Scriver, Christian - Goldpredigten - Vierte Predigt.

Scriver, Christian - Goldpredigten - Vierte Predigt.

Im Namen JEsu! Amen.

Ueber Das Gebet des HErrn.

Das Gebet des HErrn.

Unser Vater in dem Himmel! Dein Name werde geheiliget. Dein Reich Komme. Dein Wille geschehe aus Erden wie im Himmel, Unser täglich Brod gib uns heute. Vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung. Sondern erlöse uns von dem Uebel. Denn Dein ist das Reich, und die Kraft, und die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.

Vorbereitung.

Von Archimedes, dem alten und berühmten Künstler, wird gemeldet, daß er vermittelst seiner künstlichen Instrumente auch die schwerste Last hat heben und fortbringen können, und daß er seiner Kunst so viel getrauet, daß er einen kleinen Raum außer der Erde gefordert, da er seinen Werkzeug hinsetzen möchte, so wollte er die Erdkugel selbst bewegen und von ihrer Stätte heben. Wie nun Archimedes ein Unmögliches begehrt hat, also hat er ein Unmögliches verheißen und sich also in seiner Kunst auf ein Großes verstiegen.

Das aber ist gewiß, daß die gläubigen Christen ein solch' Instrument und Werkzeug haben, damit sie die allerschwerste Last heben und von sich bringen, Berge versetzen, Mauern niederwerfen und Himmel und Erde bewegen können; und das ist das liebe Gebet, dessen rechten Gebrauch sie von dem Herrn JEsu, dem rechten Betmeister, selbst gelernet, wie wir in bevorstehender Erklärung des heiligen Vater Unsers werden zu vernehmen haben.

Eingang.

Gleich wie aus andern Metallen, also hat man auch von Alters her aus dem Gold Pfennige gemünzet und geschlagen, und scheint es, daß von Alters her nicht allein die Verwechslung der Maaren, das Stechen und Tauschen, wie man's heute nennet, sondern auch die Münze in der Kaufmannschaft gebraucht worden.

Und wenn nun gemeldet wird, Abraham sei reich gewesen an Vieh, Silber und Gold (1 Mose 13, 2.); und bald hernach gedacht wird der tausend Silberlinge, welche Abimelech der Sarah geschenket (20, 16.), und dann der 400 Silberlinge, die im Kauf gang und gäbe gewesen, damit Abraham ihm ein Erbbegräbniß erkauft hat (23, 16.), so scheint aller Zweifel aufgehoben, und die güldene Münze schon zu Abrahams Zeiten gebräuchlich gewesen zu sein.

Sonst wird an dreien Orten der Schrift einer Münze gedacht, welche sie Kesitah nennet (1 Mos. 33, 19. Jos. 24, 32. Hiob 42, 1l.). Luther hat es an den beiden ersten Oertern einen Groschen, an dem letzten einen schönen Groschen verdeutschet, und obwohl die chaldäische Dolmetschung es ein Lamm auslegt, so ist doch fast gar nicht glaublich, daß Hiobs Freunde ihm nur ein einziges Lamm, oder einen geringen gemünzten Pfennig sollten zum Gedächtniß verehrt haben; sondern es wird ohn' allen Zweifel ein stattlicher, güldener Schaupfennig, der ein Großes werth gewesen seie. Was aber ferner das Gepräg der Münze betrifft, so waren auf der alten jüdischen Münze die Namen ihrer Könige gepräget, weil ihnen die Bilder darauf zu setzen, das Gesetz nicht vergönnete. Andere Völker aber haben wohlverdienter Regenten Bildniß auf ihre Münze gesetzet, damit ihrer löblichen Regierung nimmer bei ihnen vergessen würde, wie denn unserem Erlöser selbst eine solche römische Münze in die Hand gegeben wird, darauf sich des Kaisers Bild und Titel findet. Und dieser Gebrauch wird noch jetzo beibehalten; davon Reinard, Graf von Solms, in dem Buch vom Ursprung des teutschen Adels spricht: „die Münz ist eines Fürsten Glaub', und stehet sein Name, Wappen und Siegel darauf, gleichwie auf einem Brief, als eine gerechte und gute Waar.“

Was endlich den Werth der alten Goldmünzen angeht, so will ich nur das sagen, daß von Anfangs her die Münze zur Kaufmannschaft ist angewandt, weil außer Zweifel sich's mit mehrerer Bequemlichkeit also handeln lässet, als durch Tauschen und Verwechslung der Waaren. Deßhalben ist der größte Reichthum der Menschen in gemünztem Gold oder Silber bestanden, und hat hierauf der Mißbrauch bald einen Mammon und Abgott draus gemacht, und die Menschen also bethöret, daß sie Alles, Alles um Gold und Silber gekauft und verkauft haben.

Denn Geld, schreiet jetzo alle Welt. Geld ist der beste Freund auf der Welt. Wer kein Geld hat, der hat auch keinen Freund. Wo Geld kehrt und wend't, da hat alle Freundschaft ein End. Das Geld, sagt jener weise Mann, ist das fünfte Element, damit man Alles ausrichten kann. Jener Herr wollte einen harten Felsen zur Nothdurft seines Gebäues durchbrechen lassen, da sagten ihrer Viele, es wäre unmöglich, der Stein wäre zu hart, aber er antwortete: Mein Geld ist noch härter. „Ein Quintlein Goldes,“ sagt Guevara, der kluge Spanier, Carls V. Hofprediger, „wieget Mehr als ein Centner Gerechtigkeit. Nimm eine Unz oder Viertheil Gunst oder Geld, und nimm dagegen einen Scheffel voll Tugend und Kunst, so wiegt doch das Geld weit vor. Geld regiert die Welt, Geld ist die Welt, und die Welt ist Geld, zwei Personen in einem Wesen, und die dritte ist Thorheit.“

Weil denn nun besagtermaßen das gemünzte Gold und Geld allenthalben Alles gilt und vermag, so mochten wohl die frommsten Christen am übelsten d'ran sein, welche oftmals zwar den schönsten Sonnenglanz, aber selten und wohl nimmer den Goldesglanz im Hause haben, und die gemeiniglich mit dem Apostel Petro sagen: Gold und Silber habe ich nicht (Apostelg. 3,6.); aber sie haben eine weit bessere güldne Münz, die allenthalben gilt und aufgenommen wird, ja die auch im Himmel und in der Stadt Gottes, und im Lande der Lebendigen gang und gäbe ist, damit sie Mehr als die Welt mit allem ihrem Gold und Geld ausrichten können; das ist ihr andächtig und gläubig Gebet, welches wir aus dem dritten Stück unsers Katechismi nun ferner als eine hoch und überall giltige Münze zu betrachten haben. Gott der HErr segne unsere Arbeit, und laß es wohl gerathen zu Seinen Ehren und zu unserer Erbauung um Christi willen! Amen.

Abhandlung.

Wohlan, Alle, die ihr durstig seid, kommet her zum Wasser, und die ihr nicht Geld habt, kaufet und esset! Kommet her, kaufet ohne Geld, beide, Wein und Milch! spricht der HErr, unser Gott, beim Propheten Jesaia (55, 1). Da denn sehr merklich ist, daß Er saget: Die ihr nicht Geld habt, kaufet ohne Geld und umsonst. Was kann man doch ohne Geld kaufen? Man hält doch sonst nicht gar Viel davon, wann Einer ohne Geld kaufet, und was gekauft wird, wie hat Einer das umsonst? Ist mir recht, so ist nichts Anders mit solchen Worten angedeutet, als Dieses, daß, wenn schon die frommen Christen, die durstigen und schmachtigen Herzen und Gewissen nicht Geld haben, das auf Erden gilt, so haben sie doch Geld, das im Himmel gilt und geht, nemlich ihre Seufzer und Gebete, dadurch sie Alles vom Himmel herab erhalten können, wie wir nun ferner in Betrachtung solches geistlichen Goldes werden zu vernehmen haben.

Wir haben aber dabei anzusehen, I. die Vergleichung selbst, des Goldes nemlich und der Münze mit dem lieben Gebet. Und zwar anfangs, wie es nunmehro in und mit der Welt beschaffen ist, so kann man fast des Geldes nicht entbehren, und ist ohne dasselbe nirgend was auszurichten: Das Geld ist in aller Welt zu allen Dingen unentbehrlich; Geld und Güter sind zu jeder Zeit und allenthalben gewesen die Sehnen und Fugadern, ja die Seele und das Leben des Regiments und aller Verrichtung. Kaisers Karl v. Kriegsoberster. Lazarus Schwendi, wurde einmal gefragt, was vornemlich zu einem Krieg erfordert würde, und das Nöthigste sei? Er antwortete: „Geld.“ Was mehr? „Geld.“ Was mehr? „Geld“, damit anzuzeigen, das Vornehmste und Allernöthigste wäre Geld. Nun also ist's mit dem geistlichen Gold und Geld der wahren Christen bewandt: das Christentum, die Gottseligkeit, der Gottesdienst kann ohne Gebet nicht sein, und was ein Leib ist ohne Odem, das ist die Seele ohne Gebet. Ohne das geistliche Gold des lieben Gebets kann man Nichts ausrichten und den geistlichen Krieg wider den Fürsten dieser Welt nicht führen. Darum auch der Herr JEsus uns nicht allein zum Gebet fleißigst vermahnet, sondern auch ein schönes Formular zu beten uns selbst vorgeschrieben, ja mit Seinem eigenen Exempel uns die Notwendigkeit des lieben Gebets gezeiget hat, weil Er ganze Nächte im Gebet zugebracht (Matth. 7,7. Luk. 11, 1. ff.; 18, 1.; 6, 12.).

Und dieß haben alle liebe Heiligen Gottes wohl gewußt, darum sie allesammt des Gebets sich beflissen; Abraham, der Geliebte Gottes; Moses, der getreue Knecht des HErrn, mit dem Er redete als ein Mann mit seinem Freunde; Josua, der streitbare Fürst; David, der reiche König und Mann nach dem Herzen Gottes; Salomo, der weiseste unter den Königen; Daniel, der liebe Mann: wie reich, mächtig, weise und lieb sie Gott gewesen, so haben sie doch das liebe Gebet nicht versäumet, sondern sich desselben als eines im Himmel gangbaren Geldes in allen ihren Nöthen bedienet. Und zeige mir Einen von allen denen, die durch's Jammerthal nach dem Himmel gewandert sind, der sich nicht auf dieses geistliche Gold geschicket, und es immer als einen edlen Nothpfennig bei sich getragen haben sollte? Weil sie wohl gewußt, daß, wie an der Herren Höfen in der Welt ohne Gold und Geld nichts zu erhalten und auszurichten ist, also könne Einer am himmlischen Hofe, bei der Residenz des allermächtigsien Königs, ohne das liebe güldene Gebet zu seinem Verlangen nicht gelangen. Darum ihr, meine Liebsten, müsset ihr auch dazu sehen, daß ihr mit dieser geistlichen Goldmünze des andächtigen Gebets möget wohl versehen sein.

Weiter ist bekannt, daß auch die Münze zuweilen verfälschet, und mancher Einfältige betrogen wird; denn es gibt gute Münze, die von feinem Gold oder Silber geschlagen ist, und an Schrot und Korn untadelig erfunden wird; es gibt aber auch falsche Münze, die einen Zusatz von Messing oder Erz bekommen hat. und also sträflich ist. So ist's auch mit dem lieben Gebet bewandt; es ist ein Gebet, das rein, fein und lauter, und dann dero dem lieben Gott angenehm ist, welches aus demüthigem Herzen fließt, und im Namen JEsu Christi, mit ungezweifelter Zuversicht, nach Gottes Willen geschieht und vorgebracht wird. Es findet sich auch ein falsches Gebet, daran Gott keinen Gefallen hat, das nemlich, welches ohne Andacht, nur aus Gewohnheit, ohne Glauben, aus Heuchelei, um von den Leuten gesehen zu werden, ohne Liebe und Demuth geschieht, da man einen Zusatz thut von seiner eigenen Würdigkeit, oder von seinem Groll und Haß, und das Gebet mehr wider seinen Nächsten, als für sich selbst richtet. Wie denn mancher Mensch die böse Gewohnheit hat, daß, sobald er vermeinet, nur im Geringsten und in liederlichen Dingen von seinem Nächsten beleidigt zu sein, so betet er wider ihn, und wenn sofort der liebe Gott wollte, wie er, so müßte Er alsobald mit Donner und Blitz zu seinem Nächsten einschlagen. Aber ein Christ soll bedenken das, was der sanftmüthige Herr JEsus zu Seinen beiden eifrigen Jüngern, Jakobus und Johannes, sagt: Wisset ihr nicht, welches Geistes Kinder ihr seid? Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, der Menschen Seelen zu verderben, sondern zu erhalten (Luk. 9, 55. 56.). Er soll demnach nicht leicht das Aeußerste ergreifen, daß er wider seines Nächsten Wohlfahrt beten wollte, es sei denn, daß er gewiß wüßte, daß sein Nächster ein muthwilliger Frevler und ein beständiger Verfolger der himmlischen Wahrheit sei u. s. w.

Ferner kann man an der Goldmünze bemerken die äußere Gestalt, und zwar a) die Runde; denn es ist bekannt, daß die meiste alte und neue Münze rund, und darum zum täglichen Gebrauch am bequemsten ist. So muß nun auch unsere geistliche Goldmünze des lieben Gebets beschaffen sein; man muß nicht viel Plapperns machen, wie die Heiden, die da meinen, sie werden erhöret, wenn sie viele Worte machen (Matth. 6, 7.). Sondern Gott will gern wenig Wort und Viel Glaubens, Geistes und Andacht haben. Daß demnach die liebe Einfalt ihr keine Gedanken macht und zu machen hat, wann sie nicht viel Worte machen kann, weil oftmals die kurzen Stoßgebetlein: „Gott! sei mir Sünder gnädig!“ „JEsu, Du Sohn Davids, erbarme Dich mein!“ „Hilf mir, mein Gott!“ u. dgl., die besten sind. So haben sich auch dieselben gar Nichts einzubilden, die oft ein langes Gebet nach dem andern aus ihren Gebetbüchern daherlesen, welches ich an sich nicht verwerfe, aber ich wollte gerne, daß nicht allein der Mund, sondern auch das Herz beten sollte, und weiß nicht, ob nicht ihrer Viele auf solche Weise mehr darum beten, daß sie ihr vergüldetes, in Sammet und Seide geheftetes und mit Silber beschlagenes Gebetbuch sehen lassen, als daß sie ein Herz voll Glaubens und brünstiger Andacht vor Gott bringen wollen.

b) Das Bild und die Ueberschrift. Daß solches von Alters her auf der Münze gewesen, haben wir in Etwas im Eingang erwiesen, und bedarf hier keiner Weitläufigkeit. Nun unsere himmlische Goldmünze des lieben Gebets muß auch ihr Gepräge haben, nemlich ein solches, als uns der Herr JEsus vorgestellet hat, wenn Er uns also beten lehret: Vater unser, der du bist im Himmel! Es weiß unser Erlöser recht wohl, daß viel andere stattliche Titel seien, die Seinem himmlischen Vater zukommen, als, daß Er ein Herr, Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, ein Herr der Heerschaaren, ein großer und schrecklicher, ein allmächtiger, eifriger Gott und gerechter Richter heißt, aber er lässet Solches alles fahren, und setzet den süßen Vaternamen oben an auf unsere geistliche Goldmünze, und will demnach, daß das Gepräg soll sein:

1) ein kindliches Vertrauen. Wir sollen mit Seinem himmlischen Vater ganz kindlich und zuversichtlich reden und Ihn, wie die lieben Kinder ihren lieben Vater, lieben, anrufen, und in christlicher Einfalt uns alles Guts zu Ihm versehen: Es ist nicht zu sagen, wie herzlich wohl es dem himmlischen Vater gefalle, wenn man Ihn von Herzen Vater nennet, und sich aller väterlichen Vorsorge, Schutzes und Trostes zu Ihm sich versiebet; denn wie es Seine höchste Lust und Sein eigen Werk ist, wann Er väterlich mit uns verfahren und als ein liebreicher Vater Sein väterliches Herz mit allerlei Segen und Wohlthat über uns ausschütten kann; also hat Er auch Sein gnädiges Gefallen daran, wenn wir Solches mit dankbarem Herzen erkennen und Ihn als einen Vater lieben und ehren.

Weil aber der Herr JEsu uns heißet unsern Gott einen Vater nennen, so will Er uns auch damit auf Sich selbst, als Seines himmlischen Vaters vornehmstes und liebstes Kind, verwiesen haben, daß wir Seiner auch in unserm Gebet nicht vergessen sollen. Denn ob zwar Gott auch unser Vater ist nach der Schöpfung, so ist doch Solches nicht genug, weil Er auf die Weise auch der ungläubigen Heiden Vater ist; vornehmlich aber ist Er darum unser Vater, weil wir an Christum JEsum, Seinen lieben Sohn, glauben, wie Paulus lehret: Ihr seid allzumal Gottes Kinder durch den Glauben an Christum JEsum (Galat. 3, 26.), so muß nun auch der Name des Herrn JEsu auf unserer geistlichen Goldmünze stehen, das ist, wir müssen auf Seinen Namen, auf Sein Verdienst, auf Seine Fürbitte beten, wie Er selbst sagt: Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch, was ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, das wird Er euch geben (Joh. 16, 23.).

Es haben die lieben Alten auf ihrer Münze, groß und klein, das Kreuz Christi lassen prägen: wie man weiß, daß gewisse stattliche Goldstücke mit einem Kreuz bezeichnet sind; Sebastian, König in Portugal, hat lassen Dukaten schlagen, darauf ein Kreuz stehet mit der Beischrift: „In hoc signo vinces“ Als die Venetianer im Jahr 1693 die Vestung Palma in Friaul erbauen wollten, und den Grund dazu legen ließen, haben sie unter einen Eckstein etliche Goldstücke lassen legen, da auf der einen Seite das Bild des heil. Evangelisten Markus, auf dem andern der Abriß der Vestung, und inmitten ein Kreuz gestanden, mit der Zuschrift: „In hoc signo tuta“ So findet man auch alte Thaler des Hauses Brandenburg, darauf vier Scepter gepräget sind, so daß sie ein Kreuz machen, zwischen denselben stehen die Wappen, und umher auf dem Rande: „Si Deus pro nobis, quis contra nos?“ Die niedersächsischen Städte haben vor diesem auf aller ihrer Usualmünze das Kreuz lassen prägen mit allerhand nicht ungereimten Ueberschriften, als: Crux Christi nostra salus. Crux Christi gloria nostra. Homo cruce probatur. Homo cruce redemtus, und dergleichen.

Solch Gepräg des Kreuzes Christi JEsu muß auch unsere geistliche Gold- und Gebetsmünze haben, wenn sie im Himmel und vor Gott Etwas gelten soll, und wenn demnach ein Christ beten und sprechen will: Vater unser rc., so muß er dabei bedenken: Ach, mein Vater, ich bin wohl nicht werth, daß ich Dein Kind heißen soll weil ich Dich bisher nicht kindlich gefürchtet, geliebt und vertraut; aber Du bist dennoch mein Vater um Christi willen, an welchen ich glaube, und der mich Dich also zu nennen und anzurufen geheißen hat. Dessen nun haben sich vor Alters die Christen erinnert bei ihrer Art zu beten, weil sie im Gebet stehend, oder auf dem Angesicht liegend, allezeit die Arme gleich von sich gestreckt, und also auch mit ihrer Statur dem himmlischen Vater das Kreuz Seines lieben Sohnes vorstellen wollen; und wir können dieser Lehre auch eingedenk sein, wenn wir unsere Hände zum Gebet falten, da sich die Finger und absonderlich die Daumen kreuzweis übereinanderschlagen, und uns das Kreuz des Herrn JEsu vor Augen stellen, wie wir auch anderswo schon berichtet haben.

Das Gepräg unserer geistlichen Goldmünze muß sein 2) die brüderliche Liebe. Denn der Herr JEsus will nicht, daß wir mit uneinigem Herzen, und ein Jeder nur für sich, sondern mit brüderlichem Gemüth, und Einer für den Andern beten sollen, für unsere Mitbrüder und Mitschwestern, für Bekannte und Unbekannte, für Freunde und Feinde; welches der himmlische Betmeister anzeigen wollen, wann Er sagt, ihr sollt beten, Vaterunser, unser täglich Brod gib uns heute, vergib uns unsere Schulden u. s. w. Darum, wann du allein betest, so habe solche und dergleichen Gedanken: Himmlischer Vater, ich, Dein Kind, schreie jetzo zu Dir, an diesem Ort, in diesem Kämmerlein, in diesem verborgenen Winkel; ach! ich zweifle nicht, daß der Geist der Gnaden und des Gebets eben jetzo vielmehr andere Herzen auch treibt, daß sie Dich nebst mir anrufen, und wir bitten Dich nicht für uns allein, sondern für die ganze werthe Christenheit, ja für alle Menschen, daß Du uns Allen, was uns nütze und selig ist, geben wollest u. s. w.

So will auch das der Herr JEsus damit erinnert haben, daß wir uns oft sollen zusammen thun, und mit gesammter Hand und einmüthigem Glauben seinen himmlischen Vater anrufen; wie Er anderswo zu verstehen gibt, wenn Er sagt: Wo zwei unter euch eins werden auf Erden, warum es ist, daß sie bitten wollen, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel (Matth. 18, 19.), und Solches, will Er sagen, lasset euch nicht wundern, denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich mitten unter ihnen (v. 20.). Können nun zwei oder drei das erhalten, was wird denn eine ganze versammelte Gemeine dem lieben Gott nicht abbitten können? So Eines Gerechten Gebet Viel vermag, wenn's ernstlich ist (Jak. 5, 16.), was vermag denn vieler tausend Gerechten Gebet, wenn sie einmüthiglich im Namen JEsu Christi zu Gott schreien? Darum, meine Liebsten, verlasset und versäumet die Versammlung nicht! (Hebr. 10, 25.)

Wann nemlich die christliche Gemeine zum Hören göttlichen Worts und zum Gebet zusammenkommt, da kommen zusammen schwache und starke Beter; ist nun dein Gebet schwach, so gedenke, daß es der starke Rauch der Andern gleichsam mit in die Höhe nimmt, und ihr Alle um Christi willen erhöret werdet.

Das Gepräg unserer christlichen Goldmünze muß sein 3) die himmlische Andacht. Denn gleichwie ein gutes Goldstück einen feurigen Glanz hat, als wie die Sonne am Himmel, also muß unser Gebet mit feuriger Andacht gen Himmel gerichtet sein. Friedrich III., König in Dänemark, ließ, als er 1648 zu Copenhagen gekrönet wurde, güldene und silberne viereckigte Münze auswerfen, da auf der einen Seite stand sein Bildniß mit der Ueberschrift: Friedericus III. D. et Norv. Rex, auf der andern Seite ein Rauchfaß, mit dick aufschlagendem und gen Himmel fahrendem Rauch; auf dem Rauchfaß stand mit kleinen dunklen Buchstaben das lateinische Wort: Tandem! Endlich! darüber damals allerlei Gedanken fielen, was der Herr damit gemeinet hätte. So muß auch unsere Gebetsmünze beschaffen sein, das Rauchopfer unsers Gebets muß aus einem brünstigen Herzen gerad auf gen Himmel steigen; darum der Herr JEsus uns beten und sprechen heißt: Vater unser, der du bist im Himmel.

Dabei wir zwar nichts Irdisches uns einbilden müssen, als wenn Gott irgend an einem Ort wohnte lind wäre, wie auf Erden ein Fürst oder König auf seinem Schloß wohnet, oder, als wenn Gott der HErr etliche tausend Meilen von uns wäre; denn Gott ist nicht ferne von einem Jeglichen unter uns; denn in Ihm leben, weben und sind wir (Apostelg. 17, 27. 28.). Der HErr ist nahe Allen, die Ihn anrufen, Allen, die Ihn mit Ernst anrufen (Ps. 145, 18.), sondern wir müssen gedenken an den majestätischen Himmel, an das unbegreifliche Licht, darinnen Gott wohnet, an Seine Allmacht, Ehre, Herrlichkeit, Allgegenwärtigkeit, und daß Er also wohne in der Höhe, daß Er dennoch auch sei im Heiligthum, und bei denen, die zerschlagenen und demüthigen Geistes sind (Jes. 57, 15.). So will nun der himmlische Betmeister uns mit dem Wort „Himmel“ aufmuntern, daß wir die irdischen Sorgen und Gedanken zurücklassen und mit herzlicher Andacht und himmlischer Begierde beten sollen. Der Mensch muß schreien, spricht der gottselige Bernardus, und rufen in seinem Gebet, weil Gott, den er anbetet, im Himmel ist; es wird aber nicht das Geschrei des Mundes verstanden, dessen man im Gebet nicht allemal bedarf, weil Gott auch in den Grund unsres Herzens sehen kann, sondern das Geschrei des Glaubens, und die Andacht eines gottseligen Herzens. An unsrer geistlichen Goldmünze ist nun zu bemerken:

II. Die Benützung, oder der Gebrauch dieser edeln Münze, was wir nemlich damit ausrichten, was wir dafür kaufen können?

Wir können dadurch erlangen 1) Heiligkeit. Welches unser Erlöser andeutet, wann er uns beten lehret: Geheiliget werde Dein Name! Die Heiligkeit ist sonst nicht um Geld zu kaufen, wie. wohl sich die Mönche im Papstthum unterstanden haben, ihre und ihres Ordens Heiligkeit, Gebet, Fasten und sämmtliche übrige gute Werke Andern um Geld zu verkaufen, wie denn ehemals die Aebte des Ordens des Cistercienser, deren im Jahr 1213 52 im Kloster Walkenrede zusammen gewesen; Kaiser Otto IV. in die Gemeinschaft aller ihrer und ihres Ordens Verdienste und Werke haben aufgenommen; also sind auch annoch bei unserer St. Jakobskirche vorhanden solche alte Urkunden, daraus man diese große Blindheit zu ersehen hat.

Aber, ach! welche betrügliche Waare! Ach ! welch ein nichtiger vergeblicher und alberner Kauf ist das! Wer hat sein Lebenlang gehöret, daß Gottes Gnade und Barmherzigkeit um schnödes Geld verkauft werde? Petrus richtet den Zauberer Simon gewaltig ab und spricht: Daß du verdammt werdest mit deinem Gelde, daß du meinest, Gottes Gabe werde durch Geld erlanget! (Apostelg. 8,20.) Wer hat sein Lebenlang gehöret, daß man Etwas abkaufen könne dem, der es selbsten nicht hat? Nun haben ja diese blinden Leute selbst keine Heiligkeit und vor Gott gültige Werke gehabt, - wie haben sie denn andern armen und verblendeten Leuten dieselben verkaufen können? Besser ist's demnach, daß wir uns zu Gott wenden, und Ihn mit unserem Vater unser ersuchen, daß Er wolle Gnad geben, daß Sein heiliger Name in unsern Kirchen, Häusern, Werken und Herzensgedanken geheiliget werde, und wir also durch Seinen heiligen Namen mögen wieder geheiliget werden. Da aber wird Gottes Name recht geheiliget, wo man Sein heiliges Wort lauter und rein lehret, mit Andacht und Ehrerbietung das gepredigte Wort höret, und mit höchstem Fleiß, was man höret, zu Werk richtet.

Wann demnach ein Prediger gern wollte, daß Gottes Name durch ihn möchte geheiliget werden, daß er mochte ein heiliges und gesegnetes Gefäß sein, das mit heiliger Lehre, Unterricht und Trost viele Andere füllen, und sich und Andere durch die Predigt des Worts heiligen, bauen und bessern könnte, so kann er solche Gnade allein durch unsere geistliche Gebetsmünze erlangen, wann er zuvorher, ehe er auf die Kanzel gehet, viel andächtige Seufzer im Namen JEsu zu Gott hinaufrichtet und schicket, und spricht: „es werde, mein Gott, Dein heiliger Name auch durch mich geheiliget; laß mich sein ein Gefäß Deiner Barmherzigkeit und Werkzeug Deiner Gnade; fülle Du mein Herz, meinen Verstand und Gedächtniß, laß es mit heiliger, reiner Lehre, nöthiger Straf' und lieblichem Trost in alle Herzen meiner Zuhörer überfließen!“ Also auch ein Zuhörer und fleißiges Kirchenkind, so es will, daß es durch Gottes heiligen Namen geheiliget werde, so muß es auch seufzen und beten:

„Ach, lieber Gott, gib, daß heute und allezeit Dein heiliger Name auch in meinem Ohr und Herzen geheiliget werde, daß ich Dich in Deinem Diener mit großer Andacht und Lust reden höre, Dein heiliges Wort in meinem Herzen bewahre, und in allem meinem Thun, Denken, Dichten, Trachten, Reden und Schweigen mich darnach richte!“ Alsdann ist der heilige Geist kräftig durch's Wort, daß wir lernen je mehr und mehr wandeln vor Gott, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die Ihm gefällig ist.

Wir können für unsere geistliche Goldmünze kaufen 2) ein ganzes Reich. Nicht zwar ein weltliches Reich, dabei Nichts, denn Eitelkeit und Beschwer zu finden ist; sondern a) ein geistliches Gnadenreich, darinnen der Herr JEsus, der Friedefürst, der Herr der Herrlichkeit, König ist; Seine Unterthanen sind alle Seine Gläubigen, Seine Güter sind die, welche Er mit Seinem Blut und Verdienst ihnen erworben hat, als nemlich: die Vergebung der Sünden, die Versöhnung mit Gott, die Gerechtigkeit des Glaubens, der Friede des Gewissens, der Trost und Einwohnung des heiligen Geistes und die gewisse Hoffnung des ewigen Lebens. Wer wollte nun nicht gern in solchem Reich sein, und solcher himmlischen Güter genießen? Und das wird allein durch's Gebet erlanget, wenn wir sagen: Dein Reich komme! In der Meinung: Mein lieber himmlischer Vater, gib, daß ich in Deiner und Deines lieben Sohnes Erkenntniß täglich wachse und zunehme, daß Er mit Seiner Gnade und Liebe in mir herrsche und ich in Ihm und durch Ihn über Sünd, Tod, Teufel, Höll und Welt herrsche. Gib, daß Dein Gnadenreich in mir und allen Gläubigen bestehe und erhalten werde, und das arme Volk, so noch außer Deinem Reich, im Unglauben unter des Satans Reich stecket, zu Deinem Reich gebracht, und wir allesammt zum Himmelreich erhalten werden mögen.

b) Ein seliges Ehrenreich. Denn auf dasselbe ist auch die andere Bitte eingerichtet, daß ziemlich der HErr, unser Gott, mit Seinem lieben jüngsten Tage hereinbrechen und eilen, aus aller Trübsal uns erlösen, in den Himmel uns aufnehmen, und als Königen und Priestern die Krone der ewigen Ehr und Herrlichkeit aufsetzen wolle. Dieses seligen Reichs Zukunft zu beschleunigen, könnte zwar der liebe Gott mit keinem vergänglichen Golde bewogen werden, aber das Gebet der Gläubigen, die geistliche Goldmünze, kann es erhalten, wie denn der Herr JEsus spricht, daß die letzten betrübten Tage um der Auserwählten willen verkürzet werden, welche, weil sie Tag und Nacht zu Gott rufen, Er in einer Kürze erretten werde (Matth. 24, 22. Luk. 18, 7.). Darum laßt uns nicht aufhören zu seufzen:

Komm doch, komm doch. Du Richter groß,
Und mach uns in der Gnaden los
Von allem Uebel! Amen.

Wir können für unsere geistliche Goldmünze des Gebets kaufen 3) ein gottergebenes und gelassenes Herz, als der Herr JEsus selbst gehabt hat, der mitten in der Höllenangst, welche Seine Seele befallen hatte, Ihm dennoch allezeit vorbehielt, daß Er Nichts wider den Willen Seines himmlischen Vaters begehrte: „Vater,“ sprach Er, „willst Du, so nimm diesen Kelch von Mir, doch nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe!“ (Luk. 22, 42.) Wann wir an einem Andern eine sonderliche Gabe oder Tugend sehen und dieselbe mit unseren Gebrechen zusammenhalten, so pflegen wir wohl zu sagen: Ich wollte so oder so viel Geld darum geben, daß ich auch so wäre, wie Der oder Jener. Nun haben wir kein größeres Gebrechen als die Eigenwilligkeit, die uns manchmal in große Sünde und Unglück bringt; wie hingegen an dem Herrn JEsu es eine hellleuchtende göttliche Tugend ist, daß Er in so tiefer Demuth sich gar und gänzlich dem Willen Seines himmlischen Vaters unterwirft. Was wollten wir nun wohl darum geben, daß wir auch so wären? Mit vergänglichem Gold ist Nichts zu erkaufen; aber das liebe Gebet kann es von Gott erhalten; willst du demnach, daß dein Wille in Geduld, Demuth und Gottseligkeit dem göttlichen Willen untergeben sei, daß dem Teufel, der Welt und deinem Fleisch und Blut, welche dem göttlichen Willen allezeit widerstreben, gewehret, und dem guten Willen Gottes auf Erden, von dir und allen Menschen, als im Himmel von den heiligen Engeln, mit Freudigkeit nachgelebt werde, so bete fleißig: Dein Wille, himmlischer Vater, geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden!

Wir können für unser Gebet kaufen 4) das tägliche Brod, das ist: Alles, was wir zu des Leibes Leben und Nothdurft bedürfen: Unser täglich Brod gib uns heute! Das möchte Einem gleich Wunder dünken; denn ob man zwar bekennen muß, daß in den vorigen Dingen mit vergänglichem Gold und Geld Nichts auszurichten ist, so ist doch bekannt, was Gold und Geld in leiblicher Nothdurft vermag, weil Einer für Geld Alles haben und kaufen kann. Aber ihr, meine Liebsten, wer weiß nicht, daß zuweilen solche Zeiten sind eingefallen, da Einer mit Geld Nichts hat ausrichten, und für viel Gold nicht einen Bissen Brods bekommen können? Und zu dem, wenn Alles für Geld zu kaufen ist, wer läßt das Brod aus der Erde wachsen? Wer gibt dir die Fische im Wasser, die Vögel in der Luft? wer läßt dem Vieh das Gras und Futter wachsen, daß es groß und fett werden und uns zur Speise dienen kann? Ja, wer gibt uns den Pfennig, damit wir allerlei uns schaffen können? Thut's nicht der himmlische Vater? Freilich ja! Er gibt vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten, und füllet unsere Herzen mit Speise und Freude (Apostelg. 14, 17.). Er hat große Korn- und Schatzhäuser, Er hat Seine großen Thiergärten, Er hat große Fischteiche; die ganze Welt ist des lieben Gottes Markt, Acker und Wiese, die Flüsse und Ströme, die Wolken und Winde sind des lieben Gottes reicher Kram, der nimmer erschöpft werden kann, aus welchem Er Alles um die Goldmünze des lieben Gebets verkauft. Wer fleißig betet und arbeitet, den versorget der liebe himmlische Vater aus Seinem reichen Vorrath mit Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, und was er sonst zum Unterhalt seines dürftigen Leibs benöthiget ist.

Möcht' Einer sagen: Wie ist's denn um die Gottlosen, die wohl am Wenigsten beten, und haben oft von zeitlichen Gütern am Meisten? Die kommen mir vor, als die Diebe, die Etwas heimlich gestohlen, oder durch listige Diebsränke an sich gebracht haben, und können es nicht geruhig und sicher besitzen; also sind die Gottlosen; die haben, so zu sagen, dem lieben Gott, der ihnen eine Weile zusieht, Seine Güter gestohlen, weil sie dieselben mehrentheils durch ungerechte Mittel an sich bringen, und die lieben Armen berupfen und berauben; aber sie haben kein gutes Gewissen dabei, und müssen sich allemal versehen, daß der liebe Gott durch Seinen Häscher, den Tod, sie lasset einziehen, und sie aus dem Besitz aller ihrer Güter setzet. Und was sie haben, das gereicht ihnen und den Ihrigen nicht zum Segen, sondern zum Fluch, und ist ihnen ihr übel gewonnenes Gut nichts Anders, als ein Mittel, dadurch sie ihr Sündenmaaß desto eher voll machen. Wer aber, mit fleißiger Arbeit, vermittelst des Gebets, durch Gottes Segen Etwas erwirbt, der kann's mit gutem Gewissen besitzen, darf seine Augen, Hände und Herz freudig gen Himmel richten und seinem lieben Gott für alles Gute willig Dank sagen; und kann also sein täglich Brod mit geruhigem und vergnügtem Gemüth essen, welches einer der größten Schätze auf Erden ist.

Wir können auch für unsere geistliche Goldmünze 5) unsere Schulden bezahlen. Vergib uns unsere Schulden, wie wir vergeben unsern Schuldigern! Es ist Nichts beschwerlicher, als mit vielen Schulden beladen sein, zumal, wenn sie schon so hoch gestiegen sind, daß man sie mit allen Mitteln nicht abtragen kann. Plutarchus schreibt vom J. Cäsar, daß, ehe er noch zu einem Amt kommen, er schon 1300 Talent, oder 780,000 Kronen sei schuldig gewesen, und Appian berichtet, daß, als er nach verwaltetem Richteramt zu Rom nach Hispanien ziehen, und seine Creditoren ihn aufhalten wollten, er scherzend gesagt: Millies sibi opus, ut nihil haberet, er müßte wohl 2,500,000 Kronen haben, damit er Nichts hätte, d. i. daß er nur seine Schulden bezahlen möchte. Das war zwar eine große Schuld; aber ungleich größer sind die, damit wir dem lieben Gott verhaftet sind. Die sind theils von unsern Eltern auf uns geerbt, theils von uns selbst durch unser gottlos Leben gemacht; und wird wohl Niemand sein, der diese Sündenschuld leugnen, oder alle Posten, die in Gottes Register wider ihn stehen, wird zählen können. Denn, wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir auch die verborgenen Fehler! (Ps. 19, 13.) Ach! wenn ein Mensch alle seine Sünden, die er in einem Tag, in einer Woche, in einem Monat, in einem Jahr, begehet, sollte in ein Buch verzeichnet sehen (wie sie denn wahrlich in die göttlichen Gerichts: und Schuldbücher eingezeichnet werden), er würde davor grausam erschrecken, und sagen:

Wo soll ich fliehen hin.
Weil ich beschweret bin
Mit vieler Schuld und Sünden?
Wo soll ich Rettung finden?
Wenn alle Welt herkäme.
Mein' Angst sie nicht wegnähme.

Diese unsere große Schuld nun, die wir durch so mancherlei Uebertretung täglich vermehren und größer machen, ist dem Herrn JEsu wohlbekannt; darum gibt Er uns einen stattlichen güldenen Pfennig in die Hand, damit wir täglich und stündlich unsere Schuld bezahlen und richtig machen sollen. Nemlich: wir sollen in festem Vertrauen und Zuversicht auf Gottes Vaterherz und auf's Verdienst unsers Erlösers und das theure Lösegeld, so an unserer Statt verrichtet, von Herzen sagen: Vergib uns unsere Schulden! Darum, wer sein Herz und Gewissen mit solcher schweren Sündenschuld belästigt befindet, der gebrauche diese geistliche Goldmünze, und bitte in Demuth, daß sein sündliches Schuldregister mit dem theuren Blut Christi überzogen, und durchgestrichen werde.

Bei dieser Bitte aber setzt der HErr eine merkliche Clausel hin, und will, daß wir sollen hinzuthun: als wir vergeben unsern Schuldnern. Nicht zwar in der Meinung, als wenn wir mit unserer Willfertigkeit, dem Nächsten seine Schuld zu erlassen, die Vergebung unsrer Sünde bei Gott verdienen konnten, weil doch gar keine Vergleichung, zwischen den Fehlern unseres Nächsten gegen uns und unseren Sünden gegen Gott kann gemacht werden; sondern Er hat damit wollen andeuten die Nothwendigkeit der brüderlichen Versöhnung und Vergessung aller Fehler, damit uns unser Nächster zu nahe möchte getreten sein. Welches denn daraus noch klarer abzunehmen, wenn wir, wie auch der treffliche Kirchenlehrer Chrysostomus und nach ihm der Mann Gottes, Lutherus, bemerket, in Acht nehmen, daß der Herr JEsus in diesem Seinem Gebet sich bei allen Bitten der Kürze sonderlich beflissen, und nirgends einen Zusatz, als etwa bei der dritten, und vornehmlich bei dieser fünften Bitte gethan hat, da Er die merklichen Worte hinan hänget: als wir vergeben unsern Schuldigern.

Und lässet sich nun diese hohe Nothwendigkeit der brüderlichen Liebe und Versöhnung keineswegs mit nichtigen Glossen und Distinktionen heben, daß du wolltest nach gewohnter Art der Welt sagen: Ich bin der Personen Freund, und der Sachen Feind. Ach, die Distinktion und das bloße Vorgeben wird an jenem großen Tage vor dem allwissenden Richter der Lebendigen und der Todten den Stich nicht halten, sie wird den großen Zorn, Groll, Haß, die unsterbliche Feindschaft deines bittern, vergallten und unversöhnlichen Herzens nicht bemänteln können, und es ist wohl leicht gesagt: ich will der Person Freund, und der Sachen Feind sein, aber schwer, schwer prakticiret. Ich frage auch Alle, die ihr irgend Feindschaft gehabt, und im Widerwillen und Zank gelebt habt, oder noch lebet auf euer Gewissen, ob ihr euer Fleisch und Blut, und euere zur Sünde von Jugend auf geneigten Begierden also vollkömmlich zwingen und zähmen könnet, daß ihr die Person eures Feindes also liebet, daß ihr es gedenket vor dem Richterstuhl Christi JEsu zu verantworten, und damit zu bestehen?

Am besten ist die beste Arbeit; vergebet von Herzen ein Jedweder seinem Bruder seine Fehler, und hebet die Sache durch bequeme und taugliche Mittel auf, so wird sich auch die Liebe zur Person wieder finden; vergebet, sag ich, von Herzen, auch wenn euer Nächster diese Vergebung noch nicht verlangt und suchet. Das ist, so lang euer Nächster, der euch beleidigt hat, sein Unrecht nicht erkennet, so höret ihr doch nicht auf, Gott für ihn zu bitten, daß Er ihn zum Erkenntniß seiner Sünden bringen, und ihm dieselben aus Gnaden verzeihen wolle. Erbietet euch gegen euren lieben Gott aller geistlichen Willfährigkeit; und damit es an euch nicht fehle, so unterlasset nicht, alle Mittel zu suchen, und alle Gelegenheit zu ergreifen, die zur Versöhnung mit dem Nächsten dienen können, und das auch vornemlich darum, weil du, mein Mensch, nicht wissen kannst, ob allemal dein Nächster die größte Schuld hat. Wie? wenn er sich eben so sehr und mehr über dich, als du über ihn zu beschweren hätte? Wie? wenn dich in deiner eigenen Sache dein Urtheil betröge? (wie denn Niemand in seinen eigenen Dingen klug genug ist, und die meisten Menschen durch Eigenliebe von sich selbst betrogen werden). Wie? wenn dich der Tod übereilete und dir vor Gottes Richterstuhl dein Unrecht, das du im Leben aus Feindschaft, Haß und Neid, aus Ehrsucht und Eigenliebe nicht hast sehen können, handgreiflich vor Augen gestellet würde, und wenn dir vor großer Angst dein Unterschiedmachen zwischen der Sache und Person, dein Vorwand, der Sachen Feind und der Person Freund zu sein, nicht einfallen wollte? Darum: Irre dich nicht, Gott lässet Sich nicht spotten! (Gal. 6, 7.) Sei vielmehr willfertig deinem Widersacher bald, dieweil du noch mit ihm auf dem Wege bist! (Matth. 5, 25.)

Wir können mit unserem Gebet, als der geistlichen Goldmünze, 6) uns aus großer Gefahr losreißen Führe uns nicht in Versuchung!

Man hat Exempel, daß vornehme und hohe Leute zuweilen ihren Feinden, von denen sie verfolgt wurden, entkommen sind, indem sie viel Goldstücke, die sie auf den Nothfall bei sich gehabt, ihnen vorgeworfen; da indessen die Feinde sich mit Auflesung derselben aufgehalten, haben sie einen großen Vorsprung erreicht. Viele haben sich aus einem harten Gefängniß durch Gold und Geld losgewirket, wann sie die Wächter bestochen; Viele haben andere augenscheinliche Gefahr durch Geld von sich abgekehret. Nun ist Niemand täglich in größerer Gefahr, als ein gläubiger Christ, der alle Stund und Augenblick vom Teufel, von der Welt und seinem Fleisch und Blut versuchet, beängstiget, verfolget und geplaget wird, indem sie ihn bald zur fleischlichen Lust, Geiz, eitler Ehre, Ruchlosigkeit und Sicherheit, bald zu Kleinmüthigkeit, Ungeduld, Verzweiflung u. dgl. verleiten wollen. Aber da ist kein bewährteres Mittel, als ein gläubiges und andächtiges Gebet, wann man von Herzen bittet, daß uns der liebe Gott entweder gar nicht, oder doch nicht über unser Vermögen wolle versuchen lassen, und durch Seinen heiligen Geist unsre Herzen also befestigen und versichern, daß der Teufel mit allen seinen listigen Anläufen zu Schanden werden müsse.

Endlich 7) können wir mit unsrem geistlichen Gebetsgold von uns alles Uebel abwälzen. Erlöse uns von dem Uebel! Zwar in allen andern Bitten ist allezeit das miteingeschlossen, daß wir neben Erlangung des Guten auch die Abwendung des Bösen bitten, wie Luther in seinem Buch wider den Meuchler zu Dresden sagt: „Ich kann nicht beten; ich muß dabei fluchen. Soll ich sagen: “„Geheiliget werde Dein Name!“„ muß ich dabei sagen: “„Verflucht, verdammt, geschändet müsse werden der Name Aller, die Deinen Namen lästern“„ u. s. w. Soll ich sagen: „Dein Reich komme!“ so muß ich dabei sagen: „Verflucht, verdammt und verstöret müssen werden alle Reiche auf Erden, die Deinem Reich zuwider sind!“ Soll ich sagen: „Dein Wille geschehe!“ so muß ich dabei sagen: „Verflucht, verdammt, geschändet und zu Nichts, müssen werden alle Gedanken und Anschläge Aller, die wider Deinen Willen und Rath streben!“ Aber dabei kann ich unerinnert nicht lassen, daß nicht ein Jedweder, der nicht mit halsstarrigen, gotteslästerlichen, boshaftigen und verstockten Leuten zu thun hat, diese Worte für sich anziehen und seine Schmähung und Lästerung, sein Fluchen und Toben wider seine vermeinten Feinde damit beschönen kann, wie mancher Einfältige wohl meinen möchte. Denn wenn ich meinem Nächsten, der nebst mir der reinen evangelischen Religion von Herzen zugethan ist, und der mir kaum das Wasser getrübet hätte, alsbald wollte fluchen, ihn einen Teufel, Lästerer, Bösewicht heißen und mit einem solchen Vater unser vor Gott aufgezogen kommen: Lieber Vater, geheiliget werde Dein Name; aber der und der, mein Feind und sein Name werde verflucht, geschändet und verdammet u. s. w.; wäre das nicht schön gebetet? hieße das nicht Christi Vermahnung in Acht genommen, der da sagt: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, thut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel (Matth. 5, 44.).

So ist nun dieß nicht die Meinung, weder der vorigen, noch der siebenten und letzten Bitte, sondern weil wir hie im Jammerthal, im Angstmeer und im Elend sind, und uns täglich allerlei Uebels und Unglücks an Leib, See!', Gut oder Ehre befahren müssen, so bitten wir Gott von Herzen in dieser letzten, als einem kurzen Auszug aller andern Bitten, daß Er alles Unglück und was uns an Leib und Seel', Gut oder Ehre schädlich ist, mächtiglich abwenden, dem Teufel, dem rechten Unglücksvogel und Schadenfroh, steuren und wehren, was aber an Leib und Seel' uns nütz und selig ist, väterlich bescherten und endlich durch ein seliges Ende aus allem Uebel uns erlösen wolle. Ach! ein selig's Ende, dadurch man allem Uebel entgeht und zum Besitz des ewigen Guts einschreitet, wie ein theurer Schatz ist das! wird aber mit keinem vergänglichen Gold erkauft; sonst würde kein Reicher dieser Welt unselig sterben; allein unsre geistliche Goldmünze, das gläubige Gebet, kann diese Waar erhalten. Darum wir in unsrem ganzen Leben darum bitten sollen, daß wir dermaleins durch ein seliges Ende allem Uebel entgehen mögen!

III. Ist bei unsrer geistlichen Goldmünze zu betrachten übrig: die Vergewisserung oder Versicherung. Denn es kann gefragt werden, ob diesem Allem auch also sei, und ob unser Gebet als eine geistliche güldene Münze im Himmel gelte? Der Herr JEsus saget: Ja und Amen! es sei ihm also. Denn sonst müßte es unsrem himmlischen Vater am Willen oder Vermögen fehlen. Nicht am Willen; denn Er ist unser Vater und hat uns aus väterlicher Liebe und unbegreiflicher Barmherzigkeit Seinen Sohn geschenket, wie sollte Er uns mit Ihm nicht Alles schenken? (Röm. 8, 32.) Nicht am Vermögen; denn Sein ist ja das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit; Er hat ja über Alles zu gebieten und wenn Er spricht, so geschieht es; wenn Er gebeut, so stehet es da (Ps. 33, 9.). Zwar jener König in Israel konnte dem armen Weibe nicht helfen (2 Kön. 6, 27.); Alexander der Große, wie groß und mächtig er war, so konnte er doch den Gymnosophisten die Unsterblichkeit und dem Diogenes die Sonnenstrahlen nicht geben. Aber bei unsrem Gott, unsrem König, ist kein Ding unmöglich (Luk. 1, 37.). Drum dürfen wir nicht zweifeln, sondern mit Freuden sprechen: Amen!

Nun ist noch übrig, daß wir zeigen, wie wir dieß Alles gebrauchen sollen.

1) Zum christlichen Leben. - Gewiß das vornehmste Stück des christlichen Lebens ist das gläubige Gebet. Das sind die Waffen eines christlichen Ritters; das ist das Räuchwerk eines christlichen, geistlichen Priesters; das ist das Gespräch der christlichen Braut, einer gläubigen Seele mit Gott; das ist das Zehrgeld eines christlichen Pilgrims, der durch die betrübte Welt nach dem Himmel reiset. Wollet ihr nun, meine Zuhörer, nicht allein den Schein, sondern auch die Kraft und wahrhaftigen Ruhm eines christlichen Lebens haben, so müsset ihr das liebe Gebet nickt versäumen. Der ist nicht ein christlicher Christ, sondern ein Heuchler und heidnischer Christ, der nicht fleißig betet; und bei dem ist nicht Gottes Gnad und Segen. Darum, meine lieben Christen, damit ihr sein möget, was ihr heißet, so lasset unter allen euren Geschäften das vornehmste sein das Beten; greifet des Morgens Nichts an, ehe ihr gebetet habet. Gestattet auch euren Kindern nicht, daß sie das Gebet liederlich versäumen; sondern haltet sie dazu, daß sie alle Morgen in eurer Gegenwart heilige Hände aufheben und andächtig zu Gott beten müssen; denn auf solche Weise werdet ihr eine Gewohnheit bei ihnen stiften, die sie auch behalten, wenn sie schon erwachsen sind, und dünket ihnen all' ihr Lebetage, ihnen sei nicht recht, wenn sie des Morgens nicht fleißig gebetet haben, sie machen ihnen ein Gewissen darüber, wenn sie etwa das Gebet unterlassen haben und bemühen sich hernach, es wieder einzubringen.

Vergönnet auch eurem Gesinde und Taglöhnern gern, ja haltet sie dazu, daß sie beten müssen. Und macht es nicht wie jener Bürger zu Cassel, dessen Tochter kam zum Prediger in den Beichtstuhl und ward aus dem Catechismus gefragt, wußte aber Nichts zu antworten. Der Prediger fragt weiter: ob sie denn nicht beten könne? sie antwortet: Nein! sie beten auch in ihrem Hause weder vor, noch nach Tisch; denn wenn die Speisen aufgesetzet, spreche ihr Vater: „Herbei! Herbei! setzet euch und esset flugs, daß ihr desto eher wieder zur Arbeit kommet“; nach der Mahlzeit sage er: „Gehet hin, lasset die beten, die Zeit dazu haben!“ Hie pflegen es die Taglöhner also zu halten, daß sie nach der Mahlzeit ohne Gebet vom Tisch aufstehen : das ist eine böse Gewohnheit. Ich finde das in der Schrift, daß sie saget (5 Mos. 8, 10.): Wann du gegessen hast und satt bist, sollst du den HErrn, deinen Gott, loben für das gute Land (für das gute Essen und Trinken), das Er dir gegeben hat. Darum, wenn ihr so viel Zeit habt und nehmet zu essen, so nehmet auch so viel Zeit zu beten, auf daß ihr Gott nicht erzürnet und Er Seinen Segen euch entziehe.

2) Zum geduldigen Leiden. Es ist gewiß in Kreuz und Trübsal nicht der geringste Trost, daß wir wissen und glauben, daß wir ganz ungescheuet zu Gott kommen, Ihn unsern Vater nennen, unser betrübtes Herz in Seinen väterlichen Schoos ausschütten und Hilfe, Rath, Trost und Rettung bei Ihm suchen dürfen, ja daß wir uns derselben gewiß versehen mögen. Was ist einem tröstlicher, als wenn er in seinem Unglück einen getreuen Freund hat, dem er sein Leid klagen und sein Anliegen kühnlich entdecken und alle mögliche Hilfe von ihm erwarten darf? Nun, Gott ist der beste Freund, der allezeit getreu verbleibet; der höret uns nicht allein gern, sondern erhöret uns auch. Ach! wird ein gottseliges Herz gedenken, möcht ich das nur wissen, daß mein Gebet erhöret würde, daß mein Geschrei vor Seine Ohren käme, daß meine Thränen, die mir die Wangen hinabfließen, über sich steigen und bei Ihm gezählet und gezeichnet wären; so wollt' ich mich wohl zufrieden geben; denn eben das ist mein größtes Anliegen, daß ich mir oft die sorglichen Gedanken mache, Gott achte mein Gebet nicht; Er höre nicht, was ich klage; Er sehe nicht, was ich meine, oder wolle es nicht hören und sehen.

Nun sei getrost, du gottseliges Herz! Gib dich zufrieden! So wahr als Gott ein Gott, ein Vater und Herr ist über Alles, so wahr als Gott alle Dinge weiß, so wahr ist auch dein, Seines Kindes, Gebet erhöret. Vor Ihm ist all' deine Begierde und dein Seufzen ist Ihm nicht verborgen (Ps. 38, 10.). Aber

Gott ist deiner Liebe voll
Und von ganzem Herzen treu;
Wann du wünschest, prüft Er wohl,
Wie dein Wunsch beschaffen sei:
Ist dir's gut, so geht Er's ein.
Ist's dein Schade, spricht Er Nein!

Manchesmal ist die Sache, die du bittest, dir wohl gut, aber zu der Zeit noch nicht; darum muß der liebe Gott die Erhörung aufschieben. Indessen sei geduldig und harre des HErrn, und sei daran vergnüget, wann du verspürest, daß Gottes heiliger Name auch in deinem Herzen durch Sein Wort geheiliget, daß das Reich der Gnade auch in dir erbauet, der Wille Gottes auch an dir vollbracht, der Unterhalt des dürftigen Leibes dir auch, so viel dir selig ist, gereichet und deine Sündenschuld dir aus Gnaden erlassen wird; endlich wird das Andre auch folgen, daß du aus aller Versuchung und Anfechtung ausgeführet und von allem Uebel wirst erlöset werden.

3) Zum seligen Sterben. Im letzten Stündlein ist wohl Nichts besser, als das liebe Gebet, daß man zu Gott, dem himmlischen Vater, schreie mit Mund und Herzen, so lang man kann; und wann man dereinst nicht mehr reden kann, so wissen wir, daß Gott nimmt den letzten Seufzer an. Dabei müssen wir denn diese und dergleichen gute Gedanken haben, daß wir zwar, weil wir in der Welt und im Fleisch gelebt, gern hätten gewollt, daß der Name Gottes vollkommentlich geheiliget würde, aber weil alles unser Thun in Unvollkommenheit bestanden, so werden wir nunmehr dahin kommen, da vollkommene Heiligkeit und Gerechtigkeit wohnet, da alle heiligen Engel und Auserwählten das Heilig! Heilig! Heilig ist Gott! ewig anstimmen; wir werden nunmehr in das Reich der Ehren und Herrlichkeit gelangen, da der Wille Gottes von allen Himmelsbürgern vollkommentlich vollbracht wird, da wir nicht mehr wegen des täglichen Brods und wessen wir zur Erhaltung des elenden Lebens benöthiget, uns bekümmern dürfen, da alle unsre Sündenschuld ewig zugedeckt sein und bleiben, und uns keine Versuchung, kein Uebel, kein Unglück, kein Elend, keine Noth noch Tod mehr anfechten und betrüben werden. In solchen Gedanken können wir fröhlich sagen:

Amen! Amen!
Komm, o Sonne,
Meine Wonne!
Bleib' nicht lange.
Daß ich ewig dich umfange!

Amen, in JEsu Namen! Amen!

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