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Schmitz, Richard - Leiden Christi

Schmitz, Richard - Leiden Christi

Der Gärtner 1/1925

Es ist eine Höhenstellung geistlicher Betrachtungsweise des Apostels, wenn er einmal sich erkühnt, die Leiden, die er um seines Dienstes an der Gemeinde willen erduldete, „Leiden des Christus“ zu nennen. Es geschieht dies gleich zu Beginn des Briefes, den wir einen Brief seiner Leiden nennen können: 2.Kor. 1,1

Was berechtigt Paulus hierzu? Ist es nicht dasselbe, wie wenn er früher Galater 6,12 das den Kindern Gottes auferlegte Kreuz das „Kreuz des Christus“ nennt, oder wenn der Hebräerbrief von der von ihnen zu tragenden Schmach als von der „Schmach des Christus“ redet (Kap. 11,26;13,13)? Offenbar findet in diesem Leiden Kreuz und Schmach eine so enge Persongemeinschaft mit Christo statt, daß als ihr Träger Christus selbst erscheint.

Ein unvergleichlicher Segen ist in dieser Betrachtungsweise beschlossen, so daß Paulus nicht umhin kann, gleichzeitig von einem Überschwang vom Troste Christi zu reden und Petrus nicht ansteht, zu sagen, daß in diesem Erdulden der Geist der Herrlichkeit sich auf uns niederlasse (1. Petri 4,14).

Der Beruf, die Sonderehre, hier mit Christo zu leiden, ist ein Hauptartikel paulinischer Theologie. Diese Leiden sind nicht die, welche nach dem allgemeinen Naturverlauf den Menschen treffen oder die mit der sündlichen und kranken Art des menschlichen Geschlechts zusammenhängen, sondern welche die Mitgift sind, die bei der Neugeburt eines Menschen ihm in die Wiege gelegt wird, der damit eintritt in die Menschheitslinie, die in Gegensatz zu Teufel und Welt gestellt ist. Es sind alle die Leiden, die um des neuen Lebensstandes in Christo willen von innen und außen erduldet werden.

Kreuz und Verfolgungen sind der Preis, den Jesus denen zahlt, die in seine Nachfolge eintreten (Luk. 14,27). Sie sind die Bürde der Gottverlobten, weil sie damit in die Gleichheit mit Christo eingereiht werden. In ihnen ist der Erweis gegeben, daß sie nicht von dieser Welt sind (Joh. 15,19); in ihnen ist zur Darstellung gebracht, daß sie als Kinder in die Erziehung des Vaters aufgenommen sind (Heb. 12,6-10).

Es muß daher etwas ganz Besonderes um diese Leiden sein. Paulus weiß nichts Größeres zu sagen, als wenn er sie „Leiden des Christus“ nennt. Nicht nur ist er selber, Christus, an diesem Leiden beteiligt und gleichsam in ihnen mit den Seinen assoziiert, sondern an diese Leiden heftet Paulus den Namen Christi und stempelt damit diese Leiden als ihm zugehörig, so daß er es ist, der für diese auch aufzukommen hat.

Alles, was dem Apostel in seinem Einst als begehrenswert erschienen, ist ihm Unrat und Kehrschmutz gegenüber dem jetzigen Vorzug, dem Tode Christi gleichgestellt zu werden. Er weiß es, daß, sowie er allezeit das Sterben des Herrn Jesu an seinem Leibe trägt, nun auch das Leben Jesu an ihm offenbar werde. Er weiß es, daß, so wie in seinem Dienst der äußere Mensch aufgerieben wird, auch der innere erneuert wird von Tag zu Tag (2.Kor. 4,16). Gehen auch jene Leiden über das Maß seiner Naturkräfte hinaus, bringen sie das schwache Gefäß zum Zerbrechen, werden in ihrem Übermaß die eigenen Kräfte verzehrt, so lernt er es, sein Vertrauen von sich abzuwenden und auf den zu stellen, der Tote auferwecken und einen Überschwang von Trost und Kraft verleihen kann (Kap. 1,9). Der Einsatz der Leiden, ihre leichte Last, trägt ihm ein eine ewige, vollgewichtige Herrlichkeit (Kap. 4,17). Hier mit Christo matyria; droben einstens gloria - so ist Gottes Plan.

Gibt es etwas Höheres, als Gleichgestaltung mit Christo? Einmal redet Paulus davon, als ob noch ein Rückstand von Leiden des Christus übrig geblieben sei, den nun sein Leib, seine Gemeinde, zu erstatten habe (Kol. 1,24). Eigentlich heißt es: ergänzen, vervollständigen. Nicht, als ob sein stellvertretendes Versöhnungsleiden einer Vervollständigung bedürfe. Da stand er allein, ganz allein. Aber es sind doch die gleichen Leiden, die der Herzog unsrer Seligkeit erduldete - ausgenommen das Fluchleiden am Kreuz. Ein Anteil ist der Gemeinde zugemessen, ein bestimmtes Maß, das ihr in seiner Gemeinschaft zugeteilt ist. O, welch ein Trost ist es, daß er sowohl diese Leiden kennt, weil er sie selber durchgemacht, als daß er selber in diese mit hineingestellt ist, weil er sie zu den seinigen macht!

Oftmals gibt es eine Heilsverkündigung, die auf das hinausläuft, was man Eudämonismus nennt, eine Glückseligkeitslehre, die wenig von dem Tribut kennt, der dem Christenstand auferlegt ist. Jesus lehrte anders, und die Apostel wußten es anders. Ein Evangelium ohne Leidensbereitschaft ist kein volles Evangelium; es bringt dies gar in Mißkredit. Wir brauchen uns nicht zu scheuen, auch den Einsatz, den es verlangt, anzubieten. Was muß doch Gott zu bieten haben, wenn er mit dem Anspruch an den Menschen herantritt, alles und jedes dran zu geben und in ein Leben der Leiden und der Drangsal einzutreten!

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