Spurgeon, Charles Haddon - Der Bilderstürmer.

Spurgeon, Charles Haddon - Der Bilderstürmer.

Er tat ab die Höhen und zerbrach die Säulen und rottete die Haine aus und zerstieß die eherne Schlange, die Mose gemacht hatte; denn bis zu der Zeit hatten ihr die Kinder Israel geräuchert, und man hieß sie Nehustan. Er vertraute dem Herrn, dem Gott Israels, dass nach ihm seinesgleichen nicht war unter allen Königen Judas, noch vor ihm gewesen.“
2. Kön. 18, 4. 5. („Und er hieß sie Nehustan.“ Engl. Üb.)

Das erste Gebot lehrt uns, dass nur ein Gott ist, der allein angebetet werden soll; und das zweite Gebot lehrt, dass kein Versuch gemacht werden darf, den Herrn darzustellen, und dass wir auch nicht vor irgend einer Form heiligen Gleichnisses uns beugen sollen: „Du sollst dir kein Bildnis noch irgend ein Gleichnis machen, weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden oder des, das im Wasser unter, der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht.“ Diese zwei Gebote verbieten durchaus jeden Götzendienst. Wir sollen keinen anderen Gott anbeten; wir sollen nicht den wahren Gott durch den Gebrauch darstellender Symbole anbeten. Er ist ein Geist, und soll im Geist und in der Wahrheit angebetet werden, und nicht durch den Gebrauch sichtbarer Bilder. Es scheint klar, dass das menschliche Gemüt seit dem Fall es schwer findet, hierbei zu bleiben. In der ganzen Welt richten die Menschen Bilder und Götzen auf, zuerst nicht mit der Absicht, Holz und Stein anzubeten, sondern damit es ihnen in der Anbetung der Gottheit helfen solle, ein äußeres Symbol ihrer Gegenwart zu haben. Nach einer Weile gerat das böse Herz in etwas noch Erniedrigenderes, und das Bild selbst wird angebetet. Sogar das Volk Gottes, die Kinder Israel, die in so besonderer Weise sich der Gegenwart des Herrn in ihrer Mitte erfreuten, und die durch Gesetzgeber und von dem Höchsten inspirierte Propheten gelehrt waren, Ihn anzubeten, konnten nicht bei reiner und geistlicher Anbetung bleiben. Obgleich ihrer Schwäche beim Verständnis der Wahrheit eine ganze Reihe von Vorbildern zu Hilfe kam, waren sie doch mit diesen nicht zufrieden, weil sie kein Gleichnis Gottes enthielten. Die Religion der frommen Juden war hauptsächlich geistlicher Art, denn nur an dem einen, bestimmten Ort zu Jerusalem war Opfer erlaubt, und dort standen die heiligen Gefäße des zeremoniellen Gottesdienstes an geheimen Plätzen und wurden selten, wenn je, von dem Volk gesehen. Eine so wenig äußerliche Gottesverehrung war zu geistlich für das unwiedergeborne Israel; das Volk wollte ein äußeres Ritual für andere Orte außer Jerusalem, und wo nur ein Felsen oder hoher Hügel war, richteten sie einen Altar für Gott auf, und es ward einer der „hohen Orte“ des Landes genannt; wo nur ein Hain voll alten Bäumen entdeckt werden konnte, da sonderten sie den auch ab; dem wahren Gott, merkt euch das — aber doch ohne göttliche Bestätigung und seinem Gesetz zuwider, da Er nicht bestimmt hatte, dass irgend welche Haine oder Orte Ihm heilig sein sollten, ausgenommen der eine auserwählte Fleck auf dem Berge Zion. Dann kamen sie zu dem Gebrauch der Teraphim, symbolische Bilder, Statuen, „Säulen,“ wie unsere Übersetzung sie an dieser Stelle nennt; nicht dass sie diese wirklich als Gott anbeteten, sondern sie gebrauchten sie, wie sie sagten, als Hilfe bei der Anbetung Gottes. Dies war alles dem göttlichen Gesetz zuwider, und führte zu einem Vergessen Gottes, raubte Ihm seine Anbetung und gab sie stummen Götzen. Sobald der fromme Hiskia auf den Thron gekommen war und seine Macht in Besitz genommen hatte, ging er ans Werk, alle diese Haine umzuhauen, die Bilder zu zerbrechen, und soweit er als Herrscher des Landes es konnte, Israel zur Untertanentreue gegen den großen, unsichtbaren Jehova und zu der geistlichen Anbetung, an der Er Wohlgefallen hat, zurückzuführen und die äußerliche Anbetung mit Opfern und Gaben auf den einen Tempel in Jerusalem zu beschränken. Unter den verschiedenen Gegenständen der entarteten Verehrung Israels war einer, bei dem es natürlich erschienen wäre, wenn selbst ein Reformator ihn geschont hätte; es war die berühmte eherne Schlange, die Mose in der Wüste gemacht und auf einer Stange erhöht hatte, durch deren Anschauen Tausende von den giftigen Bissen feuriger Schlangen geheilt waren. Diese war sorgfältig aufbewahrt, aber da sie ein Gegenstand abergläubischer Verehrung geworden, zerstörte Hiskia sie.; nach einigen zermalmte er sie zu Pulver, und er nannte sie mit einem schimpflichen Beinamen „Nehustan.“ Es kann „Schmutz“ oder „Grünspan“ oder „ein Stück Kupfer“ bedeuten. Der König gab ihr einen Namen, der bezeugte, dass er gegen die ihr bewiesene abgöttische Verehrung protestierte. Obwohl sie ein interessantes Denkmal war, musste sie gänzlich zerstört werden, weil sie eine Versuchung zur Abgötterei bot. Hier, wenn je in dieser Welt, war eine Reliquie von hohem Altertum, von unzweifelhafter Echtheit, eine Reliquie, die ihre Hunderte von Jahren gesehen hatte, bei der es gar keine Frage sein konnte, dass es unzweifelhaft dieselbe Schlange war, die Mose gemacht hatte; und es war überdies eine Reliquie, die früher Wunderkraft besessen hatte: denn in der Wüste hatte das Anschauen derselben die Sterbenden errettet. Doch musste sie in Stücke zerbrochen werden, weil Israel ihr Weihrauch anzündete. Hinweg damit, es ist ein verunreinigtes Ding; nennt es mit einem schlechten Namen; zerstoßt es zu Staub; lasst Israel es verachten und vergessen. Wenn die eherne Schlange missbraucht und zu einem Götzen gemacht wird, so darf sie nicht geschont werden. Tut das Stück Grünspan hinweg; lasst die kupferne Amphibie zu Pulver zermalmt werden, wenn sie einmal als Nebenbuhlerin Jehovahs aufgerichtet ist oder als Teilnehmerin der Verehrung, die Ihm allein gebührt.

Dies führt mich zu der folgenden Bemerkung. Im Grunde handelten unsere Reformatoren gut und nach einem biblischen Vorbild, wenn sie auf die Götzen Roms Verachtung ausschütteten und die Heiligen, Reliquien, Bilder, Messen und Priester verspotteten. Sie waren mehr als gerechtfertigt, wenn sie die Abgöttereien des Papsttums bloßstellten, und die früher verehrten Gegenstände der äußersten Verachtung preisgaben. Es war eine tiefe Bedeutung in ihrem Zerbrechen der Kreuz und Verbrennen der Heiligenbilder. Das weiße Leinen der priesterlichen Achselkleider diente gut zu Unterkleidern für die Armen, und Altarsteine waren vortrefflich für die Wand hinter dem Ofen, aber sie bedeuteten mehr als Nutzen, sie waren ein Protest gegen Aberglauben. Heilige Wasserbehälter wurden in jenen praktischen Zeiten oft den Landleuten gegeben, um in Schweinetröge verwandelt zu werden. Die kleinen Glöckchen, mit denen früher bei der Erhebung der Hostie geklingelt ward, wurden um die Hälse der Pferde gehangen, und das Kästchen, das die verabscheuenswerte Nachäffung unseres menschgewordenen Gottes enthielt, welche die Papisten am meisten anbeteten, ward in Stücke zerbrochen. Keine Verachtung konnte größer sein, als diese Götzen sie verdienten. Die Bilderstürmer jener Zeit gingen nicht ein bisschen zu weit. Ich könnte wünschen, dass sie weniger milde gewesen, als sie es waren, und dass kein einziges Ding, das je von Menschen angebetet worden, auch nur einen Augenblick verschont wäre. Es Gott nennen! Dann zerbrecht es, ob die Kunst selber damit verdirbt. Es als etwas Heiliges anbeten! Dann hinweg damit, ob es aus Gold gemacht und mit Edelsteinen verziert ist. Was vor Gott ein Gräuel ist, das, wogegen sein Zorn raucht, sollen wir nicht schonen aus Rücksicht auf anderer Leute Gefühle oder weil die Vorschriften der Kunst sagen: „Lasst den Götzen er- halten bleiben.“

Als unsere Vorväter, die Nonkonformisten, die staatsgeschaffene Religion verließen, um eine geistliche Verehrung aufrecht zu halten und sich als Diener Gottes vereinigten, taten sie wohl, Protest einzulegen gegen die weniger grellen Abgöttereien ihrer Zeit. In ihren Tagen existierte wie jetzt die sehr gewöhnliche Abgötterei abergläubischer Ehrfurcht vor Gebäuden. Gewisse Zusammenfügungen von Stein, Ziegel und Holz werden als heilige Orte betrachtet. Man denkt, Gott sei innerhalb gewisser Mauern in einer eigentümlicheren Weise gegenwärtig als draußen, wo die Bäume wachsen und die Vögel singen. Unsere Vorfahren protestierten dagegen, indem sie ihre Gebäude niemals Kirchen nannten. Sie wussten, dass sie dies nicht sein könnten; sie wussten, dass Kirchen Gesellschaften von gläubigen Männern und Frauen bedeuten. Sie nannten die Orte ihrer gewöhnlichen Gottesdienste „Versammlungshäuser;“ das ist's, was sie waren und nichts mehr. Die Ehrfurcht vor Baumaterialien, Kanzeln, Altären, Kirchenstühlen, Kissen, Tischen, Leuchtern, Orgeln, Kelchen, Tellern rc. ist schiere, klare Abgötterei. „Betet Gott an!“ ist ein Gebot, das in unsren Tagen mit Donnerton gesprochen werden sollte. Es ist keiner heilig außer dem Herrn. „Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, sintemal. Er ein Herr ist, Himmels und der Erde, wohnet nicht in Tempeln mit Händen gemacht. Seiner wird auch nicht von Menschenhänden gepflegt, als der jemandes bedürfte; so Er selbst jedermann Leben und Odem gibt. Hört des Herrn eigenes Wort: „Der Himmel ist mein Stuhl und die Erde meine Fußbank; was ist es denn für ein Haus, das ihr mir bauen wollt? Oder welches ist die Stätte, da ich ruhen soll? Meine Hand hat alles gemacht, was da ist.““

Unsere Vorväter widerstanden auch einer anderen Abgötterei, die stets noch in unsrem Lande sich lebendig erhalten; nämlich, das Beobachten von Tagen und Monaten. Gewisse Tage werden als heilig abgesondert, und mit großer Ehrfurcht beobachtet von solchen, die sich Christen nennen. Nicht zufrieden mit dem Sabbat als dem von Gott zu seiner Verehrung bestimmten Tage, haben sie, wie das alte Israel, als es unter der Knechtschaft des Gesetzes war, Neumonde und bestimmte Feste, für die sie große Ehrfurcht beanspruchen, denen aber durchaus keine gebührt. Unsere Vorväter sagten: „Dies ist nicht aus der Schrift, deshalb ist es von Menschen, ist selbstgewählter Gottesdienst und abgöttisch;“ und sie zeigten ihre Verachtung der Menschengebote durch offene Nichtachtung heiliger Tage, und wir werden in dieser Hinsicht und in jeder anderen gut tun, ihr reines Zeugnis aufrecht zu halten. Wenn wir Aberglauben in irgend einer Gestalt sehen, müssen wir der Torheit nicht schmeicheln, sondern, soweit wir können, als Bilderstürmer handeln und dawider reden. Auch in dieser Sache tun viele des Herrn Werk lässig und beten an im Hause des Rimmon, statt die geistige Anbetung des großen „Ich bin“ unverletzt aufrecht zu erhalten.

Aber dies möge über diese Gegenstände genügen, wir haben andere Gedanken in unserer Seele. Ich beabsichtige heute morgen zuerst einen Teil von diesem Bilder zerbrechenden Werke den Gläubigen zuzuweisen; und zweitens wollen wir eine andere Form desselben Werkes suchenden Seelen anraten.

I.

Wir haben viel Zerbrechen von Götzen der Christen zu tun.

Es ist viel davon in der Gemeinde Gottes zu tun, es ist noch viel mehr davon in unsren eigenen Herzen zu tun.

Zuerst von allem ist viel Zerbrechen von Götzen in der Gemeinde Gottes zu tun. Lasst mich einige der Dinge nennen, gegen welche ihr und ich stets unsren persönlichen Protest einlegen müssen. Wir sind alle zu geneigt, als Christen ein Maß von Vertrauen auf Männer zu setzen, die Gott in seiner unendlichen Gnade zu Führern in der christlichen Gemeinde erweckt hat. Wir sollten dankbar sein für den Paulus, der so gut pflanzt, und den Apollos, der so gut begießt; wir sollen nie mit Verachtung oder Geringschätzung auf jene köstlichen Gaben blicken, welche Christus empfing, als Er in die Höhe fuhr und die Er noch immer seiner Gemeinde gibt, nämlich: Apostel, Lehrer, Prediger, Evangelisten u. s. w. Ein Mann ist köstlicher als eine Masse Gold von Ophir. Wenn Gott der Gemeinde einen Mann gibt, der tauglich ist, sie zu erweitern, zu kräftigen und zu befestigen, so gibt Er ihm einen der reichsten Segen seines Gnadenbundes; aber die Gefahr ist vorhanden, dass wir dem Mann eine falsche Stellung geben, und auf ihn blicken nicht nur mit der Ehrfurcht, die dem Botschafter Gottes gebührt, sondern mit einem Grade von — ich muss es so nennen — abergläubischem Vertrauen auf seine Autorität und Fähigkeit. Brüder, wir haben abgedankte Heilige, wir verabscheuen den Gedanken, sie zu verehren, und dennoch mögen wir ganz allmählich ins Kanonisieren hineingeraten und dem Wesen nach eine andere Reihe Heiliger unter uns aufstellen. Ist es nicht wahr, dass manche fast St. Calvin oder St. Luther anbeten? Über ihre Lehren hinaus können sie nicht gehen. Über andere schwingen St. John Wesley oder St. Charles Simeon ein ehrfurcht- gebietendes Zepter; und für weit mehrere ist der Prediger, unter dessen Kanzel sie sitzen und dessen Lehren sie beständig empfangen, Ursache und Grundlage ihres Glaubens. Ich fürchte, einige der in der christlichen Gemeinde gewirkten Bekehrungen sind mehr das Werk des Predigers als des Geistes Gottes, und deshalb geschieht es, dass, wenn der Pastor, der das Werkzeug derselben war, hinweggenommen wird, der auf die Weisheit oder den Ernst des Mannes geballte Glaube auch hinweggenommen wird. Der Punkt, zu dem ich euch bringen möchte, ist dieser, nehmt die Wahrheit von uns an, wenn wir sie euch rein geben und wahrhaft Gottes Mund für euch sind, aber nehmt sie nicht an, weil wir sagen, es ist so. Geht zum Urquell der Wahrheit, forscht selber in der Schrift und seht zu, ob es sich so verhält. Lasst nichts für euch eine geistliche Wahrheit sein, wenn nicht der Geist Gottes es in der Schrift lehrt. Seid nicht zufrieden, mit dem äußeren Ohr zu hören und zu sagen: „Dies ist wahr, denn der und der Mann Gottes hat es gesagt;“ bittet, dass ihr mit dem Herzen hören mögt und fühlen: „Dies ist wahr, denn Gott hat es in seinem Wort gesagt, und sein Heiliger Geist hat es auch in meinem Bewusstsein und meiner Erfahrung wiederum geschrieben.“ Wir müssen über Menschen Hinauskommen, sonst werden wir bloße Kindlein in der Gnade sein. Wenn wir die Segnungen, die Gott uns in unsren Lehrern und Predigern gibt, überschätzen, so mag Er sie von uns hinwegnehmen. Wir sollen nicht die Röhren erheben, sondern die Quelle; nicht den Fenstern, sondern der Sonne müssen wir für Licht danken; nicht den Korb, welcher die Speise enthält, oder den Knaben, der die Brote und Fische bringt, müssen wir verehren, sondern den göttlichen Meister, der das Brot segnet und vervielfältigt und die Menge speiset. Auf Jesum müssen alle betenden Augen gerichtet sein und ans den Heiligen Geist, den Offenbarer der Wahrheit, und auf unsren Vater, der im Himmel ist; und wir müssen das Evangelium aufnehmen, nicht als das Wort des Menschen, sondern, wie es das in Wahrheit ist, als das Wort Gottes. Liebt die Prediger Christi, aber verfallt nicht in die Form der Ehernen-Schlangen-Verehrung, die euch zu Knechten der Menschen erniedrigt.

In der christlichen Gemeinde ist, fürchte ich, in diesem Augenblick zu viel Rühmen des Talents und zu viel Vertrauen ans Bildung. Ich meine besonders in Bezug auf Pastoren. Ich glaube nicht, dass ein Mann Gottes, der berufen ist, beständig vor denselben Hörern zu predigen, zu gründlich gebildet sein kann, und dass der höchste Grad geistiger Kultur ein Schade für den christlichen Pastoren sein kann, er sollte eher eine Hilfe für ihn sein. Möge der Lehrer der Religion sich ja Kenntnis anzueignen suchen, möge er sich der Lektüre befleißigen und fähig sein, sowohl geistig als geistlich die Führerschaft zu übernehmen, aber, o Gemeinde Gottes, stelle du nie menschliche Gelehrsamkeit an die Statt des ewigen Geistes, denn „es ist nicht durch Heer, noch Kraft, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr.“ Die großen Wunder der apostolischen Zeit wurden hauptsächlich durch Männer gewirkt, die nach dem Urteil der Welt ungelehrt waren; sie waren von Christo gelehrt worden und hatten so die edelste Bildung empfangen, aber in klassischen Studien und philosophischen Spekulationen waren sie nur wenig bewandert, mit Ausnahme des Apostels Paulus, und der kam nicht „mit hohen Worten oder hoher Weisheit.“ Dennoch predigten die Apostel und ihre Anhänger mit solcher Macht, dass die Welt bald ihre Anwesenheit fühlte. Auf den Steinplatten, welche die Begräbnisplätze der ersten Christen in den Katakomben Roms bezeichnen, sind fast alle Inschriften falsch buchstabiert, viele haben hier einen griechischen Buchstaben und da einen lateinischen, die Grammatik ist vergessen und die Orthographie vergewaltigt, ein Beweis, dass viele der ersten Christen, die den gemarterten Toten ein solches Gedächtnis stifteten, ungebildete Leute waren: aber trotz dessen vernichteten sie die Weisheit der Weisen und schlügen die Götter der klassischen Länder. Sie schlugen Jupiter und Saturn, bis sie in Stücke zerbrochen waren und Venus und Diana von den Sitzen ihrer Macht herabfielen. Ihre Siege waren nicht durch die Gelehrsamkeit der Schulen; die hinderten sie — die gnostische Ketzerei, die Ketzerei vorgeblicher Erkenntnis, war der Gemeinde Gottes hinderlich, aber nie hilfreich. Ebenso ist in der Gegenwart die an gewissen Orten so hoch gepriesene Kultur der Einfachheit des Evangeliums zuwider. Deshalb sage ich, wir verachten nicht wahre Gelehrsamkeit, aber wir dürfen nicht auf sie vertrauen. Wir glauben, dass Gott Tausende durch sehr einfache und schlichte Zeugnisse segnen kann und wirklich segnet; keiner von uns soll seine Zunge schweigen lassen von Christo, weil er nicht wie die Gelehrten sprechen kann; keiner von uns soll die Botschaft des Herrn an ihn selber zurückweisen, weil sie von einem ungelehrten Boten gesprochen wird. Wir sollen nicht unsere Pastoren bloß um ihrer Talente und Kenntnisse willen wählen; wir müssen ihre Salbung in Betracht ziehen, wir müssen auf ihren Beruf blicken und sehen, ob der Geist Gottes mit ihnen ist; wenn nicht, so machen wir Gelehrsamkeit zu unserer ehernen Schlange, und sie wird in Stücke zerbrochen werden müssen.

Dasselbe kann von der menschlichen Beredsamkeit gesagt werden. Es ist eine schöne Sache, wenn ein Mann gut reden kann, und die Worte aus seiner Seele stießen wie ein Strom und alles vor sich dahinfegen, wenn sein Herz vor göttlicher Begeisterung brennt und glüht, wenn er spricht, was er glaubt und die hohe Wichtigkeit desselben fühlt; aber doch, Bekehrungen durch fleischliche Rhetorik gewirkt, was sind sie? „Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch.“ Möge der Prediger gut reden — die Wahrheit sollte in den besten Worten verkündet werden, aber die edelste Sprache, in der ein Mensch je geredet, hat noch nie eine Seele von der Sünde überführt oder ein verwundetes Gewissen geheilt oder einen Sünder von seinem Tod in den Sünden erweckt. Wir müssen im Gebet um den Geist Gottes stehen, und all unsere Zuversicht muss auf Ihn gesetzt sein; denn Beredsamkeit ist nur ein tönendes Erz und eine klingende Schelle, wenn der Heilige Geist nicht da ist.

Indem wir noch mit unsren Bemerkungen betreffs der christlichen Gemeinde fortfahren, will ich ferner anführen, dass vielleicht viel Aberglauben ab- gebrochen werden sollte mit Bezug auf ein strenges Hängen an gewissen Orten des christlichen Gottesdienstes. Wir haben versucht, die Wahrheit in einer gewissen Weise auszubreiten, und der Herr hat uns darin gesegnet, Und deshalb verehren wir die Art und Methode und vergessen, dass der Heilige Geist ein freier ist. Es gibt Leute in unsren Gemeinden, die sehr ernste Einwände erheben gegen jeden Versuch, Gutes zu tun auf eine Weise, die sie früher nicht gesehen haben. Für sie hat die Gewohnheit alle Kraft der Autorität: die Traditionen der Väter sind ihr Gesetz. Kühne Maßnahmen für Evangelisation erschrecken sie als Neuerungen, als wenn irgend etwas eine Neuerung sein könnte, wo alles frei ist! Ich kenne Dissidentengemeinden, die so konservativ an ihren Regeln des Nichtstuns festhalten, als wenn sie sie direkt von: Himmel empfangen hätten. Ihr Leben ist versteinert, ihre Ordnung leichenmäßig, ihre Orthodoxie grabartig. „Wie es am Anfang war, jetzt ist und immer sein wird bis ans Ende der Welt, Amen,“ scheint der Gesang vieler guten, aber im Irrtum befindlichen Christen unter uns zu sein, die sich nicht denken können, dass etwas getan werden sollte, wenn es niemals getan worden ist. Wenn irgend etwas klar ist in der Lehre unseres Herrn und seiner Apostel, so ist es dies, dass wir nicht unter Gesetz, Vorschrift und Überlieferung sind, sondern in die Freiheit der Kinder Gottes gebracht, so dass wir von dem Geist geführt werden und in dem Dienste Gottes nicht nach früheren Beispielen zu jagen oder auf Regulierung zu warten haben, sondern den großen Grundsätzen des Wortes und der Führung des Geistes folgen müssen, „auf dass wir ja etliche selig machen.“ Ich habe Brüder gekannt, die vor Predigen unter freiem Himmel erschraken, und doch, was für anderes Predigen pflegte in Christi Tagen zu sein, als das unter freiem Himmel? Ich habe andere gekannt, die sich entsetzten vor der Idee, dass Christi Name an einem Ort genannt würde, der zu gewöhnlichen Dingen benutzt wird, als wenn in alten Zeiten Christus irgendwo hätte gepredigt werden können, wenn es nötig gewesen wäre, einen für christliche Verehrung geweihten Ort zu haben! Es gibt eine Klasse Leute, die jeden heiligen Plan zur Evangelisation beanstanden, wie recht und einsichtsvoll er auch sein mag, wenn er zufällig neu ist, und hie fortfahren mit der Beanstandung, bis das Werk längst im Gange und über die Furcht vor ihrem Widerstand oder über die Notwendigkeit ihrer Hilfe hinaus ist. Wir werden in ein Geschlecht von Schriftgelehrten und Pharisäern ausarten, wenn wir diesem Geist Raum geben. Wir werden wiederum Sklaven der Traditionen werden, der Legenden und Alt-Weiber-Fabeln, so schlecht wie die, welche den Judaismus befleckten. In dem Namen von allem, was Christus ähnlich ist, hinweg mit allem, was die lebendige Tätigkeit des Leibes Christi hindert. Fesseln sind darum nicht weniger lästig, weil sie altertümlich sind. Lasst die eherne Schlange zerbrochen werden, wenn sie eine Schranke für den weiteren Fortschritt des Kreuzes wird. Wenn einige sich bemühen, uns das Joch der Gewohnheit aufzuzwingen, lasst uns ihnen widerstehen in dem Geist des Paulus, der erklärt, da er von denen spricht, die neben eingeschlichen waren, „seine Freiheit in Christo Jesu auszukundschaften, dass sie Ihn gefangen nähmen“: „Wir wichen denselben nicht eine Stunde, untertan zu sein.“

So ist es mit den Formen des Gottesdienstes. Ich habe häufig, besonders in unsren Landgemeinden, die entschiedensten Proteste gefunden gegen die geringfügigste Änderung der Routine ihres Gottesdienstes. Ihr müsst zu dieser Zeit singen, denn sie haben immer bei diesem Punkte des Gottesdienstes gesungen; ihr müsst in dem anderen Augenblicke beten, denn sie haben immer bei diesem Teil des Gottesdienstes gebetet; und wenn ihr dieselbe Zahl der Minuten innehalten könnt, die das Gebet gewöhnlich einnimmt, um so besser. Der ganze Gottesdienst, obgleich nicht in einem Buche — denn unsere strengen Brüder würden sich in Empörung erheben gegen ein Buch — ist doch ganz so stereotypiert, als wenn er aus dem Gebetbuche der Staatskirche genommen wäre. Nun, ich glaube, dass wir beim öffentlichen Gottesdienste wohl tun würden, durch keine menschliche Regeln gebunden zu sein und nicht eingeschränkt durch stereotype Ordnung. Ich mag gern zuweilen eine Zwischenzeit des Schweigens, und wir haben das oft. Warum nicht? Warum sollte es alles mündlicher Gottesdienst sein? Und warum nicht gelegentlich mit der Predigt beginnen? Ihr, die ihr spät kommt, würdet dann wahrscheinlich eure Sitten bessern. Und warum sollten wir nicht singen, wo wir gewohnt gewesen sind, zu beten, und beten, wo wir gewohnt waren, zu singen? Wir sind in der Weltzeit des Geistes, und soviel ich weiß, hat der Geist Gottes nicht jene Karten inspiriert, die ich mitunter auf der Kanzel angenagelt finde: „beginnt mit kurzem Gebet, singt, lest, predigt“ rc. Eine Gesetzlichkeit der Form wächst unter uns auf, und ich lege meines Herzens Protest dagegen ein. Nicht, dass ihr und ich von diesem Dissidenten Ritualismus gelitten haben, aber gegen an sich gute Gebräuche muss protestiert werden, wenn sie Knechtschaft erzeugen, denn der Geist Gottes blaset, wo Er will, und wenn wir Gott nach seiner Führung verehren, so kann der Gottesdienst nicht unveränderlich dieselbe Form annehmen.

So haben wir ein wenig Bilderbrechen in der Kirche getan. Nun lasst uns zu dem Tempel unserer eigenen Herzen uns kehren, und wir werden viel Werk hier zu tun finden.

Geliebte Brüder und Schwestern, stellt eine Selbstprüfung an die nächsten fünf Minuten lang etwa: Wie ist's mit deiner jetzigen Stellung als ein Christ? Du fühlst dich wahrscheinlich nach zehn, zwölf, zwanzig oder dreißig Jahren sehr weit fortgeschritten im Vergleich mit dem, was du warst, als du zuerst zu Christo kamst? Fühlst du, dass du es bist? Du kannst jetzt die Unvorsichtigkeiten deines ersten Eifers sehen und du kannst mit ungemessenem Mitleid auf jene jungen Leute niederblicken, die so wenig von dem Weg zum Himmel wissen, von dem du so viel weißt, und die so wenig Kraft haben, wovon du jetzt ein so großes Teil hast, die so wenig die Anschläge des Satans kennen, vor denen du dich so geschickt hütest. Lieber Bruder, beglückwünscht du dich wirklich so zu deiner Förderung? Tust du es? Dann erlaube ein wenig Bilderbrechen, denn sei versichert, wenn wir dahin kommen, viel Wert auf unsere erreichten Vorzüge zu legen, so sind wir sehr nahe daran, in Selbst- vertrauen, fleischliche Sicherheit und ich weiß nicht was für schädlichen Hochmut zu gleiten. Geliebte, seid ihr stärker, als ihr wäret? Oder liegt eure Stärke irgendwo anders als da, wo sie zu liegen pflegte, nämlich in Christo? Seid ihr weiser, als ihr wäret? Oder habt ihr irgend eine Weisheit, ausgenommen, dass Christus euch zur Weisheit gemacht ist? Meint ihr wirklich, dass zwanzigjährige Erfahrung eure Verdorbenheiten geändert hat, dass eure Leidenschaften ausgelöscht sind, dass eure sündlichen Neigungen nicht so sind, wie sie waren, dass ihr in der Tat weniger nötig habt, zu wachen, weniger nötig, einfach auf das Verdienst Christi und das Werk seines Geistes zu vertrauen? Meint ihr das? Meint ihr das? „Wer da stehet, der sehe zu, dass er nicht falle.“ Ich habe gehört, dass mehr Pferde am Fuß eines Hügels fallen, als fast an allen anderen Stellen, und ich weiß, dass mehr Christen gegen das Ende ihres Lebens fallen, als zu jeder anderen Zeit. Wie ich euch oft gesagt habe, die Sündenfälle, die im Alten und Neuen Testament berichtet werden, sind nicht die jungen Männer in der Hitze der Leidenschaft, sondern die von Männern in hohen oder mittleren Jahren. Lot war kein Knabe, als er sich entehrte. David war kein junger Mann, als er mit Bathseba sündigte. Petrus war kein Kind, als er seinen Herrn verleugnete. Die waren Männer von Erfahrung und Erkenntnis und Vorzügen. Deine Vorzüge, mein Bruder! O, kühnes Wort für ein armseliges Ding! Deine Tugenden! Deine Tugenden, armer Sünder 1 Abgesehen von dem, was du in Christo hast, wie abgeschmackt das Wort! Besser immer noch, zu sagen: „Als die nichts inne haben und doch alles haben. Es sei aber ferne von mir rühmen, denn allein von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi.“ Verachte ich denn christliche Tugenden? Durchaus nicht, nur wenn sie vergöttert werden und den Heiland verbergen, dann nenne ich sie Nehustan und möchte sie gern in Stücke brechen.

Ferner, lieber Bruder, es mag sein, dass du dich sehr naher Gemeinschaft mit Christo erfreuest. Wie schön ist es, wenn du versichert bist, dass dein Freund dein und du sein bist; wenn alle Zweifel und Befürchtungen geflohen sind und du in dem Licht seines Antlitzes wandelst! Wenn wir in solchem Zustande sind, so gleichen wir dem Petrus und möchten gern drei Hütten bauen, denn wir sagen: „Meister, hier ist gut sein.“ Aber wir müssen uns hüten, dass wir nicht unsere Freuden an die Stelle unseres Meisters erheben. Wir können sogar unsere Gemeinschaft mit Christo zu einem Götzen machen, indem wir sie höher als Christum selbst stellen. Ich bin nicht errettet und nicht sicher, weil ich mich sehr freue. Nicht meine Freude, sondern Jesus errettet mich — Er allein errettet mich. Wenn meine Gemeinschaft unterbrochen wäre, so würde ich doch sicher in Ihm sein, und nun ich mich ihrer erfreue, fügt sie nichts zu meiner wirklichen Sicherheit oder Annahme vor Gott hinzu. Ein alter Puritaner sagt, gesetzt, ein Mann gäbe seiner Frau viele Ringe und Juwelen aus Liebe zu ihr, und sie hielt diese Liebeszeichen so hoch, dass sie dasäße, diese anblickte und bewunderte und ihren Mann vergäße, würde er nicht geneigt sein, diese Dinge hinwegzunehmen, um ihre Liebe wieder ihm zuzukehren? So mit unsren Gnaden und Freuden; wenn wir zu hoch davon halten, so wird der bilderstürmende Hammer kommen, und diese Dinge werden verschwinden, weil sie den Herrn zur Eifersucht gereizt haben.

Ferner, wir haben noch ein wenig mehr Arbeit. Ihr habt, und ihr dankt Gott dafür, manche gute Freunde in dieser Welt, teure Freunde, christliche Freunde, zuverlässige Freunde. Haltet sie fest; aber es ist nicht immer leicht, diese Freunde da zu halten, wo sie sein sollten. Es gibt einen Spruch, der uns tausend Schmerzen sparen könnte, wenn wir mehr daran dächten: „Verflucht ist der Mann, der sich auf Menschen verlässt und hält Fleisch für seinen Arm; gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt, und der Herr seine Zuversicht ist.“ Und es gibt einen anderen Spruch in demselben Ton: „So lasst nun ab von dem Menschen, der Odem in der Nase hat, denn worin ist er zu achten?“ Freundschaft auf jeden Fall und Vertrauen auf die, die es verdienen auf jeden Fall, aber überschreitet nicht die Grenze, welche Gott gesetzt hat, haltet nicht das für unveränderlich, was nur Erde ist, und wähnt das nicht treu, was nur Fleisch ist. Veränderte Umstände haben viele Herzen verändert, und andere Stellungen und Zustände haben traurige Zerstörungen angerichtet unter Freundschaften, die ewig schienen. Lehne dich auf deine Freunde, aber nicht mit deinem ganzen Gewicht; vertraue und habe Zuversicht, wie du es darfst, aber lass deine innerste Hoffnung, deinen tiefsten Glauben sich auf jenen Ann lehnen, den du nicht sehen kannst, der aber dennoch das Weltall aufrecht hält.

Nun ein Wort, das noch schärfer schneiden mag, es betrifft unsere verwandtschaftlichen Beziehungen im Familienkreis. Ich wäre der Letzte, der gegen die Liebe sprechen würde, die dem Gatten, der Gattin, den Kindern und Geschwistern gebührt. Das Christentum pflegt jede häusliche Liebe. Wir lieben keinen von den Unsrigen hienieden darum weniger, weil unser Herz den Heiland über alles liebt. Aber, Geliebte, man kann Kind oder Gattin oder Gatten an die Stelle Jesu setzen. Die Unsrigen sollen geliebt, aber nicht angebetet werden. Jener kleine Edelstein war gegeben, um geschätzt zu werden, aber nicht über die eine köstliche Perle hinaus. Hütet euch, eure irdische Liebe zur Abgötterei zu entweihen; weihet sie lieber, indem ihr Gottes Ehre darin sucht, so wird es gut mit euch stehen; denn wenn ihr Kinder Gottes seid, was für einen Abgott ihr auch anbetet, Gottes großer Hammer wird wider ihn aufgehoben werden. Ihr werdet das Kind verlieren, oder es mag leben, um euer Fluch zu sein; ihr werdet die Liebe verlieren, die ihr für so köstlich haltet, oder ihr werdet sie haben, aber sie wird euch irre führen. Geliebte, ich weiß, es ist vieler Herzen Werk, dieser Art zu tun.

Und das ist ferner auch der Fall mit den Bestrebungen unseres Geistes. Ich sehe nicht ein, warum es nicht das Streben eines christlichen Mannes sein sollte, an Gelehrsamkeit hervorzuragen, in der Wissenschaft fortzuschreiten oder im Geschäft Erfolg zu erzielen; wenn er dies nicht tut, wird er sich wahrscheinlich nicht auszeichnen, und es kann keinen Grund geben, warum ein Christ immer im Nachtrab sein sollte; aber diese erlaubten weltlichen Ziele müssen an ihrem Platz gehalten und höheren Zwecken untergeordnet sein, sonst wird das, was an sich recht ist, unrecht werden, dadurch, dass es an den unrechten Platz gestellt wird. Du magst jenen Zweig des Wissens verfolgen, junger Mann, aber zuerst trachte nach dem Reich Gottes. Wünschest du ein Künstler zu sein und dich unsren ersten Malern anzureihen? Ich möchte dich keinen Augenblick entmutigen; durch den geschickten Gebrauch jenes Pinsels magst du zum höchsten Platze in deiner Kunst dich erheben; aber dennoch bete die Palette nicht an, beuge dich nicht nieder vor jener ausgespannten Lein- wand: es gibt etwas Besseres, wofür du leben sollst, als das Malen. Student, ich wundere mich nicht über deinen Wunsch, dich auszuzeichnen. Warum sollten christliche Männer nicht die ersten in allen Fächern der Gelehrsamkeit sein? Aber dennoch, es gibt höhere Gegenstände als Zoologie, Geologie, Mathematik und Astronomie. Hütet euch also, ich bitte euch, davor, irgend etwas dahin zu setzen, wo Christus sein sollte. Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit. Immer Gott zuerst und dann das übrige, damit ihr Gott verherrlichen möget durch jede Fähigkeit und jeden Einfluss, der euch dazu die Mittel verleiht. Ich bitte euch, achtet hierauf, sonst werdet ihr eure Götzen zerbrochen und eure Bestrebungen zerstört sehen.

So sind wir in den Tempel unserer Herzen gegangen und haben hier den Hammer ein wenig gebraucht.

II.

Nun wünsche ich eine Zeitlang mit denen zu sprechen, welche Jesum suchen. Es gibt etwas Niederbrechen der Götzen für sie zu tun. Ich bitte Gott, den Heiligen Geist, es zu tun.

Der Weg des Heils liegt in dem Kommen zu Christo, in dem Vertrauen auf Jesum Christum allein. Weshalb ist es, dass so viele sich dessen weigern, und in dem Grenzland der Wünsche unerrettet bleiben? Manche denken, sie müssten erst viel besser sein, als sie sind! sie haben Fehler zu verbessern, ihr Gemüt ist in unrichtigem Zustande, sie müssen zurechtgebracht werden und sie versuchen dies zu tun, mit der Absicht, wenn sie sich besser fühlen, ihr Vertrauen auf Jesum zu setzen. O, dass mein Hammer all dies in Stücke schmettern könnte! Mein Freund, du solltest besser sein, dein Gemüt sollte in besserem Zustande sein; ich gebe all dieses zu, aber wenn du diese Verbesserung deiner an die Stelle des Werkes Christi setzest, so gehst du den sicheren Weg zum Verderben. Deine Gerechtigkeit ist nicht das, was nötig ist, sondern Christi Gerechtigkeit, und wenn du meinst, dass du dich für Ihn tauglich machen musst, so kennst du nicht das Evangelium. Komm zu Jesu, wie du bist. Das Bewusstsein deiner Sünde und Unvollkommenheit wird dich nur instandsetzen, seine Vollkommenheit und seine errettende Macht zu schätzen. Suche nicht in dir selber einen Teil deiner Errettung, wenn du es tust, so muss ich dein Gutes „Nehustan“ nennen und es mit Unflat und Dung vergleichen! Blicke auf Jesum, und auf Jesum allein, alles andere wird dich betrügen. Sieh, wie Er die Sünde trug, und für sie gestraft ward, und wie seine Gerechtigkeit beim Vater gilt, und siehe nicht auf irgend welche Vorbereitung oder Tauglichkeit, die nach deiner Meinung in dir selber ist.

Bei einigen ist die eherne Schlange, die sie aufrichten, ihr Sündengefühl: entweder fühlen sie ihr Bedürfnis nach einem Heiland nicht, wie sie es sollten, oder sie fühlen es, und glauben deshalb in dem rechten Zustande zu sein. Nun glaubt mir, ihr missversteht oft die Verheißungen Christi. Jene unvergleichliche Verheißung: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid,“ wird für eine Verheißung gehalten, die den Mühseligen und Beladenen gegeben sei. Meine Brüder, die Verheißung ist nicht der Mühseligkeit oder dem Beladensein gegeben. „Wem denn?“ fragt ihr. Die Verheißung ist dem Kommen zu Christo gegeben: „Kommt her zu mir, und ich will euch Ruhe geben.“ Ihr möget mühselig und beladen sein, so lange ihr wollt, aber ihr werdet nicht Ruhe durch eure Mühe erhalten, es ist das Kommen zu Christo, was Ruhe gibt. Denkt nicht, ein Gefühl, dass ihr Christum nötig habt, sei Errettung; es ist das Kommen zu Christo, das Vertrauen, das Hoffen auf Ihn allein, das euch den Segen bringt. Zaudert also nicht. Das richtigste Gefühl der Sünde, ob es lobenswert ist wie die eherne Schlange, muss zerbrochen werden, wenn ihr euch darauf verlasst, denn es ist ein Antichrist.

Viele hier Anwesende verlassen sich auf ihre Furcht vor Selbsttäuschung. „Ich wollte gern auf Christum vertrauen,“ sagt einer, „aber ich fürchte mich so vor Selbsttäuschung.“ Und denkst du, deine Furcht vor Vermessenheit sei etwas Besseres als der Glaube an das Zeugnis Gottes von seinem Sohn? Du musst so denken, sonst würdest du sie nicht dem Glauben vorziehen? An Jesum Christum glauben, — das heißt, auf Gottes eigenen Sohn sich verlassen, der in den Tod gegeben wurde, weil unsere Sünde auf Ihn gelegt war — an Ihn zu glauben einfach mit kindlicher Zuversicht, ist der Weg des Heils; aber du ziehst vor, es nicht zu tun, weil du fürchtest, dich zu täuschen; du ziehst vor, voll Vorsicht zu zögern, anstatt dich dem Glauben zu nähern. Hinweg mit deiner vergötterten ehernen Schlange — hinweg damit. Gib die Furcht auf oder behalte sie, wie du willst, aber komme zu Jesu.

Viele von euch, ist mir bange, verlassen sich auf das Anhören von Predigten. „Ich werde noch eines Tages gut werden,“ sagt jemand, „ich bin immer im Tabernakel oder immer in meiner Kirche,“ oder: „Ich gehe hin, einen guten Prediger des Evangeliums zu hören und ich werde einen Segen davon haben.“ Was, denkst du, das Heil komme durch bloßes Predigt-Hören? Ah, Mann, Verantwortlichkeit kommt, wenn das Evangelium ehrlich gepredigt wird, aber nichts mehr, wenn du nicht die Botschaft glaubst, die du hörst. Glauben ist der wesentliche Punkt, das Kommen zu Jesu, sonst lache ich über Predigthören und Predigthalten dazu, wenn ihr dies als Grundlage eures Heils ansehet. Es ist nicht die armselige Posaune, die das Jubeljahr macht, sie kündigt es nur an. O, dass ihr die Freiheit erlangtet, welche die Posaune ankündigt.

Aber einige von euch mögen sagen: „Ich höre nicht nur Predigten, sondern ich lese die Bibel regelmäßig!“ Ja, und ich lobe dich dafür, aber wenn du dir einbildest, in einem guten und richtigen Zustande zu sein, weil du ein Bibelleser bist, so muss ich dir sagen, dass du als ein Ungläubiger schon gerichtet bist, und dass, während du die Bibel liest, eben diese Bibel dich richtet. Fahre fort, sie zu lesen — ich hoffe, du wirst weiter kommen, und an Jesum glauben; aber so lange du nicht an Jesum glaubst, magst du deine Bibel lesen, so viel du willst, sie wird, sie kann dich nicht erretten. Was sagt dein Heiland? Er sagt (so lese ich das Original): „Ihr suchet in der Schrift, denn ihr meinet, ihr habt das ewige Leben darinnen, und sie ist es, die von mir zeugt; aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben haben möget.“ Sehr viele studierten in seinen Tagen die Schrift, wollten aber nicht an Ihn glauben. Ihr könnt verloren gehen mit Kenntnis der Schrift so gut, wie ohne dieselbe, wenn ihr in dem Buchstaben bleibt und nicht zum Geist des Wortes geht.

Es gibt andere, die einen ehernen Götzen aus ihren Gebeten machen. „Ich bin nicht errettet,“ sagt einer, „ich habe nicht Christo vertraut, aber ich bete.“ Ich tadle eure Gebete nicht, so wenig ich ein Recht habe, die eherne Schlange an ihrem Platz zu tadeln, aber wenn ihr voraussetzt, dass ihr durch Beten errettet werdet, so irrt ihr euch sehr. Wer nicht durch das Kreuz errettet werden will, wird es niemals durch sein Kämmerlein. Wer nicht durch Christi Wunden errettet werden will, soll nicht Errettung finden durch seine eigenen Seufzer und Tränen. Dort am Kreuz ist deine ganze Hoffnung, Sünder, und wenn du sie nicht haben willst, so ist keine andere da; nein, ob deine Knie auch hart würden vom Knien, und deine Augen blind vom Weinen; so würdest du doch keine Pforte zum Himmel finden und keine Hoffnung der Barmherzigkeit, als nur in dem gekreuzigten Heiland. Fliehe zu Jesu, und du bist errettet, halte dich fern von Jesu, und deine Gebete beschimpfen nur den Heiland, denn du setzest sie an seine Stelle. Ich muss diese Dinge abbrechen — sie sind Götzen, wenn sie das Kreuz Jesu verbergen.

Und so ist es, und damit schließe ich, mit allem ungläubigen Vernünfteln und aufrührerischen Bedenken, woran einige Leute so reich sind. Manche der Suchenden erheben beständig neue Schwierigkeiten. Wenn ihr einen Zweifel löset, so haben sie einen anderen; wenn ihr den löset, so erfinden sie einen dritten. Ihre Zweifel, Schlüsse und Fragen sind wie eine endlose Kette; zieht ein Glied herauf und es folgt ein anderes. Ihre Befürchtungen sind gleich einer Kette von Schlammeimern, die voll Schlamm heraufkommen, umgekehrt werden und geleert, nur um wieder voll heraufzukommen. Mau kann sie nicht trösten, ihre Seele will sich nicht trösten lassen. Wenn ein Zehntel des Scharfsinns, den sie aufwenden, um gegen Gottes Gebot, das ihnen Glauben befiehlt, zu rebellieren, gebraucht würde zu einfacher Erforschung dessen, was sie gläubig annehmen sollten, so würden sie zum Glauben kommen und von ihren Zweifeln errettet werden. Denkt ihr, dass ihr weise seid, wenn ihr Gründe zu entdecken sucht, weshalb ihr verdammt werden solltet. Ich kann mir kaum einen Mann in der Zelle der Verurteilten — und diese ist es, in der jeder Ungläubige ist — vorstellen, der versuchte, Gründe ausfindig zu machen, weshalb er nicht begnadigt werden sollte. Dort liegt die Begnadigung vor ihm, und er durchsucht störrisch den Schatz der Logik, um Beweisgründe gegen seine Begnadigung und Ursachen für seine Hinrichtung zu finden. Du Narr, willst du durch dein Vernünfteln umkommen? Sünder, lass mich dir sagen, lass deine künstlichen Vernunftschlüsse an jenes Holz genagelt werden, an dem Jesus starb. Kreuzige sie. Du argwöhnst zu viel, du bedenkst zu viel, du fragst zu viel. Hier ist es — nimm es auf, wie ein kleines Kind seines Vaters Wort aufnimmt: „Gott war in Christo, und versöhnte die Welt mit Ihm selber, und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu.“ „Des Menschen Sohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ „Wer an Ihn glaubt, der wird nicht gerichtet.“ „Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben.“ „Glaube an den Herrn Jesum Christum, so wirst du selig;“ denn: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden, wer aber nicht glaubt, der wird verdammet werden.“ Hier ist alles Einfachheit; macht es nicht geheimnisvoll. Hier ist alles klar wie am Mittag; schließt das Licht nicht aus. Gott gebe euch Gnade, diese eure Götzen abzubrechen und euren Heiland jetzt anzunehmen, um Jesu willen. Amen.

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