Auch unsere Gefühlswelt will der Heilige Geist mehr und mehr durchdringen und bekehren. Ach, wir wissen ja alle, wie beweglich und unberechenbar unsere Gefühle sind und wie leicht sie unser Denken bestimmen können. Wie oft waren wir uns in unserem Denken ganz klar über einen Gehorsamsweg, den wir gehen sollten, aber dann kam wie eine Sturzflut die Wunschkraft des Herzens über uns und riß uns weg vom Gehorsamsweg. Wir gingen einen eigenen Weg. Wie leicht lassen wir uns in unserem Urteil über die Menschen bestimmen von unserem Gefühl, von Sympathie und Antipathie, von den Impulsen unseres Temperamentes. Wie rasch können unsere Stimmungen wechseln, so daß wir heute himmelhoch jauchzen können, morgen schon zu Tode betrübt sind. Wie soll bei dieser Unbeständigkeit des Gefühlslebens ein gesundes Wachstum in der Heiligung möglich sein? Da will der Heilige Geist Ordnung schaffen. Er ist der Geist der Kraft, der Liebe und der Zucht, der uns befähigt, die Lenden unseres Gemütes zu umgürten und nüchtern zu sein. Er tut dies, indem er, wie Paulus es den Römern bezeugt, die Gottesliebe in unser Herz ausgießt. Sie ist es, die nun jede fremde Glut auf dem Altar unseres Herzens auslöschen kann, alles, was nur selbstische, kreatürliche, sinnliche, fleischliche Liebe ist, und was uns immer so schwächt. Nun wirst du immer unabhängiger von der Außenwelt. Du kannst es still ertragen, wem du verleumdet und verkannt wirst. Du kannst jetzt deine Mitmenschen lieben, auch durch ihre Eigenheiten und Sünden hindurch. Dein Fühlen und Lieben wird heilig und stark durch die Kraft der Liebe, die alles trägt, alles glaubt, alles hofft und alles duldet. O wie überaus wichtig ist es doch, auch für unsern seelsorgerlichen Dienst, daß unsere Gefühlswelt durch und durch geheiligt wird.

Quelle: Gärtner - Eine Wochenschrift für Gemeinde und Haus 1925