jesus mit ihnen.“ Wie süß ertönte diese liebevolle und majestätische Stimme! Über dem Toben der Wellen und dem Heulen der Winde hörten sie die Stimme des Herrn. Es war auch sein altes Wort: „Seid getrost.“ Der beste Grund zum Mut war seine eigene Gegenwart. „Ich bin es; fürchtet euch nicht.“ Wenn Jesus nahe ist, wenn der Geist des Sturms im Grunde doch nur der Herr der Liebe ist, so ist jede Ursache zur Furcht verschwunden. Kann Jesus durch den Sturm zu uns kommen, dann wollen wir dem Sturm trotzen und zu Ihm kommen. Der, welcher den Orkan beherrscht, ist nicht der Teufel, noch der Zufall, noch ein boshafter Feind, sondern Jesus. Dies sollte aller Furcht ein Ende machen.

28. Petrus aber antwortete Ihm und sprach: Herr, bist Du es, so heiß mich zu Dir kommen auf dem Wasser.

Petrus muss der erste sein, der spricht; er ist lebhaft und war außerdem eine Art Vormann in der Schar. Der erste Sprecher ist nicht immer der weiseste Mann. Die Furcht des Petrus war weg bis auf ein „wenn“; aber dieses „wenn“ wirkte nichts Gutes für ihn, denn es schien seinen Meister herauszufordern: „Herr, wenn Du es bist.“ Welche Probe, die er wollte: „So heiß mich zu Dir kommen auf dem Wasser!“ Wozu wollte Petrus auf dem Wasser gehen? Sein Namen hätte den Gedanken eingeben können, dass er wie ein Stein auf den Grund sinken würde. Es war eine unkluge Bitte, es war das Schwingen des Pendels in Petrus von Verzweiflung zu unverständiger Waghalsigkeit. Gewiss, er wusste nicht, was er redete. Doch, haben wir nicht von unserem Herrn fast ebenso ungeziemende Proben verlangt? Haben wir nicht gesagt: „Wenn Du mich jemals gesegnet hast, so gib mir dies und das?“ Auch wir haben unser Gehen auf dem Wasser gehabt und uns hingewagt, wo nichts als besondere Gnade uns aufrecht halten konnte. Herr, was ist der Mensch?

29. Und Er sprach: Komm her! Und Petrus trat aus dem Schiff, und ging auf dem Wasser, dass er zu Jesu käme.

Wenn gute Menschen unweise und vermessen sind, so mag es zu ihrem dauernden Wohl sein, wenn sie ihre Torheit durch Erfahrung kennen lernen. „Er sprach: Komm her.“ Der Herr des Petrus ist im Begriff, ihm eine praktische Lektion zu erteilen. Er bat, dass ihn geheißen werde, zu kommen. Er darf kommen. Er kommt. Er verlässt das Schiff, er tritt auf die Wellen. Er ist auf dem Weg zu seinem Herrn. Wir können alles tun, wenn wir göttliche Vollmacht dazu haben und Mut genug, den Herrn beim Wort zu nehmen. Nun waren zwei auf dem Meer. Zwei Wunder! Welches war das größere? Der Leser mag es nicht leicht finden, darauf zu antworten. Möge er es erwägen.

30. Er sah aber einen starken Wind; da erschrak er und hob an zu sinken, schrie und sprach: Herr, hilf mir!

„Er sah aber,“ ein trauriges „aber“ für den armen Petrus. Sein Auge war von dem Herrn abgewandt, auf das Wüten des Windes hin; „er sah aber einen starken Wind.“ Sein Herz wankte und dann wankte sein Fuß. Er begann unterzugehen – ein furchtbarer Augenblick ist dies anheben zu sinken. Doch es war nur ein Anheben, er hatte Zeit, zu seinem Herrn zu schreien, der nicht im Sinken war. Petrus schrie und war sicher. Sein Gebet war ebenso ernst wie es kurz war. Er hatte sein Auge und seinen Glauben zurück zu Jesu gebracht, denn er schrie: „Herr!“ Er war durch Gehorsam in diese Gefahr gekommen, und darum konnte er das Wort „Herr“ gebrauchen. Ob in Gefahr oder nicht, Jesus war noch sein Herr. Er ist ein verlorener Mensch, und er fühlt es, wenn sein Herr ihm nicht helfen will – ihm ganz und gar helfen, ihm jetzt helfen. Gesegnetes Gebet: „Herr, hilf mir.“ Leser, eignet es sich nicht für dich? Petrus war seinem Herrn näher, da er sank, als da er ging. In der Tiefe sind wir oft Jesu näher als in unseren herrlicheren Zeiten.

31. Jesus aber reckte bald die Hand aus und ergriff ihn, und sprach zu ihm: O du Kleingläubiger, warum zweifeltest du?

Unser Herr zögert nicht, wenn unsere Gefahr groß und unser Schreien dringend ist; „Jesus aber reckte bald die Hand aus.“ Er ergriff ihn erst und dann belehrte er ihn. Jesus errettet zuerst und nachher tadelt Er, wenn es notwendig ist. Wenn wir errettet sind, so ist es die passende Zeit für uns, uns selber wegen unseres Unglaubens zu tadeln. Lasst uns von unserem Herrn lernen, dass wir andere nicht rügen sollten, ehe wir ihnen zuerst aus ihren Nöten geholfen haben.

Unsre Zweifel sind unvernünftig: „Warum zweifeltest du?“ Wenn Grund da ist für kleinen Glauben, so ist augenscheinlich Grund da für große Zuversicht. Wenn es überhaupt recht ist, Jesu zu vertrauen, warum Ihm nicht ganz und gar vertrauen? Vertrauen war die Stärke des Petrus, Zweifel war seine Gefahr. Es sah aus wie großer Glaube, als Petrus auf dem Wasser ging, aber ein kleiner Wind bewies bald, dass es kleiner Glaube sei. Bis unser Glaube geprüft ist, können wir ihn nicht richtig abschätzen.

Nachdem sein Herr ihn bei der Hand genommen, sank Petrus nicht mehr, sondern fing den Wandel im Glauben wieder an. Wie leicht ist es, Glauben zu haben, wenn wir nahe bei Jesu sind!

Herr, wenn unser Glaube wankt, so komme zu uns, dann werden wir auf den Wellen gehen.

32. Und sie traten in das Schiff, und der Wind legte sich.

Der Gang des Petrus und seine Rettung war mitten im Sturm gewesen. Er konnte gut genug auf dem Wasser gehen, wenn sein Herr ihn bei der Hand hielt, und wir können das auch. Welch ein Anblick! Jesus und Petrus, Hand in Hand auf dem Meer wandelnd! Die Zwei gehen sogleich auf das Schiff zu; Wunder werden nie zu ungehöriger Länge ausgesponnen. War Petrus nicht froh, das stürmische Element zu verlassen und zu gleicher Zeit zu sehen, dass der Wind sich legte? „Und sie traten in das Schiff, und der Wind legte sich.“ Es ist gut, in einem Sturm sicher zu sein, aber angenehmer ist es, wenn die Stille wiederkehrt und der Orkan vorüber ist. Wie fröhlich hießen die Jünger ihren Herrn willkommen und ihren Bruder Petrus, der, wenn auch bis auf die Haut durchnässt, doch ein weiserer Mann durch sein Abenteuer geworden war!

33. Die aber im Schiff waren, kamen und fielen vor Ihm nieder, und sprachen: Du bist wahrlich Gottes Sohn.

Kein Wunder, dass Petrus Ihn anbetete und dass seine Gefährten das Gleiche taten. Alle Jünger, die dadurch errettet waren, dass der Herr auf dem stürmischen Meer zu ihnen kam, waren völlig überzeugt von seiner Gottheit. Nun waren sie durch unzweifelhaften Beweis doppelt gewiss, und in tiefer Ehrfurcht sprachen sie ihren anbetenden Glauben aus mit den Worten: „Du bist wahrlich Gottes Sohn.“

34-36. Und sie schifften hinüber, und kamen in das Land Genezareth. Und da die Leute am selbigen Ort sein gewahr wurden, schickten sie aus in das ganze Land umher, und brachten allerlei Ungesunde zu Ihm, und baten Ihn, dass sie nur seines Kleides Saum anrührten. Und alle, die da anrührten, wurden gesund.

Die vor kurzem noch so umher geworfene Bark ist bald im ersehnten Hafen, und nun bieten sich unserem Auge andere wunderbare Auftritte dar. Wo der große Arzt auch landet, da ist Er sicher, Patienten zu finden. Leute an demselbigen Ort wurden seiner gewahr, und diese waren wie Funken, welche andere in Feuer setzten durch die wundervollen Berichte von dem, was Jesus getan hatte. Viele wurden eifrige Verkündiger seiner Heilkraft, und gingen entweder selbst oder schickten andere aus „in das ganze Land umher.“ Sehr geschäftig waren diese Leute. Sie schickten aus, sie brachten zu Ihm, sie baten Ihn, sie rührten seines Kleides Saum an, sie wurden gesund. Die Sätze folgen ohne Unterbrechung aufeinander. Die Leute baten um wenig, „dass sie nur seines Kleides Saum anrührten,“ aber sie empfingen viel, denn sie „wurden gesund.“ In keinem Fall war ein Misslingen; in jedem war das Werk vollständig. Ihre demütige Bitte gründete sich auf Vorhergegangenes, wurde von eifrigen Gemütern vorgebracht und war mit tätiger Teilnahme verbunden, darum ward sie nicht abgeschlagen. Wie froh ward die ganze Gegend gemacht! „Allerlei Ungesunde“ wurden fröhliche Zeugen der heilenden Macht des Herrn.

Unser König ist Herr, sowohl auf dem Land wie auf dem Meer. Ob Er auf dem See Genezareth ist oder in dem „Land Genezareth“, seine erhabene Macht und Majestät werden unfehlbar bewiesen. Er stillt Stürme und nimmt Fieber hinweg. Er berührt die Wellen mit seinem Fuß, und sie werden fest; Er berührt kranke Körper mit seiner Hand, und sie werden gesund. Er teilt seinem Knecht Petrus und dem Saum seines eigenen Kleides wunderbare Macht mit.

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