Simons, Menno - Eine liebreiche Ermahnung an die zerstreuten und unbekannten Kinder Gottes.

Simons, Menno - Eine liebreiche Ermahnung an die zerstreuten und unbekannten Kinder Gottes.

Herzlich geliebte Brüder und Schwestern in Christo Jesu! Mit voller Freude lasse ich Euch wissen, daß mir von glaubwürdigen Brüdern geschrieben und gesagt worden ist, wie der barmherzige Gott euch mit der himmlischen Gabe seiner göttlichen Erkenntniß begnadigt und mit seinem heiligen Geist also erleuchtet hat, daß euer Glaube durch die Liebe thätig, eure Hoffnung lebendig, eure Einigkeit unter einander christlich und euer Friede himmlisch ist, und daß die Gemeinde des Herrn sich alle Tage in größerer Kraft und Herrlichkeit durch Gottes Gnade vermehrt und ausbreitet, wofür ich seiner väterlichen Güte aus freudigem Herzen danke. Und nachdem er euch nun zur Gemeinschaft seines geliebten Sohnes und zu dem unvergänglichen Reich seiner Herrlichkeit durch sein heiliges Evangelium berufen hat, so flehe ich zu seiner Gnade, er wolle auch nun fortan euch mit der starken Kraft seines göttlichen Arms bei dem in euch angefangenen Glauben, der Liebe, Lehre, Wahrheit und dem daraus hervorgehenden Leben bis an das Ende zu eurem Heile und ohne einigen Anstoß bewahren. Er ist getreu, der euch berufen hat und wird die Bitte ohnzweifelhaft gewähren, wenn ihr nur eifrig im Gebet und in eurem Vorsatz unveränderlich beharren und nicht schläfrig noch träge werdet,

Eingedenk nun, daß ihr zu solcher großen Gnade berufen seid, und wir wohl wissen, mit welchem schwachen Fleisch wir behaftet sind und wie unser Widersacher, der Teufel, umhergeht, als ein brüllender Löwe und nicht ruhet noch rastet, sondern ohne Aufhören trachtet, indem er seine Zeit wohl wahrnimmt, uns zu verschlingen: darum ist meine treue Ermahnung an euch, meine geliebten Mitstreiter in diesem böswilligen Fleische und dieser Hütte des Todes, daß ihr doch wollet Acht haben auf euch selber, Beides, inwendig und auswendig, eure Herzen aus Gottes Wort und Geist beschneidet, unterweiset, reiniget, ermahnet und züchtiget, eure Gedanken im Zaum haltet, eure unreinen Lüste in der Furcht Gottes dämpft und auslöschet, denn selig sind, die reines Herzens sind. (Matth. 5, 8.) Wandelt würdiglich dem Herrn, wozu ihr berufen seid, thut alles, was euch Gott befohlen hat, ohne Murren und Widerstreben, lasset euer Betragen so sein, daß Niemand in Wahrheit über euch Klage führe, seid gerechte Kinder Gottes, unsträflich mitten unter dem argen und verkehrten Geschlecht dieser Zeit und leuchtet gleich hellen Fackeln in der dunkeln Nacht dieser gegenwärtigen bösen Welt.

Der Herr Jesus Christus setze euch zu Vorbildern, folgt seinen Fußtapfen nach, wandelt, wie er gewandelt hat. Seid heilig, spricht der Herr, denn ich bin heilig! Ihr seid, sagt Petrus, das auserwählte Geschlecht, das königliche Priesterthum, das heilige Volk, das Volk des Eigenthums, auf daß ihr verkündigen sollt die Tugenden deß, der euch berufen hat aus der Finsterniß zu seinem wunderbaren Licht, (l. Petr. 2, 9. 10.)

Ihr seid als Gäste zu des Herrn Tafel berufen und zu der Hochzeit des Lammes eingeladen, ja seine auserwählte Braut und Freundin seid ihr geworden. Höret also seine Stimme williglich und Alles, was ihm wohlgefällt, thut mit Freuden; seid ihm getreu bis in den Tod und hütet euch vor fremder Buhlschaft, denn ihr seid die Seinen. Er hat euch durch seine Gnade angenommen und sich angetraut, er hat euch mit seinem theuern Blut erkauft, mit seinem Vater versöhnt, zu Priestern und Königen geheiliget und zu Erben seines ewigen Reiches gemacht. So ist es denn ja billig und recht, daß wir einem solchen guten Herrn und Gemahl für so große Gaben danken, ihm gehorchen, sein Wort zu Herzen nehmen und thun nach seinem Wohlgefallen.

Liebe Kindlein, fürchtet euch nicht, sondern seid getrost in dem Herrn, denn es ist ein so guter und treuer König, dem ihr geschworen, und vor dem ihr eure Knie gebeugt habt; von seinen Verheißungen wird nicht das Allermindeste unerfüllt bleiben, er wird unser Schild und sehr großer Lohn sein. Darum zweifelt und wanket nicht, denn es ist ein Geringes, daß wir hier den Brand der Sonne, Angst, Bangigkeit, Druck, Anfechtung, Beraubung, Verfolgung, Gefängniß und selbst den Tod eine kurze Zeit hindurch leiden und ertragen müssen; steht doch bereits der Bote vor der Thür, der uns zurufen wird: „Kommt her, ihr Gesegneten, gehet ein zu eures Herrn Freude! Alsdann wird diese kurze Traurigkeit in ein ewiges Lachen und unsere vergänglichen Schmerzen werden in eine ewige Fröhlichkeit verwandelt werden. Die Tyrannen mit ihren blutigen Plakaten werden am Ende sein und unsere Verfolger zu Schanden werden; dem Lamme werden wir folgen mit glänzenden Kleidern, mit Palmen in den Händen und Kronen auf den Häuptern; kein Böses, auch nicht Pein oder Tod werden uns anrühren, sondern wir werden Den, der auf dem Throne sitzet und das Lamm in unaussprechlicher Freude und Herrlichkeit loben und preisen und ihm Dank bringen ewiglich.

Meine Kindlein, seid getrost in Christo und verzaget nicht. Denn so lange wir mit Ernst Gott suchen ,und fürchten, lieben und ehren, ihm dienen und mit reinem Eifer in der Wahrheit wandeln, so kann uns weder Welt noch Fleisch, weder Sünde noch Tod verhindern, durch den- Geist Christi, der in uns wohnt, die Welt zu überwinden. Mit meinem Gott, sagt David, (Ps. 18, 3«) kann ich über die Mauern springen; und Paulus sagt (Phil. 4, 13): Ich vermag Alles durch den, der mich mächtig macht, Christus. Seid getrost, sagt Christus (Joh. 16, 33), ich habe die Welt überwunden. So überwinden alle Diejenigen, die Christo treu bleiben, wie man nicht allein an den Propheten, nicht allein an den Aposteln, sondern auch an vielen frommen Seelen in unsern Zeiten so augenscheinlich wahrnehmen kann.

Ich habe euch nun nichts Besonderes mehr zu schreiben, sehet aber wohl zu, daß ihr weislich wandelt, euer angethanes Hochzeitskleid bewahret und allezeit Oel in euren Lampen traget, auf daß euch der Herr nicht zur unerwarteten Stunde komme, euch unvorbereitet und bloß erfinde, euch die Thür verschließe und in die äußerste Finsterniß verstoße.

Mit unverfälschter und wahrhaft brüderlicher Liebe liebes euch untereinander aus reinem Herzen, ihr, die ihr wiedergeboren seid nicht aus vergänglichen, sondern aus unvergänglichen Saamen durch das lebendige Wort Gottes, das da ewiglich bleibet. (1. Petr. l, 22.) Denn die Liebe ist aus Gott, sie ist langmüthig und freundlich, friedfertig und geduldig und thut Niemand Unrecht, mit einem Wort, die Liebe ist unsträflich und gebiert christliche Früchte, sie ist der geistliche, gestickte Gürtel Aarons, das Band der Vollkommenheit und des Friedens. O wie selig ist der, der mit diesem Bande umgürtet ist! denn er ist aus Gott geboren, er ist in Gott und Gott ist in ihm. Ja, wo diese Liebe ist, da ist auch ein wahrhafter frommer Christ ohne Falsch; bewahret daher dieses Band wohl!

Hütet euch vor falscher Lehre und aller Uneinigkeit, Zank und Zwietracht und haltet euch unausgesetzt an Christi Geist, Lehre und Vorbild, wenn ihr euch nicht selbst betrügen wollt. Denn ein jeder Geist, der sich an Christi Geist, Lehre und Vorbild nicht genügen läßt, und sich in seiner Schwachheit nicht darnach richtet, der ist nicht aus Gott, sondern es ist der Geist des Antichrist, der euch und alle Frommen dieses theuren Lichtes der heilsamen Wahrheit, welches uns armen Kindern in diesen bösen und letzten Zeiten so gnädig aufgegangen ist, wieder berauben und also auf den verkehrten Weg des Todes leiten möchte.

Meine Kindlein in Christo, seid gewarnt; aus treuer brüderlicher Liebe schreibe ich euch. Der barmherzige und gnädige Herr vergönne es euch, daß ihr diesen Brief mit solchem Herzen lesen, hören und verstehen möget, daß es viele Früchte unter euch bringe und eure Frucht bleibe bis in das ewige Leben. Bittet für euren armen unbekannten Bruder, der euch lieb hat in der Wahrheit. Wer da beharret bis an das Ende, der wird selig werden.

Die selig machende Kraft und Frucht des Blutes Christi sei mit euch und allen meinen lieben Brüdern und Schwestern bis in Ewigkeit. Amen!

Menno Symons.

Quelle: Mannhardt, J. - Stimmen aus der Reformationszeit.

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