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Simons, Menno - Ueber den Eid

Simons, Menno - Ueber den Eid

In Anbetracht, daß im Artikel des Eidschwörens in der ganzen Welt so offenbar ohne alle Furcht und Zagen gegen Gottes Wort gehandelt wird, und auch einige Gottesfürchtige oftmals dadurch in eine peinliche Lage kommen, so will ich durch des Herrn Gnade aus des Herrn Wort eine Anweisung geben, was die h. Schrift über das Schwören lehrt und bezeugt.

Zum Ersten muß man bedenken, daß das Schwören nicht immer einerlei Form bei des Herrn Volk gehabt hat. Vor dem Gesetze haben die Erzväter beim Schwören die eine Hand unter die Hüfte gelegt und mit der anderen geschworen, wie von Abraham und seinem Knechte (1. Mose 26,3) und von Jakob sammt seinem Sohne Joseph (1. Mos. 47,29) gelesen wird. Auch hat Joseph beim Leben Pharaos geschworen (1. Mos. 42) und es scheint, daß solches Schwören bei den Egyptern gebräuchlich gewesen ist.

Zum Zweiten muß man bedenken, daß in Israel im Gesetz geboten war, beim Namen des Herrn zu schwören, und den Eid zu halten, wie Moses sagt (3. Mos. 19,12): „Ihr sollt nicht falsch schcwören bei meinem Namen, und entheiligen den Namen eures Gottes; denn ich bin der Herr.“ - Und derselbe Eid war Israel ein Ende alles Streites. (2. Mos. 22, 11. Ebr. 6, 16.)

Zum Dritten muß man bedenken, daß Christus Jesus seine Christen nun im Neuen Testamente nicht auf das Gesetz weist, als auf das Unvollkommene, welches wohl recht Schwören zuließ, sondern er weist uns vom Gesetz auf das Ja und Nein, als auf das Vollkommene, und spricht also (Matth. 5, 33 ff.): „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst keinen falschen Eid thun, und sollst Gott deinen Eid halten. Ich aber sage euch, daß ihr allerdings nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Stuhl, noch bei der Erde, denn sie ist seiner Füße Schemel; noch bei Jerusalem, denn sie ist eines großen Königs Stadt. Auch sollst du nicht bei deinem Haupte schwören, denn du vermagst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz zu machen. Eure Rede aber sei: Ja, ja, nein, nein, was darüber ist, das ist vom Uebel.“

Hier habt ihr den Eid der Christen, Christi eigene Lehre und Verordnung. Siehe, lieber Leser, vor diesen Worten Christi müssen alle menschlichen Bestimmungen über das Schwören schweigen und zunichte werden, als da sind: Juramentum calumniae, juramentum de veritate dicenda, - und wie man sie mehr nennen mag; sie mögen geschehen, wie sie geschehen, es sei mit Worten, oder mit Fingeraufheben, oder mit vor die Brust, oder auf ein Kreuz, oder auf das neue Testament gelegter Hand; und das wahrhaftige Ja und Nein muß wieder an die Stelle treten, wie es der Herr selber verordnet hat, so anders die Obrigkeit des Herrn Wort nicht muthwillig übertreten und als unnütz in den Wind schlagen will.

Dasselbe lehrt uns auch Jacobus und spricht (Jac. 5,12): „Vor allen Dingen, meine Brüder, schwört nicht, weder bei dem Himmel, noch bei der Erde, noch mit keinem andern Eide. Es sei aber euer Wort: Ja, das Ja ist; und Nein, das Nein ist, auf daß ihr nicht in Heuchelei fallet.

In Anbetracht nun, daß uns Christus das Schwören verboten hat, und die Obrigkeit verlangt, daß man schwören soll, wiewohl es gegen die Schrift ist und der h. Schrift doch Niemand weichen darf, wo soll nun der geängstigte Christ hin? Schwört er, so handelt er wider das Gebot des Herrn, schwört er nicht, so muß er die Ungnade und Strafe der Obrigkeit tragen.

Man kann es fast nicht denken, daß die gottesfürchtigen Herzen, welche ihr Wort als einen Eid achten, und bis zum Tode ihr Ja und Nein halten, zum Schwören gezwungen werden sollen. Ist es, lieber Leser, daß du einer von Denjenigen bist, welche den Herrn fürchten, und es möchte geschehen, daß du zu einem Eide gezwungen würdest, so bitte den Höchsten um Weisheit, Freimüthigkeit und Stärke. Welche in dieser Sache keinem Menschen, sondern ermahne sie in geziemender Weise und Liebe, und bleibe bei des Herrn Wort, denn es ist dir nützlicher, daß du der Menschen Ungunst, Schmach und Lästerung auf dich ladest, und in der Wahrheit bleibst, als daß du der Menschen Freund bist und gegen Gottes Wort sündigst, wie der fromme Johannes Huß bekannte, als er zu schwören gezwungen wurde: „Mir ist nach allen Seiten hin Angst, schwöre ich, so sündige ich gegen Gott; schwöre ich nicht, so kann ich euren Händen nicht entgehen, doch es ist besser, daß ich in eure Hände falle, als daß ich sündige im Angesicht Gottes.“ Seht, so schwer hat diesem Würdigen der Eid gewogen. Eben so liest man auch bei Hieronymus, Theophilactus, Chrysostomus, Erasmus von Rotterdam (in seinen Annotationibus), Philippus Melanchthon (über das 5. Capitel Matthäi,) Haymo (über das 10. Cap. Apoc.), und auch bei Origenes an einer Stelle, daß sie in diesem Glaubensartikel mit uns einerlei Meinung sind.

Da wir auch unser Ja und Nein nicht geringer als einen Eid achten, warum beschwert man uns denn gegen des Herrn Wort und Lehre? Wir hoffen durch Gottes Gnade, daß man bei uns finden wird, daß unser Ja, Ja und unser Nein, Nein ist, vielmehr als in der Welt, wo man die Wahrheit durch starke Eide beschwören muß. Sollte es aber sein, daß Jemand von uns sein Ja oder Nein nicht halte, so möge man ihn als einen Meineidigen bestrafen.

Quelle: Unbekannt - Stimmen aus der Reformationszeit

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