Spurgeon, Charles Haddon - Abia oder: Etwas Gutes vor dem Herrn.

Spurgeon, Charles Haddon - Abia oder: Etwas Gutes vor dem Herrn.

Und es wird ihn das ganze Israel beklagen und werden ihn begraben. Denn dieser allein von Jerobeam wird zu Gnade kommen, darum, dass etwas Gutes an ihm erfunden ist vor dem Herrn, dem Gott Israels, im Hause Jerobeams.
1 Kön. 14, 13.
„Darum, dass ein gutes Ding gegen den Herrn in ihm gefunden ist.“ (Engl. Üb.)

Jerobeam hatte sich als falsch gegen den Herrn, der ihn auf den Thron Israels gesetzt, erwiesen, und die Zeit für seinen Sturz war gekommen. Der Herr, der gewöhnlich die Rute hervorzieht, ehe Er die Axt aufhebt, sandte Krankheit in sein Haus: sein Sohn Abia ward schwer krank. Da dachten die Eltern an einen alten Propheten Gottes, und wünschten durch ihn zu erfahren, wie es mit dem Knaben gehen würde. Voll Furcht, dass der Prophet ihm und seinem Kind Unglück verkünden werde, wenn er wüsste, dass die Fragende das Weib Jerobeams sei, bat der König die ägyptische Prinzessin, die er geheiratet hatte, sich als eines Landmanns Weib zu verkleiden, und so von dem Mann Gottes eine günstigere Antwort zu erhalten. Armer, törichter König, sich einzubilden, dass ein Prophet, der in die Zukunft sehen konnte, nicht auch durch jede Verkleidung zu schauen vermöchte, mit der seine Königin sich umhüllte! So begierig war die Mutter, das Schicksal ihres Sohnes zu wissen, dass sie sein Krankenzimmer verließ, um nach Silo zu gehen und den Ausspruch des Propheten zu hören. Vergeblich war ihre schlaue Verkleidung! Der blinde Prophet war immer noch ein Seher, und erkannte sie nicht nur, ehe sie das Haus betrat, sondern sah die Zukunft ihrer Familie voraus. Sie kam voll Aberglauben, um sich ihr Schicksal wahrsagen zu lassen, aber sie ging schweren Herzens hinweg, nachdem ihr ihre Fehler gesagt, und ihr Urteilsspruch verkündet war.

In der furchtbaren Botschaft, die der Prophet Ahia diesem Weib Jerobeams verkündete, war nur ein heller Fleck, nur ein Wort des Trostes; und mir ist sehr bange, dass es keine Art von Tröstung der heidnischen Königin gewährte. Ihr Kind war in Barmherzigkeit bestimmt, zu sterben, denn „in ihm war etwas Gutes erfunden vor dem Herrn, dem Gott Israels.“ Als Ägypterin hat sie wahrscheinlich die Bedeutung dieses Ausspruchs nicht gewürdigt; vielleicht hielt sie es für sehr geringfügig, dass ihr Kind den Gott seines Volkes ehrte. Sie sah nicht das Licht, das voller Freuden war. In welch unglücklichem Zustand ist der, der aus der Errettung seines eigenen Kindes keinen Trost schöpfen kann! Doch sind viele Männer und Frauen in diesem Zustand. Sie kümmern sich nicht um die Seelen ihrer eigenen Sprösslinge. Es würde ihnen keine Freude bringen, wenn sie alle ihre Kinder in der Wahrheit wandeln sähen; und es macht ihnen nichts aus, wenn es anders ist. Sie klug im Geschäft oder hübsch im Gesicht zu sehen, ist ihr Hauptwunsch; aber sie von dem Herrn geliebt zu wissen, danach tragen sie kein Verlangen. Arme Seelen, ihre Fleischlichkeit überflutet und durchdringt ihre Familie. Bei einigen würde es sogar Zorn und Wut verursachen, wenn sie ihre Kinder sich zum Herrn kehren sähen; sie verachten wahre Religion so sehr, dass, wenn ihre Söhne und Töchter bekehrt wären, sie dieselben eher hassen, als umso mehr lieben würden. So groß ist die Entfremdung, welche die Sünde in dem menschlichen Gemüt bewirkt, dass in einigen Fällen menschliche Zuneigung sich in Hass verkehrt bei dem Anblick der Gnade Gottes. Das, was die Liebe mehren sollte, hat sogar Widerwillen erzeugt. Wie Saul Jonathan zu töten suchte, weil er David liebte, so hassen sie ihre Kinder, weil sie Jesum lieben. Solche Personen machen ihren Segen zum Fluch. Sie halten bitter für süß, und süß für bitter, Finsternis für Licht, und Licht für Finsternis; und deshalb wird das, was ihr Trost und ihre Freude sein sollte, ihnen eine Quelle der Unruhe. Aber, Geliebte, ich denke, ich kann von den meisten hier Anwesenden sagen, wenn wir nur gewiss wüssten, in unsrem Kinde sei etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels, so würden wir es vollkommen zufrieden sein, alles übrige betreffs desselben dem unbedingten Willen des Herrn zu überlassen. Wenn ein solches Kind sterben sollte, so würde es gut sei; denn es ist viel besser, ein Kind im Himmel zu haben, als eins auf Erden, das unser Herz durch seinen bösen Wandel bricht; und wenn ein solches Kind am Leben bleibt, was für fröhliche Aussichten eröffnen sich uns dann, dass es mit zunehmenden Jahren an Erkenntnis wachsen werde und an Gunst bei Gott und Menschen! Versichert uns dessen, dass in der jungen Seele etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels, ist, und wir halten dafür, dass die große Hauptsache gewählt ist, und alles andere betrachten wir als bloße Nebensachen. Wir wollen den Herrn loben, sende Er unsren Kindern, was Er will, so lange Er sie nur erwählt hat, sein eigen zu sein und seine Furcht in ihre Herzen legt. Dieses unglückliche Weib Jerobeams ging ihres Weges in äußerster Bekümmernis; denn der Ausspruch, der uns ein süßer Trost gewesen wäre, hatte wenig oder keinen Reiz für sie. O, die Sündigkeit des Herzens, das keinen Trost in der Errettung der Seele eines sterbenden Kindes findet!

Heute Morgen wollen wir in das Wenige hineinblicken, was wir von dem jungen Prinzen Abia wissen. Wir wissen nichts mehr von ihm, als was der Text uns sagt. Sein Name war ein passender. Ein guter Name mag einem sehr schlechten Menschen angehören; aber hier ward ein frommer Name würdig geführt. Er nannte Gott seinen Vater, und sein Name „Abijah“ bedeutet dies. „Ab“ ist, wie ihr wisst, das Wort für „Vater“ und „Jah“ ist „Jehova“: Jehova war sein Vater. Ich würde den Namen nicht erwähnt haben, hätte nicht sein Leben ihn wahr gemacht. O ihr, die ihr gute Bibelnamen führt, seht zu, dass ihr sie nicht entehrt.

I.

Ich werde euch zuerst bitten, mir zu folgen und den Charakter dieses Prinzen zu studieren, während ich sage: Lasst uns hier bewundern, was wir nicht genau beschreiben können.

Und ich meine hiermit zuerst dies, dass in diesem Kinde „etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels,“ war; aber was war es? Wer soll es beschreiben? Ein schrankenloses Feld für Vermutungen tut sich vor uns auf. Wir wissen, dass in ihm etwas Gutes war, aber welche Gestalt dieses Gute angenommen, wissen wir nicht. Die Überlieferung hat Behauptungen aufgestellt, aber da dies bloße Erfindungen sind, um eine Lücke auszufüllen, so ist es kaum der Mühe wert, ihrer hier zu erwähnen. Unsere eigenen Betrachtungen werden wahrscheinlich ebenso wohl das rechte treffen, wie diese unwahrscheinlichen Überlieferungen. Vielleicht war die Dunkelheit absichtlich. Wir können viel aus dem Stillschweigen der Schrift lernen: uns wird nicht genau gesagt, was dies Gute war, weil alles „Gute vor dem Herrn“ ein genügendes Zeichen der Gnade ist. Wo etwas Gutes vor dem Herrn ist, da ist alles Gute im Samen und Wesen vorhanden. „Etwas Gutes,“ was so völlig entwickelt ist, dass es gesehen und bemerkt werden kann, ist ein Zeichen von der Anwesenheit alles übrigen, weil die Gnade Gottes nicht geteilt, sondern als Ganzes gegenwärtig ist. Gottes Segnungen kommen in Gesellschaft; und wenn etwas Gutes augenscheinlich da ist, so ist alles andere, was wirklich wichtig und wesentlich ist, auch da. Obgleich des Kindes Glaube nicht genannt wird, so sind wir doch gewiss, dass es Glauben an den lebendigen Gott hatte, da ohne diesen nichts in ihm gut vor Gott gewesen wäre; denn „ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen.“ Der Knabe glaubte an Jehova, den Gott Israels: vielleicht verließ seine Mutter ihn auf seine eigene Bitte, um zum Propheten des Herrn zu gehen. Viele falsche Propheten waren in der Nähe des Palastes: sein Vater hätte vielleicht nicht nach Silo gesandt, hätte nicht der Knabe darum gebeten. Das Kind glaubte an den großen unsichtbaren Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, und es betete Ihn im Glauben an. Es sollte mich indes nicht wundern, wenn in diesem Kinde die Liebe mehr hervortrat, als der Glaube; denn bekehrte Kinder sprechen gewöhnlich mehr davon, dass sie Christum lieben, als dass sie Ihm vertrauen; nicht weil der Glaube nicht in ihnen ist, sondern weil die Empfindung der Liebe der Natur des Kindes entsprechender ist, als der mehr verstandesmäßige Akt des Glaubens. Das Herz ist weit in dem Kinde, und deshalb wird die Liebe seine am meisten hervortretende Frucht. Ich habe keinen Zweifel daran, dass dies Kind früh Anhänglichkeit an den unsichtbaren Jehova zeigte und eine Abneigung gegen die Götzen an seines Vaters Hofe. Möglicherweise bezeugte es einen heiligen Abscheu vor der Verehrung Gottes unter der Figur eines Kalbes. Selbst ein Kind konnte Verstand genug haben, wahrzunehmen, dass es unrecht sein müsse, den großen und herrlichen Gott einem Stier mit Hörnern und Hufen zu vergleichen. Vielleicht schrak des Kindes zarte Natur vor jenen schlechten Priestern aus den Geringsten des Volkes zurück, die sein Vater zusammengerafft hatte. Wir wissen nicht genau die Form, die es angenommen, aber da war es; „etwas Gutes“ war in des Kindes Herzen vor Jehova, dem Gott Israels.

Beachtet sorgfältig, dass es nicht nur eine gute Neigung, noch ein guter Wunsch war, was sich in ihm fand, sondern eine wirklich gute, wesenhafte Tugend. Es war in ihm ein wahres und wesentliches Vorhandensein der Gnade, und dies ist viel mehr als ein vorübergehender Wunsch. Was für ein Kind gibt es, das nicht zu der einen oder anderen Zeit, wenn es in der Furcht Gottes aufgezogen ist, Zittern des Herzens und Verlangen nach Gott gefühlt hat? Solches Gute ist gewöhnlich wie der Morgentau; aber, ach! es verschwindet ebenso rasch. Der junge Abia besaß etwas, was wirklich und wesentlich genug war, um ein gutes Ding genannt zu werden; der Geist Gottes hatte ein sicheres Werk in ihm geschafft und ihm ein unschätzbares Kleinod der Gnade gegeben. Lasst uns dies gute Ding bewundern, obwohl wir es nicht genau beschreiben können.

Lasst uns auch bewundern, dass dieses Gute in des Kindes Herzen war, denn die Art, wie es hineingekommen, ist unbekannt. Wir können nicht sagen, wie die Gnade in den Palast zu Thirza hineinkam und dies junge Herz gewann. Gott sah das Gute, denn Er sieht das geringste Gute in jedem von uns, da Er ein scharfes Auge hat für alles, was auf Ihn selbst gerichtet ist. Aber wie kam dies Gnadenwerk in das Kind? Uns wird es nicht gesagt, und dies Schweigen ist eine Lehre für uns. Es ist nicht nötig für uns, zu wissen, wie ein Kind die Gnade empfängt. Wir brauchen nicht ängstlich besorgt zu sein, zu wissen, wann, wo oder wie ein Kind bekehrt ist, es mag sogar unmöglich sein, es zu sagen, denn das Werk kann so allmählich gewesen sein, dass man Tag und Stunde nicht anzugeben vermag. Selbst die, welche in reiferen Jahren bekehrt sind, können nicht alle ihre Bekehrung im Einzelnen erzählen, viel weniger können wir erwarten, die Erfahrung von Kindern genau beschrieben zu sehen, die nie in äußerliche Sünden gefallen sind, sondern unter dem Zügel einer frommen Erziehung die Gebote von Jugend auf gehalten haben, wie der Jüngling in der Erzählung des Evangeliums. Wie kam das Kind dazu, etwas Gutes in seinem Herzen zu haben?

So viel wissen wir: wir sind sicher, dass Gott es dorthin legte; aber durch welche Mittel? Das Kind hörte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht die Lehre des Propheten Gottes; es ward nie gleich dem jungen Samuel hinauf zum Hause des Herrn gebracht. Seine Mutter war eine götzendienerische Prinzessin, sein Vater gehörte zu den gottlosesten Männern, und dennoch erreichte die Gnade Gottes ihr Kind. Wirkte der Geist Gottes auf sein Herz durch seine eigenen Gedanken? Dachte der Knabe über die Sache nach und kam zu dem Schluss, dass Gott Gott sei, und dass Er nicht verehrt werden müsse, wie sein Vater es tat, unter dem Bilde eines Kalbes? War dem Herrn ein Lied gesungen unter der Mauer des Palastes von einem einsamen Gottesverehrer?

Hatte das Kind seinen Vater gesehen an jenem Tage, da er seinen Arm ausreckte wider den Propheten Jehovahs beim Altar zu Bethel, und seine rechte Hand plötzlich an seiner Seite verdorrte? Flossen die Tränen aus des Knaben Auge, als er den Vater so gelähmt sah in dem Arm seiner Kraft? und lachte er in der Freude seines Herzens, als durch des Propheten Gebet sein Vater wiederhergestellt ward? Bewog dieses große Wunder der Barmherzigkeit ihn, den Gott Israels zu lieben? Ist es bloße Einbildung, dass es so gewesen sein kann? Eine verdorrte rechte Hand am Vater, und dieser Vater ein König, ist etwas, das dem Kinde sicherlich erzählt wurde, und wenn die Hand durch Gebet wieder gesund gemacht war, so erfüllte das Wunder natürlich den Palast, und jedermann sprach davon, und der Prinz hörte es.

Oder wie, wenn dies kleine Kind eine gottesfürchtige Wärterin hatte? Wie, wenn ein Mädchen, wie das, welches Naemans Weib diente, die Botin der Liebe Gottes für ihn gewesen? Wenn sie ihn hin- und hertrug, sang ihm die Wärterin da eins der Lieder Zions vor und erzählte ihm von Joseph und Samuel? Israel hatte noch nicht so lange seinen Gott verlassen, dass nicht noch mancher treue Nachfolger des Gottes Abrahams da war, und durch einen von diesen wurde vielleicht dem Kinde Kenntnis beigebracht, die hinreichte, die Liebe Gottes seiner Seele einzuflößen. Wir mögen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit vermuten, aber wir können nicht vorgeben, gewiss zu sein, dass es so war, und es ist auch nicht nötig, dass wir es sind. Wenn die Sonne aufgegangen ist, so macht es wenig aus, wann der Tag zuerst aufdämmerte. Unsere Sache sei es, wenn wir in Kindern etwas Gutes sehen, uns an dieser Wahrheit genügen zu lassen, auch wenn wir nicht sagen können, wie es dahin kam. Gottes erwählender Liebe fehlt es niemals an Mitteln, ihren Zweck auszuführen: Er kann seine wirksame Gnade in das Herz der Familie Jerobeams senden, und während der Vater vor seinen Götzen sich hinwirft, kann der Herr einen wahren Anbeter in des Königs eignem Kinde finden. „Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast Du eine Macht zugerichtet um Deiner Feinde willen.“ Deine Fußstapfen werden nicht immer gesehen, o Gott der Gnade, aber wir haben gelernt. Dich in Deinem Werke anzubeten, auch wenn wir Deinen Weg nicht wahrnehmen.

Dieses „gute Ding“ wird uns in einem gewissen Maße im Text beschrieben. Es war „ein gutes Ding gegen Jehova, den Gott Israels.“ Das Gute richtete sich auf den lebendigen Gott. In Kindern findet man oft Gutes gegen ihre Eltern: möge dieses gepflegt werden, aber es ist nicht ein genügender Beweis der Gnade. In Kindern findet man zuweilen Gutes, soweit es Liebenswürdigkeit und sittliche Tugenden betrifft; mögen alle guten Dinge gelobt und gepflegt werden, aber es sind keine sicheren Früchte der Gnade. Auf Gott gerichtet muss das Gute sein, das die Seele errettet. Gedenkt daran, wie wir im Neuen Testament von Buße zu Gott und Glauben an unsren Herrn Jesum Christum lesen. Die Richtung, in welcher das Gute liegt, ist der Hauptpunkt daran. Es ist Leben in einem Blick. Wenn ein Mensch von Gott weggeht, so vergrößert jeder Schritt, den er tut, seine Entfernung von Ihm; jedoch wenn sein Gesicht gegen den Herrn zu gerichtet ist, so mag er vielleicht nur den schwankenden Schritt eines Kindes haben, aber dennoch kommt er Gott jeden Augenblick näher und näher. Es war etwas Gutes in diesem Kinde gegen Gott, und dies ist das unterscheidendste Merkmal eines wahrhaft guten Dinges. Das Kind hatte Liebe, und es war darin Liebe zu Jehova. Es hatte Glauben, aber es war Glaube an Jehova. Seine religiöse Furcht war die Furcht vor dem lebendigen Gott; seine kindlichen Gedanken und Wünsche und Gebete und Gesänge gingen hinauf zu dem wahren Gott. Dies ist's, was wir nicht nur bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen wahrzunehmen wünschen: wir wünschen ihre Herzen zum Herrn gewandt zu sehen und ihr Gemüt und ihren Willen auf den Höchsten gerichtet. Seltsam, dass es für das Geschöpf, den Menschen, wunderbar ist, auf seinen Schöpfer zu blicken! und doch ist es so. In der Tat gibt es kein sichereres Zeichen eines erneuerten Herzens, als wenn ein Mensch ausruft: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen.“

In diesem Kinde bewirkte dies „etwas Gutes“ ein solches Verhalten, dass es außerordentlich geliebt ward. Wir sind dessen gewiss, weil gesagt ist: „Es wird ihn das ganze Israel klagen.“ Er war wahrscheinlich der Thronerbe seines Vaters, und es gab gottesfürchtige und bekümmerte Herzen in Israel, die hofften, Zeiten der Reform zu sehen, wenn dieses Kind auf den Thron käme; und vielleicht hatten auch die, welche sich nicht um Religion kümmerten, doch irgendwie ihr Augenmerk auf den Knaben gerichtet, sein Aus- und Eingehen unter ihnen beobachtet und gesprochen: „Er ist Israels Hoffnung; es werden bessere Tage kommen, wenn dieser Knabe ein Mann wird;“ so dass Abia, als er starb, der einzige seiner Familie war, dem sowohl Tränen als ein Grab zu teil wurden; er starb betrauert und ward ehrenvoll begraben, während alle übrigen aus Jerobeams Hause von Hunden und Geiern gefressen wurden. Es ist eine schöne Sache, wenn etwas so Gutes in unsren Kindern ist, dass sie in ihren: eigenen kleinen Kreise geliebt werden. Sie haben nicht alle die Sphäre, deren sich dieser junge Prinz erfreute, so dass sie sich allgemeine Bewunderung erwerben können; aber dennoch ist die Gnade Gottes in einem Kinde etwas sehr Liebliches und erweckt großen Beifall. Ich weiß nicht, wie es mit euch ist, aber für mich ist jugendliche Frömmigkeit etwas sehr Rührendes; ich sehe die Gnade Gottes in Männern und Frauen mit großer Dankbarkeit, aber ich kann sie in Kindern nicht sehen, ohne Tränen der Freude zu weinen. Es ist eine ungemeine Schönheit in diesen Rosenknospen im Garten des Herrn; sie haben einen Duft, den wir in den schönsten Erdenlilien nicht finden können. Liebe für den Herrn Jesum wird in manchem Herzen gewonnen durch diese winzigen Pfeile des Herrn, in deren Kleinheit eben ein Teil ihrer Macht, das Herz zu durchdringen, liegt. Die Ungöttlichen mögen die Gnade nicht lieben, die in den Kindern ist, aber da sie die Kinder lieben, in denen sich die Gnade findet, sind sie nicht mehr imstande, gegen die Religion zu sprechen, wie sie es sonst getan haben würden.

Ja, mehr noch, der Heilige Geist gebraucht diese Kinder zu höheren Endzwecken, und in denen, welche sie sehen, werden oft Wünsche nach besseren Dingen erregt. Noch einmal, lasst uns bewundern, was wir nicht genau beschreiben können; denn ich habe mich an keine genaue Beschreibung gewagt, sondern bin nur streng den Worten des Textes gefolgt.

Die Frömmigkeit dieses jungen Kindes war in jeder Weise rechter Art. Sie war innerlich und aufrichtig, denn das Gute, wovon hier gesprochen wird, ward nicht an ihm, sondern „in ihm“ erfunden. Er trug nicht die breiten Denkzettel, aber er hatte ein sanftes und ruhiges Gemüt. Er mag nicht viel geredet haben, sonst hätte es heißen können: „Er hat Gutes von dem Gott Israels gesprochen;“ er mag ein schüchterner, zurückhaltender, fast schweigsamer Knabe gewesen sein, aber das Gute war „in ihm.“ Und dies ist eben das, was wir für jeden unserer Freunde wünschen, ein Gnaden' werk im Innern. Der Hauptpunkt ist nicht, das Kleid der Religion zu tragen oder ihre Sprache zu führen, sondern das Leben Gottes im Innern zu besitzen, und zu fühlen und zu denken, wie Jesus es getan haben würde, eben um dieses inneren Lebens willen. Gering ist der Wert äußerlicher Religion, wenn sie nicht aus einem inneren Leben hervorwächst. Wahre Gnade lässt sich nicht wie ein Kleid aus- und anziehen; sie ist ein integrierender Teil desjenigen, der sie besitzt. Dieses Kindes Frömmigkeit war wahrer, persönlicher, innerlicher Art: mögen all unsere Kinder etwas Gutes in sich haben!

Uns wird in unsrem Text gesagt, dass dieses Gute „in ihm gefunden“ war: dies bedeutet, dass es wahrnehmbar in ihm war, wahrnehmbar ohne große Schwierigkeit, denn der Ausdruck „gefunden“ wird gebraucht, auch wo keine große Nachforschung nötig gewesen ist. Sagt der Herr nicht: „Ich werde gefunden von denen, die mich nicht gesucht haben?“ Eifrige, kindliche Frömmigkeit tut sich kund; ein Kind ist gewöhnlich weniger zurückhaltend als ein Mann; der kleine Mund ist nicht von kalter Klugheit zugefroren, sondern offenbart das Herz. Gottesfurcht in einem Kinde erscheint selbst auf der Oberfläche, so dass Personen, die zum Besuch in das Haus kommen, von den ungekünstelten Äußerungen überrascht werden, die den jungen Christen verraten. Es gab viele in Thirza, die nicht umhin konnten, zu wissen, dass in diesen: Kinde etwas Gutes gegen Jehova sei. Es mag ihnen nichts daran gelegen haben, es zu sehen, sie mögen der Hoffnung gewesen sein, dass es durch das Beispiel des ihn umgebenden Hofes erstickt werde, aber sie wussten doch, dass es da sei, sie hatten es ohne Schwierigkeit gefunden.

Indes kann der Ausdruck auch noch eine andere Deutung ertragen: er schließt ein, dass, als Gott, der strenge Herzenserforscher, der „die Nieren der Menschenkinder prüfet,“ dies Kind heimsuchte. Er in ihm etwas zum Preise und zur Ehre fand: „etwas Gutes“ entdeckten jene Augen, die nicht getäuscht werden können, in ihm. Es ist nicht alles Gold, was glänzt, aber das, was in diesem Kinde sich fand, war echtes Metall. O, dass dies auch von jedem unter uns wahr wäre, wenn wir durchs Feuer geprüft werden! Es mag sein, dass sein Vater mit ihm zürnte, weil er Jehova diente; aber was auch seine Prüfung gewesen sein mag, er ging unverletzt daraus hervor. In dem Ausdruck liegt nach meinem Gefühl etwas von Überraschung. Wie kam dieses Gute in das Kind hinein? „In ihm ist etwas Gutes gefunden,“ als wenn jemand einen Schatz in einem Acker findet. Der Landmann dachte an nichts als an seine Ochsen, seine Äcker und seine Ernte, als plötzlich sein Pflug einen verborgenen Schatz bloßlegte: er fand ihn, wo er war, aber wie er dorthin gekommen, konnte er nicht sagen. So ward in diesem Kinde, das in einer so ungünstigen Stellung war, zum Erstaunen von jedermann etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels, erfunden. Seine Bekehrung, seht ihr, ist in Geheimnis eingehüllt. Uns wird von der Gnade in seinem Herzen nicht gesagt, was sie war, noch woher sie kam, noch was für besondere Handlungen sie hervorbrachte, aber sie war da, gefunden, wo niemand sie erwartete. Ich glaube, dieser Fall ist ein vorbildlicher für viele der erwählten Kinder, die Gott in den Hintergassen und Hinterhöfen unserer großen Stadt durch seine Gnade beruft. Ihr müsst nicht erwarten, dass ihr ihre Erfahrungen, ihre Gefühle und ihr Leben aufzeichnen und dann alles summieren könnt; ihr müsst nicht darauf rechnen, Datum und Mittel genau zu erfahren, sondern ihr müsst das Kind nehmen, wie wir Abia zu nehmen haben, und uns freuen, in ihm ein kleines Wunder der Gnade mit Gottes eignem Siegel darauf zu finden. Der alte Prophet bezeugte im Namen des Herrn, dass der junge Prinz ein aufrichtiger Nachfolger des Höchsten sei; und in gleicher Weise setzt der Herr sein Siegel und Gnadenzeichen auf wiedergeborene Kinder, und wir müssen zufrieden sein, dies zu sehen, auch wenn einige andere Dinge fehlen. Lasst uns mit Freuden solche Dinge des Heiligen Geistes willkommen heißen, die wir nicht genau beschreiben können.

II.

Nun komme ich, indem ich unsrem Gedankengang eine etwas andere Richtung gebe, zu einer zweiten Bemerkung: lasst uns von Hetzen schauen, was wir nur zu leicht übersehen.

Zuerst, lasst uns von Herzen „etwas Gutes“ vor dem Herrn schätzen, wo immer wir es wahrnehmen. Alles, was hier bei diesem Fall gesagt wird, ist, dass „etwas Gutes“ in ihm war; und das lautet, als wenn das göttliche Werk nur noch ein Funken der Gnade, der Beginn des geistlichen Lebens gewesen. Es war nichts besonders Auffallendes in ihm, sonst wäre es bestimmter genannt worden. Er war nicht ein heldenmütiger Nachfolger des Herrn, seine Taten der Treue gegen Gott sind nicht niedergeschrieben, weil er um seiner zarten Jugend willen weder Kraft noch Gelegenheit hatte, viel zu tun, was aufgezeichnet werden konnte. Da wir lesen, dass in ihm „etwas Gutes“ war, schließt dies ein, dass es nichts Vollkommenes war und nicht mit all dem Guten verbunden, das wir hätten wünschen können. Vieles Gute fehlte, aber „etwas Gutes“ war offenbar, und deshalb ward das Kind angenommen und durch die göttliche Liebe vor einem schimpflichen Tode bewahrt. Meint ihr nicht, dass viele christliche Leute, wenn sie mit suchenden Seelen sprechen, eine Neigung haben, alles Gute in ihnen zu erwarten, statt nach etwas Gutem in ihnen auszusehen? Hier ist jemand, der das Bekenntnis ablegt, bekehrt zu sein; er ist augenscheinlich aufrichtig und redlich, und deshalb behutsam, um nicht mehr zu sagen, als er fühlt, und dies macht, dass er wenig sagt und dies Wenige zitternd. Ihr tut ihm eine Frage, die jeder imstande sein sollte, zu beantworten; aber dieser Ängstliche kann es nicht, und deshalb fällt ihr das strenge Urteil, dass er unwissend und unerleuchtet sei. Kalte Klugheit erklärt, dass jemand, der eine solche Frage nicht zu beantworten vermag, kein Kind Gottes sein kann, und wenig Rücksicht wird auf Schüchternheit und Verlegenheit genommen. Gesetzt, der Suchende vermöchte die Frage und ein Dutzend andere zu beantworten, könnte er nicht dennoch ein Betrüger sein? Ist es euch nicht genug, dass etwas Gutes in ihm ist, obwohl er keinen großen Vorrat von Kenntnissen und sehr genüge Fähigkeit sich auszudrücken besitzt? Gnade wachset, das Senfkorn wird ein Baum, das kleine Stück Sauerteig durchsäuert die ganze Masse. „Etwas Gutes“ wird allmählich alles Gute erzeugen; das Leben aus Gott wird sicherlich die ganze Natur überwinden. Und sollten wir nicht viel hoffnungsvoller sein, als wir es sind, und zu gleicher Zeit zarter, sanfter, rücksichtsvoller? Heißt Gott seinen Propheten sagen, dass dies Kind dem Gericht entgehen wird, das über Jerobeams Familie kommen soll, weil etwas Gutes in ihm war? Sollten wir da nicht schließen, dass, wenn wir, etwas Gutes in einem Menschen in Bezug auf Gott, auf Christus, auf ewige Dinge sehen, dies ein Zeichen für uns ist, nicht zu verurteilen, sondern zu loben, nicht mit Strenge zu richten, sondern mit Freundlichkeit und Sorgfalt zu verfahren? Ich fürchte, dass in manchem Fall Härte denjenigen ernstlichen Schaden verursacht hat, die mit ihrem ganzen Herzen zu Jesu kamen. Diese Härte mag von dem, der sie übte, für Treue gehalten sein, und vielleicht war sie das - aber es gibt eine missverstandene Treue, und Treue ist nicht die einzige Tugend, die ein Seelen-Gewinner nötig hat. Ich möchte euch nicht darin irren sehen, geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr im Gespräch mit Suchenden ihnen in das Ohr flüstert: „Friede, Friede,“ wenn kein Friede da ist; aber auf der anderen Seite möchte ich euch nicht wider ein Kind sündigen sehen durch harte, argwöhnische Manier und dadurch, dass ihr von einem jungen Herzen mehr fordert, als der Herr Jesus gesucht haben würde. Es gibt eine glückliche Mittelstraße; möge Gott uns helfen, ihr zu folgen, hoffend, aber nicht schmeichelnd, prüfend mit Sorgfalt, aber nicht mit Argwohn durchkältend. Wiederum sage ich, lasst uns alles schätzen, was wir von Christo sehen, alles, was wir von dem Werk des Geistes in jedem sehen, der vor uns kommt, und zufrieden sein, dass alles gut ist, so lange wir „etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels,“ sehen.

Ferner, ich fürchte, wir sind zu geneigt, „etwas Gutes in einem Kinde zu übersehen.“ „O, nur ein Kind!“ Bitte, was bist du? Du bist ein Mann: gut, ich setzte voraus, dass ein Mann ein Kind ist, das älter geworden und viele der besten Punkte seines Charakters verloren hat. Ein Kind ist in göttlichen Dingen nicht im Nachteil, weil es ein Kind ist, denn „solcher ist das Himmelreich.“ Männer müssen zu Kindern zurückwachsen, ehe sie überhaupt in das Reich eingehen können. Wenn etwas Gutes da ist, sollte es nicht bezweifelt und in Frage gestellt werden, weil es in einem Kinde ist; denn in der Heiligen Schrift ist es etwas sehr Gewöhnliches, Gutes in Kindern zu sehen. Finden wir nicht etwas Gutes in Joseph, während er noch jung ist? in Samuel, mit dem Gott sprach, als er noch ein Kind war? in David, der noch als Knabe den Riesen Goliath schlug? in Obadja, dem Hofmeister Ahabs, der zu Elia sprach: „Dein Knecht fürchtet den Herrn von Jugend auf?“ in dem König Josia, der eine so große Reformation in Juda vollführte? indem jungen Timotheus, der die Schrift von Jugend auf wusste? War nicht auch frühe Frömmigkeit in Johannes? Hieronymus sagt von ihm, dass ein Grund, weshalb unser Herr ihn mehr liebte als die anderen Apostel, der sei, dass er jünger gewesen, als die übrigen? Ich bin dessen nicht gewiss, aber es ist eine eigentümliche Kindlichkeit in dem Johannes, die wohl die engste Gemeinschaft mit dem heiligen Kinde Jesus veranlassen konnte. Seid deshalb nicht erstaunt, Gnade in Kindern zu finden, sondern sucht eifrig danach. Warum sollten wir nicht Samuele und Timotheusse unter uns haben? Lasst uns nicht Perlen unter die Füße treten dadurch, dass wir uns weigern, des Herrn Gnadenwerk in Kindern zu sehen. Seht nach der Gnade in ihnen aus, wie die Schildwachen nach den erstell Strahlen des Morgens aussehen, ich sage, seht danach aus, mehr als diese nach dem Morgen ausschauen.

Ein anderes übersehen wir sehr leicht, und das ist „etwas Gutes“ in einem schlechten Hause. Dies war das Wunderbarste von allem, dass ein begnadigtes Kind in Jerobeams Palast war. Die Mutter beherrscht gewöhnlich das Haus, aber die Königin war eine ägyptische Prinzessin und eine Götzendienerin. Ein Vater hat großen Einfluss, aber Jerobeam sündigte und machte Israel sündigen. Es fällt mir wie ein Wunder auf, dass er Israel sündigen machen konnte, aber nicht sein Kind. Das ganze Land fühlt den großartigen Einfluss Jerobeams, und doch ist dicht vor seinen Füßen ein heller Fleck, den die unumschränkte Gnade vor der Seuche bewahrt hat; sein erstgeborenes Kind, das von Natur dem Vater nachahmen würde, ist das gerade Gegenteil von ihm — es wird in Jerobeams Erben noch etwas Gutes vor dem Herrn erfunden. An solchen! Ort suchen wir nicht die Gnade, und sind geneigt, an ihr vorüberzugehen. Wenn ihr in die Hintergassen unserer großen Städte geht, die keineswegs lieblich sind, so werdet ihr sehen, dass sie von Kindern der Armen wimmeln, und ihr erwartet kaum, Gnade zu sehen, wo Sünde augenscheinlich mächtig ist. In den Fieberhöhlen und pestilenzialischen Nebengassen der großen Städte hört ihr Lästerung, und seht Trunkenheit auf allen Seiten, aber schließt daraus nicht, dass kein Kind Gottes da sei; sagt nicht zu euch selber: „Die erwählende Liebe Gottes hat nie einen von diesen sich ausgesucht.“ Wie wisst ihr das? Ems von diesen armen, kleinen, zerlumpten Kindern, die auf einem Kehrichthaufen spielen, mag Christum in der Lumpenschule gefunden haben, und zu einem Platze an seiner Rechten bestimmt sein. Köstlich ist dieser Edelstem, obwohl er unter Kieselsteinen liegt. Glänzend ist dieser Diamant, obwohl auf einen Dunghaufen geworfen. Wenn in dem Kind „etwas Gutes vor dem Herrn“ ist, so ist es darum nicht weniger zu schätzen, weil sein Vater ein Dieb, und seine Mutter eine Branntweinsäuferin ist. Verachtet nie das zerlumpteste Kind. Ein Geistlicher in Irland, der an einer kleinen protestantischen Gemeinde stand, bemerkte mehrere Sonntage lang im Gange nahe bei der Tür einen sehr zerlumpten Knaben, der höchst aufmerksam der Predigt zuhörte. Er wünschte zu wissen, wer der Knabe sei, aber dieser verschwand immer, sobald die Predigt vorüber war. Er bat einen oder zwei Freunde, ihn zu beobachten, aber er entwischte stets irgendwie und konnte nicht entdeckt werden. Eines Tages predigte der Pastor über den Text: „Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm,“ und nach dieser Zeit vermisste er den Knaben stets. Sechs Wochen vergingen, und das Kind erschien nicht mehr, aber ein Mann kam von den Bergen und bat den Pastoren, zu kommen und sein Kind zu besuchen, das im Sterbebett läge. Er wohnte in einer elenden Hütte hoch in den Bergen. Ein Gang von einer deutschen Meile im Regen durch Sümpfe und über Hügel, und der Pastor kam zu der Tür der Hütte. Als er eintrat, saß der arme Knabe aufrecht im Bette, und sobald er den Prediger erblickte, schwenkte er den Arm und rief aus: „Er sieget mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm.“ Das war sein letztes Wort auf Erden, sein Triumphruf im Tode. Wer weiß, in wie vielen Fällen des Herrn Rechte und sein heiliger Arm gesiegt haben trotz der Armut und Sünde und Unwissenheit, die den jungen Bekehrten umgaben? Lasst uns darum die Gnade nicht verachten, wie immer sie ist, sondern von Herzen schätzen, was wir so leicht übersehen!

III

Zuletzt, lasst uns sorgfältig erwägen, was wir nicht völlig verstehen können. Ich möchte, dass ihr erst die sonderbare Tatsache erwöget, die ihr nicht verstehen könnt, dass heilige Kinder so oft in ungöttlichen Familien sich finden. Gottes Vorsehung hat es so angeordnet, doch die Folgen davon sind schmerzlich für den jungen Gläubigen. Ihr würdet denken, wenn Gott ein Kind liebte, so würde Er's nicht an dem Hofe Jerobeams geboren werden lassen. Er werde seine Erwählten nicht in die schlechten Hintergassen senden, wo sie von allem umgeben sind, was ihr zartes Herz betrübt; und dennoch sendet Gott seine Kinder an solche Orte. Warum ist dies?

Nun, zuerst sind sie Gottes Zeugnis wider die Sünde, wo kein anderes Zeugnis gehört werden würde — eine zarte, rührende Botschaft von Gott, um die Ungöttlichen wissen zu lassen, dass es etwas Besseres gibt als die Sünde, in der sie sich wälzen. Heilige Kinder sind wie Engel unter Dämonen, und strafen durch ihre Unschuld die Sünde. Sendet Gott nicht auch die Kinder dorthin, um seine göttliche Gnade zu zeigen, damit wir sehen, dass Er erwählt, wen Er will und einen aus einer Familie nach seinem Wohlgefallen? Zeigt Er uns nicht auch, dass Er die Gnade lebendig erhalten kann an den ungeeignetsten Plätzen, wo alles gegen die Seele streitet? Die Gnade Gottes kann leben, wo ihr und ich sterben würden. Das Leben der Gnade kann fortdauern unter Bedingungen, die den Tod drohen. Einige der frömmsten und besten der Menschen haben sich gefunden, wo nichts war, was sie stützen, aber alles, was sie hindern konnte. Lässt der Herr dieses zu, um zu zeigen, was seine Gnade tun kann? und soll es nicht eine Ermutigung zur Treue für jeden von uns sein? Denn, wenn dieses Kind Gott treu sein konnte bei einem solchen Vater und einer solchen Mutter und an solchem Hof, sollten ihr und ich dann bange sein? O du starker Mann, lass ein Kind dich beschämen — du warst neulich bange, vor deinen Kameraden die Wahrheit zu sagen! Was für ein Feigling musst du sein, wenn dieses Kind seine Liebe zu dem Herrn, dem Gott Israels, zeigte, wo alle Ihm entgegen waren!

Ist es nicht merkwürdig, dass Gott die Seinen verteilt, wie wir Salz ausstreuen? Er setzt einen von ihnen in jeder Lasterhöhle nieder. Saul, der König, ist ein großer Empörer gegen Gott; aber dicht an seiner Seite ist Jonathan: so wächst die lieblichste Blume, die je blühte, nahe bei dem rauesten Dornbusch, den man nur finden kann. Was für ein Stall voll Schmutz war Ahabs Hof! und doch hatte er Obadja als Kämmerer, der die Knechte Gottes zu fünfzig in einer Höhle verbarg, und sie von Isebels Tische speiste; Nebukadnezar darf nicht ohne drei heilige Kämpfer gelassen werden, die für Gott ins Feuer gehen können. Seht Belsazar, der Wein aus den Bechern des Heiligtums trinkt, und doch ist ein Daniel an seinem Hofe angestellt. Selbst an den Hof des Ahasverus ist Esther geführt, um jenem bösen Haman entgegenzutreten. O, ich denke, es ist nie ein Uz ohne einen Hiob, noch ein Chaldäa ohne einen Abraham, noch ein Sodom ohne einen Lot, noch ein Ägypten ohne einen Mose, noch ein Haus Eli, das abgewichen ist, ohne einen kleinen Samuel, der von Gott gesandt wird, um sein Zeugnis dawider abzulegen. Denkt nach über die Wege Gottes mit den Menschen, und bewundert, was ihr nicht verstehen könnt.

Das nächste, was wir nicht verstehen können, ist dies, dass Gottes teure, kleine Kinder, die Ihn lieben, so oft zum Leiden berufen sind. Wir sagen: „Nun, wenn es mein Kind wäre, so würde ich es heilen und seine Schmerzen sofort lindern.“ Doch lässt der allmächtige Vater seine Lieben Trübsal erdulden. Das gottesfürchtige Kind Jerobeams liegt krank, und sein gottloser Vater ist nicht krank, und seine Mutter ist nicht krank; wir könnten fast wünschen, sie wären es, damit sie weniger Böses täten. Nur ein Gottesfürchtiger ist in der Familie, und der liegt krank! Warum war es so? Warum ist es in anderen Fällen so? Ihr seht ein frommes Kind, das ein Krüppel ist, ihr seht ein himmlisch gesinntes Mädchen, das schwindsüchtig ist: ihr seht oft die schwere Hand Gottes da ruhen, wo seine ewige Liebe ihre Wahl getroffen hat. Es ist eine Bedeutung in all diesem, und wir kennen etwas davon; und wenn wir nichts davon kennten, so würden wir dennoch an die Güte des Herrn glauben. Jerobeams Sohn glich der Feige des Maulbeerbaums, die nicht reift, bis sie geschlagen wird: durch seine Krankheit ward er schnell zur Herrlichkeit reif. Außerdem war es zum Bestell seines Vaters und seiner Mutter, dass er krank war; wären sie willig gewesen, durch den Schmerz zu lernen, so hätte er ihnen zum großen Segen werden können. Er trieb sie zum Propheten Gottes. O, dass er sie zu Gott selber getrieben hätte! Ein krankes Kind hat manche verblendete Eltern zum Heiland geführt, und Augen sind dadurch aufgetan worden.

Es ist etwas da, was noch merkwürdiger ist, und das ist, dass einige von Gottes liebsten Kindern jung sterben. Ich würde gesagt haben, lass Jerobeam sterben und sein Weib dazu; aber schone das Kind. Ja, aber das Kind muss gehen: es ist am meisten bereit dazu. Sein Abscheiden sollte Gottes Gnade verherrlichen, die ein solches Kind errettete und es so schnell vollkommen machte. Es sollte der Gnadenlohn sein, denn das Kind ward hinweggenommen vor dem Unglück, das kommen sollte; es starb in Frieden und ward begraben, während die übrigen der Familie mit dem Schwert erschlagen und den Schakalen und Geiern zum Zerreißen gegeben wurden. Bei diesem Kinde war der frühe Tod ein Beweis der Gnade. Wenn jemand sagt, dass bekehrte Kinder nicht in die Gemeinde aufgenommen werden sollten, so sage ich, wie ist es dann, dass der Herr so viele von ihnen in den Himmel nimmt? Wenn sie für den einen geeignet sind, dann sind sie es sicherlich auch für die andere. Der Herr nimmt in unendlicher Barmherzigkeit oft Kinder heim zu sich und errettet sie von den Leiden des langen Lebens und den Versuchungen; weil nicht nur Gnade in ihnen ist, sondern so viel mehr als gewöhnliche Gnade, dass kein Grund zum Aufschub da ist, sie sind reif zur Ernte. Es ist wunderbar, wieviel Gnade in dem Herzen eines Knaben wohnen kann; Frömmigkeit der Kinder ist keineswegs untergeordneter Art, sie ist zuweilen reif für den Himmel.

Noch eins, es scheint mir etwas sehr Seltsames, dass ein solches Kind wie dieses stirbt und doch durchaus keine Wirkung auf seine Eltern hervorbringt; denn weder Jerobeam noch sein Weib taten Buße für ihre Sünden, weil ihr Kind heim zu Gott genommen wurde. Ich mag hier zu einigen sprechen, die einen Liebling verloren haben, in dem die Gnade Gottes von Jugend auf war. Wollt ihr den Nutzen einer Prüfung, die euch so teuer zu stehen kommt, verlieren? Soll euch solch bittere Arznei vergeblich gereicht werden? Es ist eine große Anziehungskraft zum Guten in einem lebendigen Kinde, vielmehr noch sollte sie in einem sterbenden sein. Ein Matrose landete eines Tages in New York und sagte: „Ich will mir einen lustigen Tag machen, ehe ich wieder zur See gehe.“ Es war Sonntag-Morgen, und in dem Wahnwitz seiner Gottlosigkeit trat er an ein Mädchen heran, das in ihre Sonntagsklasse ging und sprach böse und spottende Worte zu ihr. Sie wandte sich um, sah ihn mit ihren schönen, traurigen Augen an und sagte: „Herr, Sie werden mir vor dem Richterstuhl Gottes gegenüber treten müssen!“ Der Matrose fuhr zurück, kehrte um und ging, so schnell er konnte, zu seinem Schiff zurück. Er sagte später: „Ich erhielt nie im Leben eine solche Rüge, wie dies Mädchen mir gab, sie beschoss mich von vorn und hinten und warf jedes Segel und jeden Spieren über Bord, die ich zu einer gottlosen Kreuzfahrt bereit hatte.“ Er fiel auf seine Knie, tat Buße für seine Sünden und fand den Heiland. Soll ein fremdes Kind solche Macht durch Blick und Wort haben, und soll euer eigen Kind keinen Eindruck durch seinen Tod auf euch machen? Ein Vater fluchte eines Tages entsetzlich: er war oft dafür getadelt worden, hatte indes nie den Tadel gefühlt; aber als er bei dieser Gelegenheit einen schrecklichen Ausdruck gegen seine Frau gebrauchte, lief seine kleine Tochter erschrocken hinter die Tür und fing an zu weinen. Sie schluchzte laut, bis ihr Vater sie hörte. Er sagte zu ihr: „Warum weinst du?“ „Bitte, Vater,“ sagte sie und fuhr fort zu weinen. Er rief barsch aus: „Ich will wissen, warum du weinst;“ und das Kind erwiderte: „Lieber Vater, ich weine, weil ich so bange bin, dass du in die Hölle kommen wirst, denn unser Lehrer sagt, dass die Flucher dorthin kommen.“ „Nun,“ sagte der Mann, „trockne deine Augen, Kind, ich will niemals wieder fluchen.“ Er hielt sein Wort und ging sehr bald hin, um zu sehen, wo seine Tochter ihre heilige Lektion gelernt hatte. Nun, wenn lebende Kinder bei den Rohesten durch ihre Tränen den Sieg gewinnen können, so sollte dein teures Kind, mit dessen Locken du zu spielen pflegtest, das aber nun heim zum Himmel genommen ist, dein Herz rühren, wenn du nicht auf dem Wege zur Herrlichkeit folgst! Dein Kind winkt dir von droben und bittet dich: „Komm hier hinauf.“ Willst du dich wegwenden? Es ist nur ein Weg: es ist der Glaube an Jesum, durch den die Menschen errettet werden. Möge Christus, der Herr, dich jetzt dahin führen, wenn du unbekehrt bist, und möge noch an diesem Tage „etwas Gutes vor dem Herrn, dem Gott Israels, in dir erfunden werden.“ Amen.

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