Dort steht ein Leuchtturm und – er leuchtet nicht!
Aus festem Stein, auf festem Grund erbauet,
Ward ihm die Hut des Meeres anvertrauet;
Meerwärts gewandt hat er sein Angesicht,
Und Woge rauschend sich in Woge flicht, -
Indes der Leuchtturm steht und leuchtet nicht!

Die Sonne steht am Tag in ihrer Pracht,
Und wenn sie golden unter ist gegangen,
Dann kommt der Sterne Schar mit hellem Prangen,
Dann kommt der Mond, das sanfte Licht der Nacht;
Sie alle lassen leuchten hell ihr Licht,
Und nur der Leuchtturm steht und leuchtet nicht!

Als eingeschlaf’ner Wächter steht der Turm!
Mir war’s, als ob die wilde Woge lachte;
Jauchzt höhnisch nicht, als ob’s ihm Freude machte,
Auch ihr Gefährte, der verweg’ne Sturm,
Wenn ungewarnt am Strand ein Schiff zerbricht,
Dieweil der Leuchtturm steht und leuchtet nicht?

Indes der Leuchtturm steht und leuchtet nicht,
Schleicht eine Bangigkeit in meine Seele,
Ob sie nicht auch des Lebens Zweck verfehle,
Und fragend sie zu ihrem Heiland spricht:
Sag’, Herr, bin ich ein pflichtvergess’ner Wicht,
Der wie der Leuchtturm steht und leuchtet nicht?

Du hast, o Herr, so viel mir anvertraut!
Es mühten sich die treuen Meisterhände;
Daß ich als Zeuge und als Warner stände,
Hast so geduldig du an mir gebaut.
Das Leuchten sei mir eine Lust und Pflicht,
Wo einer in der Nacht mit Wogen ficht.

O Meister, sag’ mir’s jetzt, wo mir’s gebricht!
Zeig mir und nimm mir, was mein Leuchten hindert,
Was meiner Liebe Glut und Klarheit mindert,
Was dich betrübt und was dich ehret nicht,
Daß hell ich leuchte stets von deinem Licht,
Nie wie der Leuchtturm steh’ und leuchte nicht!

Gottlob, wir haben einen reichen Herrn,
Der leuchten läßt sein Licht aus Finsternissen,
Der selbst das Licht ist, und sein Licht läßt fließen
In unser lichteshungrig Herz so gern,
Daß siegreich es durch Nacht und Nebel bricht,
Und wiederstrahlen ewig wird sein Licht!