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Schopf, Otto - Gott ist Liebe

Schopf, Otto - Gott ist Liebe

Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.
1.Johannes 4,16.

Erinnert ihr euch jener ergreifenden Geschichte aus 1.Mose 21,14, wie Ismael, der Spötter, samt seiner Mutter in der Wüste umherirrte, wie sie beide dem Verschmachten nahe sind und die verzweifelnde Mutter ihr Kind unter einen der Sträucher wirft, die selbst in der Wüste noch ihr kümmerliches Dasein fristen; wie Hagar einen Bogenschuß weit davon sich niedersetzt, um das Sterben ihres Kindes nicht mitansehen zu müssen, und wie sie nun ihre Stimme erhebt und bitterlich weint? Und wie dann plötzlich in der höchsten Not der Engel des Herrn ihr sein tröstliches: „Fürchte dich nicht, Hagar,“ zuruft, ihr die Augen öffnet, so daß sie auf einmal ganz in der Nähe einen Wasserbrunnen gewahr wird, aus dem sie ihr Kind tränkt, das dann vom Herrn noch die gnädige Verheißung mitbekommt, daß er ein großes Volk aus ihm machen wolle? („Und Gott war mit dem Knaben,“ so fügt dann der heilige Erzähler noch hinzu.)

Diese Geschichte trat mir vor die Seele, als ich über unser heutiges Schriftwort nachdachte, denn ich mußte an so manchen denken hier und draußen vor unserer Tür in der weiten, weiten Welt, der wie ein Ismael umherirrt in der Wüste dieses Lebens. Und, wie es in der Wüste manchmal vorkommt, daß infolge der eigentümlichen Lichtspiegelung in den erwärmten, ruhenden Luftschichten der Wanderer einen leicht bewegten See in nicht allzugroßer Entfernung zu sehen glaubt, so wendet sich auch mancher Ismael betrogen von dem trügerischen Schein der Welt bald dahin, bald dorthin, um seine nach Frieden lechzende Seele zu stillen. „Sie essen und sind doch nicht satt, sie trinken, doch das Herz bleibt matt, denn es ist alles Trügen.“ Und doch gibt es ganz in der Nähe und leicht für jeden erreichbar einen Brunnen lebendigen Wassers, der allen Durst unbefriedigter Herzen auf ewig stillt! Was kein Vergnügen dieser Erde, keine Macht der Welt, selbst die Liebe einer Mutter nicht vermag, das kann ein jeder an diesem Brunnen lebendigen Wassers finden.

O Ismael, o Hagar! Wenn ihr hier seid, bitte höret heute zu. Wenn es uns schon so schmerzt, daß wir’s zuweilen kaum ertragen können, wenn wir sehen, wie ihr den trügerischen Luftgespinsten dieser Welt nacheilt, welche Qual würde es erst für euch sein, wenn ihr spät, am Ende gar zu spät, euren Irrtum gewahr werdet und viel weiter weg seid vom Lebensborn als heute.

Und ihr, lieben Freunde, die ihr euch hingesetzt habt, um zu weinen, steht auf, der Heilquell ist nicht weit; fürchtet euch nicht, öffnet eure Augen und sehet, ihr sollt das Rauschen des Quells hören und ihr sollt trinken davon, so wahr Gott die Liebe ist.

Ja, Gottes Liebe, dieses alte und doch ewig neue Thema wollen wir heute zum Gegenstand unseres Nachdenkens machen, o, daß wir alle sie erkennen und glauben und in ihr bleiben möchten und Gott in uns!

Jedermann hört es gerne, wenn man ihm von jemandem sagt: du, der hat dich aber lieb; jedermann verlangt nach einem Herzen, das so recht ihn liebt, ihn versteht, für ihn sorgt, selbst der rauhste Mensch, der es sich nicht eingestehen und nicht merken lassen will, wie wohl im Mutterliebe und jede freundliche Aufmerksamkeit irgend eines Menschen tut. Und wenn mancher so unzufrieden und unstät durchs Leben geht, bald da bald dorthin läuft, so ist der verborgene Grund der, daß er keine Seele weiß und zu haben meint, die ihn liebt. Und doch ist Gott die Liebe.

Wenn die Sünde unser Auge nicht getrübt, unser Denken nicht so träge gemacht und abgestumpft hätte, müßte schon die Schöpfung Gottes es uns innig nahebringen, daß Gott die Liebe ist.

Oder ist es nicht eine von Liebe ebensowohl als von Weisheit und Kraft regierte Hand, die die Erde voll von seiner Güte gemacht hat? Wenn die goldene Sonne einem ins Zimmer hineinscheint, wenn die Sterne so freundlich vom Himmel herunterblicken, wenn ein Bächlein so freundlich plätschert und die Blumen in ihrer bunten Pracht so lieblich duften, müßte man da nicht schon darüber nachdenken: Warum ist das auch alles so lieblich, könnte das nicht alles auch unschön sein und abstoßend?

Warum denn nicht einerlei Farben, sondern tausenderlei, warum nicht einerlei Töne, sondern so mannigfaltige und so herrliche, warum ist der Zucker so süß und das Obst so saftig und jede Birne hat ihren eigenen Wohlgeschmack und Millionen von Bienen sind an der Arbeit, um für uns Sünder Honig zu sammeln, und Millionen von Vögeln singen uns ihr Lied und Millionen von Schmetterlingen flattern umher, damit Millionen von Kindern eine Freude haben!

Warum hat Gott die Welt so schön gemacht und uns solche Sonne gegeben, daß wir all diese Schönheit sehen und ein Herz, das sich darüber freuen kann? Warum anders, als damit wir schmecken und sehen möchten, daß Gott die Liebe ist!

Ihr Bergleute, die ihr ein paar hundert Meter tief hinabfahrt in die Tiefe der Erde, findet ihr nicht auch da drunten die Wahrheit bestätigt, daß Gott die Liebe ist? Oder hat er nicht da drunten Milliarden von Zentnern Kohlen aufgespeichert, damit wir damit unsere Oefen heizen und unsere Speisen kochen könnten? Und wo habt ihr Schlägel und Eisen her und den hölzernen Stiel daran, woher haben wir unsere Kleider, die uns wärmen und schmücken, das Brot, das wir essen, wer hat uns das Baumaterial hergerichtet zu unserm Haus? Wer hat dafür gesorgt, daß wir nicht in finstern Räumen sitzen müssen, sondern daß es diesen eigentümlichen Stoff gibt, den man Glas nennt, und der die freundlichen Lichtstrahlen hereinläßt in unser Zimmer und den Wind hinausbannt? Wer hat an uns gedacht, daß auch am Abend, wenn es finster ist, ein freundliches Licht das Dunkel erhellt? Der Gott, der die Liebe ist! O daß wir Augen hätten, um zu sehen, wie alles um uns herum uns zeugt von einer großen, reichen, zarten Liebe, die für das Größte wie fürs Kleinste denkt und sorgt. Manchmal steht man sinnend still und staunt und fragt: warum, warum hat der große herrliche Gott sich so viel Mühe mit uns gegeben, uns so reich beschenkt, uns Sünder? O, daß die Steine unserer Häuser zu uns reden möchten und wir eines jeglichen Dinges Zunge und Stimme vernähmen, damit es immer brennender und unauslöschlicher uns ins Herz geschrieben würde: Gott ist die Liebe!

Wir können nicht reden von all den tausend Wundern seiner Liebe, in der Zusammenordnung der Dinge; je tiefer wir uns vertiefen in die Natur und ihre Gesetze, desto mehr kommen wir dankerfüllt zurück von der namenlosen Liebe dessen, der sie geschaffen.

Doch laßt uns auf ein anderes Meisterstück seiner Liebe einen kurzen Blick werfen, laßt uns hineinsehen in die Geschichte der Menschheit, und zwar in die Geschichte des Volkes, um das er sich besonders bemüht, das seine Liebe besonders auf die Probe gestellt hat. Wenn der Apostel von der Liebe sagt: sie ist langmütig, sie ist gütig, sie trägt alles, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, - o, wie trifft das zu auf die Liebe, die Jehova seinem Bundesvolk erwiesen hat. Denkt an die Zeit der Wüstenwanderung, wie trägt er sie da, wie auf Adlersfittigen, wie ein Mann seinen Sohn trägt.

Denkt ans Rote Meer, an Marah, an Massa und Meriba, an ihr Murren daselbst, wie sie murren über’s Brot, und er gibt ihnen, über Wassermangel, und er reicht ihnen dar, wie sie Fleisch begehren, und sie empfangen es trotz des goldenen Kalbes, trotz der Vermischung mit den Midianitern, trotz Unglauben und Aberglauben aller Art. Er ist langmütig, freundlich und läßt sich nicht erbittern, ist gütig und trägt jahrhundertelang sein halsstarriges Volk, trägt die Sünden des Volkes, trägt die Sünden seiner erleuchteten und besonders begnadigten Knechte.

Denkt, wie er bei Mose Mühe hatte, bis er gehen wollte, wohin er gesandt war, denkt an Aaron und Miriam, wie sie sich vergingen, denkt an Elias unter dem Wacholder, an Samuel nach Sauls Verwerfung, oder an den mit seinem Gott hadernden Jonas. Er, der große Gott, läßt sich herab, sich zu rechtfertigen gegenüber seinen Knechten, sie zu bereden und zu belehren, bis ihre schwachen, unverständigen, widerspenstigen und trägen Herzen verstehen, offenbar geworden die Liebe Gottes (1. Joh. 4,9) – worin? hierin, daß Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat, daß die Welt durch ihn leben möchte. Ja, in ihm, dem Sohne seiner Liebe, da ist des Vaters Liebe enthüllt, in dieser unaussprechlichen Gabe ist es uns unwidersprechlich gezeigt: Also hat Gott die Welt geliebt! Wir mögen Jesum betrachten von welcher Seite wir wollen, immer ist er eine unendliche Offenbarung der Liebe des Vaters. Bleiben wir zunächst einmal bei den Worten „geben“ und „Gabe“ stehen zunächst einmal bei den Worten „geben“ und „Gabe“ stehen und betrachten wir ihn als “Gabe“. Von der Größe unserer Liebe zu jemand hängt es ab, was wir ihm geben. Für Fernstehende haben wir oft wenig übrig, während wir unseren Nächsten gerne so große Geschenke als nur möglich machen. Welch ein Geschenk hat Gott uns gemacht in Jesu!

Er hat Gaben empfangen für die Menschen, selbst für die Abtrünnigen (Eph. 4). Sehen wir an, welche Macht der Heiland besitzt, Macht des Wortes, Macht des Blickes, Macht zu heilen, Macht über die Elemente, macht über die Geschöpfe Gottes, Pflanzen und Tiere, Teufel und Engel, Macht über Leben und Tod. Und welche Tugenden, welche Sanftmut, welche Demut, welche Freundlichkeit, Gerechtigkeit, Geduld, Ernst und welche namenlose Liebe!

Er, der voll Wahrheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösermacht ist, ist uns gemacht zur Weisheit, und alle seine Tugenden und Kräfte kann und soll er uns mitteilen und alles, was er bei seinem Vater gesehen und gehört hat, soll er uns kundtun. So ist er Licht und Leben für die Welt. Und all das ist er nicht, weil wir es erfleht, erarbeitet, verdient hätten, sondern weil Gott die Welt also liebte.

Aber diese unaussprechliche Gabe ist nicht nur ein Mensch, ein besonders begabter Mensch, nicht nur ein Engel Jehovas, nein, es ist Gottes Sohn. Der Sohn, an dem der Vater Wohlgefallen hat. Den schickt er uns, den gibt er uns. hat denn der König der Könige nicht Knechte genug? Gewiß, aber er sendet den Sohn. Hat er denn nicht Wege genug, zu uns zu reden? Jawohl, aber der Weg ist der Sohn und aufs letzte hat er zu uns geredet durch den Sohn (Ebr. 1). Wir empfinden es alle, was das ist, wenn jemand uns nicht einen Dienstboten schickt, sondern sein Kind. Den Sohn macht er uns gleich, um uns ihm gleich machen zu können. Christus erniedrigte sich selbst, aber des Vaters Liebesgedanke und Ratschluß war es, daß er so tief sich herabneigen wollte, uns den Sohn zu geben, aber nicht bloß ihn zu geben als Gabe, die uns bereichern, als Vorbild, dem wir nacheifern, als Besuch, der uns ehren, als Freund, der unsere Gesellschaft teilen sollte, hat der Vater ihn gegeben, sondern als Opfer für unsere Sünde, als Lösegeld für unsere Schuld; er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt. Er hat seines eingeborenen Sohnes nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben, auf daß wir in ihm würden die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.

Sehet, sehet, welche Liebe
Hat der Vater uns erzeigt;
Sehet, wie er voll Erbarmen,
Ueber uns sein Antlitz neigt;
Seht, wie er das Allerbeste
Für das Allerschlechtste gibt,
Seinen Sohn für unsre Sünden,
Sehet, seht, wie er uns liebt!

Doch nicht nur in dem, was Jesus hat und ist, offenbart sich uns des Vaters Liebe, sondern auch in dem, wie er ist. Wer mich siehet, der siehet den Vater, sagt der Herr. Ich bin nicht allein, sondern der Vater ist bei mir, der Vater gibt die Worte, der Vater tut die Werke.

Gott tritt einem viel näher, wenn man das Leben Jesu unter diesem Gesichtspunkt betrachtet. So wie Jesus handelt, redet, gesinnt ist, so ist der Vater gesinnt, so redet er und handelt er. So ist Gott gesinnt gegen die Zöllner und die Pharisäer, gegen die Kinder und die Armen, gegen die Kranken und gegen die Verbrecher.

Und des Vaters Liebesabsichten mit uns sind uns auch verständlicher, wenn wir hören und sehen, daß wir Jesu Fußstapfen nachfolgen, daß wir sein sollen wie er ist und ihm gleich sein werden. Ein Gedanke, den auszudenken wir nicht vermögen.

Und wenn Jesus wiederkommen und des Vaters Gedanken und Willen vollenden wird, dann erst werden wir noch ganz anders versehen, wie groß des Vaters Liebe ist.

Und wenn wir nun bedenken, daß diese Liebe, die uns in Jesu vollkommen offenbart ist, der Welt gilt, daß Gott die Welt so liebte, daß Gott die Welt selig machen wollte (Joh. 3,17), daß Jesus der Welt Heiland ist, daß Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit ihm selber, so daß Jesus nicht für unsere Sünden allein, sondern für der ganzen Welt Sünden die Versöhnung ist (1. Joh. 2,2), dann müssen wir mit dem Dichter ausrufen:

Ich sehe dich mit Staunen an
Und kann nicht satt mich sehen,
Und weil ich nicht mehr weiter kann,
So bleib ich sinnend stehen.
O, daß mein Sinn ein Abgrund wär
Und meine Seel’ ein tiefes Meer,
Daß ich dich könnte fassen!

Diese große Liebe aber, wie uns Gott mit derselben geliebt hat vor Grundlegung der Welt, sie hört nimmer auf, und kein Menschenherz ahnt, welche Fülle von Liebe und Seligkeit einst unserer wartet. So umgibt uns denn in Zeit und Raum die Liebe Gottes. Die Welt um uns her, unser eigenes Ich ist ein Werk und Zeugnis seiner Liebe, sein Wort sagt es uns, die Person und das Werk Jesu bestätigen es uns.

In eindringlichster Weise nun aber erhebt sich die Frage, ob wir einstimmen können in das Zeugnis des Apostels: “Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat“? Wenn ein Mensch uns ein Millionstel von der Liebe erwiesen hätte, die Gott uns erwiesen hat, so würde niemand seine Liebe bezweifeln. Wir vermögen ja oft an einem Wort und Blick die Liebe eines Menschen wahrzunehmen. Und doch, Gottes Liebe wird von den wenigsten Menschen erkannt und geglaubt.

Aber ist das auch wirklich so? Hören wir nicht überall von dem Gott der Liebe reden, selbst bei denen, die durchaus nicht den Anspruch darauf machen, ernste Christen zu sein? Ja, wir hören aus dem Munde manches leichtsinnigen Menschen, dem wir das Gefährliche seiner Lage vorhalten: „Ach was, Gott ist die Liebe, der läßt mich nicht verloren gehen!“ Haben denn solche Leute Gottes Liebe erkannt? Und andere sagen einem, sie glauben, was sie in der Schule gelernt haben, also auch, daß Gott die Liebe sei. Gehören diese unter die, welche geglaubt haben die Liebe, die Gott zu uns hat?

Titus 1,16 redet der Apostel von solchen, die vorgeben, Gott zu kennen, aber in ihren Werken ihn verleugnen und sind greulich und ungehorsam und zu jedem guten Werk unbewährt.

Und Johannes sagt Kapitel 4,8 dieses Briefes: Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; und Kapitel 2,3: Hieran wissen wir, daß wir ihn erkennen, wenn wir seine Gebote halten.

Aus allen diesen Stellen geht hervor, daß, wer Gottes Liebe wirklich erkannt hat, diese Liebe erwidert und es nicht fertig bringt, dem, der ihn so liebte, mit kaltem Herzen gegenüber zu stehen, sich nicht um seinen Willen zu kümmern und lieb zu haben, was Gott haßt. Ja, der Apostel sagt geradezu: Wer sündigt, der hat Gott nicht gesehen und erkannt. Das will ich sagen, daß ein bewußter Sündendienst, ein Verharren in der Sünde, ein Leichtnehmen mit der Sünde unvereinbar ist mit der Erkenntnis der Liebe Gottes.

Nun fragt aber auch ein ängstliches Kind Gottes, das sich bewußt ist, Gott durch irgend eine Sünde betrübt zu haben: Ja, habe ich denn dann am Ende auch Gott nicht gesehen und erkannt? Keineswegs! Sonst wären alle die, die Paulus in den verschiedenen Briefen über ihre Sünden und Fehltritte zurechtweist, aber als Brüder anredet und behandelt, sonst wäre der Apostel Petrus selbst als ein solcher zu bezeichnen, der Gott nie gesehen und erkannt hat, und dazu gibt uns die Schrift nicht den geringsten Anlaß.

Wer im Lichte wandelt, wird jede Sünde, sobald er sich ihrer bewußt ist, seinem Gott bekennen, und wenn wir bekennen, ist Gott treu und gerecht, daß er uns unsere Sünde vergibt und reinigt uns von aller Untugend.

Nun aber die Frage an uns alle, haben wir Gottes Liebe erkannt und geglaubt? Manche werden mit einem freudigen, dankbaren Ja antworten können. Sie werden es bezeugen können, daß Gottes Liebe sich ihrem Herzen so aufschloß, daß sie nimmer anders konnten als sich ihr anvertrauen. Und sie werden demütig bekennen: Darinnen stehet die Liebe: nicht daß wir Gott geliebet haben, sondern daß er uns geliebet hat und gesandt seinen Sohn zur Versöhnung für unsere Sünden.

Andere aber, die stehen noch zögernd und zagend, und wissen nicht, was sie sagen sollen. O, laßt noch einmal an euch vorübergehen, was wir in dieser Stunde alles besprachen, wie Gott, seit die Welt steht, auf tausendfache Weise seine Liebe geoffenbart. Könnt ihr wirklich nicht erkennen, daß er die Liebe ist, und wenn ihr sein Wort hört, Jesu Wort hört, daß er gesandt sei, nicht um die Welt zu richten, sondern selig zu machen, wenn ihr Jesum anseht, den gekreuzigten, für Sünder gekreuzigten Heiland, könnt ihr dann nicht erkennen und glauben an Gottes Liebe?

Ja, aber meine Sünde! klagt der eine und andere. Ja, unsere Sünden, die scheiden uns und unseren Gott von einander. Die übersieht er nicht, die nimmt er nicht leicht, die müssen weg. Aber eben weil er sie nicht leicht nimmt, darum hat er sie alle auf das Lamm Gottes gelegt, das sie wegträgt. Hier ist ein Opfer, so tadellos und so groß, wie die ganze befleckte Menschheit keines hätte aufbringen können. Der Sohn Gottes an Stelle der Menschen. Das Haupt der Menschheit für den Leib. Wenn ein Mörder gestraft wird, so wird nicht die Hand abgehauen, die die Tat verübte, sondern das Haupt; damit ist die Sünde gesühnt. So auch hier.

Aber nicht bloß hat Christus uns erlöst, losgekauft von der Sünde, sondern „er hat uns Gott erkauft mit seinem Blut.“ (Offenb. 5,9).

Weil wir nun so teuer erkauft sind, so ergeht an uns der Ruf, die Liebe dessen, der an uns so ein Recht sich erworben, anzuerkennen.

Ihr gehöret Gott, denn Gott hat euch erkauft. Die nun, die sich ihm nicht anvertrauen wollen, die übergibt er dem Gericht; die aber, die dankbar seine Liebe anerkennen und glauben, die dürfen sich freuen, daß sie ohne Verdienst aus Gottes Gnade gerecht geworden sind, nicht aus den Werken, Gottes Gabe und Gnade ist es.

Für die aber, die Gottes Liebe erkannt haben, gibt es nun eine selige Fortsetzung dessen, was Gott angefangen hat; denn er vollendet auch sein angefangenes Werk. Für sie gilt es nun, in der Liebe zu bleiben, denn wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm. Nicht bloß vor dem Verschmachten bewahrt uns Gott, er, der selbst einen Ismael groß machte, will auch uns groß machen. Dies geschieht, indem wir in ständiger Verbindung mit ihm bleiben. Und zwar eben in einer Verbindung, die den Charakter der Liebe trägt und zu einer immer völligeren Erkenntnis derselben führt.

Uebereinstimmend mit den fast wörtlich gleichlautenden Aussprüchen seines Meisters sagt uns Johannes, daß es ein Bleiben im Tun der Gebote, ein Bleiben in der brüderlichen Liebe, ein Bleiben im Worte Gottes ist, worin ein bleibender Herzensverkehr mit Gott sich betätigt, und wodurch er immer wieder nötig gemacht wird.

Sie blieben in der Apostel Lehre, in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet, so lesen wir von der Gemeinde der ersten Tage, und das ist auch unsere Aufgabe.

O, welch ein seliges Los, bleiben zu dürfen, nimmermehr hinausgestoßen zu werden, sich lieben lassen zu dürfen ohne Aufhören, denn was die Worte sagen wollen: Gott ist die Liebe, dazu wird die Ewigkeit uns endlosen Beitrag liefern, aber ans Ende werden wir nie kommen.

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