Spangenberg, Johannes - Predigt am Sonntage Sexagesimä

Spangenberg, Johannes - Predigt am Sonntage Sexagesimä

Text: Luc. 8 (5-15)

Wovon sagt dies Evangelium?

Dies Evangelium ist eine Parabel, ein Gleichniss und sagt von dreierlei Samen, wie der ausgesäet wird und doch nicht gleiche Frucht bringet.

Warum gebraucht Christus Parabeln und Gleichnisse?

Gleichwie die Heiden ihre Jünger pflegen zu lehren durch Gedichte, Fabeln, also pflegen die Juden ihre Jünger zu lehren durch Parabeln und Gleichnisse. Weil denn nun Christus unter den Juden war, lehret er nach ihrer Weise, gebraucht aber Gleichnisse von den Dingen, damit die Menschen täglich umgehen, als von Pflanzen, Säen, Wachsen und Einärnten, vom Weizen und Unkraut, vom Weinstock und Reben etc., auf dass die Zuhörer seine Predigt desto leichter möchter vernehmen. Denn Parabeln haben eine sonderliche Art, dass sie dem Volke leicht eingehen, von den Zuhörern bald verstanden werden.

Was will er aber mit dieser Parabel anzeigen?

Er giebt ein Exempel, wie es in der Christenheit zugehet, wenn das Evangelium gepredigt wird, dass es mancherlei Weise wird aufgenommen und in wenig Menschen seine Früchte bringt.

Wie so?

Es finden sich mancherlei Leute zum Worte Gottes. Etliche hören's und nehmen's an. Etliche, wenn sie es gehört haben, vergessen's. Etliche verachten's ganz und gar.

Was schleust er zuletzt aus dieser Parabel?

Zweierlei. Zum Ersten, dass nicht genug ist, Gottes Wort hören, man muss es auch glauben und bewahren, und das ganze Leben darnach richten. Zum Andern, dass nicht alle Zuhörer vom Wort Gottes frömmer und besser werden, sondern allein das vierte Theil der Menschen.

Muss man denn Gottes Wort predigen und hören?

Freilich. Gleich wie selten würde Korn wachsen, wenn der Ackermann keinen Samen aussäete, also würden auch selten Christen werden, wenn man Gottes Wort nicht predigte und hörte.

Wie können wir wissen, dass der Same Gottes Wort bedeutet?

Christus legt die Parabel selbst aus und deutet den Samen auf Gottes Wort. Wollte Gott, wir nähmen's zu Herzen.

Ist denn so gross dran gelegen?

Ja. Christus schreiet: Wer Ohren hat zu hören, der höre. Als wollte er sagen: Viele hören das Wort, aber Wenige bewahren's. Es ist nicht Jedermann gegeben, Gottes Wort zu hören und zu bewahren. Das Pflanzen und Begiessen ist unser, aber Gott muss das Gedeihen geben.

Was ist die Ursach, dass Gottes Wort nicht bei allen Menschen wird angenommen?

Es sind dreierlei Ursachen. Die erste sind die Prediger, die das Wort nicht rein predigen, sondern mit Menschenlehre vermischen und mit den bösen Exempeln ihres ungöttlichen Lebens die Zuhörer ärgern. Die andere Ursache sind die Ältern, die ihre Kinder und Gesinde nicht zum Worte Gottes halten, nicht zur Predigt treiben, sie selber auch im Catechismo und Kinderlehre nicht unterrichten lassen, lassen sie dahingehen, wie das Vieh und aufwachsen, wie das Holz im Walde. Die dritte Ursach ist die Obrigkeit und Regenten, die nicht mit rechten Augen in die Schrift sehen, Gottes Ehre nicht mit Ernst fördern und sein Wort handhaben, wie sie billig sollten und ihrem Amte gebühret, hangen noch am Papst, Patres, Concilien, an langem Gebrauch und alter Gewohnheit.

Wie mancherlei Samen erzählt Christus?

Viererlei. Etliches, sagt er, fällt an den Weg, das wird vertreten, und die Vögel fressen es. Etliches fällt auf den Felsen, das verdorret, denn es hatte keinen Saft. Etliches fällt unter die Dornen, und die Dornen ersticken's. Etliches fällt auf ein gut Land, und das ging auf und trug hundertfältige Früchte.

Wie deutet Christus den Samen, der an den Weg fällt?

Er sagt: Es sind die Menschen, die Gottes Wort hören und doch in ihrem alten Leben verbleiben und eben die Bahn gehen, die sie vorhin gegangen sind. Darum kann Gottes Wort keine Frucht in ihnen bringen. Der Teufel behält sie in ihrem vorigen Leben. Und wiewohl sie das Wort mit den Ohren hören, so lässt es doch der Teufel nicht ins Herz kommen und wurzeln.

Wie deutet er den Samen, der auf den Felsen fällt?

Er sagt: Es sind die Menschen, die das Wort hören und mit Freuden aufnehmen, aber zu der Zeit des Kreuzes und der Anfechtung fallen sie ab, nicht anders, denn wie die Blätter von den Bäumen fallen. Diesen hilft Wenig, dass sie das Wort gehört haben. Denn es ist nicht genug, hören; man muss es auch bewahren und drin verharren, wie Christus sagt Matth. 24.: Wer beharret bis ans Ende, Der wird selig.

Wie deutet er den Samen, der unter die Dornen fällt?

Er sagt: Es sind die Menschen, die das Wort hören, gehen aber ein unter den Sorgen, Reichthum und Wollust dieses Lebens, ersticken das gehörte Wort, dass es keine Frucht bei ihnen bringen kann.

Hindern denn Sorge, Reichthum und Wollust einen Christen?

Freilich hindern sie an Glauben und christlichem Wandel, also, dass der Mensch von Gott auf die Creatur fällt und derselbigen heftiger anhangt, denn Gott, darum auch Christus solche Dinge Dornen heisst, St. Paulus Teufelsstricke und die heidnischen Poeten irritamenta malorum, Anreizung zu allem Bösen. Siehe an die Drei (Lucä 14), die zum Abendmahl geladen waren, was sie verhindert hat.

Wie deutet er aber den Samen, der in den guten Acker fällt?

Er sagt: Es sind die Menschen, die Gottes Wort hören, gläuben, annehmen und behalten's in einem guten Herzen und bringen Frucht in Geduld, das ist, sie halten fest über dem Worte, lassen's ihnen den Teufel nicht nehmen, auch nicht von Menschen vertreten, wie die ersten, lassen sich auch nicht abschrecken durch Kreuz oder Anfechtung wie die anderen, ersticken's auch nicht mit Sorgen, Reichthum oder Wollust der Welt, wie die dritten, sondern kehren allen Fleiss an, dass sie mit Hand und Munde, mit Worten und Werken, mit christlicher Lehre und Leben die Christenheit bauen und bessern, fragen Nichts darnach, ob sie darob sollen Anfechtung, Widerwärtigkeit, Verfolgung, Trübsal, ja auch den Tod leiden. Das ist's auch, das er sagt, in Geduld. Denn wer ein Christ will sein und Christum öffentlich bekennen, Der muss sich Dess erwägen, dass er den Teufel, Welt und Tyrannen auf sich lade und sich zum Feinde mache; denn das Evangelium ist ein Wort des Kreuzes. Es muss ein Christ oft in einen sauern Apfel beissen, Geduld haben und zufrieden sein und lassen das Ungewitter überhin gehen. Siehe, wie der Same ins Erdreich geworfen so viele anstösse leiden muss von Regen, Schnee, Ungewitter, also müssen wir auch durch viele Trübsal bewähret werden. Also ist's allen Propheten, Aposteln, ja Christo selber gegangen, wir werden's nicht besser haben; der Jünger ist nicht mehr, denn sein Meister. Matt. 10.

Ist denn das Wort in den dreierlei Menschen gar verloren?

Wie die Ärzte an den Menschen verzagen, welche die genommene Speise nicht bei sich behalten, also ist auch wenig Hoffnung bei Denen, die Gottes Wort hören und doch nicht behalten. Darum sollte ein jeglicher Christ auf den Feiertag sich selbst examiniren und sein Herz und Gewissen erforschen, was er für ein Acker sei, und wie er den himmlischen Samen, das Wort Gottes, annehme, sollte bei ihm selbst denken und sagen: Siehe, heute bist du zur Predigt gewesen, was hast du gehört? Was hast du gelernt? Wie stehet dein Herz? Wie bist du gesinnt gegen das göttliche Wort? Will es auch Frucht bringen? Bist du auch mit der Zeit, da du das Wort und das Evangelium gehöret hast, frömmer worden? Fühlst du auch Besserung? Hast du auch etlicher Sünden und Untugend abgestanden? Oder bist du noch in dem alten Leben? Wahrlich, wo solch Examen und Erforschung nicht geschicht, ist zu fürchten, dass wenig Früchte da folgen.

Das Examen sollten auch die Hausväter und Hausmütter mit ihren Kindern, Söhnen und Töchtern und mit ihrem Gesinde, Knechten und Mägden halten, desgleichen auch die Schulmeister und Zuchtmeisterinnen mit Knaben und Mägdlein. Es ist fürwahr kein ander Mittel, kein ander Weg, fromm, gerecht und selig zu werden, denn allein durch das heilsame und selige Wort Gottes.

Was will uns nun dies Evangelium lehren?

Zweierlei. Zum Ersten, dass alle Zeit mehr Leute verdammt, denn selig werden. Ursach, der wenigste Haufen richtet sich nach Gottes Wort, und es gehet, wie das Evangelium vor acht Tagen sagt: Viele sind berufen, aber Wenige sind auserwählt, und Matthäi am 7.: Die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammniss abführet, und ihrer sind Viele, die darauf wandeln, und die Pforte ist enge und der Weg ist schmal, der zum Leben führet, und Wenige sind ihrer, die ihn finden.

Gieb Exempel.

In der Sündfluth wurden nur acht Menschen erhalten in der Arche, Noah mit seinen Söhnen und Söhneweibern. Im Verderben Sodomä und der anderen Städte wurden nur vier Menschen erhalten, Loth mit seinem Weibe und Töchtern. Von sechsmal hundert tausend Mann, so aus Ägypto durch's rothe Meer gegangen waren, kamen nicht mehre ins gelobte Land, denn nur Josua und Caleb, die anderen starben alle in der Wüste um der Sünde willen. Zur Zeit des Propheten Eliä wurden in ganz Israel nur sieben tausend Menschen erfunden, die ihre Kniee nicht gebeugt hatten vor dem Abgotte Baal. Vierhundert falscher Propheten wider den einigen rechten Propheten Michäum. Und kurz davon zu reden, von Anfang der Welt hat alle Zeit das kleinste Theil der Menschen bei der Wahrheit gestanden, das grösste Theil aber bei der Lüge, dass Christus wohl sagt: Viele sind berufen, aber Wenige sind auserwählet.

Zum andern. Obwohl das grösste Theil der Menschen verloren wird, soll dennoch Gottes Wort nicht vergeblich gepredigt werden (Esa. 55). Und ob sich's wohl lässt ansehen, als würde das Evangelium vergeblich gepredigt, so hat doch Gott die Seinen im Haufen, die das Wort hören und annehmen, auch behalten, und sollt's auch ein einiger Zachäus oder Nikodemus sein, oder die unschuldigen Kinder in der Wiege.

Es ist wohl erschrecklich, dass nur das vierte Theil des Samens in einen guten Acker fällt und Frucht bringt, und drei Theile verloren sind. Dennoch muss der Ackermann um des guten Landes willen seinen Samen frei dahin werfen, unangesehen, dass drei Theile des Samens verloren sind, und nur ein Theil zu gut kommt. Also muss auch ein evangelischer Prediger nicht ansehen, ob Viele oder Wenige das Wort annehmen, sondern soll es allen Creaturen vortragen und predigen, wie es Christus Marci am Letzten befohlen hat. Wir sollen säen und predigen, Gott wird wohl den Acker bereiten und Zuhörer schicken, sie sind schon angeschrieben, die das Wort werden annehmen und dadurch selig werden. Wir wollen auch nicht zweifeln, dass wir in derselbigen Zahl sind und überkommen werden durch das Wort Gottes Huld und Barmherzigkeit und endlich das ewige Leben. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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