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Spener, Philipp Jakob - Trost

Spener, Philipp Jakob - Trost

Ich weiß, daß manche Christenherzen in großer Angst vor dem letzten Todeskampfe stecken, und fast in ihrem ganzen Leben um dieser angst willen in gewissem Sinne Knechte seyn müssen. So fern nun von dem Ergebniß des letzten Kampfes die selige oder unselige Ewigkeit abhängt, ist es allerdings wahr, daß wir uns vor demselben zu fürchten oder vielmehr in unserem ganzen Leben uns darauf zu bereiten haben. Weil aber die Meinung gewöhnlich diese ist, daß man fürchtet, ob man schon etwa sein Lebenlang sich nach allem Vermögen des rechtschaffenen Glaubens und seiner Früchte beflissen habe, so möchte noch am letzten Ende der Satan der seele nicht nur hart zusetzen, sondern sie auch in solcher Schwachheit endlich überwinden; so getraue ich mich, getrost zu sagen, daß solche Sorge vergeblich sey, und es der väterlichen Güte Gottes allzunahe würde geredet seyn, wo man sagen wollte, daß derselbe seine schwachen Kinder um eine Zeit, wo sie am schwächsten sind, in Versuchungen und Anfechtungen wollte gerathen lassen, welche ihnen zu schwer seyn müßten; vielmehr ist es allerdings Seiner Treue gemäß, daß Er sie bey ihrer letzten Noth entweder mit Anfechtungen verschone, oder sie doch mit solcher Kraft unfehlbar ausrüste, daß sie nicht mehr überwunden werden: ja ich glaube, es würde mit der göttlichen, so hoch gepriesenen Liebe des Vaters streiten, wenn man sagen wollte, daß sie auch nur einen Einzigen, der bis an den letzten Kampf sich getreu gehalten hätte, in demselben erst wollte fallen und in die Gewalt des Satans gerathen lassen. Das sey ferne, dergleichen dem frommen Gott zuzutrauen! Daher ich die Worte des lieben Pauli (2 Tim. 4, 7.) „Ich habe einen guten Kampf gekämpfet“ u.s.w. also annehme: der ihm nun wohl bevorstehende Kampf sey, so fern er nämlich Gefahr mit sich führte, bereits vollendet, ehe er noch daran komme, ebenso sey, was wir den letzten Kampf nennen, bey Kindern Gottes vielmehr bereits ein Stück ihres Sieges als noch zu ihrem Kampf zu rechnen, denn wenn es dahin kommt, und ohne das ihre LLeibes- und Gemüths-Kräfte brechen, so kämpfen nicht mehr sowohl sie selbst, als vielmehr Gott kämpfet und sieget in ihnen. Deshalb haben gläubige Kinder Gottes sich nicht sowohl um diesen letzten Kampf zu bekümmern, als darnach zu trachten, wie sie in der Gnade ihres Gottes und in dem Glauben mögen erfunden werden, um in einem guten Stande die letzte Stunde anzutreten.

Der Christen-Bote Nr. 14, 7. April 1833 Herausgeber: Pfarrer Burk Verleger J. F. Steinkopf in Stuttgart

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